Girl in Pieces (eBook)

Spiegel-Bestseller
TikTok made me buy it!
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2022 | 1. Auflage
448 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-7336-0560-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Girl in Pieces -  Kathleen Glasgow
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»Girl in Pieces« - der internationale Jugendbuch-Bestseller von Kathleen Glasgow - jetzt auf Deutsch! Das Buch begeisterte die BookTok-Community mit seiner intensiven Coming-of-Age-Geschichte über selbstverletzendes Verhalten, Depression und den Kampf gegen innere Dämonen. Charlotte ist zerbrochen. Mit nur siebzehn Jahren hat sie mehr verloren, als die meisten Menschen im Leben. Mehr als ein Mensch ertragen kann. Aber sie hat gelernt, wie man vergisst. Wie man seinen Körper gefühllos gegen Schmerz macht. Jede neue Narbe macht Charlottes Herz ein wenig härter, doch irgendwann begreift sie, dass sie mehr ist, als die Summe ihrer Verluste - und beginnt zu kämpfen! *Trigger-Warnung* »Girl in Pieces« gibt schonungslose Einblicke in Charlottes Gefühlswelt und regt zum Nachdenken an. Noch nie wurden Themen wie das Ritzen und Suizid so eindringlich beschrieben. Am Ende beweist der Jugendroman auch: Es lohnt sich, für das Leben zu kämpfen! »Girl in Pieces« ist ein mutiges Jugendbuch, dass nicht nur Young-Adult-, sondern auch All-Age-Leser:innen fesselt. »Ein eindringliches, schönes und notwendiges Buch, das lange nachhallt.« Nicola Yoon, #1 »New York Times«-Bestsellerautorin »Kathleen Glasgows poetischer Schreibstil macht Charlies Gedanken auf ihrem Weg zur Heilung lebendig.« The Independent

Kathleen Glasgow lebt und schreibt in Tucson, Arizona. »Girl in Pieces« ist ihr erstes Jugendbuch und wurde direkt ein »New York Times«-Bestseller. Inzwischen hat sie mehrere Jugendbücher veröffentlicht, die vielfach ausgezeichnet und in 24 Sprachen übersetzt worden sind.

Kathleen Glasgow lebt und schreibt in Tucson, Arizona. »Girl in Pieces« ist ihr erstes Jugendbuch und wurde direkt ein »New York Times«-Bestseller. Inzwischen hat sie mehrere Jugendbücher veröffentlicht, die vielfach ausgezeichnet und in 24 Sprachen übersetzt worden sind.

ZWEI


Well I’ll do anything in this godalmighty world

If you just let me follow you down.

Bob Dylan, »Baby, Let Me Follow You Down«

 

Der Bus ist ein riesiges, schwerfälliges Ungetüm voller Traurigkeit und abgestandener Luft. In jeder Stadt kackt es uns für zwanzig Minuten aus, oder für zwei Stunden oder drei, egal, der Ablauf ist immer derselbe: ein Imbiss irgendwo, ein Minimarkt, zugemüllte Toiletten, zugemüllte Gassen. Ich verstecke das Geld von Vinnie tief in den Taschen und gebe es nur für Schokoriegel und Mineralwasser und Chips aus und einmal auch für einen Eiersalat, dessen Mindesthaltbarkeitsdatum mit schwarzem Stift ausgestrichen wurde. Der Schokoladengeschmack auf der Zunge ist wie eine Explosion der Glückseligkeit.

Ich rede nicht mit den Leuten, die neben mir sitzen. Sie driften herein, riechen nach Rauch oder Schmutz, und dann driften sie beim nächsten Halt wieder nach draußen. In Kansas bleibt der Bus mitten in der Nacht plötzlich liegen, in einer Stadt, in der jetzt, Mitte Mai, immer noch Weihnachten ist: In verdunkelten Ladenfenstern hängen ausgeblichene Kränze, in der Auslage einer Tankstelle blinkt eine grelle Lichterkette. Die Frau neben mir versenkt ihr Kinn in den buschigen Kragen ihres falschen Pelzmantels und murmelt Gott mit uns, während wir aus dem Bus torkeln und dann auf dem Parkplatz eines mit Brettern zugenagelten Diners herumstehen. Die Männer, die im Bus hinten gesessen haben, verlagern ihr Hütchenspiel einfach nach draußen in eine Nebenstraße, während der Fahrer hin und her tigert und auf Hilfe wartet. Ich setze mich abseits von allen anderen auf den Bordstein. Die Kapitänsjacke ist mir immer noch zu warm. Auf meinem Ticket steht, dass wir sechs Bundesstaaten durchfahren werden, um nach Arizona zu gelangen, und dass das einen Tag, dreiundzwanzig Stunden und fünfundvierzig Minuten dauern wird. Der Fahrer sagt, er hat keine Ahnung, wann ein Ersatzbus kommen wird.

