Emotionale Aktivierungstherapie (EAT) (Leben Lernen, Bd. 312) (eBook)

Embodiment in Aktion
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2020 | 1. Auflage
216 Seiten
Klett-Cotta (Verlag)
978-3-608-11611-3 (ISBN)

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Emotionale Aktivierungstherapie (EAT) (Leben Lernen, Bd. 312) -  Gernot Hauke,  Christina Lohr
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Mit den hier dargestellten Embodiment-Techniken lernen PsychotherapeutInnen, den Körper als Verbündeten in einem für PatientInnen notwendigen Veränderungsprozess zu sehen und einzusetzen. Die enge Wechselwirkung zwischen Körper und Psyche wird genutzt, um eine gute Selbst- und Emotionsregulation zu fördern. - Ansatz ist in der »Dritten Welle der Verhaltenstherapie« verankert - Neurowissenschaftlich fundiert - Mit vielen praktischen Beispielen und Fallgeschichten Neurowissenschaftliche Forschungen bestätigen auf eindrucksvolle Weise die enge Wechselwirkung zwischen Körper und Kognition. Moderne Ansätze in der Psychotherapie tragen dem zunehmend Rechnung, indem nicht nur darauf geachtet wird, wie sich psychische Emotionen in Körper, Mimik, Gestik und Stimmlage ausdrücken, sondern die Tatsache genutzt wird, dass diese auch umgekehrt unser Denken und Fühlen beeinflussen. In diesem Buch zeigen die Autoren auf praktisch nachvollziehbare Weise, wie Handeln, Wahrnehmung und Emotion miteinander verzahnt sind und wie sich diese Erkenntnisse fruchtbar in die Psychotherapie umsetzen lassen. Die anschaulich beschriebenen Embodiment-Techniken ermöglichen eine behutsame Entschlüsselung der emotionalen Mechanismen beim Klienten und fördern eine tiefere und schnellere Einsicht, als dies allein mit Gesprächen möglich wäre. Gleichzeitig wird die Kraft der Emotionen für erfolgreiche Handlungsplanung und Veränderungsprozesse genutzt. Dieses Buch richtet sich an: - Psychologische PsychotherapeutInnen - Ärztliche PsychotherapeutInnen - VerhaltenstherapeutInnen - Integrativ arbeitende TherapeutInnen - Coaches

Gernot Hauke, Dr. phil., Dipl.-Psych., Psychologischer Psychotherapeut, langjährig tätig am Lehrstuhl für Arbeits- und Organisationspsychologie der TU München, Ausbildung in Verhaltenstherapie, Zusatzausbildungen in systemischen und körperorientierten Therapieformen, Mitbegründer der 'Coaching Academy CIP' und der Weiterbildungsakademie 'Brainperspective', tätig als Lehrtherapeut, Supervisor, Dozent und Managementcoach.

Gernot Hauke, Dr. phil., Dipl.-Psych., Psychologischer Psychotherapeut, langjährig tätig am Lehrstuhl für Arbeits- und Organisationspsychologie der TU München, Ausbildung in Verhaltenstherapie, Zusatzausbildungen in systemischen und körperorientierten Therapieformen, Mitbegründer der "Coaching Academy CIP" und der Weiterbildungsakademie "Brainperspective", tätig als Lehrtherapeut, Supervisor, Dozent und Managementcoach. Christina Lohr, Dr., Dipl.-Psych., Psychologische Psychotherapeutin, ist in eigener Praxis für Psychotherapie und Coaching in München tätig.

Kapitel 1

Der therapeutische Prozess im Überblick


Wenn einem als therapeutisch Tätiger eine interessante neue Art zu arbeiten in Buchform begegnet, so steht man vor der Herausforderung, nur durch das Gelesene herauszufinden, ob sie bei den eigenen Patienten wohl auch das bewirkt, was die Autoren beschreiben, und ob sie zu der eigenen bisherigen Arbeitsweise passt. Denn nur, wenn das der Fall ist, lohnt sich für viele der Einsatz, die eigene gut laufende Routine zu unterbrechen und etwas Neues auszuprobieren. Aber genau dieser Einsatz ist nötig, um aus einem gelesenen Text eine lebendige Erfahrung und schließlich eine neue erweiterte Routine zu machen. Es erfordert zunächst Zeit, Energie und die Lust, etwas Neues ausprobieren zu wollen. Und zu Letzterem möchte dieser, etwas anders gewählte Einstieg seinen Beitrag leisten. Denn bevor in den folgenden Kapiteln ausführlich der theoretische Hintergrund und die Methodik beschrieben werden, steht an erster Stelle dieses Mal ein Erfahrungsbericht. Er enthält viel von dem, was Patienten uns seit der Entstehung der Emotionalen Aktivierungstherapie vor nunmehr 5 Jahren zurückmelden. Er möchte zudem einen Einblick geben, wie Patienten diesen Ansatz erleben, und auch, wie sich die Prinzipien und Methoden des Embodiment in den bekannten (verhaltens-)therapeutischen Prozess einfügen.

