Der wunderbare Weg (eBook)

Eine neue spirituelle Psychologie - Vorwort von Thorwald Dethlefsen
eBook Download: EPUB
2014 | 1. Auflage
416 Seiten
Goldmann (Verlag)
978-3-641-13504-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der wunderbare Weg -  M. Scott Peck
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Die Quintessenz dieses Klassikers kann man beschreiben mit der Volksweisheit 'Jeder ist seines Glückes Schmied'. Habe Mut, Eigenverantwortung für dein Leben zu übernehmen, ist die Devise des Psychotherapeuten M. Scott Peck. Erst wenn wir daran gehen, die Probleme, mit denen wir konfrontiert sind, anzunehmen, findet eine bewusste positive Entwicklung in unserem Leben statt.



M. Scott Peck, geboren 1936 in New York, wurde in Harvard und Case Western Reserve als Arzt und Psychotherapeut ausgebildet. Er war medizinischer Direktor der New Milford Hospital Health Clinic und arbeitete als Psychotherapeut in eigener Praxis in Connecticut.

Definition der Liebe


Disziplin, so wurde gesagt, ist das Mittel zu spiritueller Entwicklung. Dieser Teil des Buches will untersuchen, was hinter der Disziplin steht – was das Motiv, die Energie zur Disziplin liefert. Ich glaube, dass diese Kraft die Liebe ist. Ich bin mir klar über die Tatsache, dass wir bei dem Versuch, die Liebe zu untersuchen, geheimnisvolles Gelände betreten. In einem sehr realen Sinne versuchen wir, das nicht Prüfbare zu prüfen und das nicht Kennbare kennen zu lernen. Die Liebe ist zu umfassend und zu tief, um jemals in Form von Worten wirklich verstanden, gemessen oder eingegrenzt zu werden. Dennoch lohnt sich der Versuch einer Annäherung auch dann, wenn er unzulänglich bleibt.

Die geheimnisvolle Natur der Liebe hat zur Folge, dass sie meines Wissens noch von niemandem wirklich befriedigend definiert worden ist. Bei Erklärungsversuchen ist die Liebe in verschiedene Kategorien eingeteilt worden: Eros, Philia, Agape; vollkommene Liebe und unvollkommene Liebe und dergleichen. Ich versuche, die Liebe mit einer einzigen Definition zu erfassen, wiederum mit dem Bewusstsein, dass diese wahrscheinlich in einer oder mehreren Hinsichten unzulänglich sein wird. Ich definiere Liebe als den Willen, das eigene Selbst auszudehnen, um das eigene spirituelle Wachstum oder das eines anderen Menschen zu nähren.

Vor einer gründlicheren Ausarbeitung möchte ich kurz auf diese Definition eingehen. Da das Verhalten in den Begriffen des Ziels oder Zwecks definiert wird, dem es zu dienen scheint – in diesem Fall dem spirituellen Wachstum –, handelt es sich um eine teleologische Definition. Wissenschaftlern sind teleologische Definitionen häufig suspekt, und vielleicht wird es dieser hier genauso ergehen. Ich bin jedoch nicht durch einen eindeutig teleologischen Denkprozess zu ihr gelangt. Ich kam zu ihr durch Beobachtungen in meiner klinischen Ausübung der Psychiatrie (zu der auch Selbstbeobachtung gehört), bei der die Definition der Liebe eine Angelegenheit von beträchtlicher Bedeutung ist.

Das liegt daran, dass bei den Patienten in Bezug auf die Natur der Liebe gewöhnlich große Verwirrung herrscht. So berichtete zum Beispiel ein schüchterner junger Mann: »Meine Mutter liebte mich so sehr, dass ich erst in meinem Senior-Jahr in der Highschool den Schulbus benutzen durfte. Selbst dann noch musste ich sie bitten, mich gehen zu lassen. Ich glaube, sie hatte Angst, mir könne etwas passieren, also fuhr sie mich täglich zur Schule und holte mich wieder ab, was für sie sehr schwer war. Sie liebte mich wirklich.« Bei der Behandlung der Schüchternheit dieses Mannes war es wie in vielen anderen Fällen erforderlich, ihm beizubringen, dass seine Mutter vielleicht von etwas anderem als Liebe motiviert war und dass das, was Liebe zu sein scheint, oft gar keine Liebe ist. Aus solchen Erfahrungen sammelte ich eine ganze Reihe von Beispielen für das, was Akte der Liebe zu sein schienen, und für das, was keine Liebe zu sein schien. Eines der Hauptunterscheidungsmerkmale zwischen beiden war offensichtlich der bewusste oder unbewusste Zweck des Handelns bei dem liebenden oder nicht liebenden Menschen.

