Wie lebe ich ein gutes Leben? (eBook)

Philosophie für Praktiker
eBook Download: EPUB
2014 | 1. Auflage
272 Seiten
Pattloch Verlag
978-3-629-32064-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Wie lebe ich ein gutes Leben? -  Albert Kitzler
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Philosophie zum Anfassen 'Wie lebe ich ein gutes Leben?' verbindet die westliche mit der östlichen Philosophie und lädt ein, den Spuren der großen antiken Denker und Weisheitslehrer zu folgen: Seneca, Epikur, Konfuzius, Laotse, Patañjali, Gautama Siddharta u.v.a. Es geht um Selbsterkenntnis, den Umgang mit dem Wandel der Zeiten und die Beziehung zu anderen Menschen. Dabei erfahren wir, wie wir gelassener, glücklicher und bewusster leben können. Entlang von Stichworten wie Zeit, Schicksal, Freundschaft, Unabhängigkeit und anderen mehr präsentiert Albert Kitzler Geschichten und Texte der großen Weisheitslehrer, die auf ihre Bedeutung für unseren Alltag befragt werden. Verweise auf aktuelle Forschungsergebnisse der Neurowissenschaften und anderer moderner Disziplinen schlagen eine Brücke in unsere Gegenwart. Impulse zum Weiterdenken helfen, die Erkenntnisse auf das eigene Leben zu übertragen.

Dr. Albert Kitzler, geb. 1955, studierte Philosophie und Jura in Freiburg und arbeitete lange Jahre erfolgreich als Medienanwalt und Filmproduzent in Berlin. Seit 2000 beschäftigt er sich wieder intensiv mit Philosophie im antiken Griechenland, China und Indien und gründete 2010 die Philosophieschule MASS UND MITTE (www.massundmitte.de), wo er Seminare, Coachings sowie philosophische Matineen leitet und Vortrage hält. Seine Bücher Wie lebe ich ein gutes Leben?, Philosophie to go, Denken heilt und Vom Glück des Wanderns haben bei Leser*innen und Kritiker*innen Begeisterung ausgelöst. Zuletzt erschien bei Droemer Die Weisheit der Liebe (2023). Albert Kitzler lebt bei München.

Dr. Albert Kitzler, geb. 1955, studierte Philosophie und Jura in Freiburg und arbeitete lange Jahre erfolgreich als Medienanwalt und Filmproduzent in Berlin. Seit 2000 beschäftigt er sich wieder intensiv mit Philosophie im antiken Griechenland, China und Indien und gründete 2010 die Philosophieschule MASS UND MITTE (www.massundmitte.de), wo er Seminare, Coachings sowie philosophische Matineen leitet und Vortrage hält. Seine Bücher Wie lebe ich ein gutes Leben?, Philosophie to go, Denken heilt und Vom Glück des Wanderns haben bei Leser*innen und Kritiker*innen Begeisterung ausgelöst. Zuletzt erschien bei Droemer Die Weisheit der Liebe (2023). Albert Kitzler lebt bei München.

Der Einstieg


Das Lernen allein genügt nicht,

hinzukommen müssen Übung und Gewöhnung.[6]

Epiktet

Beginnen wir unsere Reise durch die antike Lebensweisheit mit einem Beispiel aus der Praxis, damit deutlicher wird, wovon die Rede ist. Wenn wir uns körperlich unwohl oder erschöpft fühlen, wissen wir, was wir zu tun haben (und tun es meistens doch nicht): Sport treiben, zum Arzt gehen, weniger arbeiten, mehr schlafen, in den Urlaub fahren usw. Wenn wir uns seelisch unwohl fühlen, wenn wir mit unserem Leben nicht zufrieden sind, wenn uns Ängste und Sorgen belasten, wenn wir keinen Sinn in unserem Tun sehen oder eine Perspektive vermissen: Wissen wir dann, was zu tun ist? Periander, einer der sogenannten »Sieben Weisen«, mit denen im alten Griechenland die abendländische Philosophie begann, gab eine knappe Antwort, die sich in drei Worten erschöpfte:

Alles ist Übung.[7]

Statt »Übung« können wir auch übersetzen: »Gewohnheit«[8]. 250 Jahre später knüpfte Aristoteles daran an: Der Mensch habe zwei Naturen. Eine Natur, sagte er, sei uns durch die Geburt mitgegeben, die zweite schaffen wir uns selbst, nämlich durch unsere Gewohnheiten. Denn unsere Gewohnheiten können wir steuern durch Übung, oder – wie Aristoteles sich ausdrückte – durch »häufiges vernunftgesteuertes Bewegtwerden«. Damit hob er hervor, worauf es ankommt: auf die Überwindung der eigenen Trägheit, des sprichwörtlichen inneren Schweinehunds. Die Schlussfolgerung in diesem Zusammenhang lautet: Willst du etwas an deinem Leben ändern, was dich belastet oder stört, ändere deine Gewohnheiten, sonst ändert sich nichts.

