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Prisoners -  George Pelecanos

Prisoners (eBook)

eBook Download: EPUB
2019 | 1. Auflage
220 Seiten
ars vivendi (Verlag)
978-3-7472-0048-3 (ISBN)
Systemvoraussetzungen
14,99 inkl. MwSt
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Der junge Michael Hudson sitzt eine Haftstrafe wegen eines bewaffneten Raubüberfalls ab, an dem er als Fahrer beteiligt gewesen war. Im Gefängnis entdeckt er, der ohne Schulabschluss auf die schiefe Bahn geraten ist, das Lesen für sich. John Steinbeck, Elmore Leonard, Short Storys: Bücher werden für ihn zu einer Möglichkeit, sich über sein eigenes Leben klar zu werden. Eines Tages wird Michael völlig unerwartet entlassen. Er weiß nicht, dass sein Verfahren von Phil Ornazian, einem skrupellosen Privatdetektiv, der seine Familie über Wasser halten muss, manipuliert wurde. Während Michael im Alltag Fuß zu fassen versucht und als Küchenhilfe jobbt, ermittelt Ornazian in einem Vergewaltigungsfall in der Washingtoner Oberschicht. Für eine illegale, bewaffnete Operation braucht Ornazian einen Fahrer - und Michael steht gewissermaßen in seiner Schuld

George Pelecanos, geboren 1957 als Sohn griechischer Einwanderer in Washington D.C., ist Kriminalschriftsteller, Journalist und Drehbuchautor. Bekannt wurde er nicht zuletzt durch seine Arbeit für die HBO-Serien The Wire und The Deuce. Bei ars vivendi erschienen seine Romane Hard Revolution (2017) und Das dunkle Herz der Stadt (2018).

George Pelecanos, geboren 1957 als Sohn griechischer Einwanderer in Washington D.C., ist Kriminalschriftsteller, Journalist und Drehbuchautor. Bekannt wurde er nicht zuletzt durch seine Arbeit für die HBO-Serien The Wire und The Deuce. Bei ars vivendi erschienen seine Romane Hard Revolution (2017) und Das dunkle Herz der Stadt (2018).

 

1

Wenn Antonius an die Fehler dachte, die sie bei dem Raubüberfall gemacht hatten, standen die Kapuzenpullis ganz weit oben auf der Liste. Vier Männer in dicken, dunklen Sweatshirts fielen bei über dreißig Grad Hitze einfach auf. Vielleicht hatte der Mann vom Geldtransporter deshalb gleich auf sie geschossen, als er aus dem Drugstore kam. Und weil sie Waffen in der Hand hielten. Tja, wären sie nicht so zugekifft gewesen, hätten sie über die Sweatshirts vielleicht noch mal nachgedacht. Und über das Wunschkennzeichen am Fluchtwagen. Das stand auch weit oben auf der Liste.

Antonius, dem die Braids auf die Schultern fielen, lehnte sich zurück und sah den privaten Ermittler an, der ihm in dem verglasten Besprechungsraum gegenübersaß. Er selbst hockte mit dem Rücken zur beigen Wand auf dem Heißen Stuhl, der Häftlingen vorbehalten war. Da er zurzeit in Isolationshaft gehalten wurde, trug er Fußfesseln. Um sie herum befanden sich weitere Glaskästen, in denen Gefangene mit ihren Anwälten, Freundinnen, Müttern oder Ehefrauen sprachen. Ein Wachmann behielt von einem Büro aus alles im Blick. Für den Fall, dass es Ärger gab, war in jedem Glaskasten neben der Tür ein Alarmknopf angebracht. Manchmal wurden die Gespräche hitzig.

»Euch muss da auf dem Parkplatz doch heiß gewesen sein«, sagte der Ermittler. Er hieß Phil Ornazian.

Antonius musterte ihn. Ein Typ mit breiten Schultern, kurzem schwarzen Haar und grau gesprenkeltem Dreitagebart. Ungefähr Anfang vierzig. Am Finger ein Ehering. Sah mit seiner Hakennase und den großen braunen Augen irgendwie arabisch aus. Antonius hatte ihn bei ihrer ersten Begegnung für einen Moslem gehalten, tatsächlich aber war Ornazian irgendeine Art Christ. Er hatte mal erwähnt, er und seine Familie gingen in eine »apostolische« Kirche. Was auch immer das war.

