Kati in Paris -  Astrid Lindgren

Kati in Paris (eBook)

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2019 | 1. Auflage
192 Seiten
Verlag Friedrich Oetinger
978-3-86274-469-5 (ISBN)
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Paris! Die Türme von Sacré Coeur, der Bois de Boulogne, die engen Gassen vom Montmartre. Lennart kennt ein Hotel, klein und billig, am linken Seineufer, in dem bereits Robespierre und Madame Curie gewohnt haben. Verliebt haben sich Kati und Lennart in Italien, aber heiraten möchten sie nur in Paris! Mit Kati in Paris liegt jetzt der dritte Band der Kati-Trilogie in neuer Überarbeitung vor.

Astrid Lindgren (1907?-?2002), in Südschweden geboren und aufgewachsen, hat so unvergessliche Figuren wie Pippi Langstrumpf, Michel aus Lönneberga, Ronja Räubertochter und viele andere mehr geschaffen. Die 'wunderbarste Kinderbuchautorin aller Zeiten' (DIE ZEIT) wurde u.?a. mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels und dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichnet.

Astrid Lindgren (1907 – 2002), in Südschweden geboren und aufgewachsen, hat so unvergessliche Figuren wie Pippi Langstrumpf, Michel aus Lönneberga, Ronja Räubertochter und viele andere mehr geschaffen. Die "wunderbarste Kinderbuchautorin aller Zeiten" (DIE ZEIT) wurde u. a. mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels und dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichnet.

KAPITEL 1


»Ich kenne ein kleines, billiges Hotel am linken Seineufer, dort können wir wohnen«, sagte Lennart und zog nachdenklich an seiner Pfeife. »Robespierre[1] hat dort gewohnt – und Madame Curie[2] – und ich.«

»Tja, wie das bergab gehen kann mit alten, feinen Hotels«, sagte Eva.

Ich selbst sagte nichts. Paris! Hochzeit in Paris – warum nicht? Von dieser Stadt hat man nur Gutes gehört. Als ich so weit gedacht hatte, fühlte ich schon, wie die Begeisterung in mir aufsprudelte. Aber ich beschloss sie wieder einzukorken und nur immer ein wenig davon herauszulassen.

»Das wäre fantastisch, aber …«

»Außerdem hat es einen großen Vorteil«, versicherte Eva. »Ich kann euch eine Brautjungfer verschaffen.«

Nun ist ja eine Brautjungfer nicht gerade das, wonach man sich in Paris als Erstes umsieht, aber ich fragte dennoch: »Kannst du das? Wen denn?«

»Unterzeichnete, Eva! Da ich meinen Urlaub unter den Brücken von Paris zu verbringen gedenke.«

Das war eine Neuigkeit.

»Ich dachte, Brautjungfern wären kleine, blondlockige Fünfjährige in rosa Tüll«, wandte Lennart ein.

»Ich kann euch eine stattliche Brautjungfer in schwarzem Rips bieten«, sagte Eva. »Take it or leave it![3]«

Wir nahmen dankbar an.

 

Dies war an einem der ersten Abende im Mai. Ein ganzer Herbst, ein ganzer Winter und ein kleines Stück Frühling waren seit jenem denkwürdigen Tag vergangen, als Lennart im Mittelmeer um meine Hand angehalten hatte. Sieben Monate lang war ich hier umhergegangen und hatte darauf gewartet, ihn heiraten zu können. Es war eine unendliche Zeit. Und wenn man dann daran dachte, dass der arme alte Jakob sieben Jahre auf Rahel gewartet hatte! In früheren Zeiten haben die Leute alles Mögliche ausgehalten. Sieben Monate waren für mich völlig ausreichend.

Lennart war keineswegs der erste Mann in meinem Leben. Er war der zweite. Und ich hoffte, dass er mit Gottes Hilfe der letzte sein würde.

Der erste hieß Jan. Erst vor einem Jahr hatte ich Jan gesagt: Nun ja, ich würde ihn wohl heiraten, aber vorher müsse ich ausprobieren, wie es wäre, selbständig zu sein und auf eigenen Füßen zu stehen, ohne einen Menschen, der sich meiner annähme und alles für mich regele.

Da kam Lennart. Und da zeigte sich, dass dies alles nur Geschwätz war.

Ich war bereit, in jeder Sekunde meine Selbständigkeit aufzugeben, und hatte keinen größeren Wunsch als jemanden zu haben, der sich meiner annahm. Vorausgesetzt, dass dieser Jemand Lennart war!

