Ministry of Souls - Das Schattentor (eBook)

Roman
eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
352 Seiten
Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG
978-3-7325-9028-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Ministry of Souls - Das Schattentor -  Akram El-Bahay
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London, 1850: Unbemerkt von der Öffentlichkeit sorgt das Ministerium für endgültige Angelegenheiten dafür, die Seelen Verstorbener auf die andere Seite zu befördern. Der angehende Soulman Jack will sich endlich im Außeneinsatz beweisen. Sein erster Auftrag führt ihn ausgerechnet auf das Gelände des Buckingham Palace. Dort wurde eine arabische Gesandtschaft ermordet. Jack soll den Tatort von ihren Geistern befreien - und entdeckt, dass Naima, die Tochter des Emirs, noch lebt. Als er ihr helfen will, wird er von einem schattenartigen Biest angegriffen. Um Naima zu schützen, befördert Jack sie in die Zwischenwelt! Und bricht damit eine der wichtigsten Regeln der Soulmen.



Akram El-Bahay hat seine Leidenschaft, das Schreiben, zum Beruf gemacht: Er arbeitet als Journalist und Autor. Als Kind eines ägyptischen Vaters und einer deutschen Mutter ist er mit Einflüssen aus zwei Kulturen aufgewachsen und lässt sich ebenso von der Mythenwelt des Orients wie von westlichen Fantasytraditionen inspirieren. Er lebt mit seiner Familie in Nordrhein-Westfalen.

Akram El-Bahay hat seine Leidenschaft, das Schreiben, zum Beruf gemacht: Er arbeitet als Journalist und Autor. Als Kind eines ägyptischen Vaters und einer deutschen Mutter ist er mit Einflüssen aus zwei Kulturen aufgewachsen und lässt sich ebenso von der Mythenwelt des Orients wie von westlichen Fantasytraditionen inspirieren. Er lebt mit seiner Familie in Nordrhein-Westfalen.

SOULMAN


Der Tag, der Jacks Leben eine ganz und gar unerwartete Wendung gab, schmeckte nach Tod. Sehr angemessen für den jungen Mitarbeiter des Ministry of Souls, dem streng geheimen und erst vor wenigen Jahren gegründeten Ministerium für endgültige Angelegenheiten. Jack hatte ein Gespür für den Tod. Und dessen Duft hing für ihn so deutlich in der regenfeuchten Luft Londons, dass der Fünfundzwanzigjährige ihn auch dann wahrgenommen hätte, wenn die ältere Dame im Nachthemd nicht gerade dabei gewesen wäre, in geradezu selbstmörderischer Art durch das offen stehende Dachfenster zu klettern. Eine ältere Dame, die längst mit dem Leben abgeschlossen hatte.

»Bitte Agatha, lassen Sie das«, zischte Jack, während er durch das verstaubte Zimmer lief und dabei versuchte, den vielen Katzen auszuweichen, die ihn mit missbilligenden Blicken bedachten. Eine von ihnen sprang zu der Frau, die ihre Beine ungelenk durch das Fenster schob, und ließ sich von ihr kurz kraulen. Als hätte das Tier sie in ihrer Entscheidung bestärkt, sah Agatha entschlossen auf und hüpfte hinaus auf das Dach.

Jack seufzte. So hatte er sich das alles hier nicht vorgestellt. »Es ist nun mal vorbei. Warum akzeptieren Sie das nicht?«

»Ich muss mich um meine Babys kümmern«, erwiderte Agatha, raffte ihr schneeweißes Nachthemd und verschwand dann aus seinem Blickfeld.

Jack sah einem von Agathas überfütterten Babys in die unergründlichen Augen. Die toten Mäuse, die überall in dem verlassenen Haus herumlagen, gaben einen Hinweis darauf, dass die Katzen ziemlich gut in der Lage waren, auf sich selbst achtzugeben, und keinen Hunger litten. Außerdem, die Alte konnte nicht ewig hierbleiben. Das gehörte sich einfach nicht. »Bitte, Agatha«, sagte er so vernünftig er konnte, doch die Dame reagierte nicht einmal mehr, falls sie ihn überhaupt noch hörte. Nur die Katze, die sich eben noch von ihr hatte kraulen lassen, fauchte Jack vom Fensterbrett aus an.

Er seufzte noch einmal, trat an das Fenster und drückte sich dann an der Katze vorbei hinaus.

Die Dachpfannen waren nass vom Regen und so rutschig, dass Jacks erster Schritt ihn beinahe den Halt hätte verlieren und in die Tiefe stürzen lassen. »Verdammte …«

»Nicht fluchen, Jack«, hörte er Agatha rufen. Sie hatte schon die Hälfte des Wegs zur Dachkante hinter sich gebracht. »Das gehört sich nicht.«

»Was Sie da gerade tun, gehört sich nicht«, entgegnete er schwer atmend vor Aufregung angesichts des gerade noch so vermiedenen Sturzes vom Dach. »Sie bringen alles durcheinander.«

Agatha quittierte die Worte mit einem nachsichtigen Lächeln. »Das ist nicht mein Problem«, rief sie gut gelaunt und lief weiter über das Dach.

