Bronzeschmuck und Eisenwaffen (eBook)

Völser Peterbühl-Geschichten aus der Bronze- und Eisenzeit vor 2.500 Jahren

(Autor)

eBook Download: EPUB
2022 | 3. Auflage
244 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7557-3225-9 (ISBN)

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Bronzeschmuck und Eisenwaffen - Elmar Perkmann
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Literarische Geschichten und Erzählungen zu den Ausgrabungen auf dem Peterbühel in Völs am Schlern mit Hintergrundwissen zur Bronze- und Eisenzeit

Dr. Elmar Perkmann, Geschichtelehrer in Pension. Autor geschichtlicher und literarischer Publikationen zu den archäologischen Ausgrabungen auf dem Peterbühel in Völs am Schlern. Weitere Informationen zu Leben und Werk auf der Website https://www.elmar-perkmann.eu

Caio und seine Dohle


An seinem ersten Schultag in der Klasse erzählte die Lehrerin, dass Caio’s Eltern sich bald nach der Geburt getrennt haben. Den Jungen hätten sie zu den Urgroßeltern auf eine abgelegene Alm in den ladinischen Bergen gegeben und dort „geparkt“. Die alten Leutchen lebten dort so gut wie ohne Kontakt zur Außenwelt abgeschieden in einer Almhütte. Sie waren schon in den Achtzigern, konnten sich aber in dieser Abgeschiedenheit auf 1.700 m selbst erhalten. Unglaublich.

Die Öffentlichkeit wurde auf diese Situation erst aufmerksam, als Caio‘s Urgroßmutter verstarb. Der Urgroßvater sah sich nicht in der Lage, den Jungen alleine zu versorgen und meldete sich bei der Gemeinde. Der verwahrloste Junge wurde daraufhin nach Völs gebracht und bekam einen Pflegeplatz bei einer netten Völser Familie. Seine Mutter lebte, wie die Carabinieri in Erfahrung gebracht hatten, irgendwo in Übersee, während vom Vater überhaupt jede Spur fehlte. Eine Bergdohle, die in der Abgeschiedenheit anscheinend die einzige Kreatur war, mit der er sich unterhalten konnte, folgte ihm hinunter ins Tal. Die Pflegefamilie war bereit, Caio’s Begleiterin quasi als neues Haustier zu akzeptieren.

Caio kam während des laufenden Schuljahres in die zweite Grundschulklasse, obwohl er nach einer Einschätzung des Amtsarztes gut zehn Jahre alt sein musste. Es fehlten ihm jedoch so gut wie alle schulischen Grundvoraussetzungen.

Caio? Nun, er war ein verträumtes, sensibles Kind, schwarzhaarig, mit dunklen Augen und olivbrauner Haut. Ich kann mich daran erinnern, dass er sich beim Gehen ständig umdrehte, als ob er sich verfolgt fühlte. Kontakt hatte er eigentlich einzig und allein zu seiner Dohle. Da die Dohle schon wegen der Hygiene natürlich nicht mit in die Klasse durfte, saß sie während des Unterrichts auf einem der Fensterbänke und ließ das Geschehen in der Klasse nicht aus dem Auge.

Caio sprach kaum Deutsch. Seine Urgroßeltern hatten ausschließlich Ladinisch mit ihm gesprochen. Während die Lehrerin sich bemühte, dass wir ihn als Mitschüler akzeptieren, schaute dieser, in der ersten Bank sitzend und den Kopf auf die Unterarme gestützt, mit großen schwarzen Augen dahin und dorthin und schien vor allem an der ihm unbekannten Umgebung und den ihm fremden Gegenständen interessiert zu sein. Uns Mitschüler und Mitschülerinnen beachtete er nicht, als seien wir nicht vorhanden. Vom Vortrag der Lehrerin verstand er, wie man ihm ansah, kein Wort, und so viele Menschen auf einem Haufen hatte er offensichtlich noch nie gesehen.“

Ich habe ein Problem. Besser gesagt, Astrid. Sie bat mich, die Geschichte nicht als Ich-Erzählung zu schreiben. Sie bräuchte sie als möglichst sachlichen Bericht. Ich schreibe deshalb so weiter, als würde ich mich selbst und alles andere von außen betrachten.

