Raus aus der Sackgasse! -  Michael Diener

Raus aus der Sackgasse! (eBook)

Wie die pietistische und evangelikale Bewegung neu an Glaubwürdigkeit gewinnt
eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
240 Seiten
adeo (Verlag)
978-3-86334-845-8 (ISBN)
Systemvoraussetzungen
15,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Evangelikal - unter diesem Sammelbegriff finden sich viele Strömungen: Pietisten und Pfingstler, freie und traditionelle Gemeinden, gefühlsbetonte Schwärmer und rationale Denker. Doch es scheint, als spalte sich diese Melange in zwei Lager. 'Liberal, tolerant, weltoffen' gegen 'konservativ, radikal, weltfremd'. Will man zu einer dieser Gruppen eigentlich dazugehören? Ist der Evangelikalismus oder genauer, der Pietismus, noch zu retten? Michael Diener, der langjährige Präses des Gnadauer Verbands, macht sich in diesem Buch stark für eine Reform des Pietismus, eine Umkehr der evangelikalen Welt weg von zerstörerischen, unchristlichen Voraussetzungen. Biblisch fundiert, persönlich-kämpferisch und immer den Menschen im Blick, legt er den Finger in die Wunde lange schwelender Konflikte und Missverständnisse. Ein engagierter Aufruf, das Gute zu bewahren und Andersdenkenden die Hand zu reichen.

Michael Diener, Jg. 1962, ist Präses des Evangelischen Gnadauer Gemeinschaftsverbandes und ehrenamtlicher Vorsitzender der Deutschen Evangelischen Allianz. Mit seiner Frau hat er 2 erw. Kinder und wohnt in Kassel. Er begeistert sich für American Football.

Michael Diener, verheiratet, zwei erwachsene Kinder, Pfälzer und Pfarrer, Mitglied im Rat der EKD und vielen landeskirchlichen und evangelikalen Gremien, ehemaliger Präses des Gnadauer Verbandes und Vorsitzender der Deutschen Evangelischen Allianz, Grenzgänger und Brückenbauer, überzeugter Mitgestalter einer (anderen) Kirche für heute und morgen, Autor und American Football Fan (Denver Broncos).

1.

EINLEITUNG ODER:
WARUM MIR DIESES BUCH EIN HERZENSANLIEGEN IST


Na, das freut mich aber, dass Sie hier mal reinschauen … Sie haben den Buchtitel und vielleicht auch den Namen des Buchautors gelesen – und aufgeschlagen. Vielleicht interessiert, weil Sie der pietistischen oder evangelikalen Bewegung angehören und so schnell mit „Sackgasse“ jetzt auch nichts anfangen können. Vielleicht sogar zustimmend, weil es genau das ist, was Sie auch denken und gut finden, dass „es endlich mal einer sagt“. Vielleicht gelangweilt-distanziert, weil Ihnen ja schon lange klar ist, dass diese Bewegungen in einer Sackgasse stecken (und Sie selbst nicht mehr dazugehören oder noch nie dazugehörten). Oder vielleicht auch wütend, weil das doch „typisch Diener“ ist, mal wieder völlig unangebracht über seine eigene Bewegung herzuziehen …

Nur, wie bringe ich Sie jetzt zum Weiterlesen?

Ich versuche es mal so: Unsere Gesellschaft ist im Umbruch und die christlichen Kirchen auch.1 Total. Wir erleben Veränderungen, die so einschneidend und markant sind wie vielleicht seit der Aufklärung und dem Beginn der Industrialisierung nicht mehr.2 Wenn wir nur ansatzweise davon überzeugt sind, dass die christliche Botschaft, das Evangelium, für unsere heutige Zeit, gerade auch in diesen Umbrüchen, relevant ist, dann kann uns nicht egal sein, in welcher Form sich die christlichen Kirchen befinden. Und da ist eindeutig „Trainingsrückstand“ zu attestieren. Die Form könnte besser sein. Immer wieder haben Kirchen Re-Formationen erlebt, kleine und große. Heute ist die Zeit für Re-Formation. Eindeutig.

Aufgrund meiner Verantwortungsbereiche könnte ich jetzt viel sagen und schreiben zur Reformbedürftigkeit und Reformansätzen in den evangelischen Landeskirchen (und vielleicht mache ich das in einer späteren Veröffentlichung auch noch). An manchen Reformschritten, wie etwa dem Reformationsjubiläum 2017 oder auch am gesamtkirchlichen Zukunftsprozess, der 2020 in die „12 Leitsätze zur Zukunft einer aufgeschlossenen Kirche“3 mündete, war ich auch nicht ganz unbeteiligt. Und vieles davon weist aus meiner Sicht in die richtige Richtung.