Wunderbar, dachte Jack bei sich. Warum nur mussten alte Leute sich so oft das Recht herausnehmen, zu tun, was sie wollten? Als bliebe ihnen sowieso nicht mehr genug Zeit, um die Verantwortung für ihre Taten zu übernehmen.

Wie ein Zirkusartist balancierte Jack über das rutschige Dach und griff dabei in seine Manteltasche. Das kleine Glasfläschchen, das er hervorzog, glitzerte ein wenig im fahlen Licht des verregneten Tages, als würde es von innen her von einem schwachen Licht beschienen. Der Sand, aus dem das Glas dieser Phiolen gemacht wurde, stammte aus einem so kleinen und fernen Wüstenreich, dass kaum ein Mensch es auf einer Karte hätte finden können.

»Lassen Sie das, Jack«, rief Agatha, die das Ende des Dachs erreicht hatte. »Wir sind doch erwachsen.«

»Es muss sein, Agatha. Dort ist es schön.« Er hatte aufgeholt und war nun nur noch wenige Schritte von der alten Dame entfernt. Die dichten Wolken über ihm schüttelten sich beharrlich Tropfen aus dem Leib, und Jack starrte missmutig in den grauen Himmel, in den zahllose Kaminschlote grauen Rauch pusteten. Er wischte sich das braune Haar aus der Stirn, das ihm nass auf der Stirn klebte, und fuhr sich nachdenklich über die dichten Bartstoppeln, in denen sich der Regen fing. Dann blickte er erneut zu Agatha.

Ihr schlohweißes Haar war ebenso trocken wie ihr Gesicht. Genau genommen fiel der Regen einfach durch sie hindurch. »Ich schätze, Sie waren noch nicht dort, oder?«

»Doch«, entgegnete Jack. Allerdings hatten seine Ausflüge an den Ort, an den er Agatha bringen wollte, immer nur wenig Zeit in Anspruch genommen. Bleibe nie länger als eine Stunde. Eine der obersten Regeln der Soulmen, wie sich die Mitarbeiter des Ministeriums für endgültige Angelegenheiten selbst nannten. Und er war nie alleine dort gewesen. Noch war er nicht so weit. »Die Zwischenwelt ist wunderschön«, behauptete er dennoch, als priese er eine Reise zu einem mondänen Badeort an.

»Dann gehen Sie doch selbst hin«, sagte Agatha schnippisch. »Ich bleibe lieber hier. Ich habe alle Zeit der Welt, wissen Sie?« Sie trat so nah an den Rand des Dachs, dass Jack glaubte, sie würde in der Luft stehen. Dann breitete sie die Arme aus. »Wir sehen uns bald wieder? Unsere kleinen Spielchen würden mir sonst fehlen. Ich mag es, wenn ein gut aussehender Mann hinter mir her ist. Aber vielleicht gehen Sie mal zum Barbier. Ihre Haare sind mir eine Spur zu lang. Ich mag den militärischen Schnitt lieber. Ist sehr adrett. Würde gut zu Ihren braunen Augen passen. Ich«, sie gluckste, »stehe auf die dunklen Typen.«

Himmel, dachte Jack. Hatte sie ihm gerade anzüglich zugezwinkert? In dem Moment, in dem er die Phiole öffnen wollte, sprang Agatha rückwärts vom Dach in die Tiefe.

Einen Moment später hatte er die Dachkante erreicht und spähte hinab. Er sah Agathas Gestalt auf die verlassene kleine Gasse schweben. Sie sah aus, als wäre sie einer dieser modernen Fotografien entstiegen. Wie mit schwarzer und grauer Farbe auf weißes Papier gemalt. So wie alle Geister. »Anständige ältere Damen benehmen sich nicht so, Agatha«, rief er ihr verärgert hinterher.

»Oh«, entgegnete sie, während ihre substanzlosen Füße auf dem regennassen Lehmboden aufkamen. »Ich war mein ganzes Leben lang anständig. Da werde ich wohl im Tod mal ein wenig Spaß haben dürfen, oder?« Sie lachte in der Tat höchst unanständig und entschwand Jacks Blicken.

Und dann entluden sich die Wolken, sodass es schien, sie wollten die ganze Welt fortspülen. Wunderbar, dachte Jack, wieder keine Beförderung. Er war noch immer kein ganzer Soulman. Immer noch nur eine Art Auszubildender. Und wie es aussah, würde sich das nicht so schnell ändern.

