Um unsere Webseiten für Sie optimal zu gestalten und fortlaufend zu verbessern, verwenden wir Cookies. Durch Bestätigen des Buttons »Akzeptieren« stimmen Sie der Verwendung zu. Über den Button »Einstellungen« können Sie auswählen, welche Cookies Sie zulassen wollen.

AkzeptierenEinstellungen

Der Brombeerpirat (eBook)

Ostfrieslandkrimi | Ein Juist-Krimi
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
208 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-01925-6 (ISBN)
Systemvoraussetzungen
7,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Der mysteriöse Tod eines jungen Mädchens Endlich hat Kriminalkommissarin Wencke Tydmers Urlaub. Sie ist schon fast auf dem Weg gen Süden, da verschwindet in der Nacht vor seinem Geburtstag ihr Bruder Jasper. Auf der Suche nach ihm fährt sie auf die Insel Norderney und trifft auf ihren Kollegen Sanders, der den Tod der vierzehnjährigen Leefke untersuchen soll. Jasper und seine Band «Die Piraten» geraten unter Verdacht. Von der Erfolgsautorin von «Das Hagebuttenmädchen»:  «Ein Nachwuchsstar der deutschen Krimiszene.» Süddeutsche Zeitung

Sandra Lüpkes wurde 1971 in Göttingen geboren und lebte viele Jahre auf der Nordseeinsel Juist. Sie ist Autorin zahlreicher Romane, Sachbücher, Erzählungen und Drehbücher. Heute wohnt sie gemeinsam mit ihrem Mann Jürgen Kehrer in Berlin.

Sandra Lüpkes wurde 1971 in Göttingen geboren und lebte viele Jahre auf der Nordseeinsel Juist. Sie ist Autorin zahlreicher Romane, Sachbücher, Erzählungen und Drehbücher. Heute wohnt sie gemeinsam mit ihrem Mann Jürgen Kehrer in Berlin.

02.


Heiter, 27 °C im Schatten

Wencke kannte die Regeln. Immer, wenn alles gut zu laufen schien, kam etwas dazwischen, das ihr die Laune verdarb, oder viel mehr noch, das ihr das Gefühl gab, vom Pech verfolgt zu sein.

Dieser unglückselige Heiratsantrag hatte sie heute Morgen im Bett bleiben lassen, die leichte Baumwolldecke über den Kopf gezogen, damit die Sonnenstrahlen sie nicht zum Aufstehen zwingen konnten.

Und dabei war heute ihr erster Urlaubstag, lange herbeigesehnt. Sie war sich eigentlich sicher gewesen, dass sie heute ener-giegeladen in den Morgen springen könnte: Frühstück auf dem Balkon, Rucksack packen, noch ein Nickerchen in der Sonne, und dann würde Ansgar mit dem Auto vorfahren, ihr Gepäck neben seinem verstauen und zum Flughafen fahren. Auf nach La Palma, mit Wanderstiefeln im Gepäck, 14.30 Uhr ab Bremen. Und dann nur Sonne, eine verwinkelte, friedliche, weißgetünchte Finca in den Bergen und zwei Wochen kein Wort wie Durchsuchungsbefehl oder Obduktionsergebnis mehr in den Mund nehmen, stattdessen Rotwein auf der Zunge, direkt vom Erzeuger.

Doch diese Frage, diese ohne Vorwarnung gestellte Frage, hatte alles zunichte gemacht.

Wencke hatte keinen Appetit auf irgendetwas außer vielleicht auf Kaffee, und den Rucksack würde sie auch nicht aus dem Fahrradkeller heraufholen. Sollte er doch allein nach La Palma fliegen. Sie hatte sich einen abenteuerlichen Auf-eigene-Faust-Urlaub vorgestellt, doch Ansgar hatte daraus eine Prüfungssituation gemacht.

«Wenn du mir heute noch keine klare Antwort geben kannst, dann lass es. Ist nicht schlimm. Verschieb es auf nach dem Urlaub. Wenn wir beide diese herrlichen zwei Wochen auf La Isla Bonita hinter uns haben, dann werde ich nochmal darauf zurückkommen. Okay, mein Schatz?»

Nichts war okay. Gar nichts. Knapp tausend Euro und eine Menge Vorfreude zum Fenster hinausgeschmissen. Sie würde nicht mitkommen.

Wencke vermisste ihren Kater, den sie gestern schon zu ihrem Kollegen Meint Britzke gebracht hatte. Der Getigerte spielte nun mit Meints kleiner Tochter auf dem gepflegten Rasen hinter dem Einfamilienhaus in Tannenhausen. Wenckes Füße, auf denen er sonst jeden Morgen weich und wohlig lag, waren kalt. Das Einzige, was sie heute tun würde, war, ihn wieder nach Hause zu holen. Als Schutz gegen die Einsamkeit und gegen die Ungerechtigkeit dieser Welt.

