2005-2008 (eBook)

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2009
345 Seiten
De Gruyter (Verlag)
978-3-484-60512-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

2005-2008 -
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Das Georg Büchner Jahrbuch, das in unregelmäßigen Abständen erscheint, „soll der Georg-Büchner-Forschung als ein Forum der Bestandsaufnahme und der Innovation, der Reflexion und der Debatte, der Quellendokumentation wie der raschen Mitteilung, der Auseinandersetzung wie der Verständigung dienen und dabei die ganze inhaltliche und methodische Breite der Forschungsergebnisse und -diskussionen erfassen“. Dieser Zielrichtung in der Vorbemerkung zum 1. Band (1981) sucht das Jahrbuch seitdem in allen seinen regelmäßigen Abteilungen (Aufsätze – Debatten – Kleinere Beiträge und Glossen – Dokumente und Materialien – Rezensionen – laufende Bibliographie) gerecht zu werden.

Frontmatter 1
Inhalt 5
Siglen und abgekürzt zitierte Literatur 7
»Nimmt einer ein Gefühlchen« 11
Eros und Gewalt in Danton’s Tod 33
Humus Büchner: Danton’s Tod in/und Heiner Müllers Der Auftrag 47
Die Vorwegnahme der medizinischen Erkenntnis von manisch-depressiven Störungen in der Literatur – dargestellt an Büchners Lenz und Leonce und Lena 71
Georg Büchners Leonce und Lena und die »Lustspielfrage« seiner Zeit 89
Sprengkraft Sexualität 109
Der Woyzeck am völkischen Herzen 131
Georg Büchners Woyzeck – Möglichkeiten und Grenzen textgenetischer Interpretation 171
Wilson inszeniert Büchner oder Was ist unter der Oberfläche? 215
Religionskritik bei Georg Büchner 229
Heine und Holbach 245
Über Wilhelm Liebknechts Verwandtschaft mit Friedrich Ludwig Weidig und seine Beziehung zur Familie Büchner 275
»Waren die nicht mal in Gießen?« Karl Viëtor über Georg Büchner in den Jahren 1928–1933/34–1949 307
Georg Büchner im Medientransfer 341

Wilson inszeniert Büchner oder Was ist unter der Oberfläche? (S. 207-208)

Von Nora Eckert (Berlin)

»Wir haben im Hochkünstlerischen noch einmal die ganze Welt. Kein Einlaß, kein Auslaß: nach Schließung des Kunstwerks.« (Botho Strauß: Die Erde ein Kopf. Dankrede zum Büchner-Preis 1989.) Die wenig überraschende Entdeckung der Theaterkritik lautet: Eine Wilson-Inszenierung sehe immer wie eine Wilson-Inszenierung aus. Wer jedoch Augen zum Sehen hat, wird Wilsons Inszenierungen nicht miteinander verwechseln. Ihre Austauschbarkeit, also Beliebigkeit, ist dennoch eine stets wiederkehrende Behauptung in der medialen Wahrnehmung seiner Bühnenarbeiten. Sie ist verbunden mit dem Vorwurf des Dekorativen und Oberflächlichen.

Nun enthält Wilsons Bühnenästhetik in der Tat wiederkehrende Elemente, ihr Wiedererkennungseffekt ist sozusagen garantiert. Wer aber nur die gespreizten Finger und die Langsamkeit, die minimalistische Lineatur der Bühne und die abgewinkelten Arme sieht, der hat so gut wie nichts von der Inszenierung verstanden. Wilson ist längst zu einem alten Bekannten geworden. Sein erster Auftritt liegt Jahrzehnte zurück, das Überraschende alles Neuen hat sich verflüchtigt. Sein Stil ist nicht mehr das Ereignis der Saison, sondern hat ein biographisches Format gewonnen, bald wird man vom Lebenswerk sprechen. Dieser Umstand erklärt vielleicht auch, warum Kritiker inzwischen gelangweilt reagieren.

Ebenso häufig mischt sich in die Kritik der Vorwurf des Postmodernen. Ein zwar längst hinfälliger Modebegriff, aber als Verdikt immer noch beliebt. Künstlerisch betrachtet, ließe sich die Sache des Postmodernen als Kultur des Spiels, als Wiederentdeckung des verlorengegangenen ironischen Bewußtseins auch positiv bewerten. Wenn aber postmodern heißt, das Insistieren auf Neuheit durch die Freiheit der Kombination alter Formen zu ersetzen, dann dürften Wilson-Inszenierungen den Betrachter in jedem Fall ratlos machen. Denn, wo kombiniert und zitiert Wilson alte Formen? Haben wir auf Wilsons Bühne jemals eine historisch eklektizistische Stilmischung gesehen?

In ihrer Künstlichkeit war und ist Wilsons Bühne nie etwas anderes als modern – oder es gab nie eine moderne Bühne. Als das Feuilleton noch staunen konnte, galt Wilson als Bühnenmagier und kaum jemanden störte seine erklärte Interpretationsverweigerung. Heute, in deutungsbesessenen Theaterzeiten, wird dies als Sünde vermerkt. Nur stimmt es nicht. Wilson liebt die Irreführung, die freilich nur bemerkt, wer genauer hinsieht. Die stets wiederkehrende schöne, zumeist akkurat gezirkelte, von magischem Farblicht eingehüllte Oberfläche halten nur Kurzsichtige für immergleich. Als ob man einen Giorgio de Chirico oder einen Piet Mondrian dadurch zu verstehen glaubt, daß man das Sichtbare bilanziert, es bei steriler Architektur und ihren langen Schatten beläßt, bei reiner Geometrie aus Linien und Farbflächen. Nun gab de Chirico seiner Kunst nicht zufällig das Etikett der Pittura metafisica.

Ohne Metaphysik werden auch Wilsons Inszenierungen nicht recht zu erklären sein. Auch wenn die Artistik der Form schon die Hauptattraktion seiner Regie zu sein scheint, herrscht darin vor allem keine Sinnleere. Wilson war noch nie ein Regisseur, der gerne Antworten gibt. Er stellt lieber Fragen. Die Schlüssigkeit, um nicht zu sagen Geschlossenheit seiner Farb-, Form- und Lichtevolutionen im Bühnenmaßstab muten freilich mehr als Antwort auf die Frage an, was schön sei, denn als eigentliche Frage, wie hält es der Regisseur mit dem Stück. Zu den wiederkehrenden Erfahrungen gehört aber beispielsweise die Aufwertung des Textes. Man hört bei Wilson besser.

Erscheint lt. Verlag 3.4.2009
Verlagsort Tübingen
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur
Geisteswissenschaften Sprach- / Literaturwissenschaft Germanistik
Geisteswissenschaften Sprach- / Literaturwissenschaft Sprachwissenschaft
ISBN-10 3-484-60512-X / 348460512X
ISBN-13 978-3-484-60512-1 / 9783484605121
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