Aber in diesem Buch geht es mir um einen anderen Teil evangelischer Kirche: nämlich um die pietistische und evangelikale „Welt“.4 Unser Glaube hat immer ein bestimmtes Profil. Teils können wir uns das gar nicht aussuchen, weil wir so aufwachsen und erzogen werden. Aber natürlich übernehmen wir im Laufe der Jahre selbst Mit-Verantwortung für das, was uns prägt. Und da sage ich frank und frei (und begründe das später auch ausführlich): Ich bin Christ, evangelisch, mit pietistischer Prägung. Das ist nun nichts Besonderes, kein Luxusstandard von Christsein (wobei das manche schon ganz anders einschätzen würden), aber eine Blumensorte (nein, kein Unkraut) auf der bunten Frühlingswiese Gottes. Im Zuge heutiger Schubladisierungen würden manche das mit „evangelikal“ gleichsetzen, aber ganz ehrlich, das sehe ich anders. Ich bin Pietist, aber nicht evangelikal, gestehe aber gerne ein, dass pietistische und evangelikale Bewegungen heute viele Gemeinsamkeiten aufweisen und im Grunde als eine Bewegung erscheinen. Das respektiere ich und nenne jetzt beide häufig gemeinsam.5 Deren Zukunftsfähigkeit bereitet mir an einer zentralen Stelle wirklich Sorgen. Also nicht überwiegend und auch nicht überall, nein. Ich bin dankbar für viele Entwicklungen und überzeugt, dass pietistische und evangelikale Glaubensprofile viel zur Reform der evangelischen Christenheit beigetragen haben und weiter beitragen können. Da ist vieles auch richtig gut und zukunftsweisend aufgestellt, aber aus meiner Sicht gibt es für die pietistische und evangelikale Bewegung ein Glaubwürdigkeitsproblem in unserer heutigen Gesellschaft, das sie nicht haben müsste. Und DAS macht mir Sorgen.

In einem ersten Reflex antworten dann Angehörige dieser Frömmigkeitsprofile gern: „Das liegt an den anderen. Die stellen uns falsch dar. So sind wir nicht!“ Aber leider ist in der Regel schon irgendwo auch Feuer vorhanden, wenn andere Rauch wahrnehmen. Ich meine, dass es innerhalb der pietistischen und evangelikalen Bewegung Überzeugungen und Haltungen gibt, die weder dem Evangelium entsprechen noch lebensförderlich sind. Denn das ist für mich das Entscheidende: Es geht um den Kern unserer Glaubensüberzeugungen UND unsere Wahrnehmung in der Gesellschaft.

„Toxisch“ nennt man das heute. Mir ist klar, dass das ein harter Begriff ist. Vor allem, weil hinter diesen Überzeugungen und Haltungen ja Menschen stehen – und Geschwister im Glauben. Ich habe mir auch lange überlegt, ob ich dieses Wort verwenden soll und meine, dass es hilfreich ist, Fehlentwicklungen klar zu benennen. „Toxisch“ meint: nicht lebensdienlich, zerstörerisch, spaltend. Und das sehe ich wirklich so. Diese Fehlentwicklungen haben Auswirkungen auf die gesamte Bewegung, nach innen wie nach außen. Und deshalb lassen sich derartige Fragen auch nicht einfach „intern“ klären oder aufarbeiten.

Es gibt ja diese gute Sehnsucht unter Christenmenschen, nicht zu streiten und schon gar nicht öffentlich. Aber in einer modernen Medienwelt ist das fast unmöglich und die Dispute um die verschiedenen Sichtweisen in der pietistischen und evangelikalen Welt werden längst von allen Seiten auch öffentlich ausgetragen. Das finde ich auch nicht verwerflich, solange es möglichst sachlich zugeht. Noch wichtiger als Problemschilderungen ist mir der Blick nach vorne – was kommt nach der Sackgasse? Darum geht es ganz besonders ab dem fünften Kapitel. Wie kann Christsein in pietistischer und evangelikaler Prägung heute neu an Glaubwürdigkeit und Relevanz gewinnen für die Menschen unserer Zeit? Genau das kann uns als Christ*innen doch nicht gleichgültig sein – wir sind doch Teil einer Mission und die ist untrennbar damit verbunden, mit den Zeitgenoss*innen unserer Kultur(en) Evangelium zu teilen. Das gelingt aber gesamtgesellschaftlich immer weniger. Nur noch in eigenen „Identitätsblasen“ oder soziologischen „Milieus“. Und dann meinen wir, dass Wachstum in dieser Blase schon gleichbedeutend wäre mit „alle Menschen mit dem Evangelium erreichen“. Welch ein Irrtum!

