Nachhaltig investieren gegen den Klimawandel -  Adam Lessing

Nachhaltig investieren gegen den Klimawandel (eBook)

(Autor)

eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
272 Seiten
Braumüller Verlag
978-3-99100-306-9 (ISBN)
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Die brennendste Frage unserer Zeit, der Kampf gegen den Klimawandel, erfordert immense Investitionen. Woher kann das Geld dafür kommen? Elektroautos brauchen nicht nur Ladestationen, sondern auch riesige neue Stromnetze, um den Ökostrom von den Wasserkraftwerken und Windparks zu den Verbrauchern zu bringen. Neue Eisenbahntrassen müssen gebaut, CO²-Filter installiert und eine schier unüberschaubare Anzahl an Wohnungen thermisch isoliert werden. Die Europäische Union schätzt den Finanzbedarf für die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens auf jährlich (!) 180-350 Mrd. Euro. Um Geld in diese Investitionen umzulenken, wendet sich die EU an Versicherungen, Pensionskassen und Investmentfonds, die das Geld von Privatanlegern langfristig verwalten. Jeder Privatinvestor muss sich also fragen: Will ich den Kampf gegen den Klimawandel mit dem Geld in meiner Pension, in meiner Lebensversicherung, in meiner Abfertigung, auf meinem Sparkonto unterstützen? Die Antwort ist nicht immer einfach, aber wer sie nicht selbst trifft, für den entscheiden Versicherungen und Vorsorgekassen immer öfter alleine.

Dr. Adam Lessing ist einer der führenden österreichischen Experten auf dem Gebiet der Investmentfonds und berät internationale Investmentmanager und Vertriebe bei deren Aktivitäten. Er hat für zahlreiche globale Investmentbanken und -firmen gearbeitet und kennt das internationale Investmentgeschäft und die Chancen und Risiken der Nachhaltigkeit aus erster Hand.

Dr. Adam Lessing ist einer der führenden österreichischen Experten auf dem Gebiet der Investmentfonds und berät internationale Investmentmanager und Vertriebe bei deren Aktivitäten. Er hat für zahlreiche globale Investmentbanken und -firmen gearbeitet und kennt das internationale Investmentgeschäft und die Chancen und Risiken der Nachhaltigkeit aus erster Hand.

Was heißt "nachhaltig"? 15
Einleitung: Ziele und Strategien 18
Ziele: Nachhaltig heißt ESG 20
E für Environment – die Umweltziele 24
S für Social 61
G für Governance 80
Das Zusammenspiel von E, S und G: Do no significant harm 90
Sonstige Ziele: Ethisches Investment 94
Mittel: Viele Wege führen zum Ziel 100
Exclusion 102
Best in Class 107
Integration 110
Engagement 113
Impact 117
Thematic Investment 121
Zusammenfassung 123
Regulierung: Die Politik macht Druck auf die Finanzindustrie 127
Einleitung: Umleitung der Finanzströme
und Risikomanagement 129
Global 130
Die Agenda 2030 und die 17 Ziele Nachhaltiger Entwicklung 130
Die UNFCCC und ihr Nachfolgeabkommen,
das Klimaabkommen von Paris 137
Der UN Global Compact und andere UN-Dokumente 141
Die OECD Guidelines for Multinational Enterprises 146
Andere globale Initiativen 146
Europa 157
Der European Green Deal 158
Der Sustainable Finance Action Plan 161
Die Taxonomie 178
Private Dienste und lokale Labels 185
Research-Dienste 186
Labels und Rankings 189
7
Die Finanzindustrie reagiert 193
Einleitung: Managed Assets –
die 80.000-Milliarden-Industrie 195
Investmentfonds 196
Neue Absatzchancen 200
Die Umstellung der Investmentprozesse 203
Veröffentlichungspflichten 205
Pensions- und Vorsorgekassen 207
Pensionskassen: Vorläufer der Nachhaltigkeit 208
Anlagestrategie der Pensionskassen 212
Versicherungen 214
Veranlagungen 218
Risiko 220
Zusammenfassung 221
Nachhaltig investieren gegen die Klimakrise: Was tun ? 223
Vorbemerkung: Muss ich auf Ertrag verzichten? 224
Harry Markowitz und die Efficient Portfolio Theory 224
Ertragsstrukturen nachhaltiger Portfolios 225
Achtung auf Sektoreffekte 227
Gegen den Klimawandel investieren 228
Investmentfonds 229
Exclusion 230
Best in Class und Integration 235
Engagement 239
Impact 243
Themenfonds 245
Eine Lebensversicherung abschließen 247
Kapitallebensversicherungen 248
Fondsgebundene Lebensversicherungen 250
Pensions- und Vorsorgeleistungen 251
Erste Säule: Pensions- und Rentenversicherung 251
Zweite Säule: Betriebliche Altersvorsorge 252
Vorsorgekassen 255
Zusammenfassung 258
Quellen- und Abbildungsverzeichnis 260

Was heißt „nachhaltig“?


