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M.E.L. 'hoch und runter' (eBook)

Mein Junge aus Costa Rica
eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
460 Seiten
tredition (Verlag)
978-3-347-15899-3 (ISBN)
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Marion Lehmann erzählt in zwei Zeitebenen eine spannende und tief berührende Geschichte über Abenteuer, Adoption und Abschiednehmen. Der erste Teil taucht ein in ihre Kindheit, in ein enges, schwäbisches Elternhaus, mit Geheimnissen und Verbündeten, von dem sie sich mit 21 Jahren verabschiedet. Zwei Jahre lebt sie in den USA, bis sie in der polynesischen Südsee ihre Leidenschaft für das Segeln entdeckt und auf dem Katamaran Shangri La anheuert. Das Leben auf dem Wasser wird ihr Zuhause, mit und in der Natur. Einige Jahre später setzt sie das Leben mit ihrem Mann auf einer Stahlsegelyacht fort. Beengt und mit vielen Entbehrungen bestehen sie fünf Jahre lang in der Karibik und auf den Bahamas wilde Segelabenteuer. Bei allen Widrigkeiten: eine Glücksgeschichte. Im zweiten Teil erzählt sie von ihrer Entscheidung, das Leben auf dem Schiff zu beenden, auf Costa Rica das nicaraguanische Flüchtlingskind Manuel zu adoptieren und nach Europa zurück zu kehren. Der Junge entpuppt sich als eine schillernde Persönlichkeit bis er mit seinem riskanten Lebensstil viel zu früh ein tragisches Ende findet. »M.E.L hoch und runter« erzählt vom Auf und Ab ihres Sohnes, der seinem Schicksal treu blieb, der das Schicksal seiner Mutter durchflog und sie auffordert, auch ihrem treu zu bleiben.

Marion Lehmann, 1955 in Reutlingen geboren, hat mehrere Berufungen. Nach ihrer Ausbildung zur Industriekauffrau machte sie sich auf, die Welt zu bereisen, verbrachte einige Jahre auf Segelbooten. Zuerst in der Südsee, danach Karibik und USA. Um die Haushaltskasse aufzubessern, lernte sie in den USA Bootsplanen und -polster zu nähen. Später zurück in Europa stieg sie in den Vertrieb von Navigationsgeräten ein und baute ein eigenes Unternehmen auf. Dort, wo es sie hin ruft, folgt sie dem Moment. So rief ihr Sohn sie nach Costa Rica. Mit dieser Autobiographie folgte sie wieder einem inneren Ruf, weil sie anders keine Sprache fand, um ihre Liebe und Trauer auszudrücken. Heute lebt sie am Ammersee.

Marion Lehmann, 1955 in Reutlingen geboren, hat mehrere Berufungen. Nach ihrer Ausbildung zur Industriekauffrau machte sie sich auf, die Welt zu bereisen, verbrachte einige Jahre auf Segelbooten. Zuerst in der Südsee, danach Karibik und USA. Um die Haushaltskasse aufzubessern, lernte sie in den USA Bootsplanen und -polster zu nähen. Später zurück in Europa stieg sie in den Vertrieb von Navigationsgeräten ein und baute ein eigenes Unternehmen auf. Dort, wo es sie hin ruft, folgt sie dem Moment. So rief ihr Sohn sie nach Costa Rica. Mit dieser Autobiographie folgte sie wieder einem inneren Ruf, weil sie anders keine Sprache fand, um ihre Liebe und Trauer auszudrücken. Heute lebt sie am Ammersee.

Reutlinger Kindheitsjahre

Laut einer – von vielen – Legenden ist Nikolaus der Patron der Seefahrer. In Seenot geratene Schiffsleute riefen um Hilfe und prompt erschien ein Mann, der die Navigation übernahm, das Segel einholte und sogar den Sturm zum Abflauen veranlasste. Solche Rettungsaktionen wären heute nach menschlichem Ermessen kein Problem mehr, damals gingen die Seeleute davon aus, dieser Mann sei mit Wunderkräften ausgestattet, denn so schnell, wie er kam und wirkte, verschwand er auch wieder. Als die Seeleute in der Kirche von Myra zum Dank für die Rettung beteten, erkannten sie den Heiligen als ihren Retter und ernannten ihn daraufhin zu ihrem Schutzheiligen. Das kopierten einige Legenden, so dass Nikolaus für viele Menschengruppen der Schutzheilige wurde, so auch der Schutzpatronat für die Kinder, woraus sich das heutige Brauchtum ableitet. Das war mir natürlich alles mit knappen drei Jahren nicht bewusst. Ich sah nur den riesigen, roten Mann mit Rauschebart, in dessen Gefolge sich ein dunkler Geselle befand. Sie standen in unserer Wohnküche. Wohnküche deshalb, weil wir grundsätzlich in unseren Wohnungen, der Anzahl der Mitbewohner nach, nur wenig Platz hatten und Dinge, Orte, Menschen zusammenfassen mussten. Diesem riesigen Mann konnte man nicht aus dem Weg gehen, geschweige denn sich verstecken. Während er bis zur Decke wuchs und mit seiner rotgewandeten Gestalt und tiefen Stimme den Raum einnahm, krallte ich mich auf dem Arm meiner Mutter fest. Ein kleines Glühwürmchen, das stillsitzen musste, um nicht gesehen zu werden, aber nicht konnte, weil es das Geschehen mit pochendem Herzen aus großen Augen verfolgte. Mich beschlich das Gefühl, dass die Eltern mit den beiden Gestalten unter einer Decke steckten, denn sie waren guter Dinge und bestätigten beflissen die Worte vom Nikolaus, während Knecht Ruprecht unheilvoll die Rute schüttelte. Meine beiden Tanten, Lotte und Anne, die zu diesem Zeitpunkt selber erst zehn und sieben Jahre alt waren, schlotterten vor Angst. Da sie meine Vorbilder waren, schlotterte ich ergeben mit. Es ist ja im Prinzip nie etwas passiert, aber die Bedrohlichkeit der Situation hat sich bei mir tief verankert.