»Sagen Sie bloß«, erwiderte Antonius. »Im August? In Washington?«

»Die Kapuzenpullis … wessen Idee war das?«

»Wessen Idee?«

»Auf dem Überwachungsvideo steht ihr Typen in Winterklamotten auf dem Parkplatz vor dem Drugstore, und die Leute laufen in T-Shirts, Poloshirts und kurzen Hosen an euch vorbei. Ich hab mich darüber gewundert. Und würde gern wissen, wer das für eine schlaue Idee gehalten hat?«

Es war Antonius’ Busenfreund DeAndre gewesen, der darauf gedrungen hatte, dass sie mitten im Washingtoner Hochsommer schwarze Sweatshirts anzogen – die Kapuzen hochgeschlagen, um die Gesichter vor den Kameras auf dem Gebäude zu verbergen. DeAndre, der Vollidiot, der nie was hinkriegte. Der Typ würde sogar eine Geburtstagsparty bei Chuck E. Cheese’s vermasseln.

»Weiß ich nicht mehr«, sagte Antonius.

Antonius wollte nicht bockig sein. Er wusste, dass Ornazian ihm helfen sollte. Sein Verteidiger wollte DeAndre als Boss und Entscheidungsträger der Gruppe darstellen und so Antonius vor Gericht zumindest teilweise entlasten. Ornazian arbeitete für Antonius’ Anwalt Matthew Mirapaul und sollte den Dreck ausgraben, der ihm vor Gericht helfen würde. Aber Antonius würde seine Freunde nicht ans Messer liefern, obwohl DeAndre ihn und die anderen bereits verraten und reingeritten hatte. Er hielt sich an den Kodex.

»Okay«, sagte Ornazian. »Reden wir über Ihre Freundin.«

»Sherry.«

»Sie haben gesagt, Sie wären zum Zeitpunkt des Überfalls mit ihr zusammen gewesen.«

»Wir waren in meinem Wagen unterwegs. Sie hatte mich angerufen, ich sollte sie am Giant-Supermarkt an der Rhode Island Avenue im Northeast abholen, weil sie dort eine ganze Menge eingekauft hatte. Sie hat mich so gegen vierzehn Uhr angerufen, ich bin hingefahren und hab sie abgeholt, so gegen halb drei.«

»Warum war sie in einem Giant im Northeast, wenn es in Ihrer Gegend zwei Safeways gibt?«

»Sie mag den Giant.«

»Hat Sie jemand zusammen gesehen?«

»Nee. Glaube nicht. Aber, schauen Sie, wenn ich um halb drei mit ihr zusammen war, dann kann ich es nie im Leben bis drei Uhr quer durch die Stadt zur Georgia Avenue im Northwest geschafft haben, um bei dem Überfall dabei zu sein. Sie müssen sich nur die Anruflisten beschaffen, dann sehen Sie, dass sie mich um zwei angerufen hat. Das beweist, dass ich nicht dabei war.«

Ornazian sagte nichts. Natürlich bewies der Anruf nichts dergleichen. Sherry, die Freundin, hatte höchstwahrscheinlich tatsächlich wie angewiesen angerufen. Auch das war Teil des Plans gewesen. Kifferlogik, sich durch einen Anruf ein Alibi verschaffen zu wollen, gleichzeitig aber keinerlei Augenzeugen zu haben, die die Geschichte bestätigten. Denn es gab niemanden, der bezeugen konnte, dass Antonius und Sherry zur fraglichen Zeit zusammen gewesen waren.

Durch seine eigenen Ermittlungen, die der Staatsanwaltschaft und die Aufnahmen der Überwachungskameras am Parkplatz wusste Ornazian inzwischen Folgendes: Vor fast zwei Jahren hatte an einem heißen Hochsommertag ein bewaffneter Sicherheitsmann die Tageseinnahmen eines Rite-Aid-Drugstores an der oberen Georgia Avenue abgeholt und wollte das Gebäude mit den Stofftaschen in der Hand gerade wieder verlassen und zu dem gepanzerten Geldtransporter gehen, der draußen mit laufendem Motor stand.

Auf dem Parkplatz warteten vier Männer Anfang zwanzig, die sich die Kapuzen ihrer schwarzen Sweatshirts über den Kopf gezogen hatten und heftig schwitzten. Alle trugen halbautomatische Handfeuerwaffen bei sich. Der Fahrer des Geldtransporters hätte sie im Spiegel eigentlich sehen können, war aber abgelenkt, da er entgegen der Bestimmungen seines Arbeitgebers ein bei einem KFC/Taco Bell nahe der District Line erstandenes Mittagessen verzehrte.

Bei den Männern auf dem Parkplatz handelte es sich um Antonius Roberts, DeAndre Watkins, Rico Evans und Mike Young. Sie schlugen den Großteil ihrer Zeit im Keller von Antonius’ Großmutter tot, die in Manor Park ein Haus besaß, in dem auch Antonius schlief. Dort rauchten sie große Mengen Marihuana, sahen sich im Fernsehen Dokumentationen über Verschwörungstheorien an, spielten Videospiele und nahmen schlecht produzierte Rapvideos auf, manchmal kurze Clips mit Box- oder Mixed-Martial-Arts-Kämpfen, obwohl sie davon keine Ahnung hatten.