*

Der Weg zurück ins Ministerium war weit. Agatha war in ihrer Wohnung gestorben. In ihrem Bett, um genau zu sein, was erklärte, weshalb sie dort in ihrem Nachthemd herumspukte. Dummerweise befand sich dieses Bett in Whitechapel. Das Viertel war nicht nur eines der heruntergekommeneren, sondern lag auch noch so weit im Osten Londons, dass man mit einer Droschke über eine Stunde hinaus brauchte. Für die Hinfahrt hatte sich Jack daher eine Fahrt mit dem Zug gegönnt. Das Transportnetz wuchs unaufhörlich und würde bald wohl die ganze Stadt wie Adern durchziehen. Das Ministry of Souls sollte sogar einen eigenen, streng geheimen Bahnhof erhalten: London Necropolis. Das klang alles noch nach Zukunftsmusik. Doch es war das Jahr 1850. Moderne Zeiten. Und manchmal war die Zukunft heute schon Realität. Dieser Fortschritt hatte natürlich einen Preis. Hin und wieder kostete er sogar Menschenleben.

Dass etwas Ungewöhnliches vorgefallen sein musste, bemerkte Jack, kaum dass er ins Herz der Stadt rund um die City of Westminster vorgedrungen war. Er war im Grunde gut vorangekommen, auch wenn er für die Rückfahrt eine Droschke genommen hatte. Selbst im geheimen Ministry of Souls wurden die Fahrtkosten der Agenten und erst recht der Auszubildenden genau nachgehalten. Und Jack wollte unbedingt vermeiden, noch unangenehmer aufzufallen. Er würde sowieso einiges zu hören bekommen, weil ihm Agatha wieder einmal durch die Lappen gegangen war. Er stieg aus und sah auf eine beinahe endlose Masse aus Leibern vor sich. Die ganze Stadt schien zum Erliegen gekommen zu sein. Während er sich an den Menschen vorbeischob, die nach Hause strebten, hörte er Fetzen der aufgeregten Gespräche, die sich um ein Unglück drehten, das sich gerade beim Bau des neuen Bahnhofs King’s Cross ereignet haben sollte. Es hieß, bei einem Testlauf für den Bahnhof sei eine Dampflokomotive ungebremst in eine Gruppe Arbeiter gefahren. Ein Witzbold behauptete sogar, ein überzähliges Gleis, das versehentlich zwischen den Bahnsteigen 9 und 10 eingebaut worden sei, hätte den Zugführer verwirrt. Nun, auch wenn dies vermutlich nicht stimmte, so war Jack doch eines klar: Heute hatte der Fortschritt Opfer gekostet. Todesopfer. Und für den Tod hatte er ein besonderes Gespür.

King’s Cross lag nicht weit entfernt. Die Straße, auf der Jack unterwegs war, führte in Richtung der Baustelle, und auf dem in den frühen Abendstunden ohnehin überfüllten Gehweg sammelten sich zunehmend Schaulustige, die sich selbst vom Regen nicht davon abhalten ließen, den Ort des Unglücks persönlich in Augenschein zu nehmen. Während sich die Menge im Schneckentempo in Richtung King’s Cross schob, sprangen die Gerüchte und Halbwahrheiten über das Ausmaß der Katastrophe von einem Mund zum nächsten. Die Zahl der zu beklagenden Toten stieg dabei selbstredend mit jeder neuen Schilderung der Ereignisse.

»Man sagt, wenigstens einhundert Männer haben auf der Baustelle ihr Leben verloren«, hörte Jack eine alte Frau sagen. Sie saß nicht weit entfernt von ihm auf einer Kiste, die wiederum auf der Ladefläche eines Pferdewagens festgebunden war. Bei näherem Hinsehen entpuppte sich...

Erscheint lt. Verlag 30.9.2020
Reihe/Serie Ministry-of-Souls-Reihe
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 1001 Nacht • 18. - 19. Jahrhundert • Amt für endgültige Angelegenheiten • Anthony Lookwood • Arabien • Arabische Welt • Archiv • Archivar • Assassine • Asservate • Behörde • Bibliothek • binky • Buckingham Palace • Diesseits • Emirat • Empire • Fantasy Bücher • Flaschengeist • Fluch • Geister • Ifrit • irdisches Leben • Jack • Jenseits • Jonathan Stroud • Katze • Kolonialreich • Kolonie • London • Lookwood & Co • Lucy Carlyle • Marbel Arch • Ministerium • Naima • Orient • OZ • Pforte • Phiole • Poltergeist • Portal • Prinzessin • Queen Victoria • Ra’s al-Chaima • Schatten • Schattenarmee • Schattenspieler • Seelen • Soul Men • Sterben • Tor • Weltenwechsler • Zwischenwelt
ISBN-10 3-7325-9028-3 / 3732590283
ISBN-13 978-3-7325-9028-5 / 9783732590285
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