»Sieh einer an!«, sagte Eva überlegen. »Da braucht nur eine Mannsperson zu kommen und mit dem kleinen Finger zu winken – und schon ist es aus mit der Selbständigkeit!«

Eine Mannsperson – das war ungerecht! Jan war doch auch eine Mannsperson und ich hätte meine Selbständigkeit seinetwegen nicht aufgegeben, selbst wenn er mit allen zehn Fingern und auch noch mit den Zehen gewinkt hätte! Bei Lennart war es ja etwas ganz anderes. Dass Eva das nicht begriff! Aber die Ärmste war wohl auch nie ernstlich verliebt gewesen!

Man darf nicht annehmen, dass außer mir und Lennart noch irgendjemand wusste, was Liebe ist. Lennarts Mama begriff es überhaupt nicht. Sie sagte nur, man brauche Zeit, um sich gegenseitig richtig kennen zu lernen, und junge Juristen könnten es sich eigentlich nicht leisten zu heiraten, und es sei für die Karriere hinderlich, wenn man zu früh eine Familie gründe.

Nein, wisst ihr was: Wenn junge Menschen auf all das hören wollten, was alte Leute reden, so würde die Entwicklung stocken und die Erdkugel stillstehen.

»Sich kennen lernen!« Als ob ich Lennart nicht kenne! Ich weiß, er ist klug und intelligent und ruhig und zärtlich und aufrichtig, und er lacht über dieselben Sachen wie ich, und er hat einen schwermütigen Zug und einen gewissen Zug von Kindlichkeit und ist ein klein wenig eitel und überhaupt bezaubernd. »Er könne es sich nicht leisten zu heiraten« – hatte man nicht immer sagen hören, dass »zwei ebenso billig leben können wie einer«? Und was die Karriere betrifft … wartet nur ab, Lennart würde sicherlich in viel jüngeren Jahren Hofgerichtsrat werden, als sein Vater es geworden war, wenn er eine so einfallsreiche und ermunternde Frau wie Kati hatte.

Dies alles sagte ich nicht zu Lennarts Mama. Sie brachte auch nicht all ihre Einwände auf einmal vor, sie ließ nur hier und da eine kleine vorsichtige Andeutung fallen. Aber wenn Lennart mich dann nach Hause brachte, machten wir immer erst einen Umweg durch den Tiergarten, küssten uns wild und schworen, dass wir heiraten würden, sobald wir auch nur ein kleines Mauseloch zum Wohnen auftreiben könnten.

Ich hatte allerdings die Zweizimmerwohnung in der Kaptensgatan. Aber die teilte ich mit Eva und ich hatte nicht das Herz sie auf die Straße zu setzen. Jahrelang hatte sie in kleinen, schauerlichen Zimmern gewohnt und in diese Hölle konnte ich sie nicht zurückschicken. Eva war verzweifelt. Es sei schrecklich, dem Glück zweier junger Menschen im Weg zu stehen, sagte sie. Und sie kniff in ihre wohlgerundeten Hüften und seufzte: »Oh, könnte sich dies allzu feste Fleisch in Tau auflösen und verdunsten! Damit die Turteltauben ihren Taubenschlag für sich allein hätten. Wenn man doch in Rauch aufgehen könnte! Oder wenn man ein Mann wäre! Dann könnte man sich bei den Panzertruppen anwerben lassen. Aber jetzt ist man eben Stenotypistin in einem Anwaltsbüro in der Kungsgatan.«

»Ja, und dafür ist es unstreitig etwas ungünstig, bei den P 2 in Strängnäs zu liegen«, gab ich zu.

Eva hatte verzweifelt nach einer neuen Wohnung gesucht. Lennart und ich suchten noch verzweifelter. Aber so verzweifelt waren wir doch nicht, dass wir viertausend Kronen unter der Hand für eine Zweizimmerwohnung bezahlt hätten, die »teilmöbliert« war mit einer widerwärtigen, schwarzen Esszimmereinrichtung – das war eines der schönen Angebote, die wir bekamen. Unser Unwille, so leichtsinnig viertausend Kronen wegzuwerfen, beruhte vielleicht zum Teil darauf, dass wir sie nicht hatten.

