Förderung der mündlichen Sprachproduktion im Fremdsprachenunterricht (eBook)

Perspektiven aus Wissenschaft und Praxis
eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
236 Seiten
Narr Francke Attempto (Verlag)
978-3-8233-0275-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Förderung der mündlichen Sprachproduktion im Fremdsprachenunterricht -  Claudia Schlaak,  Aline Willems
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Die Förderung der mündlichen Sprachproduktion gehört zu den wichtigsten Bereichen des Fremdsprachenunterrichts. Ein Werk, das den aktuellen Forschungsstand verständlich zusammenfasst und umfangreich Vorschläge für die unterrichtliche Praxis präsentiert, fehlte bisher. Der vorliegende Band schließt diese Lücke. Er soll Studierende und Referendar*innen in der Vorbereitung auf den Schuldienst unterstützen sowie versierten Fremdsprachenlehrkräften neue Anregungen geben. Dazu werden im ersten Teil theoretische Grundlagen der Sprechkompetenzförderung mit den spezifischen didaktischen Herausforderungen dargestellt und verschiedene Förderungsmöglichkeiten des monologischen sowie des dialogischen Sprechens präsentiert. Auch Mittel und Methoden der Evaluation und Leistungsmessung der Sprechkompetenz werden behandelt. Der zweite Teil zeigt konkrete Praxisbeispiele für unterschiedliche Fremdsprachen auf. Die einzelnen Unterrichtskonzeptionen berücksichtigen die Diversität und Heterogenität in verschiedenen Lerngemeinschaften von der Grundschule bis zur gymnasialen Oberstufe.

Prof. Dr. Claudia Schlaak ist Professorin für Fremdsprachenlehr- und -lern-forschung: Didaktik des Französischen und Spanischen an der Universität Kassel. Prof. Dr. Aline Willems ist Juniorprofessorin für Didaktik der modernen Fremdsprachen an der Universität zu Köln.

Prof. Dr. Claudia Schlaak ist Professorin für Fremdsprachenlehr- und -lern-forschung: Didaktik des Französischen und Spanischen an der Universität Kassel. Prof. Dr. Aline Willems ist Juniorprofessorin für Didaktik der modernen Fremdsprachen an der Universität zu Köln.

1. Einleitung
Teil I: THEORETISCHE GRUNDLAGEN
2. Kompetenzorientierung im Fremdsprachenunterricht
3. Sprechkompetenz im Fremdsprachenunterricht -
fachdidaktische Grundlagen
4. Förderungsmöglichkeiten der Sprechkompetenz
5. Evaluation und Leistungsmessung der Sprechkompe-tenz
Teil II: BEISPIELE AUS UND FÜR DIE PRAXIS
6. Mündliche Klassenarbeiten
7. Unterrichtsideen und Unterrichtsentwürfe

3 Sprechkompetenz im Fremdsprachenunterricht – fachdidaktische Grundlagen


3.1 Definitionen


Wenngleich das Schreiben im Fremdsprachenunterricht traditionell eine dominante Rolle einnahm und auch weiterhin umfangreich gefördert wie geprüft wird, besteht seit der kommunikativen Wende in den 1970er Jahren (vgl. bspw. Piepho 1974; Widdowson 1978; oder für eine kurze Diskussion von deren Entwicklung in der Schule Edelhoff 2009) eine zunehmende Tendenz hin zu einem Primat der Mündlichkeit. Dieser fußt auf der Annahme, dass die menschliche Kommunikation überwiegend auf medial mündlicher Ebene erfolgt und weniger auf schriftlicher, weshalb es wiederum im Fremdsprachenunterricht von besonderer Bedeutung ist, die Sprechkompetenz zu fördern.

Dabei ist es zunächst wichtig, das Konstrukt ‚Sprechkompetenz‘ zu definieren. Für den Fremdsprachenunterricht sind dabei zwei Quellenarten von hoher Relevanz: a) die Erkenntnisse der Linguistik zur Sprechkompetenz im Allgemeinen und b) die Betrachtungsweisen der curricularen Vorgaben, mittels derer die Ziele, Strukturen sowie Inhalte des Unterrichts legitimiert werden. Darum soll nachfolgend zunächst eine allgemeine Definition der Sprechkompetenz erfolgen (vgl. Kap. 3.1.1) und anschließend sollen die Definitionsansätze im Gemeinsamen europäischen Referenzrahmen für Sprachen (vgl. Kap. 3.1.2) und in den Bildungsstandards (vgl. Kap. 3.1.3) betrachtet werden. Ergänzend bietet Kap. 3.2 einen Einblick in die dem Sprechen zugrunde liegenden kognitiven Prozesse. Kap. 3.3 wirft einen Blick auf alternative Konzepte im Fremdsprachenunterricht.

