Lektüreschlüssel. Georg Büchner: Woyzeck (eBook)

Reclam Lektüreschlüssel
eBook Download: PDF | EPUB
2012 | 5. Auflage
96 Seiten
Reclam Verlag
978-3-15-960091-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Lektüreschlüssel. Georg Büchner: Woyzeck -  Georg Büchner,  Hans-Georg Schede
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Der Lektüreschlüssel erschließt Georg Büchners 'Woyzeck'. Um eine Interpretation als Zentrum gruppieren sich 10 wichtige Verständniszugänge: * Erstinformation zum Werk * Inhaltsangabe * Personen (Konstellationen) * Werk-Aufbau (Strukturskizze) * Wortkommentar * Interpretation * Autor und Zeit * Rezeption * 'Checkliste' zur Verständniskontrolle * Lektüretipps mit Filmempfehlungen Im 'Woyzeck' zeigt Georg Büchner die gesellschaftlichen Hintergründe eines Mordes aus Eifersucht auf. Das unvollendete Vormärz-Drama beruht auf echten Kriminalfällen und entstand zwischen 1836 und 1837.

Zu Georg Büchner: Georg Büchner (17.10.1813 Goddelau bei Darmstadt - 19.2.1837 Zürich) beschäftigte sich bereits während seines Studiums der Medizin mit Geschichte und Philosophie und fand zum politischen Engagement, das u. a. zur Gründung von Sektionen der geheimen Gesellschaft für Menschenrechte führte. Ein Jahr später zwang ihn die von ihm verfasste Flugschrift 'Der Hessische Landbote', in der Büchner die Landbevölkerung zur Auflehnung gegen die Oberschicht aufrief, zur Flucht. Zu seinen bekanntesten Werken zählen 'Dantons Tod', das das Thema der Französischen Revolution aufnimmt, sowie das Lustspiel 'Leonce und Lena' und das unvollendete Drama 'Woyzeck'.

Zu Georg Büchner: Georg Büchner (17.10.1813 Goddelau bei Darmstadt – 19.2.1837 Zürich) beschäftigte sich bereits während seines Studiums der Medizin mit Geschichte und Philosophie und fand zum politischen Engagement, das u. a. zur Gründung von Sektionen der geheimen Gesellschaft für Menschenrechte führte. Ein Jahr später zwang ihn die von ihm verfasste Flugschrift "Der Hessische Landbote", in der Büchner die Landbevölkerung zur Auflehnung gegen die Oberschicht aufrief, zur Flucht. Zu seinen bekanntesten Werken zählen "Dantons Tod", das das Thema der Französischen Revolution aufnimmt, sowie das Lustspiel "Leonce und Lena" und das unvollendete Drama "Woyzeck".

1. Erstinformationen zum Werk
2. Inhalt
3. Personen
4. Werkaufbau
5. Sprache und Stil 6. Interpretation
7. Autor und Zeit
8. Rezeption
9. Checkliste zur Verständniskontrolle
10. Lektüretipps mit Filmempfehlungen

3. Personen


Georg Büchners Woyzeck kommt – was die handlungstragenden Figuren angeht – mit einem kleinen Personal aus. Franz Woyzeck ist eindeutig die Hauptfigur: In 21 von 27 Szenen ist er, wenn auch nicht immer während der ganzen Szene, zu sehen. Die Dauer der Bühnenpräsenz ist meist ein gutes Kriterium für die Bedeutung einer Figur: Wen die Zuschauer auf der Bühne erleben, der erweckt ihre Anteilnahme stärker als Figuren, über die nur gesprochen wird. An halb so viel und zudem oft kürzeren Szenen wie Woyzeck nimmt Woyzecks Geliebte Marie Zickwolf (das spätere Mordopfer) teil. Diesen beiden zentralen Figuren sind zwei weitere zugeordnet, mit denen sie vertrauter umgehen als miteinander, was wiederum ihr eigenes Liebesverhältnis kennzeichnet. Diese beiden Nebenfiguren sind Woyzecks Regimentskamerad Andres und der Tambourmajor, mit dem Marie eine Affäre eingeht. Beide sind in jeweils vier Szenen präsent. In nur zwei bzw. drei, dafür aber ausführlichen Szenen treten schließlich zwei weitere Nebenfiguren auf, die auf Woyzecks Existenz einen bestimmenden Einfluss ausüben: der Hauptmann und der Doktor.

