Rilke und der Buddha

Die Geschichte eines einzigartigen Dialogs
Buch | Hardcover
188 Seiten
2010
Gütersloher Verlagshaus
978-3-579-07020-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Rilke und der Buddha - Karl-Josef Kuschel
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Nachdenken über Buddha – eine spannende Annäherung

- Auf den Spuren eines ungewöhnlichen Paares
- Ein anspruchsvolles Geschenkbuch in hochwertiger Ausstattung

'Doch in dir ist schon begonnen, was die Sonnen übersteht.'

Die Poesie Rilkes eignet sich für Erkundungen der besonderen Art. Der „Dichter in dürftiger Zeit“, wie Heidegger ihn charakterisierte, zeichnet sich aus durch eine spirituelle Intensität, die bis heute fasziniert.
Der Rilke-Experte Karl-Josef Kuschel befasst sich in seinem Buch mit einer ungewöhnlichen Seite des Lyrikers: seinem Nachdenken über Buddha. Im Garten Rodins entdeckte Rilke 1904 eine Buddha-Statue, von der er die „uralte Gleichgültigkeit“ ausgehen sah. Was hat Rilke an der Gestalt des Buddha so angezogen, das ihn zu drei Gedichten inspirierte? Was verkörperte Buddha für ihn? Kuschel begibt sich auf eine aufregende Spurensuche, die eine bisher wenig beachtete Facette des „Dichters der Sehnsucht“ beleuchtet.

Karl-Josef Kuschel, geboren 1948, ist Professor an der Katholisch-theologischen Universität Tübingen und lehrt dort Theologie der Kultur und des interreligiösen Dialogs. Er ist einem großen Publikum durch zahlreiche Veröffentlichungen bekannt.1997 Verleihung der Ehrendoktorwürde der Theologischen Fakultät der Universität Lund (Schweden).

