Friedrich Merz (eBook)
224 Seiten
Verlag Herder GmbH
978-3-451-83614-5 (ISBN)
Volker Resing, geb. 1970, ist Journalist und Buchautor. Von 2014 bis Januar 2022 war er Chefredakteur der 'Herder Korrespondenz'. Zuvor war Resing Redakteur der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Berlin. Seit 2002 war er als Hauptstadtkorrespondenz in Berlin für verschiedene Tageszeitungen sowie katholische Kirchenzeitungen tätig. Seit 2022 verantwortet er das Innenpolitik-Ressort 'Berliner Republik' bei der Monatszeitschrift 'Cicero'.
Volker Resing, geb. 1970, ist Journalist und Buchautor. Von 2014 bis Januar 2022 war er Chefredakteur der "Herder Korrespondenz". Zuvor war Resing Redakteur der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Berlin. Seit 2002 war er als Hauptstadtkorrespondenz in Berlin für verschiedene Tageszeitungen sowie katholische Kirchenzeitungen tätig. Seit 2022 verantwortet er das Innenpolitik-Ressort "Berliner Republik" bei der Monatszeitschrift "Cicero".
Mensch Merz: Das »Gesamtkunstwerk«
In der elterlichen Familie von Friedrich Merz gibt es eine besondere Sortierung. Die Mutter hat braune Augen, so wie ihr ältester Sohn Friedrich und die jüngste Tochter. Der Vater hingegen hat blaue Augen, so wie die beiden anderen Kinder. Diese Ähnlichkeiten seien aber nicht nur äußerlich gewesen, so erzählt es der heutige CDU-Vorsitzende und Kanzlerkandidat einmal. Vielmehr habe es auch eine innere Verbundenheit gegeben.
Friedrich Merz wurde 1955 in Brilon als ältestes von vier Kindern geboren. Sein Vater Joachim Merz kam aus Breslau und war Richter am Landgericht in Arnsberg. Seine Mutter Paula Merz entstammte einer bekannten Briloner Familie. Ihr Vater war der Briloner Bürgermeister Josef Paul Sauvigny. »Wir waren die Kinder unserer Mutter«, beschreibt er das familiäre Verhältnis für sich und seine bereits verstorbene Schwester. Die beiden anderen seien Kinder des Vaters gewesen.
Das sei keine Spaltung zwischen den Braunäugigen und den Blauäugigen gewesen, sondern nur eine Unterscheidung, die sich immer mal wieder im Alltag gezeigt habe, berichtet Merz im Podcast mit Matze Hielscher. »Die Braunäugigen haben bei uns vielleicht ein bisschen mehr gefeiert als die Blauäugigen.« Auch seien die Braunäugigen zufälligerweise Linkshänder gewesen. Die Mutter sei immer für die Kinder da gewesen. Es habe die klassische Rollenverteilung gegeben. Der Vater habe viel gearbeitet, nur am Wochenende war er richtig präsent, ein rationaler und auch etwas nüchterner Typ.
Wer ist Friedrich Merz? Was hat ihn geprägt? Welche Persönlichkeit und welchen Charakter hat der Mann, der vielleicht bald Kanzler der Bundesrepublik Deutschland wird? Er selbst sagt, dass man die Prägekraft des Elternhauses gar nicht überschätzen könne. Friedrich Merz ist ein Familienmensch und die Tatsache, dass die Öffentlichkeit gar nicht allzu viel darüber weiß, unterstreicht dies. Merz ist nicht nur eine öffentliche Figur, sondern auch eine Privatperson mit ausgeprägtem Privatleben. Das hört sich selbstverständlich an, ist es aber im heutigen Politikbetrieb keineswegs mehr. Bei vielen Jüngeren verschwindet die Grenze sehr viel stärker. Auch enge Vertraute waren noch nicht zu Besuch im Haus im Sauerland, Merz bemüht sich, die Welten auseinanderzuhalten.
Als er sich gleich zu Beginn der Coronapandemie zusammen mit seiner Frau und seiner Tochter mit dem Virus infizierte, war seine größte Sorge, dass er seine Eltern nicht besuchen konnte. Am 7. Januar 2024 wurde Joachim Merz 100 Jahre alt, zur gleichen Zeit fand im bayerischen Seon die traditionelle Klausurtagung der CSU-Landesgruppe statt. Kein unwichtiger Termin, immerhin galt es, im Jahr vor der Bundestagswahl noch den Unions-Kanzlerkandidaten zu bestimmen. Hier gleich zum Jahresauftakt mit dem Mitbewerber Markus Söder schöne Bilder zu produzieren und mit den Akteuren zu reden, wäre nicht unklug gewesen. Doch Merz sagt ab.