Die neuen Mitschüler begegneten Caio eher distanziert, auch weil er selbst so gut wie keine Anstalten machte, mit ihnen warm zu werden oder gar Freunde zu finden. Nachbarskindern fiel auf, dass Caio sehr gut mit Tieren konnte. Gleichgültig welche Kreatur es war, Hunde und Katzen, Kühe, Schafe, sogar Hühner liefen ihm zu und schienen sich bei ihm wohl zu fühlen, so als sei er einer der Ihren. Eine besonders enge Beziehung hatte er allerdings zu seiner Dohle, die wohl für längere Zeit das einzige Lebewesen war, zu dem Caio oben auf den ladinischen Bergen so etwas wie eine Beziehung hatte.

Die Lehrerinnen, vor allem die Integrationslehrerin, die sich sehr um den Jungen kümmerte, stellten fest, dass Caio trotz seiner schulischen Defizite ausgesprochen leicht lernte. Alles Neue saugte er begierig auf. Er war schon nach wenigen Monaten imstande, sich in Deutsch zu unterhalten. Damit brach auch der Damm zu den Mitschülern, und die Buben fingen langsam an, ihn als neuen Mitschüler zu akzeptieren.

Seine besonderen Fähigkeiten machten den einen und Anderen neugierig, wenn sie manchen auch verunsicherten. So war er imstande, gewisse Dinge vorauszuahnen, die er eigentlich gar nicht wissen konnte. Richtig seltsam war das. Manch einer glaubte auch, dass Caio trickst. Die Deutschlehrerin sprach einmal Caio‘s besondere Gabe an. „Das klingt für euch vielleicht kompliziert“, meinte die Lehrerin. „Aber es ist so, dass es nicht nur das gibt, was wir sehen und anfassen können, Kinder. Stellt euch einmal, sagen wir, eine Fledermaus, eine Biene oder meinetwegen einen Delphin vor. Diese Tiere sehen Dinge, die wir überhaupt nicht wahrnehmen können, stimmt’s? Für die schaut die Welt total anders aus als für uns. Und so ist es auch bei manchen Menschen, dass sie in eine andere Welt hineinsehen können. Caio, du bist wohl einer davon.“ Caio beobachtete aber gerade seine Dohle auf dem Fensterbrett. Im Übrigen verwies sie auf die Religionslehrerin, die diese Dinge besser erklären könne.

Rita, die Religionslehrerin, griff das Thema auf. Ihrer Erfahrung nach haben Kinder in ihrem Alter häufig lebhafte Träume, sagte sie, die sich oft anfühlten wie Wirklichkeit. Oft gäbe es auch Ahnungen, die sich dann in der Wirklichkeit bewahrheiten. Das sei nichts Außergewöhnliches, verliere sich aber im Lauf der Pubertät. Erwachsenen passiere das so gut wie nie. Sie forderte die Kinder auf, sich einmal daraufhin zu beobachten. Einzelne Schülerinnen konnten das gleich bestätigen. Die Lehrerin meinte, dass Caio wohl wegen seines Lebens in der Einsamkeit diese Fähigkeit besonders entwickelt habe. Die coolen Jungs hörten sich alles an, ohne im geringsten zu stören. Der eine und andere nickte ab und zu. Also waren auch sie nicht weit weg davon. Einer der Jungen fragte, ob Caio‘s Dohle dabei eine Rolle spiele. Er habe einmal einen Film gesehen, wo ein schwarzer Vogel einem Zauberer die Zukunft zugeflüstert hat. Möglich, meinte die Lehrerin. Tiere seien ja sozusagen Grenzgänger. Sie bewegen sich zwischen den Welten. So habe der germanische Gott Thor mit Hilfe seiner beiden Raben Hugin und Munin eine Brücke zwischen der Welt der Götter und der Welt der Menschen geschaffen. Hexen bedienen sich in den Märchen einer schwarzen Katze. Caio beteiligte sich an diesem Gespräch nicht. Er schaute vielmehr der Dohle zu, die unbeweglich auf dem Fensterbrett hockte und nur ab und zu den Kopf schief stellte, so als würde sie das Gespräch in der Klasse interessieren.