Bevor wir einen genaueren Blick auf diese sechs Figuren werfen, sind einige Voraussetzungen in Bezug auf die handelnden Personen in Theaterstücken zu klären. Wichtig ist, sich zu vergegenwärtigen, dass diese Figuren sich von realen Menschen unterscheiden. Sie sind, mehr oder weniger geschickt, konstruiert. Ihre Hauptaufgabe besteht darin, eine Handlung voranzutreiben, denn die Zuschauer möchten in der Regel, dass auf der Bühne etwas geschieht. Sie sind daher nicht (wie reale Menschen) einfach da, sondern sie sind zu etwas da. Sie erfüllen eine Funktion, auch wenn sie in dieser Funktion nicht aufgehen. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass alle Handlungen und Äußerungen einer Bühnenfigur prinzipiell bedeutsam sind. Auch das unterscheidet sie von realen Menschen. Insofern gestattet der Autor dem Zuschauer oder Leser nur einen begrenzten Einblick in die Bühnenfiguren. Daraus leitet sich die Frage ab: Warum erlebe ich gerade diesen Moment, warum werde ich gerade mit dieser Handlung, dieser Äußerung, dieser Geste konfrontiert? Was hat dieser Moment zu bedeuten? Welchen Aufschluss bietet er für das Verständnis des Ganzen, des Theaterstücks? Wenn wir literarische Werke interpretieren, geht es um solche Fragen. Wir nehmen die Figuren, die wir auf der Bühne kennen lernen, immer mit Bezug auf das Geschehen wahr, in das sie verwickelt sind. Wenn wir reale Menschen kennen lernen, liegt uns eine solche Wahrnehmung fern.

Welche Konsequenzen haben diese Überlegungen für die Beschreibung der Personen im Woyzeck? Zunächst schärfen sie unsere Wahrnehmung für die Abstufungen in der Konstruiertheit von Bühnenfiguren. So fällt uns auf, dass Georg Büchner sich offenbar Mühe gegeben hat, seine Hauptfigur Franz Woyzeck so zu charakterisieren, dass sie als Mensch aus Fleisch und Blut vor uns steht, während dem Hauptmann etwas Schablonenartiges anhaftet. Woyzeck, kann man sagen, ist ein mehrdimensionaler oder runder Charakter, der Hauptmann ein eindimensionaler oder flacher. Warum ist das so?

Zweitens scheint es richtig, nicht einfach nur zu fragen, wie die Personen sind, sondern darüber hinaus, welche Funktion ihnen zukommt, indem sie so sind, wie sie sind. Unsere Erwartung ist, dass die Beantwortung dieser weitergehenden Frage bei den schablonenhaften Charakteren leichter fällt als bei den komplexen, deren Aufgabe innerhalb des Stückes weniger offen zutage liegt.

Franz Woyzeck. Die Hauptfigur trägt den Namen einer realen Person, des Leipziger Perückenmachers und Soldaten Johann Christian Woyzeck, der 1780 geboren und 1824 als Mörder hingerichtet wurde (vgl. 1. Erstinformation zum Werk ). Franz Woyzeck ist kein genaues Abbild dieses Johann Christian Woyzeck. Jedoch hat Georg Büchner aus den gerichtsmedizinischen Gutachten über den historischen Woyzeck zahlreiche Züge auf seine Bühnenfigur übertragen (vgl. 6. Interpretation).

