Spirituelle Kompetenz in digitalen Lern- und Arbeitswelten (eBook)

Erfolgreich studieren und arbeiten mit Spirituellem Selbstmanagement 4.0
eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
240 Seiten
Tectum-Wissenschaftsverlag
978-3-8288-7299-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Spirituelle Kompetenz in digitalen Lern- und Arbeitswelten -  Thomas Hanstein,  Andreas Ken Lanig
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Dass die Digitalisierung in alle Lebensbereiche eingreift, steht heute außer Frage. Aber erkannt ist bislang zu wenig, dass die Digitalität alte philosophische Fragen nach sinnhaftem und glückendem Leben neu aufwirft. Insofern benötigt - so die Autoren - die Digitalisierung 4.0 auch ein 'Spirituelles Selbstmanagement 4.0', das die innere Stabilität des eigenen Selbst nachhaltig garantiert. Dieser Herausforderung nimmt sich dieses Werk durch interdisziplinäre Sicht an. Es versteht sich nicht als philosophisches Werk, sondern als praktischer Ratgeber. Aus der Perspektive von Hochschullehrern und Coaches arbeitet Spirituelle Kompetenz die Grundlagen des mentalen Selbstmanagements auf und stellt sie in den Kontext spiritueller Alltagsfragen. Damit verfolgt dieses Buch das Ziel, eine tragfähige Resilienz in der Zusammenarbeit und im Zusammenleben fortschreitender Digitalisierung zu leisten. Diese liegt in einer humanistisch verstandenen Selbstschulung des - in virtualisierten Lern- und Lebenswelten lernenden und tätigen - Subjekts.

DER STAMM

Aus den bisher angesprochenen Aspekten, die wir gewissermaßen als „Verwurzelungen“ begreifen, formt sich – dem Aufbau dieses Buches folgend – nun inhaltlich der „Stamm“ aus, welcher mit vertiefenden Thesen nach und nach Gestalt annehmen und naturgemäß an Umfang zunehmen wird.

Die Natur kennt keine Perfektion

Auch als produzierende, schaffende, kreative, geistige Menschen sind und bleiben wir Teil der Natur. Insofern ist das Bild des „Stammes“ nicht nur eine Metapher für den Aufbau des Buches, sondern auch eine Analogie zum Menschsein. Unser Natur-Sein wird aber immer dann auf die Probe gestellt, wenn wir „funktionieren“ müssen – wobei die Frage erlaubt sei, wer diese Zweckrationalität setzt und uns damit als Zahnrad in einem größeren Getriebe versteht. Denn was sonst noch zu tun ist, gewollt wird oder ebenfalls sein muss resp. müsste, wird ab diesem Moment in seiner Priorität verschoben. Wer also funktioniert, produziert, gestaltet und dabei Neues und bislang Ungedachtes hervorbringt, kennt auch jenen Moment, an dem nichts mehr zu „gehen“ scheint, an dem die bisherigen Entwürfe, Skizzen und Modelle nicht zusammenpassen wollen.

Philosophisch-theologisch betrachtet bedeutet die „Krisis“ jedoch nicht ein – in Mitteleuropa, speziell Deutschland – regelmäßig im Mund geführtes, negativ konnotiertes und – am liebsten – zu vermeidendes Ereignis. Doch wir sind als Menschen keine Maschinen.

Unsere These lautet daher: Perfektion gibt es nicht! Nicht in der Natur und nicht im Leben! Denn perfekt bedeutet – bereits grammatikalisch – einen „abgeschlossen“ Zustand. Etwas also, das so gut war, dass man es „abschließen“ konnte.

Der Moment der Inspiration ist sicherlich eine durchweg positive und beglückende Erfahrung. Gleichzeitig – und das ist die ursprüngliche und natürliche Seite daran – geht diesem Moment die „Diastase“ voraus, die in den meisten Interviews als tiefe Spannung des hin zum physischen und psychischen Leiden beschrieben wird. Insofern ist die Inspiration alles andere als ein „perfekter“ Moment. Die „Passion“ gehört also natürlicherweise zur Inspiration dazu.