Ich weine in fremden Toilettenkabinen, warme Tränen sickern unter den Kragen meiner Jacke, und ich starre das Geld an, das Ellis und ich verdient haben. Endlich komme ich weg von hier, vielleicht sogar an einen Ort, wo es besser ist, aber sie ist nicht bei mir, und das tut weh. Alles tut wieder weh, ein scharfer, beängstigender Schmerz auf meiner vernarbten Haut. Ich versuche einfach, immer weiter an Mikey zu denken, daran, wie schön es sein wird, bei ihm zu sein, und vielleicht können wir diesmal sogar mehr als nur Freunde werden.

Als wir endlich ankommen, ist es mitten in der Nacht. Der plötzliche Tuuuuusooooon!-Jubelschrei des Fahrers dröhnt durch den Bus und reißt etliche Fahrgäste aus dem Schlaf. Ich reihe mich zwischen die schlaftrunkenen Leute ein, die aus dem Bus in die warme, trübe Arizona-Luft hinauswanken.

Etliche Fahrgäste werden von Leuten empfangen, die auf sie gewartet haben, ich sehe zu, wie sie sich umarmen und küssen. Auf mich wartet niemand, also hole ich Mikeys Umschlag heraus, um mich nicht ganz so einsam zu fühlen.

Ich habe den Brief im Bus immer und immer wieder gelesen, nur um mich dran zu erinnern, dass das hier wirklich passiert, dass ich wirklich wegkomme.

Charlie! Alles wird gut, das verspreche ich dir. Tut mir leid, dass ich erst mal nicht da sein kann und du allein klarkommen musst. Aber keine Sorge, meine Vermieterin ist echt cool. Sie ist Künstlerin und weiß Bescheid, dass du kommst. Sie heißt Ariel, und wenn du irgendwas brauchst, frag sie einfach. Deine Mom hat gesagt, sie hat Geld für dich, also kannst du dir hoffentlich genug zu essen kaufen. Ich pack dir noch eine Wegbeschreibung zu meiner Wohnung mit rein, und dazu einen Stadtplan, damit du weißt, wo du was einkaufen kannst und so. Charlie: Ich kann’s kaum erwarten, dich wieder zu sehen.

Mike

Ich halte mir das Blatt richtig nah vors Gesicht, für den Fall, dass es noch nach Mikey duftet, damit ich gegen mein Herzgestolper inhalieren kann, aber da ist nichts. Ich atme trotzdem ein paarmal tief ein und aus und versuche, mich zu beruhigen.

Ich schaue auf den Stadtplan, versuche irgendwie rauszukriegen, wo ich bin, wohin ich muss und was die Pfeile, die Mikey eingezeichnet hat, zu bedeuten haben. Die Straßen sind menschenleer, aber ich gehe mit erhobenem Haupt.

Evan hat immer gesagt, man braucht nicht vor dem Angst zu habe, was unsichtbar ist, sondern vielmehr vor dem, was direkt vor deiner Nase liegt, direkt in Sichtweite.

Mit zusammengebissenen Zähnen gehe ich durch eine Unterführung und zwinge mich, nicht an die Nacht damals zu denken. Der Griff von Louisas Koffer schneidet mir in die Handfläche. Meine Jacke ist viel zu warm für das Wetter, und ich schwitze, aber ich will nicht stehen bleiben, um sie auszuziehen. Ich komme an ein paar kleinen Lokalen und Läden vorbei. Der Himmel hier ist wie aus dichtem, dunklem Stoff, mit mattweißen Sternen bestickt, die ich gern mit der Fingerspitze berühren würde.

Mikeys Wegbeschreibung ist drei Seiten lang. Da ist ein Haus mit einem Schwarm RIESIGER Silbervögel im Garten. 604 E, 9th Street. Das Stadtviertel heißt Pie Allen, da wohnt sie. Meine Wohnung liegt im lila Gästehaus hinter dem Haus. Du kannst das gelbe Fahrrad benutzen, es hat auch ein Schloss, beides hat Ariel für dich bereitgestellt. Der Haustürschlüssel liegt unter dem gelben Blumentopf.

Für mich sehen die Dinger nicht wie Vögel aus, aber sie leuchten und glitzern in der nächtlichen Luft, und ihre wilden Schwingen sind weit ausgebreitet. Ich finde das Gästehaus hinter dem Haus. Ich finde den Schlüssel unter dem Blumentopf. Ich finde ein gelbes Fahrrad mit einem neu aussehenden Weidenkorb, das an einen Wäscheleinenpfahl gekettet ist. Ich schließe die Tür auf, taste an der Wand nach dem Lichtschalter und blinzele gegen die plötzliche Helligkeit an. Die Wohnung ist auch von innen lila gestrichen.

Keine Ahnung, was ich jetzt tun soll. Ist die Vermieterin zu Hause? Hat sie mich gehört?

Hier gibt’s keine Pling-Lampen. Keinen endlosen beigen Teppichboden. Keine weinenden Mädchen. Keinen geheimen Raum.