Ausgehend von diesen Gutachten zeigt Büchner Woyzeck als einen unter einer Psychose leidenden Menschen. Der aus dem Lateinischen kommende Fachbegriff Psychose bedeutet »seelische Störung« oder »Geisteskrankheit«. Eine Psychose entwickelt sich zumeist aus einem Bündel von Ursachen: körperlichen Erkrankungen, sozialem Druck oder seelischen Belastungen. Sie führt dazu, dass der Erkrankte zeitweise oder dauerhaft Realitätsverluste erleidet, dass sich seine Wahrnehmungen verzerren, dass er für sein Handeln nicht mehr eintreten und folglich auch nicht mehr dafür verantwortlich gemacht werden kann. An Woyzeck schildert Georg Büchner die Symptome der Psychose, an Woyzecks Interaktion mit seiner Umwelt legt er die Ursachen der Psychose offen und an Woyzecks Tat deren Folgen.

Maries Untreue ist nicht der Auslöser von Woyzecks seelischer Störung. Sie bewirkt nur, dass Woyzecks letzte Bindung, die ihn entlang des Abgrundes ein mühsames Gleichgewicht bewahren ließ, wegfällt. Schon in der ersten Szene durchleidet Woyzeck geradezu einen psychotischen Schub: Seine Wahnvorstellungen gaukeln ihm (in Vorwegnahme seines eigenen Schicksals) das freie Feld als Richtplatz und Schädelstätte vor, in seinem Verfolgungswahn fühlt er sich von den Freimaurern bedroht, er halluziniert ein göttliches Strafgericht mit Feuer und Posaunen am Himmel. Seinen Kameraden Andres versetzt er mit seinem Verhalten in Angst und Schrecken. Auch Marie »schauert« es, als Woyzeck kurz darauf bei ihr hereinschaut und vertraulich und geheimnisvoll von seinen wahnhaften Beobachtungen berichtet. Sie hält es nicht aus. Dass sie sich dem Tambourmajor zuwendet, der gerade einen starken Eindruck auf sie gemacht hat, ist insofern wesentlich eine Folge von Woyzecks seelischer Störung. Sie signalisiert dem anderen Mann in derselben Jahrmarktszene ihr Interesse, in der Woyzeck für einen Moment wie befreit wirkt: Das kindlichbunte Treiben, inmitten dessen der Ausrufer seine Späße mit den gesellschaftlichen Institutionen und Glaubenssätzen treibt, durch die Woyzeck im Alltag drangsaliert wird (welcher Zusammenhang Woyzeck selbst, dem ungebildeten unbeholfenen Menschen, sicher verborgen bleibt), legt sich über Woyzecks Wahnbilder. Umso tragischer wirkt es, dass gerade diese Szene mit dem Flirt zwischen Marie und dem Tambourmajor zur Initialzündung der Katastrophe wird. Diese Wirkung wird dadurch verstärkt, dass Woyzeck sich in eben der folgenden Szene 4, in der er Marie mit den Geschenken des anderen Mannes überrascht, als gewissenhafter Ernährer der Familie und als liebevoller und aufmerksamer Vater zeigt. Kennzeichnend ist dabei, dass er sich seinem Kind zuwendet, als es schläft. Es scheint, als wüsste er, dass er verstörend auf andere wirkt, und als ob er eine Scheu habe, mit seinem kleinen Sohn umzugehen (den er in Szene 2 keines Blickes gewürdigt hat). In Szene 5 vertreibt der Hauptmann, während Woyzeck ihn rasiert, sich aus Langeweile und aus Gehässigkeit damit die Zeit, Woyzeck wegen des unmoralischen Lebens, das er führe, ein schlechtes Gewissen zu machen. Woyzeck versucht sich zu verteidigen, akzeptiert aber letztlich den moralischen Kodex, dem er selbst, wie er durchaus weiß, nicht gerecht werden kann, weil die Moral für die reichen Leute gemacht ist: »Es muss was Schöns sein um die Tugend, Herr Hauptmann. Aber ich bin ein armer Kerl.« Dieser offene innere Zwiespalt steht exemplarisch für die gesellschaftlichen Ursachen von Woyzecks seelischer Störung.

