Das Drachentor (eBook)

eBook Download: EPUB
2019 | 1. Auflage
576 Seiten
cbt Jugendbücher (Verlag)
978-3-641-24289-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das Drachentor -  Jenny-Mai Nuyen
Systemvoraussetzungen
7,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Die Tochter des Elfenkönigs und der Junge mit dem Herzen eines Drachen
Seit uralten Zeiten zwingen die Menschen die Drachen zu Gehorsam und setzen sie in ihren blutigen Schlachten ein. Doch ein unheilvoller Zauber hat von den Tieren Besitz ergriffen - immer mehr von ihnen verschwinden aus der Welt, lösen sich in Nebeltoren auf oder stürzen sich in den Tod. Nur Revyn kann sie retten: der Junge mit dem Herzen eines Drachen. Gemeinsam mit der Elfe Yelanah kämpft er darum, den Untergang der magischen Wesen aufzuhalten ...

Jenny-Mai Nuyen wurde 1988 als Tochter deutsch-vietnamesischer Eltern in München geboren. Geschichten schreibt sie, seit sie fünf ist, und mit dreizehn verfasste sie ihren ersten Roman. Als großer Fantasy-Fan hat Jenny-Mai Nuyen alles verschlungen, was es an literarischen Vorbildern gab: von Lloyd Alexander über Michael Ende bis zu Jonathan Stroud und Christopher Paolini. Seit ihrem literarischen Debüt Nijura - Das Erbe der Elfenkrone wird sie als eine der aufregendsten Entdeckungen der letzten Jahre gefeiert. Nach einem Filmstudium an der New York University lebt Jenny-Mai Nuyen heute in Berlin und widmet sich ganz dem Schreiben.