Asiatisches in Europa Die Präsenz des Fremden im Eigenen, das lässt mich aufhorchen. Asiatisches in Europa, das weckt meine Aufmerksamkeit. Buddhistisches, wahrgenommen durch ein europageprägtes Bewusstsein: das geht mich an - hundert Jahre nach Rilke in einer völlig veränderten Zeit, die aber den geistigen Austausch zwischen den Religionen und Kulturen mehr denn je als Herausforderung erlebt. Aber hat Rainer Maria Rilke, dessen Gedichte mich seit Jahrzehnten begleiten, auch auf dem Feld interkultureller Kommunikation etwas vorgedacht, vorformuliert, dem sich auch heute noch nachzudenken, nachzusprechen lohnt? Drei Buddha-Gedichte hat er hinterlassen, er, der ein Leben zwischen Prag, Paris und Sierre lebte, der das alte Europa zwischen Rom und Göteborg, zwischen Ronda und Triest wie kaum ein anderer erkundete, 1875 in Prag an der Moldau geboren, 1926 in Raron im Schweizerischen Rhonetal zu Grabe getragen, der aber Europa bis auf eine Reise nach Nordafrika und an den Nil nicht verließ. Diese drei Gedichte fordern mich heraus. Ich will verstehen, warum gerade er sie schrieb. Dieser Verstehensprozess ist nichts weniger als eine 'Entdeckungsreise'. Die schiere Lust an neuen Erkenntnissen treibt mich dazu. Man wusste bisher nur um das Faktum. 1905, dreißigjährig, tritt Rilke in die Dienste des großen französischen Bildhauers Auguste Rodin, bewohnt auf dessen Besitz zu Meudon bei Paris ein Häuschen, entdeckt dort im Garten eine große Buddha-Statue und beginnt, wie Briefe bezeugen, mit ihr einen Dialog zu führen, der in der deutschen Literatur seinesgleichen sucht. Erzählt aber hat die ganze Geschichte noch niemand. Erzählt, woher der Buddha stammt, um was für einen Buddha es sich handelt, unter welchen Umständen er in Rodins Besitz gelangt, bevor er durch Rilke literarisch 'verewigt' wird. Hinzu kommt: Ich kann die Präsenz des Buddha in Meudon bildlich dokumentieren und so meinen Leserinnen und Lesern ein hohes Maß an Anschauung bieten. So kann ich den Dialog Rilkes mit der Buddha-Figur nicht nur textlich lebendig werden lassen. Ich kann auch der Geschichte dieses Dialogs eine hohe Anschaulichkeit und Sinnlichkeit geben. Wieso Rilke? Warum lohnt sich die Auseinandersetzung mit einem offensichtlich so kanonisierten Dichter? Kanonisiert, aber weit weg. Sein Werk mag noch heute eine Gemeinde begeisterter Anhänger haben, die Rilkes Dichtkunst zu schätzen weiß. Aber ist es in heutiger Weltstunde, im Zeitalter nie gekannter wirtschaftlicher, kultureller und religiöser 'Globalisierung', wirklich noch relevant? Ich nehme diese Frage ernst, tue sie nicht ab mit dem lapidaren Hinweis, Rilke sei immerhin ein Dichter der Weltliteratur und deshalb um seiner selbst willen relevant. Ich will und muss von Erfahrungen mit seinen Texten berichten und konkret zeigen, warum mir dieser Autor gerade mit seinen Buddha-Texten heute etwas zu sagen hat, etwas Unverwechselbares, Einzigartiges, das nur ein Dichter von der Sprachkraft Rilkes und kein Religionswissenschaftler und kein gläubiger Buddhist so sagen kann. Die Fremdheit des Buddha ist für uns Europäer offensichtlich. Wir können nicht so tun, als verstünden wir ihn schon; als hätten wir begriffen, was er geistig verkörpert; als hätten wir verstanden, welche Herausforderung an das eigene Leben von ihm ausgeht. Rilkes Buddha-Gedichte aber sind eine Brücke über die geistigen und kulturellen Gräben hinweg. Sie erschließen mir das Geheimnis des Buddha ganz zwanglos, ganz unaufdringlich, ganz unlehrhaft. Ich bin 'gepackt' von dieser Figur, ohne auf sie schwören zu müssen. Buddha-Meditationen werden möglich, ohne sich als Buddhist aufzuspielen. Ich spüre: Diese Art von Dichtung vermittelt Wissen ohne Besserwisserei, Weisheit ohne Belehrung, Orientierung ohne Zeigefinger. Kurz: Weisheit, gepaart mit Schönheit. Das ist es, was ich suche. Deshalb ist der Ansatz bei der Dichtung kein überflüssiger Umweg, keine Spielerei für Rilke-'Liebhaber', sondern eine Möglichkeit, spirituell in die Tiefe zu gelangen - ohne Willensanstrengung, ohne Krampf, ohne Muss, ohne 'Du sollst'. Rilkes Gedichte führen, weil sie geistige Energie besitzen. Aber sie führen nicht ins weltfremde Abseits, sondern in die Tiefe der Dinge. Die Auseinandersetzung mit Rilkes Gedichten ist keine vertane, sondern eine verdichtete Zeit. Deshalb ganz direkt gefragt: Wie kommt Buddha in die Welt eines Europäers wie die von Rainer Maria Rilke? Was interessiert einen Mann wie ihn, einen der größten Lyriker europäischer Literatur des 20. Jahrhunderts, ausgerechnet an Buddha? Welche Erkenntnisse werden in ihm wach, wenn er den Buddha betrachtet, wenn er über Buddha spricht? Kennt er eine so uralte, komplexe Religion wie den Buddhismus? Hat er sich mit Buddha befasst: mit Weg, Werk und Welt? Was wissen wir darüber? Welche Dokumente sind vorhanden? Fragen genug! Sie schicken mich auf Entdeckungsreise, lassen mich ein neues Kapitel schreiben im unabgeschlossenen Prozess meines Nachdenkens über 'Weltreligionen im Spiegel der Weltliteratur'. Dieser Prozess wird hier fortgesetzt, der bereits zu einer kleinen Studie über Rilkes Islam-Erfahrung auf den Reisen durch Nordafrika und Spanien führte, zu Untersuchungen über Lessings Auseinandersetzung mit dem Islam und zu Adolf Muschgs Beschäftigung mit dem Zen-Buddhismus. Drei Gedichte zu Buddha besitzen wir von Rilkes Hand. Es sind kostbare Stücke. Viele Buddha-Gedichte hat die deutschsprachige Literatur nicht aufzuweisen, auch im 20. Jahrhundert nicht. Wir kennen Buddha-Gedichte von Gottfried Benn (1886-1956) und Bertolt Brecht (1898-1956) aus den dreißiger Jahren, vom expressionistischen Dramatiker Georg Kaiser (1878-1945)5 aus den vierziger Jahren, entstanden im Schweizer Exil, wo Kaiser seine letzten sieben Jahre verbringt, schließlich von Hermann Hesse (1877-1962) aus den fünfziger Jahren, als Hesse sich unter dem Einfluss seines Vetters und Japanologen Wilhelm Gundert erneut mit dem Buddhismus in Gestalt des Zen-Buddhismus befasst. Aber Rilkes Texte sind von besonderem Zauber, von besonderer Tiefe, von besonderem Hintergrund. Sie schicken mich auf die Reise, auf Spurensuche. Und von dieser Reise, von dieser Suchbewegung will dieses Buch erzählen. Es ist die Geschichte eines einzigartigen Dialogs. Karl-Josef Kuschel 1. Ein ungewöhnliches Paar: Rilke und der Buddha Rilke-Gedichte sind mir seit Langem vertraut. Ich besitze sie, wie sie mich besitzen. Eigentümlich ihre Sprache, unverwechselbar ihr Ton, zupackend ihre sachliche Prägnanz. Die 'Neuen Gedichte' - Spiegel Europas Wie könnte ich je ein Gedicht wie 'Der Panther' vergessen? 'Sein Blick ist vom Vorübergehen der Stäbe so müd geworden, daß er nichts mehr hält. Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe und hinter tausend Stäben keine Welt.' (I, 469) So die ersten vier Zeilen. Wie könnte ich nicht angesprochen sein von Rilkes Gedicht auf eine 'Blaue Hortensie'?

Erscheint lt. Verlag 21.4.2010
Zusatzinfo Mit zahlreichen Abbildungen
Verlagsort Gütersloh
Sprache deutsch
Maße 190 x 220 mm
Gewicht 655 g
Themenwelt Geisteswissenschaften Religion / Theologie Buddhismus
Schlagworte Buddha • Buddha, Buddhismus, Rainer Maria Rilke • Buddhismus • Literarisches Thema • Rainer Maria Rilke • Rilke, Rainer M. • Rilke, Rainer Maria
ISBN-10 3-579-07020-7 / 3579070207
ISBN-13 978-3-579-07020-9 / 9783579070209
Zustand Neuware
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