Das Lachen der Erde. Essays für ein gutes Leben (eBook)

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2023
176 Seiten
Anaconda Verlag
978-3-641-31142-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das Lachen der Erde. Essays für ein gutes Leben - Ralph Waldo Emerson
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»Suche dich nicht außerhalb deiner selbst!« In seinem berühmten Essay »Selbstvertrauen« empfahl Ralph Waldo Emerson, sich selbst als Quelle wahrer Freiheit und Sinngebung zu begreifen. Der Mensch müsse nur die schöpferische Auseinandersetzung mit sich suchen und sein Leben in einfacher Art und Weise gestalten. Der amerikanische Philosoph dachte schon vor knapp zweihundert Jahren über das rechte Leben im Einklang mit sich und der Natur nach. Seine luziden Einsichten inspirieren heute vielleicht mehr denn je zu ganz persönlichen Antworten.
  • »Niemand kann dir Frieden bringen als du selbst«
  • Emersons Weltsicht in seinen Essays: »sozusagen die intellektuelle Unabhängigkeitserklärung Amerikas« (getabstract)
  • Optimismus, Machermentalität und Respekt vor der Natur als göttliche Lehrmeisterin - das ist Emersons Welt
  • Emerson empowers: Der Theologe und Philosoph gilt manchen als Vater der Selbsthilfeliteratur


Im Alter von 33 Jahren veröffentlichte der US-amerikanische Philosoph und Schriftsteller Ralph Waldo Emerson (1803-1882) sein erstes Buch »Nature«. Er vertrat darin die Meinung, dass Menschen einfach und im Einklang mit der Natur leben sollten, und trug zur Entstehung des Transzendentalismus bei, als dessen Wortführer er weithin anerkannt wurde. Er gab einer religiösen, philosophischen und ethischen Bewegung eine Richtung vor, die besonders den Glauben an das spirituelle Potenzial eines jeden Menschen betonte. Der Transzendentalismus trat für eine freiheitliche, selbstverantwortliche und naturzugewandte Lebensführung ein, und nahm u. a. Einfluss auf die Sklavenbefreiung, die Entstehung der Frauenbewegung und der Naturschutzbewegung. Darüber hinaus hatte diese Strömung einen prägenden Einfluss auf die Entwicklung einer eigenständigen amerikanischen Nationalliteratur.

Selbstvertrauen


»Ne te quaesiveris extra!«********

******** Suche dich nicht außerhalb deiner selbst!

Ich las jüngst einige Verse von der Hand eines berühmten Malers; sie waren ungewöhnlich, und nichts an ihnen war konventionell. In solchen Zeilen vernimmt die Seele stets eine mächtige Mahnung, der Inhalt mag sein, welcher er will. Das Gefühl, das sie einflößen, ist wertvoller als die tiefsten Gedanken, die sie enthalten könnten. An den eigenen Gedanken zu glauben – zu glauben, dass, was für uns im Innersten unserer Seele wahr ist, wahr sein muss für alle Welt –, das ist Genius. Sprich deine geheimste Überzeugung aus, und sie wird bald die allgemeine sein. Denn das Geheimste wird seiner Zeit das Offenbarste, und unsere ersten Gedanken sind es, die uns in den Posaunen des Jüngsten Gerichts entgegentönen. Jedem klingt die Stimme des Geistes vertraut, und das höchste Verdienst, das wir Plato, Moses und Milton zuschreiben, ist, dass sie Bücher und Traditionen hintansetzten und aussprachen, nicht was die Leute, sondern was sie selbst dachten. Der Mensch sollte sich mehr bemühen, den Lichtstrahl, der aus seinem eigenen Innern durch seine Seele flammt, zu entdecken und zu beachten als allen Sternenglanz am Firmament der Sänger und Weisen. Und doch lässt er gewöhnlich seinen eigenen Gedanken unbeachtet – weil es der seine ist. In jedem Werk des Genies finden wir unsere eigenen Gedanken widergespiegelt, sie kommen mit einer fremden Majestät bekleidet zu uns zurück. Die größten Werke der Kunst geben uns keine ergreifendere Lehre als die, an unserem spontanen Eindruck mit fröhlicher Unbeugsamkeit festzuhalten, und gerade dann am meisten, wenn das ganze Stimmengezeter für die Gegenseite ertönt. Sonst wird morgen ein Fremder mit meisterhaftem Verständnis gerade das aussprechen, was wir die ganze Zeit über gedacht und gefühlt haben, und wir sehen uns mit Beschämung gezwungen, unsere Meinung von einem anderen zu entlehnen.