Damit ist freilich noch nicht gesagt, was wir konkret ändern sollen, um uns besser zu fühlen. Aber immerhin ist gesagt, wie wir es tun müssen. Eine Bestätigung dieser Erkenntnis finden wir an prominenter Stelle bei den alten Chinesen. Die einzige einigermaßen authentische Schrift des Konfuzius, die »Gespräche«, beginnt mit den Worten:

Etwas lernen und sich immer wieder darin üben, schafft das nicht Freude?[9]

Statt »Freude« können wir auch sagen »Glück«, »Zufriedenheit« oder »Erfüllung«. Zu lernen und sich immer wieder darin zu üben, so dass das Gelernte ein Teil unserer selbst wird, führt nach Konfuzius zu Glück und Erfüllung. In diesem Zitat ist das ganze Bildungskonzept des Konfuzius enthalten, eines der großartigsten, das je entwickelt worden ist. Bildung meint hier nicht Bücherwissen, sondern die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit hin zu einer selbstbestimmten, weisen Lebensführung. Diese Bildung hilft uns, die Herausforderungen und Belastungen des Alltags zu bewältigen, damit wir uns geistig-seelisch gut fühlen. Dabei können Bücher hilfreich sein, doch sie sind längst nicht alles, vielleicht nicht einmal das Wichtigste.

Aber spricht Konfuzius nicht eine Banalität aus? Nur auf den ersten Blick. Immerhin hat ein zeitgenössischer Philosoph über diese scheinbare »Banalität« des Übens ein mehr als 700 Seiten starkes Buch geschrieben mit dem Titel »Du sollst dein Leben ändern«[10]. Das Buch hat viele Leser gefunden, aber vermutlich haben nur wenige nach der Lektüre tatsächlich ihr Leben geändert. Obgleich es zahllose tiefe Gedanken und geistreiche Bemerkungen enthält, bleibt es überwiegend auf der Ebene des Intellekts und fokussiert weniger die Frage, wie wir das vermittelte Wissen umsetzen können. Aber gerade diese Umsetzung ist es, die uns so große Schwierigkeiten bereitet. Was können wir tun, um diese Schwierigkeiten zu überwinden? Der Beantwortung dieser Frage dienten in der Antike die Spruchweisheiten. In ihnen verdichtete sich Lebenserfahrung in einfachen und eingängigen Sätzen, die wir uns merken können und die »zur Hand sind«, wenn wir sie brauchen. Die scheinbare Einfachheit dieser Weisheiten darf nicht über den Reichtum ihres Gehalts hinwegtäuschen. Wer sie als banal abtut, hat ihren Sinn und ihre Tragweite nicht tief genug erfasst. Tatsächlich gelingt die Umsetzung solcher Weisheit den wenigsten. Seneca zog daraus die Schlussfolgerung:

Niemals wird zu oft gesagt, was niemals gründlich genug gelernt wird.[11]

Das »gründlich genug« bezeichnet ein Lernen, das nicht nur im Kopf stattfindet, sondern den ganzen Menschen ergreift und zu einer gelebten Haltung wird, so dass wir das Gelernte im täglichen Leben auch anwenden können und dies tatsächlich tun. Seneca teilte die Philosophie daher in zwei Teile ein. Der eine beschäftigt sich mit der theoretischen Herleitung und Begründung von Erkenntnissen, der zweite mit der praktischen Umsetzung, also mit der Frage, wie diese Erkenntnisse vermittelt werden können, damit sie auch gelebt werden. Zum letzten gehört, dass die Einsichten in griffige und einprägsame Spruchweisheiten, Ausdrücke oder Bilder gefasst werden, die aufscheinen, wenn wir sie brauchen. Weisheit sei nicht eine Kunst des Disputierens, sondern die »Kunst des Lebens«[12]. Beide Seiten, die theoretische und die praktische, seien gleich wichtig und müssten gemeinsam gelernt werden, »denn ohne Wurzel taugen die Zweige nichts«[13]. Nur wenn wir etwas gründlich verstanden haben, können wir es auch anwenden. Umgekehrt nutzt uns keine Einsicht, wenn wir nicht gelernt haben, wie wir sie umsetzen. Das aber lernen wir, indem wir das Verstandene so einüben, dass es im Laufe der Zeit zu einer festen Gewohnheit wird: »Alles ist Übung.« Dieses Buch versucht, beides zu verbinden, Theorie und Praxis. Die erläuternde Darstellung der alten Weisheiten, die zugegebenermaßen eine gewisse geistige Anstrengung erfordert, ist das Fundament ihrer erfolgreichen praktischen Umsetzung.