»Mein Vater wird 100 Jahre alt. Die ganze Familie ist zu Besuch. Die Familie geht in diesem Jahr vor«, erklärte er dem Münchner Merkur. Allerdings hat seine eigene Familie über die Jahre hinweg durchaus auch unter dem Beruf des Vaters und vielen Abwesenheiten gelitten. Besonders der Sohn habe mit der Rolle gehadert, das haben die Eltern immer mal wieder berichtet. Eine Pendelbeziehung nach Berlin war auch nicht geplant, denn als die Kinder geboren wurden, war die Hauptstadt noch der Wohnort der Familie, nämlich Bonn.
Der Vater Joachim Merz entstammt einer evangelischen Soldatenfamilie aus Breslau. Er wurde mit 17 Jahren in die Wehrmacht eingezogen und verbrachte viereinhalb Jahre in Georgien in sowjetischer Kriegsgefangenschaft. Nach dem Krieg sei der Jurist als einer der ersten in der amerikanischen Besatzungszone als Richter eingesetzt worden, um in Arnsberg NS-Prozesse durchzuführen, berichtet ZEIT-Journalistin Mariam Lau. Merz habe als junger Mann die Akten des Vaters studiert und sei auch deswegen Jurist geworden, schreibt sie.
Die Geschichte von Fritz Bauer, dem hessischen Generalstaatsanwalt der Frankfurter Auschwitzprozesse, habe Friedrich Merz fasziniert. Und Lau resümiert die Bedeutung der persönlichen Geschichte für das politische Leben. Der CDU-Chef findet alles, was ihm wichtig sei, »schon in seiner Familiengeschichte angelegt«. Später verlässt Vater Merz aus Verärgerung über die Politik von Angela Merkel die CDU, sein Sohn bleibt.
In der Familie der Mutter gibt es auch die andere Seite der Geschichte, den Großvater mit Nazivergangenheit. Josef Paul Sauvigny war von 1917 bis 1933 als Mitglied der Zentrumspartei Bürgermeister der Stadt. Laut Briloner Heimatbuch soll er 1931 ein Friedenstreffen mit dem katholischen Geistlichen Franz Stock davor bewahrt haben, von Nazigruppen gestört zu werden. Stock gehörte der katholischen Jugendbewegung an und hat später als Gefängnisseelsorger im besetzten Paris Verfolgte vor dem sicheren Tod bewahrt.
Nach 1933 passte Josef Paul Sauvigny sich an und wurde zu einem Unterstützer und Beförderer der Naziideologie. Er trat der SA, der NSDAP und weiteren Naziorganisationen bei. Patrik Schwarz schreibt 2004 in der taz, Sauvigny sei Täter, nicht nur Mitläufer gewesen. Dem Enkel wird damals vorgeworfen, sich nicht ausreichend von seinem Großvater distanziert zu haben. Es kursieren wohlwollende Zitate von ihm über Großvater und Bürgermeister. Doch waren Merz zunächst nicht alle Fakten über den Vater seiner Mutter bekannt. »Für seinen Opa kann keiner was«, schreibt Schwarz.
Die Kindheit und Jugendzeit von Friedrich Merz waren keineswegs so unbeschwert, wie es sich vermuten ließe. Der erste schwere Einbruch war eine leichte Tuberkulose-Erkrankung. Zur Behandlung wurde der Zehnjährige für sechs Monate in ein Internat gegeben, eine Zeit, die er als »ganz schrecklich« beschreibt. Er habe um die Ereignisse einen »Kokon« gesponnen, um die Erinnerung nicht mehr so nah an sich heranzulassen, sagt er in dem Podcast. Doch die Zeit in dem von Nonnen geführten Kinderheim sei »nicht schön« gewesen, auch an die dort gefeierte Erstkommunion denke er nicht gern zurück. Wenn man die Fotos von damals anschaue, sehe man, dass es ihm nicht gut ging.
