Schriften in deutscher Übersetzung (eBook)

Die Schriften 1-54 der chronologischen Reihenfolge

(Autor)

Richard Harder (Herausgeber)

eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
936 Seiten
Felix Meiner Verlag
978-3-7873-3934-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Schriften in deutscher Übersetzung -  Plotin
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Plotin ist der intensivste und kraftvollste Denker im Kontext spätantiker Philosophie, von großer unmittelbarer und geschichtlich weitreichender Ausstrahlung. Er kann als ein Paradigma metaphysischen Denkens gelten, welches nicht nur die in sich differenzierte Wirklichkeit im Ganzen aus einem Ursprung entfaltet, sondern Philosophie auch als die bestimmend-bewegende und »heilende« Lebensform vorstellt. Beginnend in der sinnlichen Erfahrung und im Begreifen der Phänomene soll sich das Denken seiner selbst bewusst werden. Die denkende Rückkehr der Seele in den Geist ist dabei die Voraussetzung für ihren Aufstieg zum »Einen«, ihrem absoluten Ursprung. Plotins Schriften waren zunächst nur informelle Aufzeichnungen von Gedankengängen, die für seinen Schülerkreis gedacht waren. Erst an seinem Lebensende übertrug er seinem Schüler Porphyrios die Aufgabe, diese zu ordnen und herauszugeben. Porphyrios gliederte die Schriften in Neunergruppen (?Enneaden?); Richard Harder hingegen entschied sich für eine chronologische Anordnung der 54 Texte. Beigegeben ist der Ausgabe die biographische Skizze von Plotins Schüler Porphyrios »Über Plotins Leben und über die Ordnung seiner Schriften«, die dieser der Sammlung der Texte seines Lehrers vorangestellt hatte, sowie ein Zählungsschlüssel, der es ermöglicht, die Texte leicht in der jeweiligen Zählung wiederzufinden.

Plotin wird 204 n.Chr. in Lykopolis (Ägypten) geboren. Die wenigen zuverlässigen Quellen lassen kaum Rückschlüsse auf seine Biographie zu. Um 232 wendet sich Plotin philosophischen Studien zu und wird Schüler des Platonikers Ammonios. Etwa zehn Jahre später läßt er sich in Rom nieder und gründet eine eigene Philosophenschule. Von seinem Schüler Porphyrios niedergeschrieben und ediert, sind Plotins Schriften in Enneaden eingeteilt und waren als Studienunterlagen für seine Schüler bestimmt. Plotins Philosophie versteht sich als Metaphysik des 'Einen'. Sie kann als Paradigma metaphysischen Denkens gelten, welches nicht nur die in sich differenzierte Wirklichkeit im ganzen aus einem Ursprung entfaltet, sondern Philosophie auch als die bestimmend-bewegende und 'heilende' Lebensform vorstellt. Beginnend in der sinnlichen Erfahrung und im Begreifen der Phänomene soll sich das Denken seiner selbst bewußt werden. Die denkende Rückkehr der Seele in den Geist ist dabei die Voraussetzung für ihren Aufstieg zum 'Einen', ihrem absoluten Ursprung. Als Begründer des Neuplatonismus beeinflußt Plotins Denken die gesamte Metaphysische Tradition von der späten Antike bis in die Neuzeit. Plotin stirbt 270 in Campanien.

Plotin wird 204 n.Chr. in Lykopolis (Ägypten) geboren. Die wenigen zuverlässigen Quellen lassen kaum Rückschlüsse auf seine Biographie zu. Um 232 wendet sich Plotin philosophischen Studien zu und wird Schüler des Platonikers Ammonios. Etwa zehn Jahre später läßt er sich in Rom nieder und gründet eine eigene Philosophenschule. Von seinem Schüler Porphyrios niedergeschrieben und ediert, sind Plotins Schriften in Enneaden eingeteilt und waren als Studienunterlagen für seine Schüler bestimmt. Plotins Philosophie versteht sich als Metaphysik des "Einen". Sie kann als Paradigma metaphysischen Denkens gelten, welches nicht nur die in sich differenzierte Wirklichkeit im ganzen aus einem Ursprung entfaltet, sondern Philosophie auch als die bestimmend-bewegende und "heilende" Lebensform vorstellt. Beginnend in der sinnlichen Erfahrung und im Begreifen der Phänomene soll sich das Denken seiner selbst bewußt werden. Die denkende Rückkehr der Seele in den Geist ist dabei die Voraussetzung für ihren Aufstieg zum "Einen", ihrem absoluten Ursprung. Als Begründer des Neuplatonismus beeinflußt Plotins Denken die gesamte Metaphysische Tradition von der späten Antike bis in die Neuzeit. Plotin stirbt 270 in Campanien.

