Kleine Teufelskunde -  Claus Krämer

Kleine Teufelskunde (eBook)

eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
128 Seiten
Regionalia Verlag
978-3-95540-758-2 (ISBN)
Systemvoraussetzungen
4,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Teufel ist nicht gleich Teufel Das Böse hat schon immer eine besondere Faszination auf die Menschheit ausgeübt, genauso wie seine Verkörperung, der Teufel. Dieses kompakte und reichhaltige Werk ist eine ideale Annäherung an seine komplexe Gestalt - aus sicherer Entfernung. Wissenschaftlich fundiert und gut verständlich wirft Claus Krämer einen Blick auf die verschiedenen Teufelsbilder, auf religiöse Sichtweisen und ihre historischen Vorgänger, auf Satan und Luzifer, auf Dämonen und böse Geister. Und natürlich kann die Geschichte des Teufelsglaubens nicht erzählt werden ohne den Hexenglauben im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit. Ein Überblick über den Teufel in Musik, Kunst und Literatur rundet dieses spannende und reich illustrierte Werk ab.

Claus Krämer (*1957) ist gelernter Zeitschriftenredakteur und hat mehrere Bücher über völkerkundliche und alternativmedizinische Themen geschrieben. Im Regionalia Verlag erschienen von ihm außerdem »Die kleine Keltenkunde«, »Mythen und Sagen der Kelten« sowie »Die gantze Wahrheyt von den Hexen und deren Zaubereyn«.

»Verteufelte« Götter


Wie bereits erwähnt, machte man, als das Christentum in Europa den Platz der alten, naturverbundenen Religionen einnahm, deren Götter vielerorts zu den Teufeln des neuen Glaubens, man »verteufelte« sie kurzerhand.

Das Christentum begann sich Anfang des vierten Jahrhunderts von Rom aus langsam zu verbreiten und es dauerte einige Jahrhunderte, bis die potenziellen neuen Mitglieder der Christenheit missioniert waren. Wenn man bedenkt, dass meistens ganze Gemeinschaften – Stämme oder Völker – dem christlichen Glauben auf Geheiß ihrer Anführer, also ohne persönliche Zustimmung, beitraten, kann man sich vorstellen, dass eine religiöse Umerziehung nicht von heute auf morgen geschah. Da blieb noch Zeit, den alten Göttern zu huldigen, auch wenn dies im Verborgenen zu geschehen hatte. Zudem war das Christentum anfangs eine Stadtreligion. Die Kleriker wohnten in den Städten, hinter sicheren Mauern. Dort wurden auch die prächtigen Kirchen erbaut. Die Priester auf dem Land, die selbst oft gegen ihren eigenen Willen zuvor christianisiert worden waren, kannten die Botschaft, die sie nun zu verkünden hatten, oft nur bruchstückhaft. Was sie vermitteln konnten, war eine sehr reduzierte Lehre, die kaum wirklich überzeugte.

Der Bauer und der Teufel (Otto Ubbelohde, 1867–1922)

Die Bauern ließen sich den neuen christlichen Glauben zwar »überstülpen« und beteten sonntags in den Kirchen. Auf dem heimischen Hof hielten sie jedoch ihren alten Opferriten die Treue, mit denen sie versuchten, die übernatürlichen Kräfte gnädig zu stimmen, denn von der Natur war man abhängig. Und auch die alten Feste wie die Walpurgisnacht, die die frommen Priester inzwischen zum Hexensabbat erklärt hatten, die Sonnenwende, die Tag- und Nacht-Gleiche, auch die Karnevals- und Faschingsumzüge, alles blieb erhalten – in christlicher Verkleidung. Neben Pan und Cernunnos gibt es noch einen Dritten, der das mittelalterliche und heutige Teufelsbild maßgeblich mitgeprägt hat.

Hexen umtanzen den Teufel (um 1700)

Im Grunde ließ das Landvolk also lange Zeit nicht von der großen Muttergöttin und von den Naturgöttern ab.

Insbesondere drei solchermaßen uminterpretierte heidnische Gottheiten, die in ihrem Ursprung von den Menschen als gut angesehen und verehrt worden waren, spielen eine Rolle bei der Entwicklung des mittelalterlichen und auch unseres heutigen Teufelsbildes. Diese möchten wir nun betrachten.