In der Pubertät taten sich wieder gravierende Probleme auf. Merz war ein schlechter Schüler, blieb sitzen, musste die Schule wechseln und war als Störer bekannt. Früh fing er das Rauchen an, auch Alkohol sei damals wichtig gewesen. In der letzten Reihe im Klassenzimmer spielte der Pennäler Merz während des Unterrichts Karten.
Erst waren es Streiche, dann auch eine trotzige Antihaltung gegen Autoritäten. Es sei eine große gesellschaftliche Umbruchszeit gewesen, berichtete Merz später in einem Interview. Im Kielwasser der städtischen Protestbewegungen habe auch auf dem Land eine antiautoritäre Stimmung geherrscht. »Verspätet und diffus« sei das, was man 68er nennt, im Sauerland angekommen. »Wir wollten uns nicht mehr alles von den Alten sagen lassen«, so Merz. Der Schüler arbeitete auf dem Bau, den Vater hat das geärgert. Dann solle der Friedrich doch eine Maurerlehre machen, habe er gesagt. Doch die Mutter setzte durch, dass er es noch mal auf einer anderen Schule versuchen sollte.
Mit Mühe und Not habe er Abitur gemacht, berichtet er. Es habe damals bei ihm und seinem Freundeskreis eine »große Gleichgültigkeit« geherrscht, kein Leistungswillen. »Wir wollten Spaß haben und unsere Partys feiern.« Mehr nicht. Auch vom Weltgeschehen habe er wenig mitbekommen. Die Familie habe erst spät einen Fernseher gehabt und die Zeitung habe er nicht gelesen. Er beneide seine Frau darum, dass sie aus ihrer Schulzeit mehr herausgeholt habe, sagt Friedrich Merz heute. »Ich bin froh, dass meine Kinder anders zur Schule gegangen sind, als ich das getan habe.« Es ist also eine durchaus gebrochene erste Lebensphase, die vielleicht schon den späteren Lebenshunger und auch vielleicht einen nachholenden Ehrgeiz erklärt. »Bürgerlich bin ich erst geworden, als ich Vater wurde«, sagt Merz.
Nur langsam begann er, sich für Politik zu interessieren. Der Wahlkampf 1972 mit Willy Brandt habe ihn politisiert, er sei in die CDU eingetreten, berichtet er im »Hotel Matze«-Gespräch. Die Kritik an den Ostverträgen und die Aufgabe des Gedankens der Wiedervereinigung haben ihn umgetrieben. Zusammen mit Freunden gründete Merz die Junge Union im neu geschaffenen Hochsauerlandkreis. Vor allem habe er Freude an der Debatte gehabt und daran, Leute zu überzeugen. Schon am Anfang seiner politischen Betätigung stand der hervorragende Redner Merz. Auf einem Kreisparteitag hält er eine Kandidatenrede für einen Bewerber der Jungen Union und verdrängt damit den Alteingesessenen. Die Freundschaft zu den Mitstreitern von damals hält bis heute an.
Vor dem Studium absolviert Friedrich Merz noch den Wehrdienst. Eine Zeit, die er auch für sich persönlich nicht nur positiv bewertet. Jahre später bekennt er in einer eher lustig gemeinten Anfrage der WELT, der Beginn des Wehrdienstes am 30. Juni 1975 sei ein »einschneidendes Erlebnis« gewesen, immerhin habe er seine damals halbwegs langen Haare zum Dienstbeginn kürzen müssen. Erst vor Kurzem hat er schon als CDU-Chef die Artillerieschule in Idar-Oberstein besucht. Es sei »ein bisschen wie nach Hause kommen«, schrieb er auf Instagram. Denn fast 50 Jahren zuvor sei er dort auf einem Fahnenjunker-Lehrgang gewesen.
Seit 1981 ist Friedrich Merz mit Charlotte Merz, geborene Gass, (Jahrgang 1961) verheiratet. Charlotte Merz ist die Tochter eines saarländischen Rechtsanwalts. Sie lernte ihren künftigen Mann während des Studiums...
Erscheint lt. Verlag | 13.1.2025 |
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Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Biografien / Erfahrungsberichte |
Sozialwissenschaften ► Politik / Verwaltung | |
Schlagworte | Außenpolitik • Biografie • Bundeskanzler • Bundestagswahl • CDU • deutsche Politik • Migrationspolitik • Politiker • Sicherheitspolitik • Wirtschaftspolitik |
ISBN-10 | 3-451-83614-9 / 3451836149 |
ISBN-13 | 978-3-451-83614-5 / 9783451836145 |
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