Was lange gärt, wird endlich Mut -  Christina Ott,  Valerie Lill

Was lange gärt, wird endlich Mut (eBook)

Entscheidung für die Zuversicht
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
252 Seiten
Francke-Buch (Verlag)
978-3-96362-793-4 (ISBN)
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Was passiert, wenn eine Psychologische Beraterin und eine Künstlerin ihre Gedanken über zufriedenes Leben in Form eines Briefwechsels teilen? Es entsteht ein Austausch mit einer Fülle von Anregungen, kreativen Beiträgen und fachlichem Input. In diesem inspirierenden Dialog voller Ermutigung und Zuversicht schwingt wie ein roter Faden die Frage mit: »Wie kann ich mein Leben heute und morgen gut gestalten, ohne immer wieder von Erfahrungen aus der Kindheit zurückgeworfen zu werden?« Die persönliche Note der beiden lädt ein, sich auch selbst auf das Thema einzulassen, Frieden mit der eigenen Biografie zu schließen und beflügelt nach vorn zu blicken. Zwei Freundinnen sinnieren über Wurzeln & Flügel, das innere Kind, »Edentität« und Gottes Pläne mit unserem Leben. Mit einem Vorwort von Andi Weiss; Autor, Songpoet und Logotherapeut.

Christina Ott ist als Psychologische Beraterin, Supervisorin, Autorin und gefragte Referentin bei Frauenfrühstückstreffen unterwegs. Sie ist mit einem Theologen verheiratet und Mutter von zwei erwachsenen Kindern. Seit 2021 lebt sie in Nürnberg. www.ott-beratungen.de Instagram: ott_beratungen Facebook: Ott Beratungen

2. Wurzeln und Flügel

2.1 Liebe Christina! – 25. Januar

Danke für Deinen Brief und für die wundervolle Idee mit dem Hin- und Herschreiben! Früher hab ich viel und gerne Briefe geschrieben, aber heute ist man doch mit Mails und Handy-App viel schneller und unmittelbarer in Kontakt. Als ich gerade Deinen liebevoll beklebten Umschlag im Briefkasten fand, fiel mir erst wieder ein, wie schön ein analoger Briefwechsel ist.

Deine Fragen haben etwas in mir angerüttelt oder besser gesagt aufgeschüttelt. Das Thema mit den Kindheitserfahrungen begleitet mich auch schon länger. Wie sehr wir doch geprägt sind von unserer frühen Vergangenheit! Im Geiste sehe ich mich im Matrosenkleidchen und den roten Zopfspangen in die Pfützen hüpfen. Geht es Dir auch so, dass Du Dich eigentlich immer noch genauso fühlst? Ich denke manchmal, ich bin immer noch die Valle von damals. Nur jetzt in einem groß gewordenen, älteren Körper. Dann gucke ich mich im Spiegel an und frage mich, ob sie noch zu mir passt. Ob sie mir noch ähnlich ist. Findest Du das seltsam? Eigentlich mochte ich sie gern, die Kleine. Sie war zu schüchtern, das schon. Aber sie hatte ein weiches Herz und viele bunte Flausen im Kopf. Wenn ich daran denke, wie wir meiner Puppe die Haare geschnitten haben (fast hätte sie gebrannt, nachdem ich sie direkt unter die Schreibtischlampe gesetzt hatte!) oder wie wir unsere eigenen Hörspiele erfunden und aufgenommen haben! Noch heute muss ich lächeln, wenn ich an das sommersprossige Gesicht meiner kleinen Schwester denke, die immer die Mama sein wollte beim »Vater, Mutter, Kind«-Spiel. Ich war gern das Kind. Da konnte ich den ganzen Unsinn machen, der in der Wirklichkeit verboten war.