1

Das Schöne


Das Schöne findet sich die Fülle im Bereich des Gesichts; es findet sich auch im Bereich des Gehörs, bei der Fügung der Wörter und in der gesamten Musik (denn Melodie und Rhythmus ist auch etwas Schönes); es finden sich aber auch, wenn wir von dem Wahrnehmungsbereich nach oben fortschreiten, schöne Beschäftigungen, Handlungen, Zustände, Wissenschaften und endlich die Schönheit der Tugenden; und ob sich über all diesem noch etwas Schönes findet, wird sich herausstellen. Was ist denn nun dasjenige, welches bewirkt daß die Leiber dem Blick schön erscheinen und daß das Gehör die Töne als schöne bejaht, und wie kommt weiterhin die Schönheit alles dessen zustande, was mit der Seele zusammenhängt? Sind alle diese Dinge vermöge Ein- und desselben schön, oder ist die Schönheit etwas anderes wo sie am Leibe, etwas anderes wo sie an einem andern ist? Und was ist die Eine oder die verschiedenen? Gewisse Dinge sind nämlich nicht bereits von ihrer Substanz her schön, sondern erst durch Teilhabe, wie die Leiber; andere sind an sich Schönheit, wie es das Wesen der Tugend ist. Denn dieselben Leiber erscheinen bald als schön bald als nicht schön; Leib sein muß also unterschieden sein von schön sein. Was ist nun das was hier den Leibern beiwohnt? Das soll der erste Gegenstand unserer Untersuchung sein.

Was ist es, das den Blick des Beschauers erregt, auf sich wendet und mitzieht und im Schauen sich ergötzen läßt? Wenn wir das finden, kann es uns vielleicht auch als Stufe dienen zur Betrachtung der sonstigen Schönheit. Ziemlich allgemein wird behauptet, daß ein Wohlverhältnis der Teile zueinander und zum Ganzen, und zusätzlich das Moment der schönen Färbung, die sichtbare Schönheit ausmacht; schön sein bedeute, für die sichtbaren Dinge und überhaupt für alles andere, symmetrisch sein, Maß in sich haben. Für die Verfechter dieser Lehre kann es also kein einfaches sondern notwendig nur ein zusammengesetztes Schönes geben; das Ganze ferner kann schön sein, seine einzelnen Teile aber können von sich aus nicht schön sein, sondern nur sofern sie zur Schönheit des Ganzen beitragen. Aber wenn denn das Ganze schön ist, müssen es auch die Teile sein; denn ein Schönes kann doch nicht aus häßlichen Bestandteilen bestehen, sondern die Schönheit muß alle Teile durchsetzen. Die schönen Farben ferner, wie auch das Licht der Sonne, da sie einfach sind und ihre Schönheit also nicht auf Symmetrie beruhen kann, bleiben für sie vom schön sein ausgeschlossen. Und das Gold, wie kann es dann noch schön sein, und das Funkeln der Nacht … (?). Und bei den Tönen müßte ebenso das Einfache fortfallen; dabei ist doch vielfach der einzelne Ton unter denen die in dem schönen Ganzen sind auch seinerseits schön. Da nun ferner das nämliche Antlitz, ohne daß sich die Symmetrie seiner Teile ändert, bald schön erscheint bald nicht, so muß man zweifellos das Schöne als etwas anderes ansehen das erst über das Symmetrische kommt, und das Symmetrische muß seine Schönheit erst durch ein anderes erhalten.

Wenn sie dann aber etwa weiterschreiten zu den schönen Beschäftigungen und den schönen Gedanken und auch hier die Symmetrie als Grund der Schönheit angeben wollten – was kann man unter Symmetrie bei schönen Beschäftigungen Gesetzen Kenntnissen Wissenschaften denn überhaupt noch verstehen? Wie können Lehrsätze symmetrisch zueinander sein? Sofern sie zueinander stimmen? Nun, auch die schlechten Sätze stimmen und passen zueinander; die beiden Sätze ‘Selbstbeherrschung ist Torheit’ und ‘Gerechtigkeit ist Einfältigkeit’ passen und stimmen völlig zueinander. Jede Tugend ist Schönheit der Seele, und zwar eine wahrere Schönheit als die vorher genannten Dinge. Aber in welchem Sinne sollen die Tugenden symmetrisch sein? Auch wenn die Seele mehrere Teile hat, können sie nicht wie Größen und wie Zahlen symmetrisch sein; denn nach welcher Proportion sollte eine Zusammensetzung oder Vermischung der Seelenteile statthaben? Und der Geist, worin sollte dann seine Schönheit bestehen, wenn er für sich allein ist?