Der seltsame Fall des verschwundenen Studentenheims oder: Wie ein Missverständnis, was „nachhaltig“ heißt, 200 Millionen kosten kann

Um 8:50 Uhr hält das Taxi vor dem Haupteingang des Kunden. Für die aktuelle Ausschreibung schickt einer der großen globalen Vermögensverwalter ein Pitch Team: zwei Herren und eine Dame in klassischem Investmentbankeraufzug: anthrazitgrauer Anzug bzw. Kostüm, weißes Hemd oder Bluse, Seidenkrawatte in gedeckten Farben für die Männer. Aktentaschen, Laptops, Rollkoffer, die ins Handgepäck des Flugzeugs passen. Es geht heute nur um ein 80-Millionen-Mandat, aber falls sie dieses gewinnen, werden über die nächsten Monate noch einmal bis zu 120 Millionen folgen. Wie üblich ist das Team perfekt vorbereitet. Die Präsentation wurde gestern Abend noch einmal durchgespielt, die Unterlagen ein letztes Mal angepasst, gedruckt und gebunden. Ein Fondsmanager, ein Investment Director, die Leiterin des institutionellen Geschäfts: Es ist das letzte Meeting vor der Entscheidung, ein sogenanntes „Final“. Hier wird nicht mehr mit Videokonferenzen gearbeitet, sondern in Person vorgetragen.

Im Konferenzraum wartet das Team des Kunden: Mit mehr als fünf Milliarden veranlagtem Vermögen ist die Pensions- und Vorsorgekasse ein großer institutioneller Investor. Das Team wird geleitet vom Chief Investment Officer, dem CIO. Der CIO ist als Mitglied des Vorstands zuständig für die Veranlagung der Milliarden des Kunden, er ist derjenige, der schlussendlich die Verantwortung für den Veranlagungserfolg (oder Misserfolg) des Investors trägt. Dazu ein Investment Manager, der für die spezielle Veranlagungsart, um die es heute geht, zuständig ist sowie ein Analyst aus seinem Team. Kaffee wird angeboten und gebracht, es folgen die üblichen freundlichen, unverfänglichen Eröffnungsgespräche („Wie war die Reise?“, „Schön, Sie wiederzusehen“, „Kommen Sie auch zur MIPIM, der großen Immobilienkonferenz, nach Cannes?“). Dann geht es zur Sache:

Der CIO erläutert noch einmal die Ausschreibung: Die Kasse plant, neue Mittel stärker in europäischen Immobilien anzulegen. Eine erste Tranche von 80 Millionen wird jetzt aus anderen Veranlagungen umgeschichtet, weitere Aufstockungen werden später regelmäßig erfolgen.

Dann geht es los: das Pitch Team wird jetzt das Produkt, einen nachhaltigen europäischen Immobilienfonds, vorstellen und versuchen, den Kunden zu überzeugen, dieses Produkt auszuwählen. Es beginnt mit einem Überblick über die Investmentphilosophie, die dem Immobilienprodukt, das heute vorgestellt wird, zugrunde liegt: Schutz der Kundengelder, tiefe Analyse der Mieter, lange Mietverträge mit Triple Net Klauseln, angemessener Ertrag aber kein hohes Risiko. Dann wird es technisch: Details rasseln herunter und werden bei Bedarf mit bunten Grafiken oder Tabellen aus den vorbereiteten Unterlagen, den Pitchbooks, illustriert: Teamaufbau und Aufgaben der Teammitglieder, Auswahlprozess der Immobilien und Risikokontrolle, Sektoren und Streuung, Diversifikation des Portfolios. Als Schlusspunkt kommt das Killer-Argument: hervorragende Performance. Mehr als 8% Ertrag jährlich in einer Zeit, in der Staatsanleihen null oder negative Zinsen aufweisen. Das Kundenteam nickt freundlich, macht Notizen, hakt Übereinstimmung mit dem Fragebogen ab. Alles läuft wie geschmiert.

„Wie Sie wissen“, leitet der CIO die nächste Präsentationsphase ein, „ist Nachhaltigkeit ein fundamentales Prinzip unserer Investitionen. Erläutern Sie doch bitte diesen Aspekt Ihres Produkts“.

Das Team ist vorbereitet: Das Produkt investiert ausschließlich in umweltfreundliche Immobilien. Hervorragende CO2-Werte der erworbenen Gebäude werden im Detail erläutert. Zertifizierungen nach den strengsten Umweltkriterien der Bauwirtschaft können als Beweis für die umweltfreundliche Bauweise herhalten: In Deutschland sind das die Zertifikate der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen, der DGNB. Alle Immobilien sind DGNB-zertifiziert, viele mit dem höchstmöglichen, dem Gold- oder Platinzertifikat. Aber auch internationale Kriterien werden erfüllt: Die BREEAM, die britische Building Research Establishment Environmental Assessment Methodology, ist das älteste und am weitesten verbreitete Zertifizierungssystem für nachhaltiges Bauen. Auch diese Zertifizierung können die Immobilien aufweisen. Weiteres freundliches Kopfnicken des Kunden bis der Investment Manager des Kunden sich meldet: „Sie haben da sehr hübsche Illustrationen in Ihren Unterlagen“, sagt er, „aber ich sehe auf den Fotos nur Büro- und Industriegebäude. Sie investieren doch in sozial wertvolle Gebäude, nicht?“

