Schulvermeidung (eBook)
164 Seiten
Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG
978-3-8409-2810-9 (ISBN)
Einleitung: Grundlagen und Aufbau des Buches und Inhaltsverzeichnis 7
1Stand der Forschung 11
1.1 Definition und Formen von schulabwesendem Verhalten 11
1.2Häufigkeit 14
1.3Ätiopathogenese 18
1.4Verlauf 23
1.5Therapie 24
2 Leitlinien: 2.1 Leitlinien zur Diagnostik und Verlaufskontrolle 33
2 Leitlinien: 2.2 Leitlinien zu Behandlungsindikationen 76
2 Leitlinien: 2.3 Leitlinien zur Therapie 89
3Verfahren zur Diagnostik und Therapie 128
4Materialien 131
M01 Checkliste zur Exploration von Schulvermeidung 132
M02 Deutschsprachige Fassung der School Refusal Assessment Scale-Revised (SRAS-R) – Fragebogen Schulvermeidung (Elternversion) 134
M02 Deutschsprachige Fassung der School Refusal Assessment Scale-Revised (SRAS-R) – Fragebogen Schulvermeidung (Schu?lerversion) 137
M02 Auswertung SRAS-R 140
M03 Checkliste funktionale Faktoren von Schulvermeidung (CL-FFSV) 141
M04 Behandlungsvertrag 143
5Fallbeispiel 144
6Literatur 152
1 Stand der Forschung
1.1 Definition und Formen von schulabwesendem Verhalten
Vielen Kindern und Jugendlichen gelingt es nicht, die Schule regelmäßig zu besuchen. Begriffe wie „Schulangst“, „Schulmüdigkeit“, „Schulphobie“, „Schule schwänzen“, „Schulverweigerung“ oder „Schulabsentismus“ versuchen, dieses Phänomen zu umschreiben (Walter & Döpfner, 2009a). Auf den ersten Blick erscheint das Fernbleiben von der Schule als relativ klar zu konzeptualisierendes Phänomen. Dennoch existiert eine Vielzahl unterschiedlicher Konzepte und Definitionen im Zusammenhang mit der Problematik des Fernbleibens von der Schule, die häufig auf unterschiedlichen Annahmen über zugrunde liegende Bedingungen der Schulabwesenheit fußen (Heyne et al., 2019; Ingles et al., 2015; Kearney, 2016; Lenzen et al., 2016). Erste Konzeptualisierungen sind bereits mehr als 100 Jahre alt und finden sich Anfang des 20. Jahrhunderts (z. B. Broadwin, 1932; Hiatt, 1915; Patridge, 1939). Diese Arbeiten zeigen, dass die Erforschung des Schulfernbleibens eine lange Tradition hat. Allerdings erschweren diese unterschiedlichen, sich überlappenden Konzeptionen, die bislang weitgehend unverbunden nebeneinanderstehen, die Vergleichbarkeit und Integration von Studienergebnissen und auch die Entwicklung geeigneter Behandlungsansätze (Heyne et al., 2019; Heyne & Sauter, 2013; Kearney, 2008b; Pflug & Schneider, 2016). Daher soll im Folgenden der Versuch unternommen werden, vor dem Hintergrund der vorliegenden Konzepte eine Klärung herbeizuführen und einen angemessenen konzeptuellen Rahmen schulabwesenden Verhaltens zu schaffen.
Eine mögliche Konzeptualisierung stellt die Unterteilung zwischen elternmotiviertem Schulfernbleiben und solchem aus vorwiegend Kind bedingten Ursachen dar (Heyne & Sauter, 2013; Kearney, 2003). Elterlich bedingtes Schulfernbleiben kann dabei dadurch begünstigt werden, dass die Eltern selbst dem Schulbesuch ambivalent bis ablehnend gegenüberstehen und daher nur unzureichend für einen regelmäßigen Schulbesuch sorgen (Kahn & Nursten, 1962). Weitere elterliche Ursachen können darin begründet sein, dass das Kind einem gesunden oder kranken Familienmitglied Gesellschaft leisten (Hersov, 1990) oder die Eltern dabei unterstützen soll, auf Geschwister aufzupassen bzw. im Haushalt zu helfen (Amatu, 1981; Galloway, 1985; Hersov, 1990; Obondo & Dhadphale, 1990). Aber auch Konflikte zwischen Eltern mit der Schule direkt (Kearney, 2001) oder auch deviante Eltern, die in diesem Zusammenhang ihre Verpflichtungen als Sorgeberechtigte nicht wahrnehmen, können auf der Elternebene angeführt werden (Berg et al., 1978). Stehen demgegenüber kindliche Faktoren im Vordergrund, so können psychopathologische Faktoren wie soziale Unsicherheit, unterschiedliche Ängste, depressive Symptome oder auch ausgeprägte motivationale Defizite mit Anstrengungsvermeidung vorliegen. Weitere kindliche Faktoren betreffen den Autoren zufolge schulbezogene Schwierigkeiten wie Defizite im Bereich Lern- und Arbeitsorganisation, eine beeinträchtigte Beziehung zu den Eltern, aber auch gesellschaftliche Bedingungen, die auf das Kind einwirken (etwa hohe Erwartungen in einer Leistungsgesellschaft) (Heyne, 2006; Heyne et al., 2004). Diese oben dargestellte Unterteilung erscheint auf der einen Seite hilfreich, da sie es ermöglicht, ätiopathogenetische Faktoren zu gruppieren. Auf der anderen Seite ist sie sicherlich nicht dazu in der Lage, alle Formen von Schulabwesenheit zu berücksichtigen, zumal eine Mischung aus eltern- und kindmotiviertem Schulfernbleiben häufig ist (Walter & Döpfner, 2009a, im Druck).
In der kinder- und jugendpsychiatrischen Literatur dominierte lange Zeit die Dreiteilung zwischen „Schulangst“, „Schulphobie“ und „Schule schwänzen“ (z. B. Steinhausen, 2016). Während Schulschwänzer der Schule fernbleiben, da sie lieber anderen Tätigkeiten nachgehen und häufig mit einer Störung des Sozialverhaltens assoziiert sind, dominieren bei den schulängstlichen und schulphobischen Kindern und Jugendlichen verschiedene Formen von zugrunde liegenden Ängsten. Allerdings schließen sich diese Dimensionen keinesfalls aus, im Gegenteil – phänomenologische Überschneidungen sind sogar häufig (Egger et al., 2003).
Erscheint lt. Verlag | 29.6.2020 |
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Reihe/Serie | Leitfaden Kinder- und Jugendpsychotherapie |
Verlagsort | Göttingen |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Geisteswissenschaften ► Psychologie |
Schlagworte | Anstrengungsvermeidung • Arbeitsorganisation • Emotionale Störung • Familie • Gleichaltrigenprobleme • Jugendhilfe • Kinder- und Jugendpsychiatrie • Klinische Kinderpsychologie • Lehrer • Lernorganisation • Psychische Störung • Psychotherapie • Schulabsentismus • Schulabwesendes Verhalten • Schulangst • Schulbesuch • Schule • Schule schwänzen • Schulmüdigkeit • Schulphobie • Schulpsychologie • Schulschwänzer • Schulvermeidung • Schulverweigerung • Schulzentrierte Interventionen • Soziale Unsicherheit |
ISBN-10 | 3-8409-2810-9 / 3840928109 |
ISBN-13 | 978-3-8409-2810-9 / 9783840928109 |
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