Eines Nachmittags kam irgendwer auf die Idee, zum Drugstore an der Georgia zu fahren und auszuspionieren, wie dort die Abholung der Tageseinnahmen organisiert war. Das taten sie, als Death-Row-Rapper verkleidet, an mehreren aufeinanderfolgenden Tagen. Die Geldtaschen wurden immer von einem pummeligen Typen abgeholt, der nicht den Eindruck machte, als würde er Widerstand leisten, und nicht wirkte, als könnte er rennen oder einen Hechtsprung hinlegen. Wenn man dem eine Knarre vor die Nase hält, sagte DeAndre, was soll der schon machen?

Der Sicherheitsmann hieß Yohance Brown und war bei Weitem nicht so unbeholfen und wehrlos, wie er aussah. Brown war Ex-Soldat und hatte zwei kampfintensive Einsätze im Irak absolviert. Zwar hatte er seit seiner Rückkehr in die Heimat an Gewicht zugelegt, aber ein hilfloses Opfer war er nicht.

Am Tag des versuchten Raubüberfalls waren die vier Komplizen in zwei Autos eingetroffen.

Als Yohance Brown den geschützten Eingangsbereich des Drugstores zwischen zwei automatischen Glasschiebetüren betrat, sah er die vermummten Räuber auf dem Parkplatz stehen, high wie Revolverhelden in einem Italowestern, die 9-mm-Pistolen an die Oberschenkel gedrückt. Als einer von ihnen die Waffe hob, ließ Brown die Geldtaschen fallen, zog seine Glock, zielte mit ruhiger Hand und eröffnete das Feuer. Die Räuber rannten zu ihren Wagen und schossen über die Schulter hinweg in Richtung Eingang. Später fand man im Drugstore ein plattgedrücktes Projektil in einem Twinkie. Wie durch ein Wunder blieben alle Kunden unverletzt.

Einer der Räuber, Mike Young, wurde von Brown im Rücken getroffen und später von Rico Evans wie ein nasser Sack vor der Notaufnahme des Washington Hospital Centers aus dem Wagen geworfen. Evans hatte den einem Anwohner von Park View für den Anlass entwendeten Hyundai gefahren. Young überlebte.

Antonius und DeAndre waren in den alten Toyota Corolla gesprungen, der DeAndres Cousine Rhonda gehörte, und dann auf der Georgia Avenue in nördlicher Richtung davongerast. Verkehrskameras zeichneten das Nummernschild des Corolla auf, auf dem »Alize« stand, der Name eines cognachaltigen, in gewissen Stadtteilen beliebten Likörs. Polizisten unterschiedlicher Hautfarben und Herkunft sahen sich später auf dem Revier im Fourth District immer wieder die Videoaufnahmen an und lachten sich schlapp über die Idioten, die mit einem Wunschnummernschild auf Raubtour gegangen waren, und noch mehr über das Wort »Alize«. Alle Verdächtigen waren inzwischen verhaftet und eingebuchtet worden. DeAndre Watkins verriet für eine verminderte Anklage umgehend seine Freunde. Er befand sich derzeit im vierten Stock der Haftanstalt, in der Spezialabteilung, die von den Insassen »Rattenbunker« genannt wurde.

»Wie geht’s Sherry?«, fragte Ornazian.

»Sie ist gerade ein bisschen sauer auf mich«, sagte Antonius. »Na ja, ich hab hier aus dem Knast dieses andere Mädchen angerufen, das ich kenne. Ich brauchte mal was Neues, Phil. Mit Sherry bin ich schon lange zusammen, das macht mich nicht mehr heiß. Sie wissen ja, wie das ist.«

»Sie hatten also Telefonsex mit einer Frau, die nicht Ihre Freundin ist.«

»Mhm.«

»Ich hab Ihnen schon mal gesagt, die Gefängnistelefone werden abgehört.«

»Ja, tja, Sie hatten recht. Die Feds haben mein Gespräch mit dem Mädchen aufgenommen und Sherry das Band vorgespielt, um sie wütend zu machen. Die wollen sie dazu bringen, gegen mich auszusagen. Dass...

Erscheint lt. Verlag 25.6.2019
Verlagsort Cadolzburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Amerikanisch • Gefangene • Gefängnis • George • Krimi • Kriminalliteratur • Pelecanos • Prisoners • Roman • Thriller
ISBN-10 3-7472-0048-6 / 3747200486
ISBN-13 978-3-7472-0048-3 / 9783747200483
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