Weihnachten auf Carnton (eBook)

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2019 | 1. Auflage
100 Seiten
Francke-Buch (Verlag)
978-3-96362-940-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Weihnachten auf Carnton -  Tamera Alexander
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Franklin, Tennessee, 1863: Das Leben macht es Aletta Prescott nicht gerade leicht: Nachdem ihr Mann im Bürgerkrieg gefallen ist, verliert sie nun auch noch ihre Arbeitsstelle. Zum Glück findet die schwangere Witwe mit ihrem ungestümen kleinen Sohn überraschend eine neue Anstellung im Herrenhaus von Carnton. Dort begegnet sie Captain Jake Winston, der sich von einer Schussverletzung erholt. Er ist nicht gerade erpicht darauf, der wohltätigen Frauengruppe, die auf Carnton eine Weihnachtsauktion für verwundete Soldaten ausrichtet, unter die Arme zu greifen. Doch Alettas kleiner Wildfang Andrew hat es ihm angetan. Und während äußere und innere Wunden zu heilen beginnen, scheint die nahende Weihnachtszeit ein ganz besonderes Geschenk für Jake und Aletta bereitzuhalten ...

Tamera Alexander ist für ihre historischen Romane schon mehrfach mit dem Christy Award ausgezeichnet worden, dem bedeutendsten christlichen Buchpreis in den USA. Sie lebt mit ihrem Mann und zwei erwachsenen Kindern in Nashville.

Kapitel 1

13. November 1863

Franklin, Tennessee

35 km südlich von Nashville

»Sehr schöne Stiche, Mrs Prescott.«

Aletta blickte auf. Sie war so auf ihre Arbeit konzentriert, dass sie ihren Vorgesetzten nicht hatte kommen hören. Heute Nachmittag wollte sie pünktlich aus der Fabrik kommen, denn es war ein ganz besonderer Tag und Andrew war bestimmt schon aufgeregt. Ihr Sohn brauchte diese Ermutigung. Und sie selbst auch. »Danke, Mr Bodeen, für Ihre freundlichen Worte.«

»Sie leisten immer ausgezeichnete Arbeit, Mrs Prescott. Alle Stiche sind so gerade und gleichmäßig. Einfach perfekt.«

Sie lächelte dankend, obwohl sie einen beunruhigenden Unterton in seiner Stimme hörte. Andererseits klang Mr Bodeen nie besonders fröhlich. Er war unverheiratet, nicht viel älter als sie und schien eher zu den traurigen Zeitgenossen zu gehören. Er war ein unzufriedener, melancholischer Mann. Aber wie sollte ein Mann, der gesund war und noch alle Gliedmaßen an seinem Körper hatte, auch ein gutes Selbstwertgefühl haben, von Stolz ganz zu schweigen? Schließlich hatte er beschlossen, zu Hause zu bleiben und in einer Fabrik zu arbeiten, statt sich den anderen Männern anzuschließen, die ihr Zuhause und ihre Lieben zurückgelassen hatten, um im Krieg zu kämpfen?

Wie ihr geliebter Warren.

Ihre Kehle war vor Schmerz wie zugeschnürt. Würde es immer so wehtun? Sie schluckte. Es war auf den Tag genau ein Monat, seit sie den Brief vom Kriegsministerium bekommen hatte, aber sie konnte immer noch nicht richtig glauben, dass er tot war …

»Können Sie zu mir ins Büro kommen, Mrs Prescott?«

»In Ihr Büro, Sir?« Aletta hörte mitten im Nähen auf und schaute über die Reihen der anderen Näherinnen zur Uhr an der Fabrikwand. Viertel nach vier. Es dauerte noch fast eine Stunde, bis ihre Schicht vorbei war. Dann fühlte sie die Blicke der anderen.

Als sie sich umschaute, senkten die Frauen schnell wieder die Köpfe und richteten ihre neugierigen Augen wieder auf ihre Arbeit. Bis auf eine Frau. Sie saß auf der anderen Seite der Fabrik. Aletta erkannte sie. Sie hieß Maria, wenn sie sich richtig erinnerte. Sie hatte ungefähr zur gleichen Zeit angefangen in der Chilton-Textilfabrik zu arbeiten wie sie. Maria nahm ihren Mantel und ihr Handtäschchen und wischte sich Tränen aus den Augen.

