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Leicht beieinander -  Hartmut Geerken

Leicht beieinander (eBook)

found footage memorabilia spule zwei
eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
592 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7526-1481-7 (ISBN)
Systemvoraussetzungen
18,99 inkl. MwSt
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Hier ist die Fortsetzung einer Autobiographie. Es ist die von anderen angestachelte, heraufbeschworene Entfaltung eines Ichs, bei der es in erster Linie nicht auf die geschilderten Sachverhalte ankommt, sondern das eigentlich Berichtens Werte findet im Als-ob, im ungefähr, im In-Between statt. Das Buch argumentiert mit begriffen, für die es oft noch keine annehmbaren Regeln gibt, & die vergangenen & zukünftigen Bilder weisen auf die Denkweisen einer Gesellschaft hin, die weitab vom hier ist. Die dabei entstehende Ästhetik (was dies auch immer sei) ist das denkbar größte Risiko, & der Leser muss immer wieder innehalten, um sich neu zu orientieren.

ich freue mich sehrstens auf später.

wo die wolken tiefer liegen, sind die tropfen grösser.

die indienreise mit dem motorrad liegt noch in

weiter ferne. da hartmut etwa 8 semester, das sind

4 jahre, studieren wird & während des studiums

kaum abkommen kann, hat das problem noch

zeit. hartmut ist von münchen am montag nacht

zurückgekommen. es sei pfundig gewesen! (lina in

einem brief)

im alter von dreizehn oder vierzehn jahren

bekam ich von meiner tante athene aus usa

einen ‚view master‘ geschenkt. dies war ein

dreidimensinales durchguckgerät für das es

runde pappscheiben mit kleinen farbfotos aus

allen möglichen wissensgebieten gab. man schob

sie vorne in das gerät hinein & konnte die bilder

durch einen hebeldruck weitertransportieren.

gary cooper, angeberisch auf dem pferd sitzend,

ist mir heute in peinlicher erinnerung. nicht so

die bilder vom yosemite national park mit den

riesigen mammutbäumen, durch deren stamm

die amerikaner sogar mit dem auto durchfahren

konnten.

was ist ein gemeinsamer orgasmus anderes als eine

konzertierte atemnot.

das goethe-institut war für mich die angenehmste

und interessanteste möglichkeit des broterwerbs,

auch wenn ich oft bei konservativen kollegen

mit gegenwind zu kämpfen hatte. die bezahlung

war nicht schlecht. nach einer grundausbildung

zum dozenten für deutsch als fremdsprache in

deutschland, habe ich mich nach kairo beworben,

da ich nach einem studium der islamwissenschaft

etwas von der landessprache arabisch wusste. ich

war dort zuerst im sprachunterricht tätig, leitete

dann die sprachabteilung mit etwa 40 lehrern und

2000 studenten. während dieser zeit habe ich mich

immer mehr auch im kulturbereich engagiert,

gründete zusammen mit einem ägypter und einem

tschechen die „cairo jazz band“ und leitete das von

mir gegründete „cairo free jazz ensemble“ und die

„gruppe nil“, eine viele jahre existierende gruppe von

experimentell deutsch schreibenden ägyptern, die

sich besonders der konkreten poesie und ähnlichen

literaturformen verbunden fühlten. alle meine

unterlagen der „gruppe nil“, samt den arbeiten der

studenten, liegen heute im archiv der universität

cambridge/uk.

ich erkenne dich & habe das glück, von dir erkannt

zu sein. gunther hört mit & holt frau mösenlechners

fiktive annalen aus dem regal.

bevor ich die gesammelten werke von shakespeare,

gottfried keller, knut hamsun u. a. aus platzmangel,

unverkäuflichkeit & zur wärmeerzeugung in meinem

zimmerofen verbrenne, hole ich aus jedem der

einzelbände (ausser denen von hamsun) aus respekt

ein zufälliges zitat heraus & setze es zwischen

meine eigenen zeilen. diese zitate sind dann nur

über den index der namen auffindbar. die asche

kommt sowieso auf meinen tempel, den kompost,

& wird später dafür sorgen, dass das gemüse

aussergewöhnlich spriesst & im gedenken daran mit

einem gewissen literarischen goût verzehrt werden

kann.

man hat im norden seltsame bräuche. so wie die

munteren eichen den finstren tannen & linden

weichen mussten, so wird auch der mensch finster.

günter eichs gedicht inventur war für mich in

der zeit der jensvorlesungen ein wichtiges stück

literatur. der text ist deckungsgleich eine lyrische

klarheit gepaart mit einer absolut präzisen form.

jannis kounellis hatte anfang der 80er jahre in

der ehemaligen grossen eishalle einer athener

bierbrauerei eine ausstellung. an einer wand

standen männliche puppen in menschenformat ,

ihr gesicht der wand zugewandt. ich besuchte die

ausstellung zusammen mit meinem boss öhler, um

dort den künstler zu treffen, der aber noch nicht

eingetroffen war. da ich dringend pissen musste,

stellte ich mich spontan zwischen die männlichen

puppen & pisste an die wand. der urin lief zwischen

meinen schuhen durch richtung hallenmitte.

