Bin das ich? (eBook)

Kleine Menschen, große Fragen
eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
128 Seiten
Klett-Cotta (Verlag)
978-3-608-12094-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Bin das ich? -  Wolfram Eilenberger
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Ein inspirierendes und humorvolles Buch über Kinder und die Liebe zur Weisheit Wie erstaunlich und seltsam sie sind - unsere Kinder. Wir Erwachsene lernen ihre Spiele kennen, ihre imaginierten Freunde und erträumten Länder, aber ihre Fragen fordern uns heraus. »Bin das ich?«, »Was wäre, wenn ...?«, »Wo ist Opa jetzt?«. Diese Fragen sind so tief und unhintergehbar wie das Leben. Sie sind der Anfang der Philosophie. Wir lesen unseren Kindern Geschichten vor, spielen und sprechen mit ihnen, sorgen uns um sie, oder wir streiten über das Zimmer-Aufräumen und Teller-Leeressen. Doch die Fragen, die sich dabei auftun, sind selten so harmlos, wie es scheint. Warum sollte man eigentlich die Suppe auslöffeln, sich entschuldigen oder Ordnung halten? Wer erzählt, was in unseren Büchern steht? Sieht der liebe Gott wirklich alles? Und was heißt das überhaupt: »Ich« und »Du«? Für Wolfram Eilenberger wird das ganz Alltägliche zum Ausgangspunkt seiner philosophischen Streifzüge. Unterhaltsam und humorvoll berichtet er aus dem Leben mit unseren Kindern, das uns zugleich in die wunderbare Welt der Philosophie führt. Ein Buch für alle Menschen im Werden, für die Erwachsenen von heute - und morgen.

Wolfram Eilenberger, geboren 1972, war langjähriger Chefredakteur des Philosophie Magazins, moderiert die »Sternstunde Philosophie« im Schweizer Fernsehen und ist Mitglied der Programmleitung der ?phil.COLOGNE?. In zahlreichen Talkshowauftritten im Deutschen Fernsehen gibt er der Philosophie eine Stimme und ein Gesicht. Sein Buch »Zeit der Zauberer« stand monatelang auf der Spiegel-Bestsellerliste, wurde 2018 mit dem Bayerischen Buchpreis und 2019 mit dem in Frankreich renommierten Prix du Meilleur Livre Étranger ausgezeichnet. Zuletzt erschien sein Bestseller »Feuer der Freiheit«.

Wolfram Eilenberger, geboren 1972, war langjähriger Chefredakteur des Philosophie Magazins, ist Zeit-Kolumnist, moderiert die »Sternstunde Philosophie« im Schweizer Fernsehen und ist Programmleiter der phil.cologne. In zahlreichen Talkshow-Auftritten im Deutschen Fernsehen gibt er der Philosophie eine Stimme und ein Gesicht. Sein Buch »Zeit der Zauberer« stand monatelang auf der Spiegel-Bestsellerliste und wurde 2018 mit dem Bayerischen Buchpreis ausgezeichnet. Zuletzt erschien sein Bestseller »Feuer der Freiheit«.

Hast du auch so einen Freund?


Und warum diese Frage überlebenswichtig ist

Ich versuche ja, die Welt mit deinen Augen zu sehen. Aber leicht machst du es mir nicht. Seit einer halben Stunde spielst du mit einer Freundin, die es eigentlich gar nicht gibt. Ihr habt euch in eurer selbst gebauten Höhle verkrochen. Kocht dort füreinander, tauscht Geschenke aus, frisiert, küsst euch und vertreibt in regelmäßigen Abständen böse Ungeheuer.

Ich muss draußen bleiben. Den Wächter spielen, ab und zu warnend ausrufen: »Achtung, da kommt jemand, der will euch holen!« Dann ist in der Höhle natürlich mächtig was los. Ihr fürchtet und freut euch zugleich, wollt geschnappt werden, herausgezerrt – und wieder nicht. Vom Wächter, der zum Ungeheuer wurde. Das ist das Spiel. Sogar eure eigene Sprache habt ihr erfunden. Du sprichst und kreischst, in Stimmen, stark verzerrt, wie eine Wahnsinnige.

Wärst du nur zehn Jahre älter, ich würde einen Arzt rufen, damit er dich mitnimmt und dich vor dir selbst schützt. Aber so? Ganz alltäglich. Ganz gewöhnlich. Es soll sogar gut sein, gut für deine Entwicklung. Kinder, die einen imaginären Freund hatten, habe ich gelesen, »erreichen später einmal eine höhere Sozialkompetenz« – was wohl bedeutet, dass sie sich als Erwachsene besser in andere Menschen hineinversetzen können.

Sich in einen anderen hineinversetzen. Keine so leichte Sache. Da sitzt also, wenn ich es recht verstehe, im Moment jemand mitten in dir drin? Deine »große Schwester Maja«, wie du sie nennst.

  • Papa, bist du noch da?

  • Selbstverständlich.

  • Du musst jetzt rufen, dass da jemand kommt! Je-etzt!

  • Ich habe jetzt aber keine Lust mehr. Ich finde, wir haben lange genug Höhle gespielt.

  • Schwester Maja will aber noch weiterspielen!