Sie wollte Ansgar doch nicht heiraten, davon war auch nie die Rede gewesen. Es war unfair von ihm, überhaupt daran zu denken.

Wencke Barlickhaus – pah! Auch wenn man heutzutage den Nachnamen nicht mehr ändern musste, sobald man einen Ring am Finger hatte … Es drehte sich ihr der Magen um bei dem Gedanken, nicht mehr Wencke Tydmers zu sein. Und wenn er noch so schlagfertig war und sie bei Wortwitz immer schwach wurde, und auch wenn er in der Lage war, in ihrem Leben ein klein wenig aufzuräumen, ohne ihr die Gemütlichkeit zu nehmen, es hatte keinen Zweck. Schon allein sein Wunsch nach einem Trauschein ließ sein Ansehen bei ihr ins Bodenlose fallen. Es war zwar schade, aber es war nun mal so.

Der Plastikpolizist made in Taiwan, der sie sonst jeden Morgen um halb sieben mit der Durchsage «Achtung, hier spricht die Polizei» weckte, hatte seit heute auch dienstfrei. Er tickte beharrlich vor sich hin und zeigte ihr, dass es bereits später Vormittag war. Gleich würde Ansgar unten hupen, mit gut gelauntem Strahlemanngesicht, das Gepäck auf der Rückbank verstaut. Wie sollte sie es ihm sagen? Vom Balkon herunter-rufen: «Fahr allein. Ich komme nicht mit»? Oder einen Zettel an die Wohnungstür heften: «Mir ist was dazwischengekommen, sorry! W.»?

Ihr ging es so schlecht, sogar an richtig fiesen, stressigen Tagen in der Mordkommission Aurich war es ihr nie so schlecht gegangen wie jetzt. Die Decke musste noch weiter über das rote Haar gezogen werden, vergiss mich, Welt, bitte vergiss mich nur für einen Tag und geh deinen Gang ohne mich …

Fast hätte sie in ihrer sauerstoffarmen Höhle das Telefon überhört.

Sie schnellte hoch, die kalten Füße fanden den Dielenboden nur mit Mühe, dann schwankte sie aus dem Schlafzimmer in den Flur, wo unter der Jeansjacke der Apparat ungeduldig weiterquengelte, wie ein kleines Kind, das nicht länger im Bett liegen wollte.

«Ja?»

«Wencke, hier ist Isa. Gott sei Dank bist du noch da, ich dachte, du wärest schon unterwegs.»

«Nee, ich bin noch da. Was gibt’s denn so Wichtiges, Mama?»

«Jasper hat doch heute Geburtstag, er wird vierzig …»

«Habe ihm bereits gestern im Präsidium eine Glückwunsch-mail nach Norderney geschickt, heute komme ich sicher nicht dazu, ihn anzurufen.»

Durfte man seine eigene Mutter belügen? Eine Notlüge, natürlich hatte Wencke den Geburtstag ihres Bruders vergessen. Dass sie auch immer so eine Unordnung in diesen Dingen an den Tag legte, die anderen Menschen so leicht von der Hand gingen. Ansgar zum Beispiel.

«Darum geht es ja gerade. Er ist gar nicht da.»

«Vielleicht ist er mit Rika unterwegs. Ich könnte mir gut vorstellen, dass er dem ganzen Rummel entfliehen will. Ich würde es zumindest so machen.»

«Rika ist da. Ich habe gerade mit ihr gesprochen, sie weiß auch nicht, wo Jasper steckt. Er ist heute Nacht nicht nach Hause gekommen.»

«Dann hat er wohl mit seinen Piraten gefeiert?»

Wencke hörte ein Seufzen am anderen Ende der Leitung. Isa war alles andere als eine gluckenhafte, überängstliche Mutter. Im Grunde schien sie sogar ganz froh darüber zu sein, dass beide Kinder aus dem Hause waren und ihr eigenes Leben weit weg von Worpswede führten. Dieser Anruf war alles andere als typisch für sie.

«Hat er nicht. Er ist gestern Abend noch nicht einmal zur Probe erschienen. Seine Bandkollegen waren ziemlich sauer, weil er ihnen eine kleine Party versprochen hatte.»

«Machst du dir Sorgen, Mama?»

Einen kurzen Moment war es still. Wencke konnte förmlich spüren, wie ihre Mutter sich überwinden musste, etwas zu sagen.

«Schatz, ich weiß, ich habe dich und deine Arbeit bei der Polizei mehr als einmal durch den Kakao gezogen, das tut mir auch Leid, aber …»

«Ja?»

«… könntest du deine Kollegen nicht ein bisschen dazu verleiten, der Sache auf den Grund zu gehen? Ich weiß, du fliegst heute mit Ansgar in den Urlaub, aber dir wird doch sicher ein Polizist einfallen, der sich dieser Sache ein wenig annehmen könnte. Du bist doch sozusagen die Chefin.»