Wie sieht es aber mit der Umsetzung aus? Wer von uns übt sich regelmäßig in der »Kunst des Lebens«? Wer beschäftigt sich ebenso planvoll und regelmäßig mit der Verbesserung seiner Gewohnheiten und der Entwicklung seiner Persönlichkeit, wie er an seiner beruflichen Karriere arbeitet oder seine Laufschuhe anzieht? Häufig fehlt uns bereits die Erkenntnis, dass wir etwas dafür tun müssen, wenn wir unser geistig-seelisches Wohlbefinden und unsere Zufriedenheit mit dem Leben verbessern wollen. Schließlich wissen wir in etwa, welche Übungen unserem Körper guttun –, aber welche Gewohnheiten sollen wir ändern, damit wir uns auch seelisch gut fühlen, weniger Probleme und dafür mehr Freude am Leben haben? Was steigert wirklich und auf Dauer unsere Zufriedenheit? Da gehen die Meinungen heutzutage weit auseinander, was nicht zuletzt an der Vielzahl der Lebensratgeber deutlich wird. Bei den großen Denkern der Antike in West und Ost war das anders. Dort stellen wir kulturübergreifend eine weitgehende Übereinstimmung fest, jedenfalls was die Ergebnisse und die praktischen Ratschläge für eine gelungene Lebensführung angeht.[14] Vielleicht taugen ihre Ratschläge auch heute noch?

Bevor wir versuchen, diese Essenz des antiken Weisheitsdenkens herauszufiltern, sei vorab auf Folgendes hingewiesen: Die Philosophen des Altertums waren sich durchaus bewusst, dass keiner ihrer praktischen Ratschläge absolute Gültigkeit beanspruchen kann. Es handelt sich lediglich um Leitsätze, die zwar von großer Bedeutung für unser Leben sein können und einen hohen Geltungsanspruch haben. Aber der Einzelne muss entscheiden, wann, unter welchen Umständen und in welchem Maße er der einen oder anderen Weisheitsregel folgen soll. Unsere jeweiligen Lebensumstände sind komplex und einmalig. Aristoteles meinte deshalb, die konkrete Lebensführung lasse sich nicht »wissenschaftlich« bis ins Kleinste erfassen und festlegen. Man könne hier nur »umrisshaft andeuten«, wonach wir uns richten sollten. Was die konkrete Entscheidung in einem bestimmten Augenblick angehe, sei jeder »auf sich selbst gestellt«[15]. Das ist auch gut so, denn wo bliebe sonst unsere Freiheit und Eigenverantwortlichkeit? Allerdings macht das die Sache nicht einfacher: Patentrezepte gibt es nicht. Was hier dargestellt wird, sind Leitlinien, Anregungen und Hilfsmittel. Was der Einzelne davon nutzen kann und will, in welchem Maß, wann und wie, muss jeder selbst entscheiden.

Eine weitere Schwierigkeit, die mit der zuvor beschriebenen eng verwandt ist, besteht darin, dass kein Individuum dem anderen gleicht. Die in der Antike entwickelten Ratschläge bedürfen auch aus diesem Grunde stets einer Anpassung an die persönlichen Verhältnisse des Einzelnen, eines »Feintunings«. So meinte Aristoteles zum »Goldenen Mittelweg«, der eine Vermeidung von Extremen empfiehlt, man könne hier nur begrenzt allgemeine Regeln angeben, denn die »Mitte« liege bei jedem woanders. Sie hinge nämlich von der jeweiligen individuellen Persönlichkeit ab.[16]

Antikes Weisheitsdenken war, und darin unterscheidet es sich von vielen Religionen, nicht dogmatisch. Im Gegenteil: »Die Harten sind des Todes«, meinte Laotse, der Sieg komme stets dem »Weichen« zu oder, wie es auch heißt (mögen es manche Männer nicht gerne hören): dem »Weiblichen«[17]. Dabei war dieses Denken keineswegs beliebig. Die Antike hatte eine sehr genaue und im Ergebnis verblüffend übereinstimmende Vorstellung davon, worauf wir zu achten haben, wenn wir gut leben wollen. Von diesen übereinstimmenden Vorstellungen handelt das vorliegende Buch. Es versucht, die wesentlichen Einsichten des alten Weisheitsdenkens auf die Bedürfnisse des heutigen Menschen zu übertragen und ihre Kernsätze in unsere Sprache zu übersetzen. Hier wird nichts Neues...

Erscheint lt. Verlag 27.3.2014
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Religion / Theologie
Schlagworte Antike • Freiheit • Freundschaft • Harmonie • Heiterkeit • Östliche Philosophie • Östliche Weisheit • Philosophie • Schicksal • Selbsterkenntnis • Selbstfindung • Selbstfindung Bücher • Selbstfindung Ratgeber • Selbsthilfe • Sinnsuche • Sinnsuche Ratgeber • Tod • Zeit
ISBN-10 3-629-32064-3 / 3629320643
ISBN-13 978-3-629-32064-3 / 9783629320643
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