Vielleicht sollte ich an dieser Stelle etwas zu Lotte und Anne sagen. Meine erste Erinnerung an meine Kindheit, die fest mit Nikolaus verknüpft ist, spielte sich in unserer ersten Wohnung ab, an die ich selber keine Erinnerung mehr habe. Dort wohnten meine Mutter Margrit mit Oma Frida und deren Nachzüglern Lotte, Manne und Anne. Meine Mutter war die Älteste und in kurzen Abständen wurden Ruth, Doris und Rose vor bzw. während der Kriegsjahre zur Welt gebracht. Lotte, ihr Bruder Manne und Anne kamen knapp zehn J ahre später nach dem Krieg zur Welt. Da meine Mutter mich mit neunzehn Jahren bekam, war der Altersunterschied von mir zu ihren jüngeren Geschwistern, meinen Tanten und meinem Onkel nicht groß. Sehr zu meiner Freude. Von Anfang an rückten wir nah zusammen. Das hieß, dass mein Onkel Manne bei seiner Mutter im Bett schlief und wir drei Mädels uns mit meiner Mutter eine Schlafstatt teilten. Das war gemütlich, ich hatte ein wunderbares Nest warmer Körper, die mich hielten, umschlossen, mir ihren Atem ins Ohr pusteten und mich in meine Träume begleiteten. So war das dann auch in der zweiten Wohnung in einem Mehrfamilienhaus in der Wolframstraße. Wir teilten uns drei Zimmer mit Toilette. Ohne Bad. Eine Wohnung ohne Bad war herrlich. Keine Hygienehysterie mit täglichen Duschzeremonien. Am Samstag wurde der Waschzuber in der Küche aufgestellt, das Wasser auf dem Holzkohleherd in einem Aluminiumtopf erwärmt und alle Gören durch die Lauge gezogen. Meine Mutter übernahm das Baden, während Oma Frida nebenher Kuchen buk, schließlich war der Ofen heiß und der Sonntag nahte. Es wurde wechselweise Marmor- oder Apfelkuchen ins Rohr geschoben. Wir plantschten im Zuber und forderten wie kleine Seerobben Naschereien ein. Wenn Mama und Oma sich wuschen, staubten sie uns aus der Küche, wir Kinder durften bei den Erwachsenenritualen nicht mit dabei sein. Im Großen und Ganzen war das eine Zweckgemeinschaft, in der jeder seine Fluchten hatte. Die meiner Mutter waren ihre Tanzveranstaltungen, die sie oft und leidenschaftlich besuchte. Sobald wir im Bett waren, ging meine Mutter aus. Natürlich auch, um einen Mann kennen zu lernen. Oma Frida schimpfte vor sich hin, konnte es aber nicht verhindern. Für sie lauerte die größte Gefahr bei den Männern, von denen sie nicht viel hielt, denn sie machten einem nur Kinder. Das war ihre Sicht der Dinge, kein Wunder, wo sie doch in all den Kriegsjahren die Kinderbrut allein durchzubringen hatte. Leider hatte sie sich davon nie erholt, ihre Kräfte waren bei den Enkelkindern erschöpft. Sie hatte einfach keine Nerven mehr, was man zu spüren bekam. Einzig und allein ich konnte ihr Herz zum Flattern bringen. Manchmal fuhren wir mit dem Bus in die Stadt zum Kaufhaus Merkur, das heute eine Galeria Kaufhof ist. Es hatte seine eigene Kriegsgeschichte, die mich natürlich nicht interessierte. Durch die Übernahme von Helmut Horten in den 60er Jahren trug die Fassade die typischen »Hortenkacheln«, auch Waben genannt. Für mich war es ein schillernder Palast, der mit allerlei Schätzen lockte. Ich durfte nichts anfassen und dennoch wurde jeder Gegenstand, den mein Auge auffing, von ihm gierig abgetastet. Es waren besondere Momente, meine kleine Hand fest in Oma Fridas verankert, in denen ich mit ihr dorthin ging. Dort bin ich zum ersten Mal mit der Rolltreppe gefahren, die uns ins oberste Stockwerk brachte. Oma traute diesem rollenden Ungeheuer nicht, sie wankte und schwankte und klammerte sich an dem Handlauf fest. So fand auch ich kein Vertrauen und fuhr mit pochender Brust auf dem Rücken dieser silbernen Schlange in schwindelerregende Höhe, mit starrem Blick auf den Schlund am Gipfel, der mich mit der letzten Stufe einzusaugen drohte. Und jedes Mal kamen wir davon, bis heute, obwohl ich ihr – der Rolltreppe – immer noch nicht traue. Oben angekommen tauchten wir in einen riesigen Rummel aus Menschen und Geschnatter ein. Wir mussten uns durch lange Tischreihen zwängen, ein enger Gang aus Rücken in Tweet und Flanell. Oma traf dort regelmäßig, ohne feste Vereinbarung, Freundinnen und Nachbarinnen, und es dauerte mitunter, bis wir einen Platz ergattert hatten. Still wartete ich ab, bis meine heiße Schokolade kam. Ich schlürfte das süße, heiße Zeug, das mir die Zunge verbrannte, und ich schleckte gierig die kalte Sahne nach, die beharrlich fest oben aufschwamm. So war mein Bedürfnis nach Bewegung und Raum gesättigt, und wir hielten es gut aus, den Moment zu genießen. Während Mutter zur Arbeit und Lotte, Anne und Manne in der Schule waren.