»Mrs Prescott.« Mr Bodeen deutete zur Tür. »In mein Büro bitte.«

Aletta legte das Kleidungsstück, das sie gerade nähte, weg. Es behagte ihr überhaupt nicht, es aus der Hand zu legen, obwohl es noch nicht fertig war. Aber sie hatte plötzlich das Gefühl, dass die unfertige Näharbeit ihre geringste Sorge war.

Sie folgte ihm durch den Gang und an den Reihen ihrer Kolleginnen vorbei. Das Klappern ihrer Stiefelabsätze erfüllte den Raum, in dem eine deutliche Anspannung zu spüren war.

Mr Bodeens Büro war, wie sie schnell feststellte, wesentlich besser vor der Winterkälte geschützt als die Fabrik. Sie rieb ihre Hände aneinander und war für die Wärme dankbar. Trotzdem kostete es sie große Mühe, ihre Nerven zu beherrschen. Ihre Fingerknöchel waren von den vielen Stunden, die sie nähte, steif und geschwollen. Doch wenn sie daran dachte, was Warren ertragen hatte, verstummten diese bedeutungslosen Klagen sofort.

Er hatte immer darauf geachtet, in seinen Briefen nicht zu viele Details über den Krieg zu verraten. Aber bei seinem Heimaturlaub im April – als sie ihn das letzte Mal gesehen hatte – hatte er in der Dunkelheit neben ihr gelegen und bis in die frühen Morgenstunden erzählt, was er alles erlebt hatte, von den Schlachten, vom Leben unter den Soldaten und von den unzähligen Freunden, die er im Krieg gefunden – und wieder verloren hatte. »Freunde, die mir so nahe standen wie Brüder, wenn ich welche gehabt hätte«, hatte er geflüstert, während sein warmer Atem ihre Haut berührt hatte. »Einer dieser Freunde stammt auch aus Franklin. Emmett Zachary. Du würdest ihn mögen, Lettie. Vielleicht lernst du ja irgendwann seine Frau kennen.«

So hatte sie ihn noch nie zuvor reden gehört. So offen, als wäre die Last, die auf seiner Seele lag, zu schwer geworden, um sie länger allein tragen zu können. Seine Worte hatten unauslöschliche Bilder in ihrem Kopf eingebrannt. Bilder, die sie gern vergessen würde, aber sie erinnerten sie auch an Warren.

Und sie wollte alles, was sie von ihm hatte, festhalten.

Sie hatte sich vorgenommen, Kate Zachary zu besuchen, und sie hatten sogar zweimal Tee getrunken. Aber die Stunden und Tage schienen genauso wie die Wochen dahinzufliegen und sie hatte Kate seit dem Nachmittag, an dem sie sie besucht hatte, um ihr den Brief zu zeigen, den sie vom Kriegsministerium bekommen hatte, nicht mehr gesehen. »… auf dem Schlachtfeld gefallen. Er hat für die Liebe zu seiner Heimat und zur Verteidigung seines Landes das größte Opfer gebracht«, hatte in dem Brief gestanden.

Dieser Brief war nur zwei Tage nach einem eilig geschriebenen Brief von Warren gekommen. Darin hatte er ihr mitgeteilt, dass es ihm gut gehe und dass er ihr noch zwei weitere Briefe geschrieben hatte, die er bald abschicken würde. Diese Briefe waren jedoch nie bei ihr angekommen.

Sie würde vieles geben, wenn sie diese Briefe jetzt hätte. Wenn sie ihren Mann zurückhätte.

»Bitte setzen Sie sich, Mrs Prescott.«

Aletta kam Mr Bodeens Aufforderung nach. Ihr Blick fiel auf eine handgeschriebene Liste auf seinem Schreibtisch. War es eine Namensliste? Sie versuchte, einen genaueren Blick darauf zu werfen, aber es war nicht so leicht, denn die Worte standen auf dem Kopf …

Sie war ziemlich sicher, dass Marias Name daraufstand. Das war die Kollegin, die gerade geweint hatte. Aletta schluckte und Panik machte sich in ihrer Brust breit.