In der Entwicklung jedes Menschen kommt der Augenblick, in dem er erkennt, dass Neid, Unwissenheit, Nachahmung Selbstmord ist; dass er sich selbst schlecht und recht als seinen Anteil am Leben hinnehmen muss, dass, obgleich das weite Weltall des Guten voll ist, kein Körnchen Nahrung ihm zukommen kann außer durch seine eigene Mühe auf dem Ackerfeld, das gerade ihm zum Bebauen gegeben wurde. Die Kraft, die in ihm ruht, ist neu in der Natur, und nur er weiß, was er leisten kann, und auch er nicht eher, als bis er es versucht hat. Nicht umsonst macht ein Gesicht, ein Charakter, ein Ereignis mächtigen Eindruck auf ihn und andere nicht. Diese Empfänglichkeit des Gedächtnisses beruht in einer prästabilierten Harmonie. Das Auge wurde dort angebracht, wohin ein bestimmter Strahl fallen sollte, um eben diesen Strahl aufzunehmen. Wir sprechen uns immer nur halb aus und schämen uns der göttlichen Idee, die jeder von uns darstellt. Wir könnten uns ruhig auf sie verlassen, sie ist schon gut und führt zu glücklichen Zielen, wenn wir sie nur getreulich mitteilen wollten; aber durch Feiglinge will Gott seine Werke nicht offenbar machen. Der Mensch fühlt sich gehoben und fröhlich, wenn er sein Herz in ein Werk getan und sein Bestes gegeben hat; aber was er anders gesagt und getan, gewährt ihm keinen Frieden. Es ist eine Befreiung, die nicht befreit. Im Versuch selbst lässt sein Genius ihn im Stich, die Muse weicht von ihm, kein Einfall, keine Hoffnung kommt ihm zu Hilfe.

Vertraue dir selbst! Jedes Herz vibriert mit dieser eisernen Saite. Nimm den Platz hin, den die göttliche Vorsehung für dich ausgesucht hat, die Gesellschaft deiner Zeitgenossen, die Kette der Ereignisse. Große Männer haben immer so getan und sich wie Kinder dem Genius ihrer Zeit überlassen, hierdurch verratend, dass das, was ein so unsägliches Vertrauen verdiente, in ihren eigenen Herzen thronte, durch ihre Hände schuf, ihr ganzes Sein beherrschte. Und wir sind nun Männer und müssen uns im höchsten Sinne demselben transzendentalen Schicksal überlassen, nicht wie Unmündige und Invalide im warmen Ofenwinkel, nicht wie Feiglinge, die vor Revolutionen flüchten, sondern als Führer, Wohltäter und Erlöser, die dem allmächtigen Trieb gehorchen und durch Chaos und Dunkel vorwärtsschreiten.

Welch zierliche Erläuterungen zu diesem Text gibt uns die Natur im Angesicht und Betragen der Kinder und selbst der Tiere! Ihr Geist ist noch nicht rebellisch und in sich zerrissen; sie kennen das Misstrauen gegen das Gefühl nicht, das uns lähmt, weil unsere Rechenkunst die Kräfte und Hindernisse, die sich unseren Zwecken entgegenstellen, abgemessen hat. Ihr Geist ist noch ein Ganzes, ihr Auge unbezwungen, und wenn wir ihnen ins Antlitz schauen, werden wir verlegen. Das Kind passt sich niemandem an, alle fügen sich in seine Art, sodass ein Baby gewöhnlich vier oder fünf aus den Erwachsenen macht, die mit ihm schwätzen und spielen. So hat Gott Kindheit, Jugend und Mannheit jede mit ihrem eigenen Reiz ausgestattet und beneidenswert und anmutig gemacht, sodass ihre Ansprüche nicht zurückgewiesen werden können, wenn sie sich auf sich selbst stützen. Glaubt nur nicht, dass der Junge machtlos ist, weil er mit unsereinem nicht reden kann. Hört nur, im nächsten Zimmer ist seine Stimme klar und sicher genug. Mit seinen Altersgenossen weiß er offenbar zu reden. Schüchtern oder keck wird er uns Erwachsene dort höchst überflüssig machen.

Die Gleichmütigkeit von Knaben, die ihres Mittagessens gewiss sind und die es ebenso sehr wie ein Fürst verschmähen würden, auch nur das Geringste zu tun oder zu sagen, um sich eins zu verschaffen – das ist die gesunde Haltung der mensch­lichen Natur. Ein Bub im Salon ist wie der Olymp im Theater, unabhängig und unverantwortlich schaut er die Leute und Dinge, die ihm vor die Augen kommen, untersucht und beurteilt sie in der raschen summarischen Art der Kinder als gut oder schlecht, interessant oder dumm, unterhaltend oder lästig. Er kümmert sich nicht um Folgen und Interessen und fällt ein unabhängiges und wahrhaftes Urteil. Ihr müsst euch um ihn bemühen, er bemüht sich nicht um euch. Der erwachsene Mensch aber liegt in den Banden des Bewusstseins und der Reflexion. Sobald er einmal etwas getan oder gesprochen, was die öffentliche Aufmerksamkeit auf ihn zieht, ist er gleichsam ein Arrestant, die Sympathie oder der Hass von Hunderten begleiten seinen Weg, und er muss mit ihren Gefühlen rechnen. Dafür gibt es keine Lethe. Ja wenn man sich wieder in seine Neutralität zurückziehen könnte! Wer alle Verpflichtungen vermeiden könnte und, nachdem er einmal beobachtet, weiter beobachten könnte mit derselben unbefangenen, freien, unbestech­lichen und unerschrockenen Unschuld, müsste immer furchtbar sein. Er könnte Meinungen äußern über alles, was da geschieht; jeder würde fühlen, dass sie von keinem Interesse beeinflusst, keine Privatmeinungen, sondern allgemeine notwendige Wahrheit sind; seine Aussprüche würden wie Pfeile in die Ohren der Menschen dringen und sie mit Furcht erfüllen.