Pan, Gott der Natur


Kelten, Germanen, Slaven oder Wikinger, auch Griechen und Römer verehrten wichtige Gottheiten in der Natur. In den düsteren, oft undurchdringlichen Wäldern, die weite Teile Europas bedeckten, fürchteten dagegen die Verkünder des neuen Glaubens Dämonen und böse Geister sehr. Wenn die alten Naturgötter plötzlich zu Dämonen und Teufeln wurden, dann war auch deren Wohnbereich mit äußerster Vorsicht zu betrachten. Die Natur als ursprüngliche Heimat allen Lebens wurde zu etwas, das es zu beherrschen galt, das man sich untertan machen musste.

Pan erschreckt zwei badende Frauen (Paul Bürck, 1878–1947)

Mit seinem behörnten Kopf, seinem Schwanz und den Hufen eines Ziegenbocks herrschte Pan über diese Natur und ihre Kräfte, die manchen damaligen Menschen vielleicht als chaotisch, wild und bedrohlich erschienen, immer aber als Teil des großen Ganzen betrachtet wurden, zu dem die Menschen selbst eben auch gehören. In Bezug auf Sexualität und Fruchtbarkeit genoss der flötenspielende Gott hohes Ansehen. Erst die christliche Kirche machte den so wichtigen Herrscher über die Vegetation, den Wald und die dort lebende Tierwelt zu einem satanischen Wesen. Pan als Natur- und Fruchtbarkeitsgott hat die heute noch aktuelle Teufelsvorstellung mitgeprägt. Er besitzt menschliche Gestalt, aber die Füße und den Bart eines Ziegenbocks sowie Hörner auf dem Kopf. Er mag das Geschlechtliche und die Musik, ist selbst ein virtuoser Instrumentalist. Wenn man ihn reizt, kann er sehr wild werden. So wurde gesagt.

Obgleich Pan für das Äußere des Teufels Pate stand, ist er ihm charakterlich kaum ähnlich. Pan neigt zwar in sexueller Hinsicht zum Exzess und hat ein wildes Temperament, aber ansonsten ist er eher friedlichen Gemüts. Vor allem die Hirten in Griechenland verehrten den gehörnten Naturgott. Auf Statuen und Abbildungen trägt er meistens eine typische Panflöte bei sich. Die Griechen wussten, dass Pan Musik, Tanz und ausgelassene Fröhlichkeit mochte, aber auch ziemlich unangenehm werden konnte, wenn man ihn in seiner Mittagsruhe störte. Dann konnte er die Herden auseinandertreiben und wild übers Gelände jagen. Unser Wort »Panik« ist von diesem Treiben des Hirtengottes abgeleitet. Antike Erzählungen berichten davon, dass Pan zum Gefolge des Dionysos gehörte. Dionysos war im griechischen Götterkosmos unter anderem zuständig für alles, was mit Feiern und Trinken zu tun hatte. Pan oblag dabei die Aufgabe, mit seiner Flöte flotte Musik zu spielen. Seine Mutter, eine Nymphe, habe sich nach seiner Geburt angesichts der Ziegenfüße und Hörner ihres Sohnes so sehr erschreckt, dass sie ihn aussetzte, so erzählte man sich. Im Volk war Pan trotz seiner gelegentlichen Wutausbrüche durchaus beliebt. Auch sein Äußeres wurde positiv aufgenommen. Erst mit Ausbreitung des Christentums erhielt er wegen seines Rufs als wollüstiger Naturbursche ein negatives Image. Statuen, die ihn darstellten, eigneten sich für die Männer der Kirche perfekt, um dem Volk zu zeigen, wie der Teufel ihrer Meinung nach aussah.

In dieser Hinsicht erging es Pan nicht anders als ein paar Jahrhunderte zuvor bereits der phönizischen Muttergöttin Astarte, die man ebenfalls in einen Dämon uminterpretiert hatte. Doch obwohl er jetzt als böses Wesen galt, ließ die ländliche Bevölkerung über die Jahrhunderte nicht davon ab, dem Hirtengott die gebührende Ehre zu erweisen. Regional trat Pan auch weiterhin unter verschiedenen Namen auf: in Britannien als Green Man oder Herne, der Jäger, auch als Jack in the Green oder Robin of the Greenwood – das mythologische Vorbild für Robin Hood.

Cernunnos, der gehörnte Gott der Unterwelt


Pan wird zuweilen auch mit dem ursprünglich keltischen und später latinisierten Gott Cernunnos gleichgesetzt. Dieser wird andererseits aber auch mit Dionysos assoziiert.

