Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod - Folge 3 (eBook)

Noch mehr Neues aus dem Irrgarten der deutschen Sprache

(Autor)

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2009 | 1. Auflage
232 Seiten
Verlag Kiepenheuer & Witsch GmbH
978-3-462-30112-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod - Folge 3 -  Bastian Sick
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Wie kommt man richtig nach Aldi? Und wie zu gutem Deutsch Beachtet man ein paar wenige Dinge und schaut auch mal zweimal hin, so ist es gar nicht so schwierig, richtiges und gutes Deutsch zu sprechen und zu schreiben. Leider hat es uns die Rechtschreibreform nicht leichter gemacht, und wenn ab August 2006 die neuen, reformierten Regeln für alle Schüler und Behörden gelten, wird man ihn noch dringender benötigen: den neuen Sick. Das wesentliche Problem der Reform - und somit erheblicher Nachbesserungsbedarf - zeigte sich auf dem Gebiet der Zusammen- und Getrenntschreibung. Da waren nämlich Wörter auseinander gerissen worden, die in zusammengeschriebener Form nie ernsthafte Probleme bereitet hatten. Der diensthabende Offizier war zum Dienst habenden Offizier degradiert worden. Dem Gesetzgeber tut es längst leid, dass er die Rechtschreibung überhaupt je zur Reformsache gemacht hat. Zwischendurch tat es ihm Leid (mit großem L), und nun doch wieder leid. Die Lehrer und Schüler, die von »leid tun« auf »Leid tun« umdenken mussten und sich nun an »leidtun« gewöhnen sollen, können einem nur leid ... Leid ... also, die kann man nur bedauern. Bastian Sick hat auch in der dritten Folge seiner Sprachführer Unglaubliches und Amüsantes, Seltsames und Ungeheuerliches zusammengetragen. Auf seine unnachahmliche Art zeigt er uns den Weg aus den Wirrnissen, gibt kluge Hinweise und lässt auch mal den Dialekt zu seinem Recht kommen. Nach den ersten beiden Bänden, die sich weit über 2 Millionen Mal verkauft haben, schließt diese Folge die Reise durch den Irrgarten der deutschen Sprache ab. Mit neuem »Zwiebelfisch«-ABC! Aktuelle Zwiebelfisch-Kolumnen finden Sie unter www.spiegel.de/kultur/zwiebelfisch

Bastian Sick, geboren in Lübeck, studierte Geschichtswissenschaft und Romanistik. Während seines Studiums arbeitete er als Korrektor für den Hamburger Carlsen-Verlag. 1995 wurde er Dokumentationsjournalist beim SPIEGEL, 1999 wechselte er in die Redaktion von SPIEGEL ONLINE. Dort schrieb er ab 2003 die Sprachkolumne »Zwiebelfisch«. Aus diesen heiteren Geschichten über die deutsche Sprache wurde die Buchreihe »Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod«. Es folgten zahlreiche Fernsehauftritte und eine Lesereise, die in der »größten Deutschstunde der Welt« gipfelte, zu der 15.000 Menschen in die Köln-Arena strömten. Seitdem war Bastian Sick mehrmals mit Bühnenprogrammen auf Tournee, in denen er eine neuartige Mischung aus Lesung, Kabarett und Quizshow präsentierte. In vierzehn Jahren schrieb er vierzehn Bücher.

Bastian Sick, geboren in Lübeck, studierte Geschichtswissenschaft und Romanistik. Während seines Studiums arbeitete er als Korrektor für den Hamburger Carlsen-Verlag. 1995 wurde er Dokumentationsjournalist beim SPIEGEL, 1999 wechselte er in die Redaktion von SPIEGEL ONLINE. Dort schrieb er ab 2003 die Sprachkolumne »Zwiebelfisch«. Aus diesen heiteren Geschichten über die deutsche Sprache wurde die Buchreihe »Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod«. Es folgten zahlreiche Fernsehauftritte und eine Lesereise, die in der »größten Deutschstunde der Welt« gipfelte, zu der 15.000 Menschen in die Köln-Arena strömten. Seitdem war Bastian Sick mehrmals mit Bühnenprogrammen auf Tournee, in denen er eine neuartige Mischung aus Lesung, Kabarett und Quizshow präsentierte. In vierzehn Jahren schrieb er vierzehn Bücher.

Inhaltsverzeichnis

Zweifach doppelt gemoppelt


Ein alter Greis, der im dichten Gedränge verschwindet, ein schneller Raser, der auf einer Baumallee verunglückt ist – so etwas hört und liest man manchmal ab und zu. Streng genommen sind solche Wortpaare und Zusammensetzungen jedoch unsinnig – doppelt gemoppelt nämlich.

