Emanzipation oder stummes Gehorchen? Die zweite Welle der Frauenbewegung aus der Sicht von Cloe und Kassandra - Nicola Huber

Emanzipation oder stummes Gehorchen? Die zweite Welle der Frauenbewegung aus der Sicht von Cloe und Kassandra

(Autor)

Buch | Softcover
72 Seiten
2014
Diplomica (Verlag)
978-3-95850-600-8 (ISBN)
19,99 inkl. MwSt
Die vorliegende Studie zum Thema Emanzipation in Wort, Schrift und Tat befasst sich mit zwei Texten von Autorinnen aus der Zeit der Neuen Frauenbewegung nach 1968. Beim ersten Text handelt es sich um das im Jahr 1975 erschienene Buch HÄUTUNGEN der Schweizer Autorin Verena Stefan. Es enthält autobiografische Züge, Träume, Wünsche, Lebensrealitäten und Gedichte gleichermaßen. Das zweite Werk ist KASSANDRA von Christa Wolf. In ihrer 1983 erschienenen Neuinterpretation des antiken Kassandra-Mythos setzt Wolf den Fokus auf die Frau als Protagonistin.
Da in der Literatur sowohl als Protagonisten der Erzählungen als auch als Autoren, Verleger, Kritiker oder Buchhändler vorrangig Männer anzutreffen sind und der allgemeine Literaturkanon immer noch zum größten Teil Texte von Männern als Autoren umfasst, stehen in dieser Studie bewusst zwei Werke von Frauen im Mittelpunkt. Anhand dieser soll aufgezeigt werden, wie sehr die zunehmenden schreiberischen Tätigkeiten der Frauen in den 1970er und 80er Jahren mit der Emanzipationsbewegung und dem Geist der damaligen Zeit an sich verzahnt sind.

Textprobe:
Kapitel 2, Aufbruch in eine neue Zeit:
Zu Beginn soll der Begriff der Neuen Frauenbewegung und ihr verfolgtes Ziel abgegrenzt werden: Ilse Lenz spricht nicht von einer Frauenbewegung, sondern von mehreren (z. B. Lesbenbewegung, Migrantinnenbewegung, Mütterbewegung etc.). Sie definiert so die Neuen Frauenbewegungen als mobilisierende, kollektive Akteurinnen und Akteure. Dies impliziert, dass in diesen Zusammenschlüssen Menschen gemeinsam handeln, um geteilte Anliegen und Ziele zu verfolgen: Die beteiligten Personen fordern angesichts einer öffentlichen formalen Rechtsgleichheit individuelle Selbstbestimmung, Freiheit, Gleichheit und Solidarität und wirken auf einen grundlegenden Wandel der Geschlechterverhältnisse hin. Sie kritisieren die herrschenden geschlechtlichen Leitbilder, Normen und Diskurse und entwerfen und verwirklichen Alternativen, die zu neuen Leitbildern und Normen führen können .
Die zweite Welle der Frauenbewegung in den 1970er-Jahren, die mit den Neuen Frauenbewegungen gleichzusetzen ist, ist vor allem geprägt von der Diskussion über Lohn für Hausarbeit, von zahllosen Kampagnen über den Abtreibungsparagraphen
218, von der Gründung diverser Frauengruppen und natürlich, und in erster Linie - immer noch - von der Gleichstellung der Frau in Beruf und Politik. Die Selbstorganisation und Machtbildung von Frauen in Kleingruppen und Netzwerken spielte dabei eine entscheidende Rolle, erläutert Lenz. U. a. Alice Schwarzer und die von ihr gegründete Zeitschrift Emma sind bekannt für diese Zeit.
2.1, Als das Mädchen ein Mensch war: Ihr [Christa Wolf; d. V.] geht es darum, in ihren mythologischen Werken Wege des Ausdrucks, der Überlieferung und der Interpretation aufzuzeigen, welche der Andersartigkeit der Frau Rechnung tragen und auch ihrer Stimme Gehör verschaffen sowie die Gründe darzustellen, warum diese Stimme seit Jahrtausenden überhört wurde .
Die Autorin versucht, mit ihrer Gestaltung der Geschichte, die Geschichte weiblicher Geschichtslosigkeit zu kompensieren. [...] Christa Wolf geht davon aus, daß die Frau in der Geschichte nicht einfach nur fehlt, als ob sie nie dagewesen wäre; vielmehr läßt das Bewusstsein ihrer Ausgrenzung ein Gefühl des Verlustes aufkommen. Geschichte und Kultur bleiben unvollständig ohne die Stimme der Frau .
Ziel sei es also, der in der patriarchalen Gesellschaft zum Objekt degradierten Frau zu innerer und äußerer Autonomie zu verhelfen.
Für Christa Wolf ist, und das zeigt sich auch immer wieder in ihren Werken, die Degradierung der Frau als untergeordnetes Wesen, also als Objekt, ein zentrales Thema, geht sie doch Recht in der Annahme, dass kein Geschlecht dem anderen unter- oder überlegen ist. So sei es auch nicht die Aufgabe der Frauen, sich dem Mann anzupassen, sondern die Aufgabe der Männer, Frauen mit ihren Eigenschaften so zu akzeptieren, wie sie sind. Bereits Simone de Beauvoir erkannte richtig: Man kommt nicht als Frau zur Welt, man wird es. Kein biologisches, psychisches, wirtschaftliches Schicksal bestimmt die Gestalt, die das weibliche Menschenwesen im Schoß der Gesellschaft annimmt. Frau-Sein ist für Beauvoir [also; d. V.] eine gesellschaftliche, nicht in erster Linie eine biologische Tatsache. Geschlecht wird als doing gender , d. h. als Ergebnis von sozialen Verhaltensnormen und performativen Akten, begriffen.
Verena Stefan widmet sich in der Einleitung zu RAUH, WILD UND FREI der Frage, was genau ein Mädchen (im Gegensatz zur Frau) ausmacht: Mädchen sind frei, wild, ungebärdet, unabhängig in ihrem Denken, entdecken alles neu, haben noch keine negativen Erfahrungen gemacht, wurden noch in keine Schublade gesteckt, sind lautstark und draufgängerisch. Sie würden somit aus dem Bauch heraus agieren. Erst mit dem Frau-Werden, dem vermeintlichen Sich-Anpassen, dem Einordnen in die (heteronormative) Gesellschaft werden die Mädchen gezwungen, ihre Zügellosigkeit fallen zu lassen, sich so zu verhalten wie es von ihnen erwa

Erscheint lt. Verlag 4.9.2014
Sprache deutsch
Maße 153 x 221 mm
Gewicht 138 g
Themenwelt Geisteswissenschaften Sprach- / Literaturwissenschaft Germanistik
Schlagworte Emanzipation • Frauenbewegung • Kassandra • Literaturwissenschaft
ISBN-10 3-95850-600-3 / 3958506003
ISBN-13 978-3-95850-600-8 / 9783958506008
Zustand Neuware
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