Die Stimmung im Raum wird plötzlich angespannter. Das Team erläutert noch einmal die Segmentierung des Fonds zwischen Büro-, Industrie- und Wohnimmobilien. Nachdem der Fondsmanager den üblichen Vergleich der Ertrags- und Risikokennzahlen zwischen diesen Segmenten präsentiert hat und nun die ausgewogene Konstruktion des Fonds erläutern will, hakt der CIO des Kunden noch einmal nach. „Nein, nein, Sie missverstehen die Frage“, sagt der CIO. „Nachhaltigkeit besteht ja nicht nur aus Umweltfaktoren, sondern auch aus sozialen. Sie wissen doch sicher, dass wir nur in Produkte investieren, die in sozial wertvollen Gebäuden veranlagt sind: Studentenheime, Spitäler oder Altersheime. Wir sind natürlich am Mietertrag auch interessiert, aber die Vorgabe ist, dass das Gebäude sozialen Zielen dient. Ist das nicht ihr Produkt?“

Es herrscht Totenstille im Raum. Der Fondsmanager versucht noch, die Bedeutung von Umweltkriterien für die Nachhaltigkeit herauszustreichen, muss aber nach einem unwilligen Kopfschütteln des CIOs aufgeben. Nach ein paar weiteren verzweifelten Rettungsversuchen ist klar: Das Missverständnis, dass „nachhaltig“ für diesen Kunden „sozial wertvoll“ bedeutet und nicht „umweltfreundlich“, ist nicht zu überbrücken.

Das 200-Millionen-Mandat ist verloren.

Einleitung: Ziele und Strategien


Die Frage „Was heißt denn nachhaltig?“ ist sowohl für Investoren als auch für Berater von zentraler Bedeutung. Denn der Begriff „nachhaltig“ deckt inzwischen nicht nur in unserem täglichen Sprachgebrauch, sondern auch – wie wir später im Detail sehen werden – in finanztechnischen Diskussionen eine Unzahl von möglichen Ausprägungen ab. Er kann für die Vermeidung von Kohleinvestitionen, für das Verbot von Kinderarbeit, für die Gleichstellung von Frauen, für die Vergabe von Mikrokrediten in Entwicklungsländern, für die Finanzierung von Windrädern oder von arbeitslosen Zeitungsverkäufern und schließlich für jede mögliche Kombination all dieser Themen und Anlagestrategien stehen. Das Potential für Missverständnisse ist riesig groß. Für Kunden bedeutet ein solches Missverständnis eine mögliche Enttäuschung über die Anlageergebnisse, für Berater die Gefahr einer Haftung wegen Schlecht- oder Falschberatung.

Dazu kommt noch eine schier unübersichtliche Vielzahl von Produkten: Jüngste Statistiken zählen mehr als 130.000 (!) nachhaltige Investmentfonds und Mandate in Deutschland und mehr als 20.000 in Österreich. Die Produktvielfalt ist sowohl für Investoren als auch für Berater nahezu unüberschaubar geworden und erhöht das Risiko, dass das gewählte Produkt nicht den Erwartungen entspricht.

Wir werden im Folgenden diese Diskussion vereinfachen, indem wir zwei Aspekte der Diskussion voneinander trennen: den Aspekt der Nachhaltigkeitsziele und den Aspekt der Strategien, die eingesetzt werden sollen, um diese Ziele zu erreichen.

Zum einen stellt sich Investoren die Frage, welche Ziele mit einer Investition erreicht werden sollen, damit sie als nachhaltig qualifiziert werden kann. Die Umweltthematik steht hier klar im Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit: Greta Thunberg hat in Österreich inzwischen größere Bekanntheit als die ehemalige Bundeskanzlerin. Mit dem Umweltthema ist aber das Thema der Nachhaltigkeit noch lange nicht erschöpft. Kinderarbeit, Korruption, unmäßige Vorstandsgehälter, Waffenproduktion: Soll das durch mein Investment gefördert werden? Das sind nur einige der Fragen, die in letzter Zeit lautstark und breitenwirksam diskutiert wurden. Diese Themenkreise gehören zu den Fragen der sozialen Auswirkungen der Investments und der Governance oder Unternehmensführung, die beide auch das Thema Nachhaltigkeit betreffen. Und schließlich gibt es noch weitere ethische Aspekte, die Investoren wichtig sind, und von denen einige, aber nicht alle, auf der üblichen Liste der Nachhaltigkeitskriterien stehen.

Über generelle Abgrenzungen hinaus gibt es in diesem Bereich eine Unzahl an Einzelfragen. Atomkraft zum Beispiel...

Erscheint lt. Verlag 27.4.2020
Verlagsort Wien
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte Anlage • Bank • EU • EU Abkommen • Fond • Fonds • Geld • Investieren • Klimakatastrophe • Klimaschutz • Klimawandel • Pariser Abkommen
ISBN-10 3-99100-306-6 / 3991003066
ISBN-13 978-3-99100-306-9 / 9783991003069
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