Lotte, Manne und Anne nahmen mich überall mit hin. Das war gar nicht zwingend ihr Auftrag, sondern ergab sich aus einem natürlichen Verbundsystem, das durch alle Teile gehalten wurde. Wir trappelten von einem Raum in den nächsten, wir trappelten vom oberen Stockwerk unserer Wohnung durchs Treppenhaus, runter und wieder hoch. Die meiste Zeit wuchsen wir auf der Straße auf. Spielten Murmel und Ballspiele mit den Kindern aus der Nachbarschaft, klauten Erdbeeren in den Gärten der Nachbarn, in deren Reihenhäuschen wir leider nicht wohnen konnten und schüttelten mit rotverschmierten Mündern den Kopf, wenn wir nach unserem Diebesgut gefragt wurden, oder rannten vor Aufregung jauchzend unseren Verfolgern davon. Für uns war diese Freiheit selbstverständlich. Wir waren vogelwild, unserer Fantasie waren keine Grenzen gesetzt. Ich fühlte mich beständig beschützt, es gab keine Straßengesetze, ich lernte in der Beobachtung Mensch und Natur einzuschätzen, mich entsprechend anzupassen, durchzusetzen, zu beschäftigen. Mit Manne verbrachte ich Nachmittage in der Spedition Hasenauer, die damals sowohl mit Pferden als auch mit Lastwägen arbeitete. Manne half dabei, die Ställe auszumisten, und ich stand als kleiner Knopf dabei und schaute zu, wie die riesigen Kaltblüter in stoischer Ruhe ihre Arbeit verrichteten. Wir waren einfach immer viele. Ob im Hort oder zuhause – es gab wenige Momente, in denen ich in dieser Zeit allein war. Das änderte sich, als mein künftiger Stiefvater Georg in unser Leben trat. Ich war erst zwei Jahre alt und bekam relativ wenig von Mamas Errungenschaft mit. Erst nach weiteren zwei Jahren heirateten sie und wir zogen in die Mittnachstraße. Zu dritt. In eine kleine Zweizimmerwohnung, in der es natürlich kein Kinderzimmer gab und ich im Bett meiner Mutter und meines Stiefvaters zu schlafen hatte. Ich war nicht direkt unglücklich über die neue Situation, aber dort erlebte ich, was ich war: ein Einzelkind. Da ich das nicht gewohnt war, suchte ich mir relativ schnell ein Ersatznest. Meine Freundin Gabriela aus der Nachbarschaft, mit ihren fünf Geschwistern. Ich nistete mich ein, fiel auch nicht sonderlich auf, und fand es toll. Und erlaubte mir trotzdem, die Geschwister zu nerven, die im Kanon die Augen verdrehten, wenn ich »Sag nichts über Pollock« rief. Das Signal für ein Spiel, das ich liebte. Ein Satz von Gabi, als ich sie nachmittags zum Spielen abholen wollte, hat sich tief in mein Gedächtnis eingegraben. Auf...

Erscheint lt. Verlag 26.10.2021
Illustrationen Charlotta Zeiler
Verlagsort Ahrensburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
Schlagworte Abenteuer • Abschied nehmen • Adoption • Atlantiküberquerung • Auslandsadoption • Segelabenteuer • Trauer • Weltreise
ISBN-10 3-347-15899-7 / 3347158997
ISBN-13 978-3-347-15899-3 / 9783347158993
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