Zweitens ist Liebe in dieser Definition ein merkwürdig im Kreis verlaufender Vorgang. Der Vorgang, das eigene Selbst auszudehnen, ist dabei ein evolutionärer Prozess. Wenn man seine eigenen Grenzen erfolgreich ausgedehnt hat, ist man in einen umfassenden Seinszustand hineingewachsen. So ist der Akt der Liebe ein Akt der Selbstentwicklung, selbst wenn der Zweck dieses Aktes das Wachstum eines anderen Menschen ist. Wir entwickeln uns, indem wir nach Entwicklung streben.

Drittens schließt diese einheitliche Definition der Liebe Selbstliebe und Liebe zu anderen ein. Da ich Mensch bin und der andere Mensch ist, bedeutet Liebe zum Menschen auch Liebe zu mir selbst. Wenn man sich der spirituellen menschlichen Entwicklung verpflichtet fühlt, fühlt man sich jener menschlichen Art verpflichtet, von der wir selbst ein Teil sind, und ist daher seiner eigenen Entwicklung ebenso verpflichtet wie der der anderen. Wie schon gesagt, sind wir unfähig, andere zu lieben, wenn wir uns selbst nicht lieben, wie wir auch unseren Kindern keine Selbstdisziplin beibringen können, wenn wir sie selbst nicht besitzen. Es ist unmöglich, die eigene spirituelle Entwicklung zugunsten der eines anderen Menschen aufzugeben. Ebenso wenig können wir auf Selbstdisziplin verzichten und gleichzeitig in unserer Fürsorge für einen anderen diszipliniert sein. Wir können keine Kraftquelle sein, wenn wir nicht unsere eigene Kraft nähren. Wenn wir die Natur der Liebe eingehender untersuchen, wird sich zeigen, dass Selbstliebe und Liebe zu anderen nicht nur Hand in Hand gehen, sondern dass sie letztlich sogar ununterscheidbar sind.

Viertens beinhaltet das Bemühen, die eigenen Grenzen auszudehnen, Anstrengung. Man dehnt die eigenen Grenzen nur aus, indem man sie überschreitet, und das Überschreiten von Grenzen erfordert Anstrengung. Wenn wir jemanden lieben, wird unsere Liebe nur sichtbar oder real durch das, was wir tun – durch die Tatsache, dass wir für einen anderen (oder für uns selbst) einen zusätzlichen Schritt tun oder einen zusätzlichen Kilometer zurücklegen. Liebe ist nicht mühelos. Im Gegenteil, Liebe ist anstrengend.

Schließlich habe ich durch den Gebrauch des Wortes »Wille« den Unterschied zwischen Wunsch und Handlung zu transzendieren versucht. Wunsch wird nicht notwendigerweise in Handlung umgesetzt. Wille ist ein Wunsch, der intensiv genug ist, um in Handlung umgesetzt zu werden. Der Unterschied zwischen den beiden ist derselbe wie der Unterschied zwischen den beiden Aussagen: »Ich würde heute Abend gerne schwimmen gehen« und »Ich werde heute Abend schwimmen gehen«. Jeder in unserer Kultur hat in gewissem Maße den Wunsch, liebevoll zu sein, aber viele sind nicht wirklich liebevoll. Ich ziehe daher den Schluss, dass der Wunsch zu lieben selbst nicht Liebe ist. Liebe ist das, was Liebe tut. Liebe ist ein Willensakt – nämlich sowohl eine Absicht als auch eine Handlung. Wollen beinhaltet auch eine Wahl. Wir müssen nicht lieben. Wir entscheiden uns zu lieben. Ganz gleich, wie sehr wir zu lieben glauben, wenn wir nicht wirklich lieben, so deshalb, weil wir uns dafür entschieden haben, nicht zu lieben, und deshalb trotz unserer guten Absichten nicht lieben. Wann immer wir uns andererseits um spirituelles Wachstum bemühen, geschieht es, weil wir uns dafür entschieden haben. Die Entscheidung zu lieben ist getroffen worden.