Schon an der Widmung können Sie erkennen: Ich schreibe dieses Buch besonders, mit Blick auf meine Kinder Jennifer und Nicolai, für viele junge Menschen aus mehr oder weniger „frommen“ Elternhäusern. Eveline und ich haben unsere beiden nun schon erwachsenen Kinder christlich erzogen, sozialisiert in Landeskirche und Landeskirchlicher Gemeinschaft, und uns gewünscht und darum gebetet, dass sie mit „Wurzeln und Flügeln“ leben. Und Gott sei Dank, das tun sie. Zugleich erlebten sie hautnah, wie lebensprägend und aufbauend, aber auch wie einengend und zerstörerisch ein evangelischer Glaube pietistischer Prägung sein kann. Heute glauben beide auf ihre Weise, aber es ist völlig unvorstellbar, dass sie in konservativen Gemeinschaften oder Gemeinden, wie ich sie nun jahrelang mit vertreten habe, je heimisch würden. Und ich weiß, dass das nicht nur „ihr Problem“ ist. Ihnen ist das gesellschaftliche Engagement auch der Kirchen wichtig. Sie erwarten, dass Christen respektvoll mit Menschen anderen Glaubens oder mit anderen Überzeugungen umgehen. Ablehnung queerer Menschen geht für sie gar nicht, ebenso wenig wie eine übergriffige, restriktive Sexualethik. Digitale Glaubens- und Gemeindeangebote sind hilfreich, aber „analog“ muss es ebenso stimmen. Wir hoffen und beten, dass sie einmal Gemeinschaften von Christenmenschen finden, die einladend und offen, tolerant und gleichzeitig nicht so auffällig milieuverengt sind, wie sie das bisher weitgehend erfahren mussten. Noch heute reden sie dankbar und begeistert von der bunten und offenen Gemeinschaft ihrer Kindheitstage in der protestantischen Johanneskirchengemeinde in Pirmasens. Sie erwarten, dass Glaube mit ihrem persönlichen Leben zu tun hat und gemeindliche Zugehörigkeit einen Mehrwert für ihren Tag und ihr Leben bietet: Begeisternd und lebensnah soll christliche Kirche sein.

Ich sehe meine Kinder und so viele junge Menschen, die ich in den vergangenen Jahren in der pietistischen und evangelikalen Welt getroffen habe. Ich sehe ihre Elterngeneration, mit der ich in den vergangenen Jahren an vielen Orten so intensiv zusammengearbeitet habe. Ich sehe unsere älteren Glaubensgeschwister, die mir in so vielem Vorbild und Ermutigung gewesen sind. Im Blick auf alle diese Menschen möchte ich zu „einem guten Gewissen“ für einen geistlich und biblisch gegründeten, aufgeschlossenen, offenen Pietismus beitragen, weil ich davon überzeugt bin, dass ein solches Glaubensprofil zur Kirche Jesu Christi auch in der Zukunft Substanzielles beizusteuern hat. Wenn denn der Weg aus der Sackgasse gelingt …

Welche Sackgasse meine ich?

„It’s the economy, stupid!“ – „Es ist die Wirtschaft, du Dummkopf.“ Dieser Spruch wird auf James Carville, einen Politikberater Bill Clintons, zurückgeführt, der damit 1992 erklärte, was ausschlaggebend ist, um Wahlen zu gewinnen: Es geht um die Wirtschaft! Und sonst nichts. Aus dieser Einsicht entwickelte Bill Clinton 1993 eine Wahlkampfstrategie und gewann in den amerikanischen Präsidentschaftswahlen gegen George Bush. Seitdem wird dieser Slogan immer mal wieder abgewandelt verwendet, um auf DEN zentralen Schlüsselfaktor einer gewünschten Veränderung hinzuweisen.

Wer die Sackgasse und den Weg aus derselben für eine pietistische und evangelikale Bewegung beschreiben will, muss formulieren: „It’s bible...

Erscheint lt. Verlag 24.9.2021
Verlagsort Asslar
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Religion / Theologie
Schlagworte ead • EKD • Evangelische Allianz • Evangelium • Fromm • Gender • Kirchentag • Landeskirche • Nachfolge • Pluralismus • Reformation • Religion • Synode
ISBN-10 3-86334-845-1 / 3863348451
ISBN-13 978-3-86334-845-8 / 9783863348458
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 737 KB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Band 1: Willkür und Gewalt

von Walter Dietrich; Christian Link

eBook Download (2024)
Vandenhoeck & Ruprecht Unipress (Verlag)
29,00