Wencke ließ diese Sätze auf sich herabrieseln wie eine erfrischende Dusche an einem so warmen Tag wie heute. Ihre Mutter hatte eben, wenn auch durch die Blume, eine gehörige Portion Anerkennung durch den Telefonhörer geschickt. Diesen Tag würde sie sich merken. Sie hatte keinen Terminkalender, sonst hätte sie heute ein rotes Kreuzchen hineingemalt. Dann würde sie auch nie wieder den Geburtstag ihres großen Bruders vergessen. Vielleicht sollte sie sich sogar zu diesem Anlass endlich einmal einen dieser ledergebundenen Multifunktionsorganizer anschaffen, so einen in der Art, wie Kollege Britzke ihn besaß, mit Taschenrechner und Zyklustabelle nach der Knaus-Ogino-Methode. Diese Genugtuung, auf die Wencke schon lange vergeblich wartete, hatte nichts mit einem unvollendeten Abnabelungsprozess oder irgendetwas Diffus-Psychologischem zu tun. Es war nur einfach so, dass ihr seit dem Tag, an dem sie sich bei der Polizeischule angemeldet hatte, die heimische Künstlerfamilie immer unterschwellig vorwurfsvoll und verständnislos in die Augen blickte. Und heute war endlich der Tag, an dem ihre Mutter zugegeben hatte, dass man mit Meditation und extrovertierter Malerei keine wirk-lichen Probleme lösen konnte. Jetzt brauchten sie sie: Wencke.

«Ja, ich bin die Leiterin der Mordkommission Aurich, Mama, seit gut einem Jahr. Ich hatte schon gedacht, das würde nie so richtig zu dir vordringen.»

«Tut mir Leid, mein Kind, ich kann manchmal ganz schön verletzend sein, ich weiß. Aber ich möchte dich noch einmal bitten, Wencke, deine Kollegen sollten unbedingt nach Jasper Ausschau halten.»

«Also, so ganz nachvollziehen kann ich deine Sorge aber nicht, Mama. Lass meinen großen Bruder doch mal für ein paar Tage verschwinden. Du müsstest ihn doch eigentlich kennen, er ist doch so, wie ihr euch einen Sohn immer gewünscht habt: ein wenig unkonventionell, ein Lebenskünstler. Nicht zuverlässig, aber schöngeistig. Komm ich heute nicht, komm ich morgen.»

«Es ist mir Ernst, Wencke.»

«Das habe ich vermutet. Sonst hättest du dich wohl kaum an deine Beamtentochter gewandt.»

Doch ihre Mutter ignorierte diese kleinen Stiche, die Wencke ihr nun einfach versetzen musste, weil sie den Triumph auf ihre Art genießen wollte.

«Rika hat mir etwas erzählt. Es gab Ärger auf Norderney. Ziemlichen Ärger, an dem Jasper wohl nicht ganz unschuldig ist. Was es genau ist, wusste selbst Rika nicht, sie machte sich nur die allergrößten Sorgen, hat sogar geweint am Telefon, und du weißt selbst, dass sie kein Sensibelchen ist. Sie hat mich übrigens auch gebeten, dich einzuschalten. Sie sagte, wir sollten uns unbedingt nach einem Veit Konstantin erkundigen, der hatte anscheinend etwas gegen …»

Ein Auto hupte unten vor dem Haus. Wencke hatte es vorhin schon mit halbem Ohr wahrgenommen, jetzt wurde ihr klar, dass Ansgar wahrscheinlich ungeduldig im Wagen saß und nicht ausstieg, weil er niemals in zweiter Reihe parkte und vor ihrer Tür selten ein Parkplatz frei war. So träge Wenckes Gedankenfluss noch vor einer halben Stunde dahingeplätschert war, so gewaltig rauschte jetzt eine Idee in ihrem Kopf, als wäre im Hirn ein Staudamm gebrochen.

«Mama, mach dir keine Sorgen mehr. Ich werde mich selbst darum...

Erscheint lt. Verlag 13.6.2023
Reihe/Serie Wencke Tydmers ermittelt
Wencke Tydmers ermittelt
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Insulaner • Krimi • Krimi Nordsee • Krimis und Thriller • Lokalkolorit • Mädchen • Norderney • Norderney Krimi • Norderney Roman • Nordseekrimi • Nordsee Krimi • Ostfriesland • Tod • Unfall • Wencke Tydmers
ISBN-10 3-644-01925-8 / 3644019258
ISBN-13 978-3-644-01925-6 / 9783644019256
Informationen gemäß Produktsicherheitsverordnung (GPSR)
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 8,3 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Krimi

von Jens Waschke

eBook Download (2023)
Lehmanns Media (Verlag)
9,99
Psychothriller | SPIEGEL Bestseller | Der musikalische Psychothriller …

von Sebastian Fitzek

eBook Download (2021)
Verlagsgruppe Droemer Knaur
9,99
Commissario Brunettis dreiunddreißigster Fall

von Donna Leon

eBook Download (2024)
Diogenes (Verlag)
22,99