Übertragen auf das Menschsein würde diese Definition aber bedeuten, stets und ständig hinter seinen eigenen Möglichkeiten hinterherlaufen zu müssen. Es wäre nicht mehr gesunder Ansporn, sondern krankhafter Ehrgeiz. Die Erziehung kennt dieses Mittel – Eltern wie Lehrer können es ausnutzen, ja missbrauchen. Und damit dem Kind seine ureigenen, subjektiven Möglichkeiten rauben, indem sie an diese Stelle hehre Ideale setzen. Insofern ist die Auseinandersetzung mit dem – vermeintlich – eigenen Perfektionsanspruch in der Regel auch eine Konfrontation mit der eigenen Sozialisation und Lerngeschichte. Eine Klientin erkannte dies im Perspektiven-Coaching so:

„Zwischen Optimierung und Perfektion liegt oft nur ein kleiner Spalt. Ich spüre ihn, bin aber immer wieder versucht ihn zu überqueren. Es passiert ganz wie von selbst. Mich mit meinem inneren Ratgeber zu konfrontieren, der mich dazu immer wieder überreden will, war ein guter erster Schritt. Ich habe gelernt, ihn auch mal abblitzen zu lassen. Doch er ist mächtig, weil es eine Stimme aus meiner nicht einfachen Kindheit mit einem recht dominanten Vater ist.“ (Beispiele für die Arbeit mit dem Inneren Team für Coaching und Selbstcoaching siehe in: Hanstein, 2018.)

Der Drang zur Perfektion ist das Gegenteil von Prozesshaftigkeit. Doch das Leben und das Arbeiten verläuft als Prozess. Und Prozesse verlaufen selten linear, doch eines steht fest: Sie haben immer einen Verlauf. Und gelegentlich geht die Kurve auch nach unten. Das nicht immer Berechenbare muss aber kein Grund für Angst sein. Angst ist vielmehr oft – wie der Volksmund weiß – ein „schlechter Ratgeber“, weil sie – neurowissenschaftlich erwiesen – Blockaden im Gehirn auslöst. Und so kommt ein Teufelskreis in Gang. Wer sich – wie diese Klientin – aber vom Anspruch befreien kann, perfekt sein zu „müssen“, der bekommt auch einen neuen Blick auf die „Krise“: Die Krisis nämlich meint jenen Wendepunkt, an dem – woher auch immer – plötzlich Neues aufbricht: neue Ideen ebenso wie neue Kraft. Bei Veränderungsprozessen lässt sich beobachten, dass die meisten Change Prozesse am Punkt der – vermeintlichen – Krise abgebrochen werden (vgl. Hanstein, 2014). Die Krisis durchzuhalten – als Subjekt wie als Team – wird daher vorliegend als zentraler Aspekt einer spirituellen Kompetenz begriffen. Sie anzunehmen, vielleicht sogar zu erwarten, sich auf sie einzulassen und nicht mit Aktionismus zu überlagern, verspricht letztlich erst kreative Höchstleistungen. In der Sprache der Theologie jenen „Kairos“, als jeweils einmalige Stimmigkeit zwischen Zeitpunkt und Thema. Die Kunst besteht – biblisch gesprochen – im Respekt vor dem „7. Tag“ (hebr.: „Schabbat“, Ruhetag) und darin, diesen jeweils für sich und seinen jeweiligen Prozess zu definieren.

Im Wort Spiritualität steckt das Wort Geist: Spiritus. Sich des „Geistes“ bewusst zu sein, der einen lenkt, diesen aber auch von anderen Energien abgrenzen zu können, ist grundlegender Bestandteil spiritueller Kompetenz.

Als erste Übung in diesem Kapitel möchten wir Ihnen die Unterscheidung der Geister vorstellen. Diese Bezeichnung mag vielleicht ein wenig „esoterisch“ daherkommen. Doch sie bezieht sich auf den klassischen religiös-philosophischen Ansatz von Ignatius von Loyola. Er war der Begründer des Jesuitenordens und der ignatianischen Exerzitien (geistigen Übungen). Für die Anwendung dieser Technik erscheint es aber unerheblich, ob der Leser weltanschaulich die Glaubensgrundlagen des Jesuiten mitgehen kann. Ignatius hat vor allem – Jahrhunderte vor der „Geburt der psychologischen Wissenschaft – erkannt, dass es verschiedene, oft sich widerstreitende „Geister gibt, die den Menschen und seinen Willen in Bann ziehen können. Diese Geister muss man nicht personifizieren, sondern man kann sie ganz praktisch als innerpsychische gegenläufige Interessen verstehen. Denn jeder kennt es: die Unlust, an eine Aufgabe zu gehen, aber die Notwendigkeit dazu. Doch letztlich wird man nur Erfolg haben, wenn Wille und Pflichtgefühl mit Körper und Seele korrespondieren. Unsere Erfahrung lautet, es ist sinnvoll, zielführend und noch dazu beglückend, mit dem Leichten zu gehen. Doch dazu muss ich dies – bei der üblichen Mehrfachbelastung – erst einmal selbst wahrnehmen.