In Szene 7 stellt Woyzeck Marie auf der Straße zur Rede und es wird deutlich, wie ihm auch hier die Sprache fehlt, seinen Gedanken und Empfindungen Ausdruck zu verleihen. Er fühlt sich nicht in der Lage, Marie im Gespräch zu überführen. Er müsste ihr Unrecht sehen, er müsste es greifen können mit den Händen! Aufgrund seiner Unbeholfenheit gewinnt Marie in der verbalen Auseinandersetzung rasch die Oberhand. Szene 8 zeigt Woyzeck als Objekt eines Menschenversuchs im Dienste der Wissenschaft (vgl. dazu: 6. Interpretation): als jemanden, der nicht einmal mehr das Recht hat, zu urinieren, wenn ihm danach ist. Er ist so arm, dass er nicht nur seine Arbeitskraft, sondern auch seinen Körper und seinen »freien Willen« (von dem der Doktor verlangt, dass er ihn vertragsgemäß einsetze, also seinen Harndrang zurückhalte) verkauft hat. Der Doktor vergleicht ihn, beiläufig und bedenkenlos, mit einem Hund. Auf des Doktors wissenschaftlich verbrämte Vorhaltungen hin versucht sich Woyzeck wiederum zu rechtfertigen, indem er selbst zu einer quasi-philosophischen Erklärung anhebt, mit der er sofort stecken bleibt; sehr zum Vergnügen des Doktors, der ihm eine schön ausgeprägte Geistesverwirrung bescheinigt.

Auf solche Weise als Labortier und interessanter Irrer wahrgenommen zu werden trägt wesentlich zu Woyzecks Psychose bei, die im Übrigen auch durch das Ernährungsexperiment, dem Woyzeck unterzogen wird, mitverursacht erscheint.

Szene 9 zeigt, wie Woyzeck durch den boshaft geförderten Verdacht gegen Marie der Boden unter den Füßen weggezogen wird: »Herr Hauptmann, ich bin ein...

Erscheint lt. Verlag 25.5.2012
Reihe/Serie Reclam Lektüreschlüssel
Verlagsort Ditzingen
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur
Schulbuch / Wörterbuch Lektüren / Interpretationen Deutsch
Geisteswissenschaften Sprach- / Literaturwissenschaft Literaturwissenschaft
Schlagworte Abitur • Analyse • Charakterisierung • Deutsch Abitur Baden-Württemberg • Deutsch Abitur Berlin • Deutsch Abitur Brandenburg • Deutsch Abitur Bremen • Deutsch Abitur Hamburg • Deutsch Abitur Hessen • Deutsch Abitur Schleswig-Holstein • Deutsch Matura • Deutschunterricht • Erläuterungen • Georg Büchner Biographie • Georg Büchner Leben und Werk • Inhaltsangabe • Interpretation • Interpretationshilfe • Klassenarbeit • Klausur • Klausurvorbereitung • Kommentar • Lektürehilfe • Lernhilfe • Literatur Epoche Junges Deutschland • Literatur Epoche Vormärz • Literaturhilfe • Literaturhilfe; Literaturinterpretation; Inhaltsangabe; Klausurvorbereitung; Schullektüre; Lernhilfe; Interpretation; Werkinterpretation; Analyse; Werkanalyse; Schule; Literaturunterricht; Deutschunterricht; Klassenarbeit; Vorbereitung Klassenarbeit; Georg • Literaturinterpretation • Literaturunterricht • Matura • Referat • Schule • Schullektüre • Sekundärliteratur • Textanalyse • Vorbereitung Klassenarbeit • Werkanalyse • Werkinterpretation • Zusammenfassung
ISBN-10 3-15-960091-2 / 3159600912
ISBN-13 978-3-15-960091-8 / 9783159600918
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