3.1.1 Sprechkompetenz – Definitionsansätze der Linguistik


Sprachwissenschaftler*innen gliedern die Sprechkompetenz i. d. R. in drei Hauptbestandteile: a) das semantische Wissen – Was bedeuten die Worte, die genutzt werden?, b) das phonologische Wissen – Wie spricht man die Worte aus? und c) das grammatikalische Wissen – Wie werden Sätze korrekt gebildet, welche Flexionen müssen genutzt werden etc.? (vgl. bspw. Byrnes & Wasik 2019, 37). Da Sprache meist in sozialen Kontexten verwendet wird, um Absichten auszudrücken bzw. Sprachhandlungen zu vollziehen, lässt sich noch eine vierte Dimension – d) das pragmatische Wissen – Wie wird Sprache (im sozialen Kontext korrekt) gebraucht? – hinzufügen (vgl. u. a. Gleason & Ratner 2016, 6-9), wenn man eine etwas weitere, aber im Rahmen des Fremdsprachenunterrichts nicht unbedeutende Perspektive einnimmt. Nicht zuletzt ausgehend von der Sprechakttheorie von Austin und Searle (vgl. z. B. Austin 1962; Searle 1969) hat sich die Forschungslandschaft der Pragmalinguistik in den letzten Jahrzehnten auch im Hinblick auf die Fremdsprachendidaktik enorm ausgeweitet, sodass die pragmatische Kompetenz der Fremdsprachenlerner*innen heute in drei wesentlichen Feldern beforscht wird und damit reziproken Einfluss auf das Lehren und Lernen nimmt: a) die ursprünglichen linguistischen und soziokulturellen Fragestellungen danach, welche sprachlichen Formen in welchen Kontexten genutzt werden sollten, b) die Einführung des Konstrukts der interaktionalen Kompetenz, also der Fähigkeit, das Wissen aus a) flexibel an den wechselnde Kontext anpassen zu können und c) das Verfügen über eine learner agency und damit die Fähigkeit, eine bewusste Entscheidung darüber treffen zu können, ob und wann das Wissen aus a) tatsächlich im Sinne von b) eingesetzt wird oder auch nicht (vgl. bspw. Taguchi 2019, 4).

Ausgehend von dieser Definition der Sprechkompetenz und ihren Bestandteilen müsste die Förderung der Sprechkompetenz im Fremdsprachenunterricht also streng genommen stets alle vier o. g. Komponenten berücksichtigen. Da dies in realen Unterrichtssituationen – insbesondere in der frühen Spracherwerbsphase – jedoch schnell zu Überforderung führen kann, wird den Teilkomponenten Semantik (hier v. a. Wortschatz), Grammatik und Phonologie (also Aussprache und Intonation) ein eigener Kompetenzbereich im Fremdsprachenunterricht zugeordnet, nämlich das Verfügen über sprachliche Mittel, sodass sie zwar einerseits ‚nur‘ eine dienende Funktion zugewiesen bekommen, aber andererseits gezielt separat auf- und ausgebaut werden können. Die Förderung der Sprechkompetenz selbst fokussiert schließlich eher auf die Bewältigung von Sprachhandlung bzw. authentisch glaubhaften sprachlichen Situationen – gemäß den curricularen Vorgaben meist unterteilt in monologisches und dialogisches bzw. interaktionales Sprechen. Die Aspekte des pragmatischen Wissens werden dabei in den Bereichen Interkulturelle Kompetenz, Methodenkompetenz und Sprachbewusstheit speziell gefördert, wobei es bei den curricularen Vorgaben der Bundesländer zu Abweichungen kommen kann.

Darüber hinaus wird bei der Betrachtung der Sprechkompetenz schnell deutlich, dass es sich dabei eigentlich um eine integrative Kompetenz handelt, denn neben den o. g. Fähigkeiten und Fertigkeiten ist es ebenso von Bedeutung, über welchen Grad an Hörverstehens- sowie Text- und Medienkompetenz ein*e Sprecher*in verfügt. Schließlich kann eine gelingende Kommunikation ohne diese Teilkompetenzen durchaus eingeschränkt werden.