Ja, aber wahrscheinlich meintest Du mit Kindheitserfahrungen eher die schwierigen und herausfordernden Tage? Wenn ich ehrlich bin, denke ich nicht so gern daran. Auf dieses schwirrende, verwirrende Gefühl im Bauch könnte ich gern verzichten. Interessant, dass Du schreibst, dass wir nicht von unseren Gefühlen gelenkt werden, sondern dass sie unbewusst von uns in eine bestimmte Richtung gesteuert werden. Heißt das etwa, dass wir uns unsere Kindheitsgefühle immer wieder neu »machen«? Wenn ich Dich richtig verstehe, wären wir dann selbst verantwortlich für unsere Emotionen. Ich bin gespannt, wo diese Fragen uns hinführen werden, liebe Freundin. Vielleicht hast Du manche Antworten schon gefunden, auf die ich noch warte und andersherum. Aber ich bin überzeugt davon, dass Fragen viel mehr Entwicklungspotenzial haben als Hochglanz-Antworten. Darum, ja – Du darfst gerne viele Fragen stellen. Das kannst Du ja so gut! Und ich versuche behutsam zu sein mit dem Drang, sie schnell zu beantworten.

Sicher kennst Du es, das folgende berühmte Zitat. Auch wenn es oft Goethe zugeschrieben wird, ist der Autor wohl unbekannt: »Zwei Dinge sollen Kinder von ihren Eltern bekommen: Wurzeln und Flügel.« Was hat in Deiner Kindheit überwogen? Die Wurzeln oder die Flügel?

Wenn man sich das bildlich vorstellt, dann merkt man doch, dass das schier unmöglich ist! Wie soll etwas, das tief verwurzelt ist, sich in die Lüfte schwingen? Als ich zum ersten Mal Mutter wurde, schrieb mir jemand diesen Spruch auf eine Glückwunschkarte. Ich weiß noch, dass ich damit nicht viel anfangen konnte. Soll ich mein Kind nun festhalten oder loslassen? Nach den ersten Wochen wurde mir schmerzlich bewusst, dass man viel schneller mit dem Loslassen anfangen muss, als es mir lieb war! Ich wollte meinen Kindern vor allem ein sicheres Nest bieten, in dem sie geborgen und geschützt vor der großen, bösen Welt aufwachsen konnten. Gleichzeitig freute ich mich über jeden Entwicklungsschritt und sehnte den ersten Zahn herbei und damit die langsame Umstellung von der Brust zum Brei. Dann kam die Krabbelphase und kurze Zeit später konnte mein Kind schon an der Hand die ersten wackeligen Schritte gehen! Waren Deine Kinder auch im Kindergarten? Das war das erste richtig krasse Loslassen, finde ich. Aber ich wusste ja, dass es neben der Geborgenheit in einem zuverlässigen Zuhause genauso wichtig ist für Kinder, dass man ihnen etwas zutraut und sie ermutigt, sich Freiräume zu erobern.

Aber ich schweife ab. Deine Frage drehte sich ja um uns heute, nicht wahr? Um unsere eigenen Kindheitserfahrungen und wie sie uns in der Gegenwart unbewusst beeinflussen. Du kennst mich ja ein bisschen. Wenn mich ein Thema beschäftigt, dann werden aus den Wortspielen oft Töne oder Zwischenzeilen. So war es auch heute Nacht. Auf einmal war sie da, die erste Zeile zu einem Gedicht über Wurzeln und Flügel. Ich schicke es Dir im Umschlag mit und hoffe, dass es Dir vielleicht gefällt.

Ganz herzliche Grüße sende ich Dir und bin gespannt auf Deinen nächsten Brief!

Deine Valerie

Loslassen

Den will ich haben, den Himbeerroten,

besitzerstolzgeschwellte Brust,

prall gefüllt mit Heliumodem

und aufstrebender Lebenslust.

Fröhliches Hüpfen an knapper Leine,

zügle den Entdeckerdrang.

Zöglinge haben kurze Beine,

drum halte gut fest ein Leben lang.

Die leuchtende Farbe wird langsam matter,

der Traum von himmelhoch verblasst.

Nur ab und an noch ein leises Flattern,

der große Flug – er ist verpasst.

Den will ich haben, den Himbeerroten,

den halt ich fest, bleib brav an der Hand.

Es gibt doch nichts Traurigeres als diese toten

verrunzelten Ballone am Band!