kounellis kam, sah den neuen akzent in seiner

ausstellung & sagte lachend: poli kala!

sie eröffnen den juden alsdann, dass sie

festgenommen sind, um abgeschoben zu werden,

wobei darauf hinzuweisen ist, dass sie in zwei

stunden abmarschbereit sein müssen.

für diese fehlkonstruktion mensch, genannt ‚krone

der schöpfung‘, wollte ich, wenn ich sein schöpfer

wäre, nicht verantwortlich sein.

die zwiebeln gegossen. die roten beete gegossen.

schnittlauch, petersilie & gartenkresse gegossen.

mangold gegossen. spinat gegossen. lollo rosso

gegossen. den löwenzahn nicht gegossen. aber die

gesäten rettiche & die schon fast reifen radieschen

gegossen. auch die drei rhabarberstauden & die

rosen, vor allem die aus dem garten von hannah

höch, gegossen. die schwertlilien von wilhelm

waiblingers römischem grab nicht gegossen.

auch den guten heinrich nicht gegossen. sigis

oberschenkel genossen. manche wesen brauchen

nicht so viel wasser. die verblühten tulpen

abgeschnitten & kompostiert. den eingelegten

ochsenschwanz auf kleine flamme gestellt & den

kartoffelsalat vorbereitet. das frühstück gerichtet

mit vier weichen eiern, weissem käse, marmelade,

brot, kakao. im garten gefrühstückt. über früchte

& blüten der walnuss gelesen. den kartoffelsalat

angemacht. zwölf uhr neun&vierzig. der duft vom

ochsenschwanz im haus.

du musst das nicht übel nehmen, es soll nicht der

leiseste sein.

die vertrockneten zigarettendicken stengel der

waldrebe haben wir nach dem krieg geraucht.

man nannte dieses rauchwerk „judenstengel“. wie

fürchterlich ehrlich diese namensgeber doch waren!

minderwertiges rauchwerk, das durch den kamin

ging, wurde offen mit juden in verbindung gebracht.

das hölzerne fensterkreuz in meinem blickfeld auf

den see hinaus sagt mir, wie eindeutig ich in einem

innern bin.

jawohl, das mädchen, das islamkunde studiert,

ist sigi. woher kennst du die eigentlich? hab ich

dir mal was geschrieben? das ist klar, dass unsere

indienreise nicht aufgehoben ist! was denkst du,

wie ich mich darauf freue! ich sitze manchmal

vor den strassenkarten & fahre die strecke mit

dem finger nach! gibt es in usa vielleicht irgendwo

strassenkarten von persien & afghanistan? hier ist

es ziemlich schwierig, welche aufzutreiben. (hartmut

an bruder horst)

mein leserbrief vom 11. juli 2008 an die faz

zum artikel ‚schwere stunde für die deutsche

schillergesellschaft‘: „noch ganz warm ist die wut

über die kälte des marbacher literaturmuseums

der moderne. es blickt einer zurück in hundert

jahren & sagt: wie kalt müssen diese menschen

gewesen sein, & der ich, grade noch unter schock

stehend, herausgekommen bin, in jetztzeit, sage:

wie primitiv muss es um die gehirne der planer

bestellt sein. eine geisterbahn im lichtchaos

innen, ein nazibau aussen, ein betonsarg für

die sinnlichste der künste, die poesie. hier wird

literatur geschlachtet, vitrine um vitrine, ein

grossschlachtbetrieb. wenn papiere nur schreien

könnten als protestierender lärm zur tortur

dieser geisterbahn. ein eindrucksvolles beispiel

der kapitalvernichtung. ein wärter am empfang,

der meint es sei alles herrlich & in ordnung, gut

infiltriert von den vernichtern des menschlichen.

überall immer wieder diese widerwärtig willigen

vollstrecker. diese scheinheiligen statements

über flaches papier: wände, räume, temperatur,

luftfeuchtigkeit. nicht mehr literatur verbindet die

papiere mit den menschen, sondern elektronik,

dummes gewäsch zu dummer präsentation. was

wäre ein architektonisches gebilde von finsterlin,

taut, hilberseimer, goesch, poelzig, mendelsohn oder

olbrich! die schillerhöhe würde glänzen im namen

hölderlins. jetzt dämmert sie dahin & dümpelt im

namen stefan georges & ernst jüngers.“ – soweit ich

weiss, nicht abgedruckt!

jeder grammatikalisch richtige satz ist von natur

aus eine lüge, denn jeder buchstabe der wörter birgt

in seinem innen hochkomplexe widersprüche in

formaler & inhaltlicher hinsicht.

ich esse niemals kaninchenfleisch! erklärte soulis

lauthals. auf die frage, warum? sagte er, er habe

einmal gesehen, wie ein kaninchen eine ratte...

Erscheint lt. Verlag 1.10.2020
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
ISBN-10 3-7526-1481-1 / 3752614811
ISBN-13 978-3-7526-1481-7 / 9783752614817
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