Eines Tages kam die Deutschlehrerin beim Stundenwechsel nicht. Caio hatte wie üblich die ganze Zeit seine Dohle im Auge, die vor dem Fenster hockte und ab und zu, warum auch immer, einen schrillen Pfiff ausstieß. Plötzlich holte er seelenruhig sein Jausenbrot aus seiner Dose und begann es genüsslich zu verspeisen. Alle blickten zu ihm hin. Was dem nur wieder einfiel! Als sein Banknachbar ihn anstieß und ihn daran erinnerte, dass die Pause erst nach der Deutschstunde sei, schaute Caio nur kurz auf und sagte, als sei es das Natürlichste von der Welt: „Die nicht kommt. Die Spital.“ Es stellte sich heraus, dass es tatsächlich so war. Die Lehrerin eines anderen Klassenzugs kam in die Klasse und teilte den Kindern mit, dass es sich um einen Notfall handelte und die Lehrerin zu ihrer kranken Mutter ins Spital gerufen worden war, da sich ihr Zustand verschlechtert habe. Solche Dinge ereigneten sich immer wieder. Caio schien tatsächlich eine Art Sechsen Sinn zu haben.

Der Fund


Caio war wegen seiner erstaunlichen Fortschritte in allen Fächern bald nach Beginn des Schuljahres in die vierte Klasse versetzt worden. Er lebte sich dort sehr schnell ein und fand unter den Mitschülern sogar Freunde.

Ab und zu kam es vor, dass seine neue Klasse einen Ausflug auf den Peterbühl unternahm, einfach um einmal eine lockere Stunde zu haben. Die Lehrerinnen gaben den „Peatrpiel, Peatrpiel“-Rufen am Nachmittag oft nur zu gern nach. Bis zum Bühel waren es ja nur ein paar Schritte und dort konnten ein paar Spiele gemacht werden. Die Integrationslehrerin war richtig gut darin und hatte stets was Neues auf Lager.

Caio setzte sich einmal ab und ging seiner Wege. Die Dohle saß auf einem der Äste am Baum vor dem „Bombenloch“ und behielt die Umgebung im Auge. Caio seinerseits wühlte da und dort in der Erde, zeichnete mit einem Stöckchen Buchstaben, die er im Unterricht kennengelernt hatte in den Sand und stellte mit einem langen Strohhalm den Feuerwanzen und Grillen nach.

Plötzlich stieß Caio, es war am südlichen Abhang, unerwartet auf einen Gegenstand. Er stutzte, schaute noch einmal genauer hin und kratzte dann in fieberhafter Eile ein Tonscheibchen in Größe und Form einer 2-Euro-Münze aus dem Boden. Er hielt es gegen das Licht und betrachtete seinen Fund von allen Seiten. Die Lehrerin hatte Caio’s Aufregung bemerkt und war nähergekommen. Sie meinte, das könne durchaus eine uralte Tonscherbe aus der Zeit sein, als der Peterbühl noch bewohnt war. Demnach könnte sie ohne weiteres bei 2.500 Jahre alt sein! Ein paar Schüler wurden neugierig und hörten zu, wie sich die Lehrerin mit Caio unterhielt. Die Aufregung schien sogar die Dohle erfasst zu haben. Sie erhob sich und umkreiste die Fundstelle. Caio steckte seinen Fund schließlich in die Hosentasche. Zuhause legte er ihn aufs...

Erscheint lt. Verlag 17.2.2022
Sprache deutsch
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch Kinderbücher bis 11 Jahre
Geisteswissenschaften Archäologie
Geschichte Allgemeine Geschichte Altertum / Antike
Schlagworte Archäologie • Archäologie für Kinder • Der Peterbühel • Südtirol • Völs am Schlern
ISBN-10 3-7557-3225-4 / 3755732254
ISBN-13 978-3-7557-3225-9 / 9783755732259
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