2.2 Liebe Valerie, – 29. Januar

da flattert das Bild vom himbeerroten Ballon in meine Welt. Und ob ich es mag, Dein Gedicht! Was alles durch Deinen Kopf geht, während andere schlafen. Sie ist ein Schatz, Deine Fähigkeit, in Bildern zu denken und zu sprechen!

Ich sehe die Kleine vor mir – ihre Spannung, ihr Glück, ihre Freude. Die Angst loszulassen und ihre Enttäuschung nach dem verpassten Moment. Nach solchen Erfahrungen wird doch ein Kind meist klüger für das nächste Mal, oder? Ich stelle in Gedanken einen Erwachsenen dazu, der das Kind liebevoll tröstet, es für die nächste Gelegenheit stärkt. Der sagt: »Trau dich! Lass los!« Wie viel es doch zu lernen gilt für das Leben …

Das Zitat über Wurzeln und Flügel kenne ich auch. Vielleicht ist es so bekannt und berühmt geworden, weil genau diese Doppelsinnigkeit sich einprägt. Nicht: Wurzeln und Blätter. Oder Federn und Flügel. Die Psychologie spricht ja heute von Bindung und Entwicklungsmöglichkeiten. Oder davon, dass Kinder dazugehören wollen und eine eigene Rolle spielen. Das passt für mich zu Wurzeln und Flügeln.

In Kartenaufstellern vor Buchläden entdeckt man das Zitat auch immer wieder. Ich mag es, dort zu stöbern. Die Sprüche und Zitate, die dort zu finden sind, spiegeln doch recht gut, was an Lebensgefühl gerade unterwegs ist. Das Zitat über Wurzeln und Flügel klingt total modern. Man könnte es auch als Wandtattoo anbringen. Im Wohnzimmer? Im Kinderzimmer? Doch das wäre mir zu viel.

Du fragtest, was bei mir stärker war, Wurzeln oder Flügel. Ich glaube, es waren die Wurzeln. Zu wissen, wohin ich gehöre. Wo mein sicherer Standort ist und wer neben mir steht. Eben fällt mir etwas auf: Meine Wurzeln wurden gut genährt. Gewässert und gedüngt. Der Boden rundherum gelockert. Ja natürlich, manchmal trampelte auch jemand darauf herum. Doch das waren die Ausnahmen.

Im Grunde können Eltern ihren Kindern gar keine Wurzeln geben. Sie können nur den Boden bereiten, damit das Kind selbst seine Wurzeln ausstreckt, sie vertieft und kräftigt. Es gibt ja ganz verschiedene Wurzeln. Pfahlwurzeln und die flachen, weitverzweigten. Bestimmt erspürt ein Kind, welche Art von Wurzeln es auf diesem Familienboden ausbilden kann. Eine Pflanze passt sich an ihre Umgebung an und ein Kind an sein System. Das ist schon spannend, wie vielfältig ein solches Zitat die Gedanken in Bewegung bringt. Irgendwie glaube ich, gute Ideen hat man nie einfach aus sich selbst heraus. Von irgendetwas werden sie angestoßen und fließen dann weiter.

Und Du, meine poetische Freundin? Siehst Du das kleine Mädchen mit dem himbeerroten Ballon von außen, wenn Du es so lebendig beschreibst? Oder stehst Du selbst an seinem Platz? Und wie war es bei Dir mit Wurzeln und Flügeln?

Als Kind in Ostdeutschland hatte ich nur kleine Flügel, doch überraschenderweise sind sie später noch weitergewachsen. Aber das schreibe ich Dir ein anderes Mal. Mag sein, dass in einem sozialistischen System die eigenen Wurzeln in der christlichen Familie umso wichtiger waren. Während ich das schreibe, durchflutet mich die Dankbarkeit.

Bis hoffentlich bald,

Deine Christina

2.3 Liebe Freundin mit den Stummelflügeln,

Erscheint lt. Verlag 1.5.2023
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Esoterik / Spiritualität
ISBN-10 3-96362-793-X / 396362793X
ISBN-13 978-3-96362-793-4 / 9783963627934
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