Schließlich sagte ich ganz verzweifelt zu Lennart: »Wir können wohl erst heiraten, wenn es Zeit ist, goldene Hochzeit zu feiern.«

Aber da geschah etwas. Wand an Wand mit Eva und mir wohnte ein älteres Paar. Ein kleiner, reizender, rosenwangiger Herr und eine silberhaarige, sanfte, kleine Dame. Ich kannte sie so flüchtig, wie man seine Nachbarn auf demselben Treppenflur kennt. Wir grüßten uns, wenn wir uns trafen, und sagten manchmal, es sei schönes Wetter oder es sei ja mächtig kalt geworden. Es kam auch vor, dass ich der alten Dame den Marktkorb die fünf Treppen hinauftrug, wenn ich sowieso denselben Weg hatte.

Aber dann eines Samstagnachmittags im Vorfrühling, als ich vom Büro nach Hause gestürzt kam, läuteten die Glocken der Hedwig-Eleonoren-Kirche so traurig und die Frau im Milchladen erzählte mir, dass unser Nachbar, der rosenwangige Herr, gestorben sei und nun beerdigt würde. Oh, mir tat seine Frau so Leid, die jetzt ganz einsam sein würde. Und ich dachte, ich müsse bei ihr klingeln und ihr ein paar Blumen bringen. An einem anderen Tag. Nicht heute. Heute wollte ich mit Lennart essen. Nur wir beide. Und ich vergaß alle Toten und alle Einsamen wegen Lennart, der lebte und mit dem ich den ganzen Abend allein sein würde. Ich vergaß alles. Aber vierzehn Tage später traf ich die silberhaarige kleine Dame in tiefer Trauer unten an der Haustür. Das Gewissen schlug mir. Jetzt war es zu spät, ihr Blumen zu bringen. Um wenigstens etwas zu tun, nahm ich ihren Marktkorb und wir begannen unseren mühsamen Aufstieg die Treppen hinauf.

»Oh, diese Treppen!«, seufzte sie. »Aber jetzt werde ich sie bald los sein. Ich ziehe am ersten Juli zu meiner Schwester in Norrköping.«

»Ach«, sagte ich.

Da klopfte die alte Dame mir sanft auf den Arm und sagte: »Ich hörte unten im Milchladen, dass Sie heiraten wollen. Möchten Sie meine Wohnung haben? Aber Sie haben diese Treppen wohl auch satt und würden lieber in einem Haus mit Fahrstuhl wohnen?«

Ich stellte den Korb hin und starrte sie an. Dann sprudelten die Worte aus mir heraus. Ich versuchte ihr zu erklären, dass ich gern ohne Fahrstuhl ganz oben im Turm zu Babel wohnen würde, wenn ich nur eine Wohnung bekommen könnte, und dass … oh, oh, oh, ich könne mir nichts Wunderbareres denken als in der Kaptensgatan wohnen bleiben zu dürfen.

»Dann passt es ja gut«, sagte sie und nickte freundlich. »Drei Zimmer und eine erschwingliche Miete …«

Ich drückte ihren Arm und versuchte ihr zu zeigen, wie dankbar ich war. Da nickte sie wieder und sagte: »Es wäre mir ein lieber Gedanke, mir vorzustellen, dass es Ihr erstes Heim als junge Frau sein würde. Mein Mann und ich haben hier dreiunddreißig Jahre gewohnt und wir sind immer glücklich gewesen.«

Ich drückte ihren Arm nur noch fester. Oh, ich hatte doch gewusst, dass es so etwas gab! Es gab glückliche Ehen. Es gab Menschen, die zusammenhielten, die gut zueinander waren und alles teilten in dreiunddreißig langen Jahren. Und das werden Lennart und ich auch tun – am liebsten noch länger als dreiunddreißig Jahre!

Ich durfte mit hineinkommen und mir die Wohnung ansehen und ich wurde ganz wild bei dem Gedanken, wie wunderbar es werden würde, wenn nur Lennart und ich sie so einrichten könnten, wie wir wollten. Es war jetzt ein altes Heim und in seiner Art nett und gemütlich. Aber es sollte ein neues Heim werden, ein neues, schönes, behagliches und praktisches Heim – und es würde unser Heim sein, hurra!

Fünf Minuten...

Erscheint lt. Verlag 16.5.2019
Reihe/Serie Kati
Mitarbeit Cover Design: Jan Buchholz, Helma Baison
Übersetzer Else von Hollander-Lossow
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch Jugendbücher ab 12 Jahre
Schlagworte Astrid Lindgren • Eifersucht • Heirat • Herzschmerz • Hochzeit • Jugendbuch • Kati • Klassiker • Liebe • Liebesgeschichte • Liebeskummer • Paris • Reise • Romance
ISBN-10 3-86274-469-8 / 3862744698
ISBN-13 978-3-86274-469-5 / 9783862744695
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