»Mrs Prescott, Sie wissen, wie sehr wir Ihre Arbeit schätzen. Wie Sie …«

»Bitte nehmen Sie mir nicht meine Arbeit, Mr Bodeen! Wenn es sein muss, kürzen Sie meine Stunden, aber …«

»Mrs Prescott, ich …«

»Ich liege mit den Hypothekenzahlungen zurück, Mr Bodeen. Ich weiß jetzt schon kaum, wie ich genug zu essen auf den Tisch bringen soll. Mr Stewart im Kolonialwarenladen lässt mich immer wieder anschreiben. Aber ich weiß nicht, was ich …«

»Ich wünschte, ich könnte etwas anderes tun, Ma’am, aber …«

»Ich habe einen Sohn, Sir. Er heißt Andrew. Er ist sechs. Heute hat er Geburtstag.« Sie bemühte sich zu lächeln, aber es gelang ihr nicht. »Er wartet schon auf mich, denn wir wollen …«

»Mrs Prescott!« Seine Stimme wurde scharf. »Bitte machen Sie mir die Sache nicht noch schwerer, als sie ohnehin schon für mich ist. Sie sind eine ausgezeichnete Arbeiterin und ich habe Ihnen ein besonders gutes Empfehlungsschreiben ausgestellt. Das ist mehr, als die anderen bekommen.« Er schob ein Blatt Papier über den Schreibtisch.

Aletta war so benommen, dass sie das Blatt nur anstarren konnte. Die Worte auf der Seite verschwammen vor ihren Augen.

»In Kriegszeiten kaufen die Kunden nicht so viel Kleidung wie früher. Und es gibt einfach nicht genug Arbeit für die Näherinnen, die bei uns angestellt sind. Es tut mir leid. Sie waren eine der letzten Frauen, die wir eingestellt haben.«

»Aber Sie haben doch gerade erst meine Arbeit gelobt. Sie haben gesagt, dass ich immer ausgezeichnete Arbeit leiste.«

»Ich weiß, was ich gesagt habe, Mrs Prescott.« Er wandte den Blick ab. »Ich wollte … den Schlag abmildern.«

Sie blinzelte und legte eine Hand auf ihren Bauch. Sie fühlte sich, als hätte sie einen Boxhieb in den Magen bekommen, wie Warren sagen würde. Es hatte Wochen gedauert, bis sie diese Arbeit gefunden hatte, und das war vor fast einem Jahr gewesen. Vorher hatte sie ihre Arbeit in der Bäckerei verloren. Die wirtschaftliche Situation in Franklin war jetzt viel angespannter als früher.

Als Mr Bodeen sich erhob, stand sie ebenfalls auf, obwohl ihr Verstand wie in einem Nebel war.

»Mrs Prescott, da heute Freitag ist, können Sie Ihren Wochenlohn im Rechnungsbüro abholen, wenn Sie gehen.« Sein Entschluss stand fest.

Sie nahm das Empfehlungsschreiben, faltete es zusammen und steckte es in ihre Rocktasche.

Wenige Minuten später verließ sie die Fabrik. Sie war benommen und hatte keine Ahnung, was sie tun sollte und wohin sie gehen sollte. Aber wenigstens hatte sie ein Empfehlungsschreiben, und das brauchte sie auch, um aus der Masse der vielen Frauen, die eine Arbeitsstelle suchten, herauszuragen.

Tannenkränze zierten bereits die wenigen Schaufenster. Doch in Aletta regten sich beim besten Willen keine festlichen Gefühle. Jedenfalls nicht in diesem Jahr.

Als sie sich dem Bahnhof näherte, sah sie einen Mann, der an der Straßenecke saß. Er hielt eine Blechtasse in der Hand. Bettler waren in diesen Tagen ein gewohntes Bild. Sie bedauerte, dass sie nicht viel hatte, das sie ihm geben konnte. Als sie näher kam, stellte sie fest, dass er überhaupt nicht saß. Er war amputiert worden. Dieser Mann hatte beide Beine verloren. Als er sich umdrehte und sie anschaute, ließ sie der gequälte Blick in seinen Augen nicht los.

Er war blond und hatte eine rötliche Haut. Er hatte nicht die geringste Ähnlichkeit mit Warren. Aber sie konnte nichts anderes sehen als ihren Mann. Wie war Warren gestorben? Auf dem Schlachtfeld, das wusste sie. Aber hatte er gelitten?...

Erscheint lt. Verlag 1.8.2019
Übersetzer Silvia Lutz
Sprache deutsch
Original-Titel Christmas at Carnton
Themenwelt Literatur Historische Romane
Schlagworte Amerikanischer Bürgerkrieg • Christlicher Glaube • Gottes Beistand in schweren Zeiten • Heilung für verletzte Herzen • Kurzroman • Liebe • Trauer • Weihnachten • Wohltätigkeit
ISBN-10 3-96362-940-1 / 3963629401
ISBN-13 978-3-96362-940-2 / 9783963629402
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