Denn Greise sind immer alt, und im Gedränge steht man immer dicht an dicht. Raser würden nicht Raser genannt, wenn sie nicht tatsächlich schnell führen, und ohne Bäume wären Alleen auch keine Alleen, sondern gewöhnliche Straßen. Solche Bedeutungsverdopplungen nennt man Pleonasmen. Das kommt aus dem Griechischen und bedeutet »Überfluss«, »Übermaß« – bezogen auf den sprachlichen Stil also eine überflüssige Häufung sinngleicher oder sinnverwandter Begriffe. So erklärt es auch der Duden und führt als Beispiele den weißen Schimmel und den schwarzen Rappen an.

Pferdeliebhaber indes wissen, dass Schimmel längst nicht immer weiß sind, sondern in der Regel dunkel geboren werden und erst im Laufe der Zeit aufhellen. So gibt es Schimmel in allen möglichen Schattierungen: als Apfelschimmel, Fliegenschimmel, Fuchsschimmel, Rotschimmel und Blauschimmel (nicht zu verwechseln mit Käse), als Grauschimmel, Braunschimmel und sogar als Schwarzschimmel. Ein weißer Schimmel ist also keine Selbstverständlichkeit.

Auch hinter »kleinen Zwergen« muss nicht zwangsläufig ein Pleonasmus stecken. Denn alles ist bekanntlich relativ, und wer wollte ernstlich behaupten, dass alle Zwerge gleich groß (oder gleich klein) seien? Einige mögen größer sein als andere, und nicht umsonst heißt es im Volksmund: Auch Zwerge haben mal klein angefangen.

Eng verwandt mit Pleonasmen sind Tautologien, das sind gleichbedeutende Wörter derselben Wortart, also Wortpaare wie »angst und bange«, »ganz und gar«, »immer und ewig«, »schlicht und einfach«, »nie und nimmer«, »schließlich und endlich«, »aus und vorbei«, »still und leise«. Diese Doppelungen gelten als rhetorische Stilmittel und sind daher über jede sprachliche Kritik erhaben.

Natürlich können auch Pleonasmen als bewusst eingesetztes Stilmittel dienen. Oftmals allerdings entstehen sie aus schlichter Unwissenheit. Das betrifft vor allem die Zusammensetzungen aus Fremdwörtern und deutschen Vorsilben. Wer hätte nicht schon einmal von einem »vorprogrammierten Chaos« gesprochen – wiewohl ein »programmiertes Chaos« völlig genügen würde, denn programmiert wird immer im Voraus. Oder haben Sie schon mal von einem nachprogrammierten Ereignis gehört? Ein weiterer Dauerbrenner unter den Überflusswörtern ist das Verb »aufoktroyieren« – eine Verschmelzung aus dem französischen Lehnwort »oktroyieren« und der deutschen Übersetzung »aufzwingen«.

 

Meine Nachbarin Frau Jackmann ist eine Meisterin der Sinnverdoppelung. Als ich einzog, klärte sie mich detailliert über alle Mitbewohner des Hauses auf: »Die Lüders aus dem Erdgeschoss haben vier Jungs, richtige Rabauken, vor allem die zwei Zwillinge. Also wundern Sie sich nicht über den Krach!« Ich wunderte mich vor allem über den Hinweis, dass die Lüders zwei Zwillinge haben. Ich hätte mehr erwartet. Frau Jackmann überbot sich gleich darauf selbst, indem sie mir verriet, dass neben den Lüders ein »Zweierpärchen« wohne. Sollte es noch einen Untermieter aufnehmen, hätte man es dann mit einem »Dreierpärchen« zu tun? Im ersten Stock links wohne Herr Schaller, ein sehr netter Vertreter, von dem sie schon manches Mal ein »Gratis-Geschenk« bekommen habe.

Und in der Wohnung rechts lebe der »geschiedene Exmann« von Carolin Ölter, der Tochter von Manfred Ölter, der mit Billigmärkten im Osten reich geworden ist. Der sei heute ein »mehrfacher Multimillionär«. Einmal sei sie der Carolin Ölter ja wirklich begegnet. Die sah aber gar nicht aus wie eine Millionärstochter, denn ihr Halsschmuck war ein »künstliches Imitat«, das habe man sofort gesehen.