3.1.2 Die Sprechkompetenz im Gemeinsamen europäischen Referenzrahmen für Sprachen


Der Gemeinsame europäische Referenzrahmen für Sprachen (kurz: GeR; Europarat 2001) wurde nach langjähriger Entwicklung und Pilotierung erstmals 2001 in englischer sowie französischer Sprache publiziert und seither in über 40 Sprachen übersetzt (vgl. CoE 2020b, 30). Der Europarat versteht den GeR als Angebot einer gemeinsamen Basis an Zielen, Inhalten und Methoden beim Lehren und Lernen von Fremdsprachen in allen europäischen Ländern, um innereuropäische Bildungsbarrieren zu überwinden sowie einen Beitrag zur Vergleichbarkeit von Bildungszielen, -inhalten und Lehr-/Lernmaterialien zu leisten (vgl. Europarat 2001, 14). Zu diesem Zweck wurden u. a. umfangreiche Deskriptoren für Sprachkompetenz entwickelt, die zunächst in die sechs Niveaustufen A1 bis C2 bzw. Breakthrough, Waystage, Threshold, Vantage, Effective Operational Proficiency und Mastery gegliedert wurden (vgl. Europarat 2001, 33f.). Im Jahr 2018 wurde ein Companion Volume with New Descriptors (CoE 2018) zum GeR zunächst online herausgegeben, in dem die bestehenden Deskriptoren ergänzt bzw. ersetzt sowie ein „Pre A1-Level“ und in der Praxis bereits häufig genutzte sowie zunächst nur optional vorgeschlagene Zwischenniveaus (vgl. Europarat 2001, 42), wie bspw. B1+ oder B1.2, eingeführt werden (vgl. CoE 2018, 36). Nach entsprechender Diskussion der neuen Version in den Fachcommunities erschien schließlich 2020 der nächste Companion Volume (CoE 2020a) als leser*innenfreundliche Version einer Kombination des 2001er und 2018er-Dokumentes oder, wie die Herausgeber*innen schreiben:

This volume presents the key messages of the CEFR in a user-friendly form and contains all CEFR illustrative descriptors. For pedagogical use of the CEFR for learning, teaching and assessment, teachers and teacher educators will find it easier to access the CEFR Companion volume as the updated framework. The Companion volume provides the links and references to also consult the chapters of the 2001 edition, where necessary. Researchers wishing to interrogate the underlying concepts and guidance in CEFR chapters about specific areas should access the 2001 edition, which remains valid. (CoE 2020a, 6)

Etwas verwirrend mag sich die Situation ggf. für deutschsprachige Rezipient*innen gestalten, denn zwischenzeitlich wurde auch eine Übersetzung des Companion Volumes angefertigt (vgl. CoE 2020b), die auf der Version von 2018 basiert.

Sowohl in der Ursprungsfassung von 2001 als auch in der aktualisierten Version von 2020 wird die Sprechkompetenz im GeR den Kommunikativen Sprachaktivitäten zugeordnet, allerdings anders als z. B. in den Bildungsstandards (vgl. Kap. 3.1.3), gliedern sich diese wiederum in:

Rezeption

Hörverstehen

Leseverstehen

Produktion

Mündliche Produktion

Schriftliche Produktion

Interaktion

Mündliche Interaktion

Schriftliche Interaktion

Online-Interaktion

Mediation

Mediation von Texten

Mediation von Konzepten

Mediation von Kommunikation

Elemente der kommunikativen Sprachaktivitäten gemäß GeR (vgl. bspw. CoE 2020b, 26)

Dadurch wird die Sprechkompetenz in einen monologischen (hier: Produktion → Mündliche Produktion) und einen dia- bzw. multilogischen Bereich (hier: Interaktion → Mündliche Interaktion) separiert (vgl. Tab. 1), während in den Bildungsstandards und zahlreichen bundeslandspezifischen Curricula die beiden Sprecharten der Oberkategorie Produktion zugeordnet werden. Ergänzend sollte noch erwähnt werden, dass in der Kategorie Mediation (s. o.) natürlich auch sprechsprachliche Elemente enthalten sind. Die Sonderform der Online-Interaktion wurde erst 2018 in die Deskriptorenliste aufgenommen und kann sowohl mündlich als auch schriftlich erfolgen.

In der...

Erscheint lt. Verlag 28.11.2022
Reihe/Serie narr STUDIENBÜCHER
Verlagsort Tübingen
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Sprach- / Literaturwissenschaft
Schlagworte Diversität • Förderungsmöglichkeit • Fremdsprache • Fremdsprachenlehrkraft • Fremdsprachenunterricht Kommunikation • Grundschule • Heterogenität • Interkulturelle Diskursfähigkeit • Kompetenzorientierung • Leistungsmessung • Lerngemeinschaft • Mündliche Sprachproduktion • Oberstufe • Referendar • Referendar*innen • Schuldienst • Sprachproduktion • Sprechkompetenz • Sprechkompetenzförderung • Studierende • Unterrichtsentwurf • Unterrichtsidee • Unterrichtskonzeption
ISBN-10 3-8233-0275-2 / 3823302752
ISBN-13 978-3-8233-0275-9 / 9783823302759
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