Der berühmte Kessel von Gundestrup ist eine keltische Arbeit aus der La-Tène-Zeit (zwischen 500 und 100 v. Chr.) und ein wunderbares Zeugnis der damaligen Kunst. Er zeigt zahlreiche mythologische Darstellungen, unter anderem auch das Bild des sitzenden Cernunnos. Seine Position, die der eines Buddhas oder Yogis ähnelt, könnte einigen Forschern zufolge darauf hindeuten, dass die Gottheit vorkeltischen Ursprungs ist, da die Postur an Darstellungen der Induskultur erinnert.

Cernunnus ist der Gott der Natur, der Tiere und der Fruchtbarkeit. Seine Spuren finden sich von Britannien über Gallien, Italien und Spanien bis nach Rumänien. Sein Markenzeichen sind die hirschgeweihähnlichen Hörner auf seinem Kopf. Der Name Cernunnos bedeutet in der Tat auch »der Gehörnte«. Überall auf der Welt haben Völkerkundler Darstellungen gefunden, auf denen Götter Hörner trugen, und sie sehen darin die Attribute eines Naturgottes.

Doch in erster Linie war Cernunnos eine der zentralen Gottheiten der nordischen Kultur. Er vermochte es auch, so glaubte man, zwischen den Welten zu wandeln, und herrschte über die Unterwelt, bei den Kelten auch »Anderswelt« genannt. So verwundert es nicht, dass einige in ihm eine prototypische Gestalt sehen, die den heutigen Vorstellungen vom gehörnten Höllenfürst Pate stand.

Ein Ritter kämpft im Wald mit einem grünen Mann (Hans Burgkmair, 1473–1531)

Cernunnos ist zudem eines der Vorbilder für den Green Man (den Wilden Mann, das Grüne Gesicht), der in der keltisch inspirierten Literatur seit dem Mittelalter eine große Rolle spielt und als Symbolfigur auch Eingang in die christliche Kirchenarchitektur gefunden hat. Wer ist dieser Grüne Mann? Eine schöne Antwort auf diese Frage liefert uns der britische Autor William Anderson in seinem Buch Der Grüne Mann – ein Archetyp der Erdverbundenheit: »Der Grüne Mann steht für das unbezähmbare, durch nichts zu unterdrückende Leben. Wenn man erst einmal auf ihn aufmerksam geworden ist, trifft man überall auf ihn, und er spricht zu einem. Er ist ein Bild aus der Tiefe der Prähistorie: Er taucht auf und scheint wieder zu vergehen; dann tritt er nach langen Abschnitten des Vergessens in vielen Perioden der letzten 2000 Jahre wieder in Erscheinung. Seine Ursprünge sind sehr alt, sie liegen weit vor unserem christlichen Zeitalter. In all seinen Erscheinungsformen ist er ein Sinnbild der Erneuerung und der Wiedergeburt ...« Es gibt verschiedene Darstellungen des Grünen Mannes. Die ältesten Formen zeigen einen Männerkopf, der aus einer Blattmaske gebildet wird. Manchmal ist es ein einziges Blatt, manchmal sind es mehrere Blätter, die sein Gesicht formen. Eine zweite Darstellungsweise ist ein Männerkopf, aus dessen Mund, manchmal auch aus den Augen und Ohren, Pflanzen wachsen, die seine Frisur bilden, auch seinen Bart und seine Augenbrauen. Auch er ist ein Mischwesen, er steht für die Vereinigung des...

Erscheint lt. Verlag 22.1.2021
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Geschichte
ISBN-10 3-95540-758-6 / 3955407586
ISBN-13 978-3-95540-758-2 / 9783955407582
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
Wie bewerten Sie den Artikel?
Bitte geben Sie Ihre Bewertung ein:
Bitte geben Sie Daten ein:
EPUBEPUB (Ohne DRM)
Größe: 7,1 MB

Digital Rights Management: ohne DRM
Dieses eBook enthält kein DRM oder Kopier­schutz. Eine Weiter­gabe an Dritte ist jedoch rechtlich nicht zulässig, weil Sie beim Kauf nur die Rechte an der persön­lichen Nutzung erwerben.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Annas Reise in die digitale Welt

von Magdalena Kayser-Meiller; Dieter Meiller

eBook Download (2023)
De Gruyter Oldenbourg (Verlag)
29,95
Eine Einführung

von Hans Karl Wytrzens; Elisabeth Schauppenlehner-Kloyber …

eBook Download (2024)
Facultas (Verlag)
19,99