Da der Begriff der Liebe mit zahlreichen falschen Vorstellungen verbunden ist, sind Patienten, die sich einer Psychotherapie unterziehen, stets mehr oder weniger verwirrt in Bezug auf die Natur der Liebe. Dieses Buch wird zwar der Liebe ihr Geheimnis nicht nehmen, doch hoffe ich ernstlich, einige Dinge durch eine präzisere Definition zu klären.

Ver» lieben«


Von allen Missverständnissen in Bezug auf die Liebe ist das verbreitetste und andauerndste die Annahme, »Verliebtsein« sei mit Liebe identisch oder wenigstens eine der Erscheinungsformen der Liebe. Dieses Missverständnis ist deshalb so nachhaltig, weil der Vorgang, sich zu verlieben, subjektiv sehr stark als eine Erfahrung der Liebe empfunden wird. Wenn jemand sich verliebt, hat er mit Sicherheit das Gefühl: »Ich liebe ihn« oder »Ich liebe sie«. Zwei Aspekte sind jedoch sofort offenkundig. Der erste ist, dass die Erfahrung, sich zu verlieben, eine spezifisch mit Sex verbundene, erotische Erfahrung ist. Wir verlieben uns nicht in unsere Kinder, auch wenn wir sie vielleicht sehr tief lieben. Wir verlieben uns nicht in unsere Freunde vom gleichen Geschlecht – es sei denn, wir sind homosexuell –, auch wenn uns vielleicht sehr viel an ihnen liegt. Wir verlieben uns nur dann, wenn wir bewusst oder unbewusst sexuell motiviert sind. Der zweite Aspekt besteht darin, dass die Erfahrung des Verliebtseins stets vorübergehend ist. Ganz gleich, in wen wir uns verlieben, früher oder später hört die Verliebtheit auf, wenn die Beziehung lang genug dauert. Das heißt nicht, dass wir in jedem Falle aufhören, die Person zu lieben, in die wir uns verliebt hatten. Aber es heißt, dass das Gefühl ekstatischer Liebe, das die Verliebtheit charakterisiert, auf jeden Fall einmal aufhört. Jeder Honigmond geht einmal zu Ende.

Um die Natur des Phänomens der Verliebtheit und die Unvermeidlichkeit seines Endes zu verstehen, müssen wir die Natur dessen untersuchen, was die Psychiater als Ichgrenzen bezeichnen. Aus dem, was wir aus indirekten Beweisen entnehmen können, geht hervor, dass der neugeborene Säugling in den ersten Monaten seines Lebens nicht zwischen sich selbst und dem Rest der Welt unterscheidet. Wenn er seine Arme und Beine bewegt, bewegt sich die Welt. Wenn er hungrig ist, ist die Welt hungrig. Wenn seine Mutter singt, weiß das Baby nicht, dass es diese Geräusche nicht selbst hervorbringt. Es kann sich selbst nicht von der Wiege, dem Zimmer und seinen Eltern unterscheiden. Belebtes und Unbelebtes sind dasselbe. Es gibt noch keine Unterscheidung zwischen Ich und Du. Der Säugling und die Welt sind eins. Es gibt keine Grenzen und keine Trennungen. Es gibt keine Identität.

Mit wachsender Erfahrung aber beginnt das Kind, sich selbst zu erleben – nämlich als ein von der übrigen Welt getrenntes Wesen. Wenn es hungrig ist, erscheint nicht immer die Mutter, um es zu füttern. Wenn es spielen möchte, will die Mutter nicht immer spielen. Das Kind macht also die Erfahrung, dass seine Wünsche für seine Mutter nicht Befehl sind. Es erlebt seinen Willen als etwas vom Verhalten der Mutter Getrenntes. Ein Gefühl für das »Ich« beginnt...

Erscheint lt. Verlag 11.2.2014
Übersetzer Elke Scheidt
Vorwort Thorwald Dethlefsen
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel The Road Less Traveled
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Esoterik / Spiritualität
Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Östliche Weisheit / Alte Kulturen
Geisteswissenschaften
Schlagworte eBooks • Eigenverantwortung • Erfüllung • Glück • Liebe • positivesDenken • Positives Denken • Positives Denken, Selbstfindung • Probleme • Psychologie • Psychotherapeut • Psychotherapie • Ratgeber • Religion • Selbstfindung • Spiritualität • spirituelle Bücher
ISBN-10 3-641-13504-4 / 3641135044
ISBN-13 978-3-641-13504-1 / 9783641135041
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