[2]So heben wir nochmals an und wollen zuerst bestimmen, was denn nun das Schöne an den Leibern ist. Es gibt nämlich etwas Schönes das schon beim ersten Hinblicken wahrgenommen wird; dessen wird die Seele gewissermaßen inne und spricht es an; indem sie es wiedererkennt, billigt sie es und paßt sich ihm sozusagen an; wenn ihr Blick dagegen auf das Häßliche trifft, so zieht sie sich zurück, weigert sich ihm und lehnt es ab, denn es stimmt nicht zu ihr und ist ihr fremd. Wir behaupten nun, wenn die Seele das ist was ihr wahres Wesen ist, und das heißt: auf der Seite der Wesenheit steht die in der Welt die obere ist, so ist es das Verwandte oder auch nur die Spur des Verwandten, dessen Anblick sie erfreut und erschüttert; sie bezieht das auf sich selbst und erinnert sich ihres eigensten Wesens, dessen was sie in sich trägt. Aber wie kann denn eine Ähnlichkeit der hiesigen schönen Dinge mit den jenseitigen bestehen? Und mögen sie auch, da es eine Ähnlichkeit gibt, irgendwie ähnlich sein – wieso kann aber das Irdische ebensowohl schön sein wie das Jenseitige? Das geschieht, so lehren wir, durch Teilhaben an der Gestalt (Idee). Denn alles Formlose ist bestimmt Form und Gestalt anzunehmen; solange es daher keinen Teil hat an rationaler Form und Gestalt, ist es häßlich und ausgeschlossen von der göttlichen Formkraft; das ist das schlechthin Häßliche; häßlich ist aber auch das was von der Form und dem Begriff nicht voll bewältigt wird, weil die Materie eine gänzlich der Idee entsprechende Formung nicht zuließ. Die Idee tritt also hinzu; das was durch Zusammensetzung aus vielen Teilen zu einer Einheit werden soll, das ordnet sie zusammen, bringt es in ein einheitliches Gefüge und macht es mit sich eins und übereinstimmend, da ja sie selbst einheitlich ist und das Gestaltete, soweit es ihm, das aus Vielem besteht, möglich ist, auch einheitlich sein soll; ist es dann zur Einheit gebracht, so thront die Schönheit über ihm und teilt sich den Teilen so gut mit wie dem Ganzen; trifft aber die Idee auf ein Einheitliches, aus gleichartigen Teilen Bestehendes, so teilt sie die Schönheit dem Ganzen mit; so als wenn die Schönheit bald, durch die Kunst, einem ganzen Hause mit seinen Teilen gegeben wird, bald, durch eine Naturkraft, einem einzelnen Stein.

[3]Der schöne Körper also entsteht durch Gemeinschaft mit der von den Göttern kommenden Formkraft. Die Erkenntnis dieses Schönen nun vollzieht dasjenige Vermögen der Seele, welches ihm vorgeordnet ist; es ist vor allen berufen zu urteilen über die Dinge seines Bereiches, da ja überdies auch die übrige Seele nachprüfend mitwirkt; vielleicht aber spricht auch dies Vermögen allein schon das Schöne an, indem es an der ihm zugänglichen Idee abmißt und diese Idee bei ihrem Urteil benutzt wie man an der Richtschnur das Gerade mißt. Aber wie kann denn die Idee, die am Leibe ist, mit jener die vor und über dem Leibe ist, übereinstimmen? Und wie kann der Baumeister das Haus draußen nach der Idee des Hauses in seinem Innern abstimmen und es dann als schön ansprechen? Nun, weil das äußere Haus, wenn man die Steine ausscheidet, eine Teilung der inneren Idee vermöge der äußeren Masse der Materie bedeutet, eine Sichtbarwerdung des Unteilbaren in der Vielheit. Erblickt nun die Wahrnehmung die Idee an den Körpern, welche die ihr entgegengesetzte, gestaltlose Wesenheit zusammenbindet und überwältigt, diese Form, welche hervorleuchtend über den anderen Formen thront, so faßt eben dies das Vielfältige geschlossen zusammen, hebt es hinauf, bringt es ein in das Innere als ein nunmehr Unteilbares, und überliefert es ihm als ein Übereinstimmendes, zu ihm Passendes, Verwandtes; so wie einen edlen Mann schon die aufleuchtende Spur der Tugend an einem Jüngling freundlich berührt, welche übereinstimmt mit dem wahren Urbild in seinem eigenen Innern.

Die Schönheit ferner der Farbe ist ein Einfaches vermöge der Form, indem das Dunkel in der Materie bewältigt wird durch die Anwesenheit des Lichts, welches unkörperlich ist, rationale Form und Gestalt. Daher denn auch das Feuer als solches vor den andern Körpern schön ist; denn es hat den Rang der Idee im Verhältnis zu den andern Elementen, es ist das oberste seiner räumlichen Stellung nach und der feinste von allen Körpern wie es seiner Nähe zum Unkörperlichen entspricht; es nimmt allein die anderen Körper nicht in sich auf, während die andern es aufnehmen (die andern Körper können erwärmt, das Feuer aber nicht abgekühlt werden): so ist dem Feuer denn auch primär die Farbe eigen, und die andern Körper entnehmen erst von ihm die Idee der Farbe; daher leuchtet und glänzt es, wie es einer Idee zukommt. Was aber nicht mehr obsiegt, dessen Leuchten verblaßt und es gehört nicht mehr zum Schönen, da es nicht voll an der Idee der Farbe Teil hat. Was ferner die an den Tönen vorfindlichen Harmonien...

Erscheint lt. Verlag 5.10.2020
Reihe/Serie Philosophische Bibliothek
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Philosophie Geschichte der Philosophie
Geisteswissenschaften Philosophie Philosophie Altertum / Antike
Schlagworte Antike Philosophie • Ethik • Neuplatonismus • Ontologie
ISBN-10 3-7873-3934-5 / 3787339345
ISBN-13 978-3-7873-3934-1 / 9783787339341
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