Knüpfen Sie bei dieser Übung an die Erfahrungen der Übungen 3 und 4 an. Nehmen Sie den Sitz ein, der Ihnen angenehm war. Ebenso atmen Sie so, wie es Ihnen leicht war. Bevor Sie sich auf Ihre Gefühle und inneren Bilder konzentrieren, wiederholen Sie kurz eine der ersten beiden Techniken. Konzentrieren Sie sich dann auf Ihren Atem. Und spüren Sie den Dingen nach, die Ihnen in letzter Zeit leicht von der Hand gegangen sind, die Ihnen auch Freude bereitet habe. Ihr Atem reagiert auf diese Leichtigkeit ebenso wie Ihre Haut. Schauen Sie mit einem inneren Auge auf Ihr Gesicht, spüren Sie die angenehme Spannung auf Ihrer Haut. Verweilen Sie so, genießen Sie diesen Zustand. Ihr Körper und Ihre Seele kennen ihn, archivieren ihn – für Sie abrufbar. Behalten Sie Kontakt zu dieser Erfahrung. Und gehen Sie in Gedanken nun zu den Dingen, die Sie in letzter Zeit beschwert und belastet haben. Sobald Sie an diese denken, spüren Sie es ebenso: an Ihrem Atem, an Oberflächenspannungen auf Ihrer Haut. Nehmen Sie all dies wahr, gehen Sie nicht auf Widerstand, bekämpfen Sie nichts.

Nehmen Sie nur wahr, ohne zu bewerten. Und atmen Sie tief. Lassen Sie das, was sich auf der Haut abgebildet und an Ihren Atem angelegt hat, fließen. Nicht gleich alles auf einmal, nur nach und nach. Atem für Atem. Spüren Sie, wie sich Bewegung einstellt, ein Fluss all dieser Gefühle und Empfindungen. Nehmen Sie auch wahr, wie Sie Meister dieses Flusses sind. Es sind nicht diese Gefühle, die Sie bestimmen. Sondern Sie haben es in Ihrer Hand, welchem Sie wann die Oberhand geben. Ihr Atem und die Seismographen Ihres Körpers unterstützen Sie dabei.

Nehmen Sie Abschied von den „Geistern“, die Sie im Moment gar nicht gebrauchen können. Ihr Atem transportiert sie nach außen, weg vom Herzen, weg vom Bauch. Dort dürfen Sie auch bleiben, sie bedrohen Sie nicht. Sie sind (da), aber das ist in Ordnung. Konzentrieren Sie sich für heute nur darauf, was heute zu erledigen ist. Was leicht geht, was sich nach einem für Sie „guten Geist“ anfühlt.

Menschen laufen weiter, funktionieren, wenn sie „unter Strom“ sind. Tiefer liegende Muster werden wie auf Knopfdruck unbewusst abgerufen, Körper und Seele erinnern sich an die Situation und reagieren. Ein inneres Programm läuft nahezu automatisch ab. Um dieses zu erkennen und darauf Einfluss nehmen zu können, können Ihnen beide Bilder helfen: der „7. Tag“ und die „Unterscheidung der Geister“. Das erste erinnert Sie daran, dass Sie pausieren sollten. Denn die Pause allein unterbricht innere Programme. Das zweite erinnert Sie daran, dass nicht alle „Geister“ dieselbe Relevanz und Bedeutsamkeit für Sie haben. In jedem Fall gilt aber: Sie sind der Chef im Ring! Diese Thesen mögen einfach klingen. Doch wir wissen, dass die Arbeit gegen unliebsame Muster alles andere als einfach ist. Doch sie ist Ihnen möglich und diverse wissenschaftliche Ansätze machen...

Erscheint lt. Verlag 14.2.2020
Verlagsort Baden-Baden
Sprache deutsch
Themenwelt Sozialwissenschaften Pädagogik
Schlagworte Digitale Arbeitswelt • Entspannung • Fokussierung • Selbstorganisation • Spirituelle Techniken • Stressreduzierung
ISBN-10 3-8288-7299-9 / 3828872999
ISBN-13 978-3-8288-7299-8 / 9783828872998
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