Ich bin allein. Zum ersten Mal seit vielen, vielen Monaten bin ich komplett allein. Kein Evan, kein Dump, keine Casper, nicht mal die nervende Isis. Spitze Panikstiche bohren sich durch mich hindurch: Was, wenn mir hier etwas passiert, in der Zeit bis Mikey zurückkommt, wird dann überhaupt irgendjemand was davon erfahren? Wen würde das überhaupt kümmern? Plötzlich bin ich wieder dort, inmitten der beängstigenden Tage auf der Straße, bevor Evan und Dump mich gefunden haben, der Tage, die meinen Puls hochschnellen ließen, der Nächte, die sich anfühlten wie Jahre, in denen ich nur darauf warten konnte, dass die Dunkelheit endlich aufhört, in denen ich bei jedem Geräusch zusammenzuckte und nach einem Ort Ausschau hielt, an dem ich mich verstecken konnte.

Es gibt Alleinsein, und es gibt Alleinsein. Zwei völlig unterschiedliche Zustände.

Atme, Charlie. Atme, so wie Casper es gesagt hat. Ich lasse meine Finger unter meine Jacke gleiten und kneife mir in die Oberschenkel in der Hoffnung, dass der Schmerz mich wieder in die Gegenwart zurückholt. Stück für Stück weicht die Panik.

Mein Magen knurrt vernehmlich. Dankbar, mich auf etwas anderes konzentrieren zu können, durchstöbere ich den Minikühlschrank in der Ecke. Da sind ein paar Wasserflaschen und matschige Bananen. Ich esse eine Banane und gieße den Inhalt einer Wasserflasche in mich hinein. Da sind auch noch zwei Stück Pizza in einer flachen Pappschachtel. Sie sind so hart und ausgetrocknet, dass sie brechen, als ich sie mir in den Mund schiebe, aber das ist mir egal, ich bin am Verhungern. Langsam, ganz langsam ebbt meine Panik ganz ab und an ihre Stelle schiebt sich die Erschöpfung wie Blubberblasen an die Oberfläche meines Bewusstseins.

Es ist still um mich herum. Wie spät es sein mag? In einer Ecke steht eine große Truhe, die schiebe ich vor die Tür, nur für alle Fälle. Mein ganzer Körper schmerzt nach der langen Busfahrt, meine Beine sind schwach. Ich schalte das Licht aus. Obwohl ich ganz glitschig bin vor Schweiß, ziehe ich meine Jacke nicht aus. Ohne sie würde ich mich noch mehr ausgeliefert fühlen als ohnehin schon. Ich brauche eine schützende Rüstung, nur für alle Fälle.

Ich mache es mir auf der Futonmatratze gemütlich, Mikeys Futonmatratze, die direkt auf dem Boden liegt. Ich spüre, wie Dinge von meinen Schultern abheben, wie sie sich in der Stille um mich herum auflösen. Ich muss nicht der Traurigkeit so vieler Mädchen lauschen, die entlang eines Flurs aufgereiht liegen. Fucking Frank ist weit, weit weg, seine Hände können mich hier nicht erreichen. Ich habe ein bisschen Geld im Rucksack. Mein Körper wird mit jeder Sekunde leichter.

Und endlich kann ich ihn spüren, nach all den Monaten, in denen ich dagegen angekämpft habe, und er zieht mich tiefer in meine Jacke hinein, in die Futonmatratze: der Schlaf. Ich vergrabe das Gesicht im Kopfkissen, und hier finde ich ihn endlich, Mikeys Geruch, ein Duft wie mit Zimt bestreut. Ich atme ihn so tief wie möglich ein, lasse ihn bis in die hintersten Ritzen und Risse in mich einsickern, bis er mich in den Schlaf wiegt.

 

Als ich wach werde, dringt Sonnenlicht durch das einzige große Fenster des Gästehauses herein. Benommen schaue ich mich um, schlüpfe aus der feuchten Kapitänsjacke. Nach fast zwei Tagen...

Erscheint lt. Verlag 22.7.2022
Übersetzer Yvonne Hergane
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch Jugendbücher ab 12 Jahre
Schlagworte All-Age • All Age New Adult Coming of Age Young Adult • Amazon Bestseller Jugendbuch Bestseller für Jugendliche • Angst • Autoaggression • Ava Reed • Bestseller • buch über selbstverletzung • Cry Baby • Drogen • Familie • Gillian Flynn • Häusliche Gewalt • Jay Asher Lilly Lindner • Jennifer Niven • Jugendbuch • Jugendbuch Jugendbücher Jugendroman ab 14 für Teenager • Mädchen in Scherben • Mädchen in Scherben Kathleen Glasgow Girl in Pieces deutsch sprache ausgabe • New Adult • Ritzen • Ritzen Autoaggression Selbstverletzendes Verhalten Selbstmord bei Jugendlichen • Selbstmord • Selbstverletzendes Verhalten • Suizid • suizidalität bei kindern und jugendlichen • Therapie Klinik Psychiatrie Psychotherapie Depression • TikTok made me buy it booktok TikTok buch tiktok made me read it • Tod • Tod Angst Trigger häusliche Gewalt Suizid Drogen bei Jugendlichen • Trigger
ISBN-10 3-7336-0560-8 / 3733605608
ISBN-13 978-3-7336-0560-5 / 9783733605605
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