Unterfordert, unerkannt, genial (eBook)
80 Seiten
Verlag Rüegger
978-3-7253-0872-9 (ISBN)
VORWORT 6
INHALTSVERZEICHNIS 10
Theoretische Konzepte – empirische Befunde und langfristige Perspektiven 12
1 Von der Leistungsvoraussage zur Differenz: Die historische Entwicklung des Konzepts 13
2 Was ist Underachievement? 15
2.1 Kategorien von Underachievement 16
2.2 Definitionen von Underachievement 18
3 Wer sind die Underachiever? 20
4 Underachievement und Geschlecht 23
5 Zusammenfassende Diskussion 25
Literatur 28
Frühleser: bildungsfern und doch schulerfolgreich? Empirische Ergebnisse aus einer Längsschnittstudie zum Schulerfolg von Jugendlichen aus bildungsfernen Milieus 38
1 Historische Entwicklung 38
2 Aktueller Forschungsstand 39
3 Zusammenfassende Konklusion und Fragestellungen der Teilstudie 41
4 Methode 42
4.1 Untersuchungsdesign und Stichprobe 42
4.2 Erhebungsinstrumente 45
5 Ergebnisse 46
5.1 Gruppenunterschiede 46
5.2 Entwicklung der Leistungsmuster 50
5.3 Clusterprofile 52
6 Diskussion 55
Literatur 58
Wunderkinder: Zu Mythos und wissenschaftlicher Relevanz eines vernachlässigten Phänomens 62
1.‚Wunderkind’ versus ‚Hochbegabung’: zwei unterschiedliche Begriffe 63
2 Mythos Wunderkind 64
3 Forschungstraditionen 65
4 Empirische Meilensteine 69
5 Ein anderer Blick auf das Wunderkind-Phänomen 72
6 Konklusion und Diskussion 75
Literatur 78
Frühleser: bildungsfern und doch schulerfolgreich? (S. 37) Empirische Ergebnisse aus einer Längsschnittstudie zum Schulerfolg von Jugendlichen aus bildungsfernen Milieus
Dass in Ländern wie Deutschland oder der Schweiz die soziale Herkunft den Bildungserfolg weitgehend bestimmt, ist eine erstmals in den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts formulierte und inzwischen im Gefolge der PISA-Untersuchungen mehrmals replizierte Tatsache. Die Forschung beschäftigt sich in den letzten Jahren denn auch zurecht vorwiegend mit solchen Bildungsverlierern, die meist aus sozioökonomisch und kulturell benachteiligten Verhältnissen stammen. Sie gelten als ‚bildungsfern’, nicht erfolgreich, problembehaftet, schlicht: als defizitär. Ist somit Schulerfolg ohne Bildungsnähe nicht möglich? Gibt es keine kompetenten Kinder aus benachteiligten Familien? Ein flüchtiger Blick in die gängigen Begabtenförderungsprogramme scheint solche Vermutungen zu bestätigen, zeigt sich doch durchgehend eine deutliche Unterrepräsentation dieser Population.
Gründe dafür liegen allerdings nicht in den mangelnden Talenten solcher Bevölkerungsgruppen, sondern in den unzureichenden Identifikationspraktiken der Förderprogramme und in den Alltagstheorien unserer Gesellschaft, die überdurchschnittliche Fähigkeiten in erster Linie mit der eigenen Kultur und mit Bildungsnähe konnotiert. Im Gegensatz zu den USA, wo dieses Problem unter dem Stichwort ‚gifted disadvantaged’ breit untersucht wird, hat die europäische Forschung solche Gruppen bisher kaum berücksichtigt, und auch die PISA-Studie richtet ihren Blick ausschliesslich auf die leistungsschwachen der benachteiligten Schülerinnen und Schüler.
Dieser Aufsatz stellt Kompetenz, Begabung, soziale Herkunft und Leistungsentwicklung in einen systematischen Zusammenhang. Auf der Basis einer Längsschnittstudie zu den Wirkungen des Frühlesens und Frührechnens (Stamm, 2005b) vergleicht er Schullaufbahnen Jugendlicher aus bildungsnahen und bildungsfernen Milieus miteinander, die bei Schuleintritt auf akzeleriertem Niveau lesen oder rechnen konnten.
1 Historische Entwicklung
Der Anfang der Diskussion um Begabung und Benachteiligung markieren die Publikation von Petersen (1916) ‚Der Aufstieg der Begabten’ sowie die ersten Intelligenzuntersuchungen von Stern (1916). Nach einer anfänglich bemerkenswert breiten gesellschaftlichen Rezeption (vgl. zusammenfassend Lamberti, 2006) wurde die Thematik im weiteren Verlauf des 20. Jahrhunderts jedoch zunehmend zweitrangig. Der Grund dafür dürfte darin gelegen haben, dass vor allem ein Ergebnis der berühmten Längsschnittstudie von Terman (Terman &, O- den, 1959) zur Leistungsentwicklung Hochbegabter besondere Beachtung fand: dass drei Viertel der begabten Kinder aus der Mittel- und Oberschicht und nur ein Viertel aus dem Arbeitermilieu stammten. Diese Erkenntnis führte in der Folge dazu, dass Wissenschaft und pädagogische Praxis besondere Begabungen der Mittel- und Oberschicht unhinterfragt zuschrieben und fern davon blieben, sie auch in Arbeitermilieus zu vermuten.
Dieser Fokus änderte sich nach dem zweiten Weltkrieg grundlegend, konzentrierte sich das bildungspolitische Interesse im Zuge der Ausschöpfung der Begabungsreserven nun explizit auf die Benachteiligten im Bildungswesen und damit auch auf die Arbeiterschicht. Im Verlaufe der achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts verschob sich dieser Fokus allerdings zunehmend und mit einiger Verzögerung gegenüber den anglo-amerikanischen Ländern auf die Hochbegabungsforschung. Trotz ihrer breiten Verankerung in der Pädagogischen Psychologie konnte sich jedoch – abgesehen von der Thematik hochbegabter Mädchen – bei uns kein expliziter Forschungsschwerpunkt zu benachteiligten Gruppen überdurchschnittlich Begabter entwickeln, so dass dieser Bereich bis heute unterbelichtet geblieben ist.
2 Aktueller Forschungsstand
Für die hier diskutierte Fragestellung weisen drei Bereiche eine besondere Relevanz auf: vorschulischer Kompetenzerwerb (‚Frühlesen und Frührechnen’), Hochbegabung und soziale Herkunft sowie die Erkenntnisse der Ungleichheitsforschung. Sie werden nachfolgend kurz skizziert.
Frühlesen und Frührechnen: Die Frage, inwiefern vorschulischer Kompetenzerwerb mit überdurchschnittlicher Intelligenz zusammenhängt, ist vielfach erörtert worden, ohne dass jedoch genaue Erkenntnisse vorliegen würden.
Erscheint lt. Verlag | 1.4.2007 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Geisteswissenschaften |
Sozialwissenschaften ► Pädagogik | |
Sozialwissenschaften ► Politik / Verwaltung | |
ISBN-10 | 3-7253-0872-1 / 3725308721 |
ISBN-13 | 978-3-7253-0872-9 / 9783725308729 |
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