 

Als mein Freund Henry mich das erste Mal besuchte und sofort über den Zustand des Treppenhauses zu lamentieren begann, gab Frau Jackmann ihm recht und klagte: »Ich habe dem Hausmeister bereits schon gesagt, dass das Treppenhaus dringend neu renoviert werden muss, aber im augenblicklichen Moment scheinen die Eigentümer angeblich kein Geld dafür zu haben.« Vier Pleonasmen in einem Satz! Das muss ihr erst mal jemand nachmachen. Henry nennt sie seitdem respektvoll »Jackie Pleonassis«. Wer in seiner Gegenwart von »ABM-Maßnahmen« spricht, wird kostenlos über die Bedeutung des Buchstabens »M« in »ABM« aufgeklärt. »Spontane Reflexe« lässt Henry genauso wenig gelten wie »natürliche Instinkte«, zumal das die Existenz unspontaner Reflexe und unnatürlicher Instinkte voraussetzen würde, wie Henry sagt. Und wenn der Fernsehkoch zum Tranchiermesser greift und spricht: »So, und nun müssen wir das Ganze einmal schön in der Mitte halbieren«, dann schaltet Henry um.

 

Bei Frau Jackmann ist das »umgekehrte Gegenteil« der Fall. In pleonastischer Hinsicht ist eine Unterhaltung mit ihr immer lohnend. Frau Jackmann würde sagen: »lohnenswert«. Sie hat zu allem eine »persönliche Meinung«, und ich habe es bislang wohlweislich vermieden, sie nach ihrer unpersönlichen Meinung zu fragen. In politischen Fragen ist sie unerbittlich. Nahezu alle Probleme unserer Zeit, sagt sie, seien die Folge der »weltweiten Globalisierung«. Ja, Frau Jackmann kennt sich aus! »Als der Schröder an die Regierung kam, da haben sich doch alle falsche Illusionen gemacht.« Offenbar macht sie sich lieber richtige Illusionen. Den Ausgang der jüngsten Bundestagswahl kommentierte sie mit den Worten: »Jetzt suchen natürlich alle nach einer gemeinsamen Schnittmenge!« Als die Koalition aus CDU und SPD dann stand, sagte sie achselzuckend: »Na ja, eine andere Alternative gab es in dieser Situation wohl auch nicht!« Womöglich gibt es nie mehr als eine einzige Alternative, wenn überhaupt. Aber darüber will ich mit Frau Jackmann lieber nicht diskutieren. Henry hat da weniger Skrupel. Letzte Woche traf er Frau Jackmann auf der Treppe. »Es gibt Regen«, rief sie ihm zu. »Wie kommen Sie darauf«, fragte Henry erstaunt, »es ist doch kein Wölkchen am Himmel zu sehen!« – »Ich spür das«, sagte sie, »ich hab da so ein inneres Gefühl!« Henry erwiderte, ihr »inneres Gefühl« sei ein Pleonasmus. Seitdem hält sie ihn für einen Arzt. Da sind falsche Missverständnisse natürlich bereits schon im Vorfeld vorprogrammiert.

Pleonasmen

doppelt gemoppelt

einfacher gesagt

angeblich sollen (z.B. sie soll angeblich einen Geliebten haben)

sie soll einen Geliebten haben; sie hat angeblich einen Geliebten

Attentatsversuch

Anschlag, Attentat, Mordversuch

aufoktroyieren

aufdrängen, aufzwingen, oktroyieren

anfängliche Startschwierigkeiten

anfängliche Schwierigkeiten, Startschwierigkeiten

im augenblicklichen Moment

im Augenblick, augenblicklich, im Moment, momentan

auseinanderdividieren

auseinanderrechnen, aufteilen, dividieren

Ausgangsvoraussetzungen

Voraussetzungen, Ausgangsbedingungen

Außenfassade

Außenseite, Fassade

Baumallee

Allee, von Bäumen gesäumte Straße

bereits schon

bereits, schon

ein berühmter Star

eine Berühmtheit, ein Star

Eigeninitiative

Eigenantrieb, Initiative

Einzelindividuum

Einzelwesen, Individuum

der Einzigste

der Einzige

erste Vorboten

erste Anzeichen, Vorboten

drei...

Erscheint lt. Verlag 21.9.2009
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Geisteswissenschaften Sprach- / Literaturwissenschaft Sprachwissenschaft
Schlagworte Bastian Sick • Dativ • Deutsch • Deutsche Sprache • Deutschtest • Fehler • Folge 3 • Genitiv • Grammatik • Happy Aua • Hauptsatz • Humor • humorvoll • Kiepenheuer & Witsch • Köln • Rechtschreibung • Sachbuch • Sprache • Sprach-Phänomene • Tod-Folge • Zwiebelfisch • Zwiebelfisch-Kolumne
ISBN-10 3-462-30112-8 / 3462301128
ISBN-13 978-3-462-30112-0 / 9783462301120
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