1.1 Einstieg mal anders: Patient Harry F. gibt dem Embodiment eine Chance


Die Therapeutensuche – Harry F. will es noch mal wissen


Als ich mit Anfang 40 mal wieder auf der Suche nach einem Therapeuten war – ich leide regelmäßig unter Depressionen, seit ich ein Teenager war –, bekam ich von einem guten Freund und ehemaligen Mitpatienten den Tipp, es noch mal mit Verhaltenstherapie zu probieren. Aber er riet mir, darauf zu achten, dass es jemand ist, der nach dem sogenannten Embodiment-Ansatz arbeitet. Auf die Frage, was das denn genau sei, meinte er nur: »Bei denen wird einfach nicht nur in Sesseln gesessen und geredet, sondern du bist viel in Bewegung und lernst deinen Körper besser kennen. Das ist schwer zu erklären. Probiere es einfach mal aus, Harry. Mir hat das sehr geholfen.« Ich war zugegebenermaßen äußerst skeptisch, und das nicht nur, weil ich den Begriff Embodiment nicht kannte und es nach neumodischem Kram klang. Zwar weiß ich aus Erfahrung, dass mir Therapien stets geholfen haben. Schließlich hatte ich insgesamt vier ambulante und zwei stationäre Behandlungen in den letzten 20 Jahren und kannte somit all das, was meine Krankenkasse an Therapierichtungen bezahlt. Aber aus dem gleichen Grund wächst seither meine Skepsis und Therapiemüdigkeit. Denn blicke ich auf die letzten Jahre zurück, so sind es trotz all der Erkenntnisse und neuen Fähigkeiten immer wieder die gleichen Themen, die mich ins Straucheln bringen. Und dieses Resümee frustriert mich mehr und mehr: Ich weiß viel über mich und kann trotzdem nicht verhindern, dass ich wieder depressiv werde. Letztendlich ist es das gleiche Spiel wie mit meinen chronischen Rückenschmerzen. Wenn es schlimm wird, gehe ich zum Arzt, lasse mir Schmerzmittel verschreiben und nehme diese für eine gewisse Zeit. Danach geht’s dann auch wieder eine Zeit lang ohne, bis zur nächsten unbedachten Bewegung. Und so scheint es auch mit meiner Depression zu sein. Wenn es ganz schlimm wird, gehe ich wieder zur Therapie, und danach geht es wieder eine Weile ohne, bis zum nächsten Stress, und dann geht alles wieder von vorne los.

Die Probatorik – ein alter Hase auf neuen Spuren


Nach ein wenig Internetrecherche und herumtelefonieren saß ich genau mit dieser Mischung aus Skepsis, Resignation und Erwartung auf Besserung in meiner ersten Stunde bei Frau B., ihres Zeichens Verhaltenstherapeutin mit besagtem Embodiment-Ansatz. Der Praxisraum sah von innen nicht viel anders aus, als ich es gewohnt war: zwei Sessel, ein Tisch, ein Flipchart und was sonst noch so dazugehört. Das Einzige, was mir auffiel, war, dass das ganze Arrangement auf mich irgendwie geräumiger wirkte. Die erste Stunde lief dann auch ähnlich ab, wie ich es gewohnt war mit allerhand Aufklärung, Papierkram und den üblichen Fragen, warum gerade jetzt und was es an Symptomen gibt. Ich erzählte brav meine Beschwerden, die von Antriebslosigkeit über innere Unruhe, Gereiztheit bis hin zu schlechter Stimmung und starken Selbstzweifeln reichten. Und natürlich gab ich den üblichen Abriss der letzten Jahre zum Besten. Ich war mittlerweile sehr routiniert darin. Die Therapeutin Frau B. ließ es sich jedoch nicht nehmen, am Ende der Stunde nochmals darauf hinzuweisen, dass es schon in der kommenden Stunde darum gehen werde, nicht nur im Sitzen zu arbeiten, sondern die Embodimenttechniken auch schon in der Probatorik auszuprobieren. Die Dame war mir ausreichend sympathisch und mein Leidensdruck hoch genug, sodass wir gleich einen neuen Termin vereinbarten.