  • Dann erkläre ihr, dass der Wächter müde ist und eine Pause benötigt.

  • Sie will aber noch weiterspielen!

  • Ich erkläre ihr es auch persönlich, wenn du mich lässt.

  • Das geht nicht.

  • Warum nicht?

  • Weil es eben nicht geht!

  • Dann müsst ihr beide in eurer Höhle alleine weiterspielen.

  • Aber du bist der Wächter. Du musst gehorchen!

  • Ich will aber nicht mehr Wächter sein.

  • Blöd. Blöder Papa!

Ein launisches, eigensinniges Ding, deine große Schwester Maja. Manchmal streitet ihr sogar miteinander, diskutiert, erklärt, zankt. So wie im Moment, in eurer Höhle.

Du kommst herausgekrochen. Und es bist wirklich du. Nur du. Ich kann es auf den ersten Blick erkennen.

  • Wo ist denn Schwester Maja?

  • War müde. Hat sich hingelegt.

  • Und wann, glaubst du, wacht sie wieder auf?

  • Weiß ich nicht.

  • Weiß man ja nie bei ihr, oder?

  • Hm. Sag mal, Papa, hast du auch so eine Freundin?

  • Wie Schwester Maja, meinst du?

  • Ja.

  • Als ich so alt war wie du, hatte ich so einen Freund. Es war ein Junge. Er hieß Erwin.

  • Und was war das für ein Junge?

  • Er war ein bisschen älter als ich, so wie Schwester Maja ja auch ein wenig älter ist als du. Wir haben getanzt, uns Geschichten erzählt und Versteck gespielt. Einmal hat er sich so gut versteckt, dass ich mich auf der Suche nach ihm verlaufen habe und dann in einen Bach gefallen bin. Das jedenfalls erzählt die Oma. Und dann, daran erinnere ich mich selbst noch ganz deutlich, haben wir geboxt, viel geboxt. Und miteinander gerauft.

So war das wohl mit Erwin. Meinem ersten Freund. Sollte ich heute erklären, was er war, würde ich sagen: eine bessere Version meines Selbst. Die beste, die ich mir zur damaligen Zeit vorstellen konnte. Ein großer Freund, der mich im Zwiegespräch erzog, der mich verstand und immer da war, mitten in mir drin.

Was aber wäre so ein imaginärer Freund für einen Erwachsenen? Eine Persönlichkeitsstörung? Ein ziemlich ehrgeiziges Gewissen? Ein eigensinniges Über-Ich? Oder – weshalb das Kind nicht bei seinem ersten Namen nennen – ein Dämon von der Art, wie ihn der Philosoph Sokrates einst in seinem Inneren hörte? Jene Stimme, die ihn trieb, sich und auch andere vor die Frage zu stellen: Wer bist du? Wie willst du leben? Was willst du werden?

  • War Erwin stark?

  • Sehr stark. Aber ich hab ihn trotzdem manchmal besiegt.

  • Schwester Maja ist auch sehr stark!

  • So stark wie du?

  • Viel stärker! Sie hat sogar mit einem Krokodil geringt!

  • Gerungen.

  • Und einen Löwen gefangen! Mit den Händen.

  • Wie hat sie das denn geschafft?

  • Sie hat ihn geboxt. So hat sie ihn geboxt. So! So!

  • Aha, ich kann’s mir in etwa vorstellen.

  • Geboxt hat sie ihn. So! So! So!

  • Vorsicht, nicht so laut! Du weckst noch Schwester Maja auf.

  • Oh …

Schon bist du wieder in der Höhle verschwunden. Einfach abgezischt. Kennst weder Vater noch Mutter, wenn sie dich ruft. Kann ja alles, deine geniale Schwester. Was ich dich auch frage oder fragen würde, die Antwort ist immer die gleiche: Nein, ich noch nicht …, aber Schwester Maja weiß es, Schwester Maja war schon einmal dort, Schwester Maja kann es.

Mit Selbsterkenntnis hat das nur wenig zu tun. Doch zumindest das ließe sich von deiner Schwester Maja aber behaupten: dass sie am Anfang eines Gesprächs steht, das davon handelt, wer du werden willst.

  • Achtung! Da kommt jemand und will euch holen!

  • Nicht! Nicht!

  • Doch, ich komme jetzt rein und hole euch, uaaah, und dann fresse ich euch auf, mit Haut und Haaren, fresse euch die Haare vom Kopf, uaah!

  • Nein, bitte nicht! Schwester Maja, wach auf! Hilf mir!

  • Ihr habt keine Chance, ich bin von der Polizei, ihr habt den ganzen Tag wieder nur Unsinn getrieben, das können wir nicht dulden. UAAAAH!

  • … Halt! Papa, das ist blöd, das ist ein blödes Spiel. Das möchten wir nicht!

  • ...

Erscheint lt. Verlag 13.3.2021
Verlagsort Stuttgart
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Religion / Theologie
Schlagworte Bildung • Denken • Erziehung • Leben mit Kindern • Lebensfragen • Pädagogik • Philosophie • Philosophischer Dialog • Philosophisches Gespräch • Wissen
ISBN-10 3-608-12094-7 / 3608120947
ISBN-13 978-3-608-12094-3 / 9783608120943
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