Dies sind die Stimmen, die wir in der Einsamkeit hören, aber sie werden schwach und unhörbar, sobald wir in das Weltgewühl treten. Die Gesellschaft ist überall gegen die Mannheit jedes ihrer Mitglieder verschworen. Die Gesellschaft gleicht einer Aktiengesellschaft, deren Mitglieder, um jedem Aktionär sein tägliches Brot zu sichern, übereingekommen sind, die Freiheit und selbständige Ausbildung jedes Brotessers zu opfern. Ihre gesuchteste Tugend ist Konformität. Selbständigkeit ist ihr verhasst. Sie liebt nicht Wirklichkeiten und Schöpfer, sondern Gebräuche und Namen.

Wer da ein Mann sein will, muss ein Dissident sein. Wer Unsterbliches erringen will, der darf sich durch das Wort »gut« nicht beeinflussen lassen, sondern muss prüfen, was wirklich gut ist. Zuletzt ist nichts heilig als die Integrität des eigenen Geistes. Sprich dich selber los, und du wirst die Stimme der Welt haben. Ich erinnere mich einer Antwort, die ich als junger Bursch beinahe unwillkürlich einem geschätzten Ratgeber gab, der mich mit den lieben alten Lehren der Kirche zu quälen pflegte. Als ich nämlich sagte: »Was hab ich mit der Heiligkeit der Tradition zu tun, wenn ich ganz nach den Geboten meines Innern lebe?«, meinte mein Freund: »Aber diese Impulse können leicht vom Bösen und nicht von oben kommen!«, und ich erwiderte: »Es scheint mir nicht, dass dies der Fall ist, aber wenn ich des Teufels Kind bin, dann will ich auch nach des Teufels Geboten leben!« Kein Gesetz kann mir heilig sein als das meiner eigenen Natur. »Gut« und »schlecht« sind nur Namen, die man leicht auf dies und jenes übertragen kann. Recht ist einzig und allein, was meinem Wesen entspricht, unrecht nur, was ihm widerspricht. Ein Mann muss sich selbst aller Opposition zum Trotz durchsetzen; als ob alles außer ihm nur ein Schein- und Eintagsleben führen würde. Es ist eine Schande, wie leicht wir vor Namen und Ordenszeichen, vor Gesellschaften und toten Institutionen kapitulieren. Jedes anständige und gut beleumundete Individuum bestimmt und beeinflusst mich mehr als recht ist. Ich sollte aufrecht und lebenskräftig einhergehen und die raue Wahrheit auf allen Wegen sprechen. Wenn Bosheit und ­Eitelkeit das Gewand der Philanthropie anlegen – soll ihnen das durchgehen? Wenn ein ärgerlicher Mucker die schöne ­Sache der Sklavenbefreiung in die Hand nimmt und mir mit den letzten Nachrichten von Barbados daherkommt, warum soll ich ihm nicht sagen: »Geh und liebe deine Kinder, liebe die Leute, die das Holz für dich hacken, sei freundlich und bescheiden und sei froh, wenn diese Gnade dir zuteilwird, und...

Erscheint lt. Verlag 18.10.2023
Reihe/Serie Geschenkbuch Weisheit
Geschenkbuch Weisheit
Übersetzer Karl Federn
Sprache deutsch
Original-Titel Self-reliance, Nature and others
Themenwelt Geisteswissenschaften Philosophie
Schlagworte 2023 • Achtsamkeit • amerikanische Philosophie • amerikanischer Philosoph • aufruf zur selbständigkeit • bella baxter • eBooks • emerson essays • Emerson Natur • Ethik • Geschenkbuch Philosophie • Henry David Thoreau • Kleine Geschenke • Natur • Naturphilosophie • Neuerscheinung • Philosophie • Poor Things • ralph waldo emerson deutsch • Religion • Resilienz • Selbstvertrauen • self reliance • Transzendentalismus • Umweltschutzbewegung • vertraue dir selbst • Walden • Weisheit
ISBN-10 3-641-31142-X / 364131142X
ISBN-13 978-3-641-31142-1 / 9783641311421
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