In der kommenden Stunde ging es schon nach den ersten 10 Minuten, die dem üblichen »wie war die Woche und wie geht es Ihnen heute« gewidmet war, direkt zur Sache. Frau B. bat mich aufzustehen und sorgte dafür, dass die Mitte des Raums von den beiden Sesseln und dem Flipchart befreit wurde. Sie gab mir eine ca. sieben Meter lange fingerdicke Wolle und bat mich, einen Raum um mich herum zu definieren, der sich für mich gut anfühlt. Ich war sichtlich irritiert. Zum einen, weil mir so eine Aufgabe bisher noch niemand gestellt hatte, und zum anderen – das irritierte mich fast noch mehr –, weil ich die Antwort aus irgendeinem Grund ziemlich genau wusste. Ich legte eine geschlossene kreisförmige Fläche um mich herum und stellte mich mitten hinein. Meine Therapeutin begann dann mit weiteren, für mich seltsamen Fragen, nämlich wo in meinem Körper ich feststellen konnte, dass dieser Raum passend für mich war. Zunächst hatte ich keinen blassen Schimmer, was ich darauf antworten sollte, aber sie half mir ganz gut, indem sie gezielt einzelne Körperpartien abfragte. Zögerlich konnte ich benennen, dass ich mich in dem Kreis recht entspannt in den Schultern fühlte und gut atmen konnte. So richtig interessant wurde es aber dann, als sie mich bat, meinen eigenen Kreis sehr viel kleiner und kurz darauf sehr viel größer zu legen. Ich war überrascht, dass mein Körper hier auf beide Varianten mit ordentlich Stress reagierte. Als der Raum zu eng war, konnte ich kaum atmen. Als er viel zu groß war, wurde ich unruhig in den Beinen. Jedes Mal fragte Frau B. mich, ob ich solche Empfindungen auch in anderen Situationen aus meinem Alltag kenne. Zu meiner Verwunderung fielen mir jede Menge Situationen aus dem Büro und auch aus meinem Familienalltag ein. In nur 20 Minuten waren wir beide an zentralen Themen von mir angelangt. Nicht schlecht, dachte ich mir.

Aber die Stunde war ja noch nicht vorbei, und so bekam ich erneut den Auftrag, den Kreis wieder in die für mich passende Größe zu bringen. In der Zeit hörte ich, wie Frau B. drei Luftballons aufblies. Ich wunderte mich, aber das war ich ja mittlerweile schon gewohnt. Als ich wieder in der Mitte meines gelegten Raumes stand, dort, wo ich mich am wohlsten fühlte, bat mich Frau B., genau darauf zu achten, was in meinem Körper passiert, wenn sie einen Ballon in meinen Raum wirft. Der erste Ballon schwebte hinein, und mich bestieg ein Gefühl von Unbehagen. Mit jedem weiteren Ballon wurde dies stärker und stärker. Frau B. bat mich, die Ballons aus meinem Raum zu entfernen, und als dieser wieder leer war, kehrte auch bald mein Wohlbefinden zurück. Erstaunlich, dachte ich mir. Das waren doch nur Luftballons. Als letzte Übung für heute schwebten die Ballons ein zweites Mal in meinen Kreis, aber diesmal sollte ich Impulsen meines Körpers folgen, und siehe da, mein Körper wollte, dass ich den Ballons aus dem Weg ging, und so zog ich mich an das hinterste Ende meines Raums zurück. Damit endete die Übung für heute, und Frau B. bat mich, meinen Kreis aufzulösen und für eine Abschlussbesprechung wieder auf dem Sessel Platz zu nehmen. Sie fragte mich ausführlich nach meinem Erleben während der Übung und erläuterte mir dabei, worum es bei der Arbeit nach dem Embodiment-Ansatz geht.

Zum einen geht es darum, den Körper als wichtige Informationsquelle nutzen zu lernen. Nicht nur in der Therapie, sondern vor allem auch im eigenen Alltag. Denn er reagiert blitzschnell und zeitnah bei Veränderungen in unserer unmittelbaren...

Erscheint lt. Verlag 21.4.2020
Reihe/Serie Hilfe aus eigener Kraft
Leben lernen
Leben Lernen
Leben Lernen
Verlagsort Stuttgart
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Psychologie Allgemeine Psychologie
Medizin / Pharmazie Medizinische Fachgebiete Psychiatrie / Psychotherapie
Schlagworte Ärztliche Psychotherapie • Bewusstsein Körper • Brainperspective • Coach • Coaching • Denken und Fühlen • Embodiment • Embodiment-Techniken • Emotionen • Emotionsregulation • Enaktivismus • Fallbeispiele • Inkarnation • Integrative Therapie • Klinische Psychologie • Kognition • Körper • körperorientierte Therapie • Körpertherapie • Maja Storch • psychische Emotionen • Psychologie • Psychologische Beratung • Psychomotorik • Psychosomatische Therapie • Psychotherapie • Selbstregulation • Tschacher • Verhaltenstherapie • Verkörperung • verleiblichung
ISBN-10 3-608-11611-7 / 3608116117
ISBN-13 978-3-608-11611-3 / 9783608116113
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