Der Krieg


Aufbruch


Der Morgen graute. Schwere Wolken hingen über den Hügelländern, denn zu dieser Jahreszeit regnete es viel. Die Nordwinde trugen bereits den Geruch von Schnee mit sich und erinnerten Alasar daran, dass der Winter kurz bevorstand. Er fröstelte und zog sich die Fellweste enger um die Brust. Für gewöhnlich reisten im Herbst die Händler von Dorf zu Dorf, um Brennholz zu verkaufen, das man weiter nördlich in den Wäldern fand. Wagenkolonnen, über und über beladen mit Holzscheiten, hielten in den Dörfern Einzug. Dann kamen ihnen die Kinder aus den Hütten entgegen und tanzten um das duftende Holz herum, sangen den Händlern ihre Lieder vor, baten um kleine Holzstückchen, aus denen sie Puppen und Drachen schnitzen wollten, und bestaunten die echten Drachen, die die schweren Wagen zogen. So war es bis jetzt vor jedem Winter gewesen, solange Alasar zurückdenken konnte.
Er blickte zum Horizont. Nur allmählich wich die Dunkelheit dem trüben Tageslicht. Ihm war kalt, trotzdem blieb er auf seinem Aussichtsposten stehen und spähte in die Ferne. So hatte er jeden Morgen der vergangenen zwölf Tage verbracht, hoch oben auf dem Felsen, und die langsam voranschreitende Dämmerung abgewartet.
Alasar blähte die Nasenflügel und witterte die Luft wie die Steppenwölfe, die nachts um sein Dorf schlichen. Der Wind schien ihm einen Geruch von Feuer und verbranntem Fleisch entgegenzutragen, den nur er riechen konnte.
Zögerlich, fast widerwillig brachen die ersten Sonnenfäden durch die Wolkendecke. Es war Tag geworden, erkannte er halb enttäuscht, halb erleichtert, ohne dass sein Wachehalten sich gelohnt hätte. Doch er wartete nicht, wie in den vergangenen Jahren, auf die Holzhändler. Nein. Es war Krieg. Er wartete auf seine Eltern und die Eltern der anderen Kinder, die hinter ihm im Dorf schliefen. Außer ihnen und den Alten, die nicht mehr hatten kämpfen können, waren sie alle vor zwölf Tagen am nördlichen Horizont verschwunden. Die Frauen, die Männer, ja, selbst die dreizehnjährigen Jungen und Mädchen: Jeder, der eine Lanze halten und einen Stein werfen konnte, verteidigte Myrdhan. Die Männer kämpften vorne in den Kriegerreihen der Armee, die Frauen lauerten ein paar Hügel entfernt mit Pfeil und Bogen, und die Jugendlichen verbargen sich dahinter, um jeden Angreifer, der bis zu ihnen durchkam, mit Steinen zu empfangen.
Alasar hatte auch kämpfen wollen. Und sei es nur bei den Dreizehnjährigen, obwohl er sicher war, dass er genauso gut bei den Männern in der Schlacht dienen konnte. Aber Alasar war erst elf, mager und dunkel, mit den scharf geschnittenen Gesichtszügen der myrdhanischen Hügelstämme.
Schließlich atmete er tief aus und drehte sich um. Seine Eltern waren also noch immer im Kampf, ebenso wie seine beiden Brüder Ganem und Vasir. Aber um die beiden sorgte er sich nicht, denn er mochte sie kein bisschen. Sie machten sich immer über ihn lustig und nahmen ihn nicht ernst, obwohl er ihnen längst überlegen war.
Er machte kehrt, um die Felsen hinunter ins Dorf zu klettern. Doch als er schon einen Fuß auf den nächsten Steinbrocken gesetzt hatte, drängte ihn ein unbestimmtes Gefühl, noch einmal zurückzublicken – es kroch ihm den Rücken hinauf wie das Echo einer Angst, die er noch nicht empfunden hatte … Er drehte den Kopf. Der Wind heulte ihm um die Ohren und ließ die struppigen Haarsträhnen vor seinen Augen tanzen. Es dauerte einen Moment, ehe Alasar sie sah.
Ein jäher Schreck durchfuhr ihn, er rutschte mit den Füßen vom Fels und sprang sogleich wieder auf. Irrte er sich? Hoffentlich, hoffentlich täuschten ihn seine Augen … Aber es war kein Irrtum.
Da, in der Ferne, kroch eine Woge flimmernder schwarzer Punkte heran. Alasars Blick fächerte über die anschwellende Flut, doch er entdeckte nicht die roten Banner, an denen er die Myrdhaner erkannt hätte. Es waren nicht seine Eltern, nicht die Mütter und Väter und Brüder und Schwestern der umliegenden Dörfer. Es waren Haradonen.
Ihr Heer war hier. Myrdhan musste die Schlacht verloren haben! Und Alasars Eltern, die Erwachsenen … Eine brodelnde Panik schwemmte alle Gedanken fort. Alasar riss sich vom Anblick des Heeres los und kletterte die Felsen hinunter. Er zitterte, schrammte sich Hände, Knie und Ellbogen am rauen Stein auf, sprang ins Gras und ignorierte dabei den Schmerz in seinen Gelenken. So schnell er konnte, rannte er auf das Dorf zu. Die Holzpflöcke, die es zum Schutz umgaben, erschienen Alasar lächerlich wie Zündhölzer angesichts der dunklen Massen, die sich darauf zu bewegten. »Alarm! Alarm, Alarm!«
Die Kinder kamen aus ihren Hütten gerannt, manche waren auf dem Arm ihrer Großeltern, die beinahe noch ängstlicher dreinblickten als die Jungen und Mädchen.
»Die Haradonen!«, schrie Alasar und riss eine Tür nach der anderen auf, bis alle Kinder die Neuigkeit gehört hatten und auf dem Dorfplatz zusammenliefen.
Alasar stürmte in seine eigene Hütte. Tausendmal hatte er sich diesen Augenblick in den vergangenen zwölf Tagen ausgemalt und trotz seines wild pochenden Herzens empfand er eine kühle Gelassenheit. Die kleine Hütte war so dunkel, wie er sie noch vor Sonnenaufgang verlassen hatte. Glutstückchen funkelten unter dem Kessel auf der Feuerstelle.
»Alasar?«, erklang eine zarte Stimme.
Er lief an das Bett, das er im Dunkeln kaum sehen konnte, und fasste nach den Händen seiner kleinen Schwester. »Keine Angst, Magaura. Wir müssen jetzt weg, so wie ich es dir gesagt habe. Erinnerst du dich?«
Sie nickte langsam. »Alles hierlassen und schnell laufen, hast du gesagt.«
Alasar nickte ebenfalls. »Ja, ja genau das habe ich gesagt. Dir wird nichts geschehen. Bleib einfach bei mir.«
»Mach ich«, flüsterte Magaura.
»Komm.« Er hob sie aus dem Bett und zog ihr Strümpfe, Kleid und Umhang an, ohne sich die Furcht anmerken zu lassen, die ihn zu größerer Hast antreiben wollte. Dann legte er sich auf den Bauch und griff mit einer Hand unter das Bett, um ein Bündel herauszuziehen. Er hatte es heimlich gepackt, als alle Erwachsenen das Dorf verlassen hatten. Wasser, Dörrfleisch, Brot und ein langes Taschenmesser waren darin eingewickelt. Er klemmte sich das Bündel unter den Arm, mit der anderen Hand ergriff er seine kleine Schwester und sie verließen das Haus. Alasar blickte nicht zurück. Er wusste, dass sie die Hütte nie wieder betreten würden, in der sie beide geboren und aufgewachsen waren. Aber diese Gedanken erreichten nur seinen Kopf, nicht sein Herz.
Auf dem Dorfplatz war Panik ausgebrochen. Weinende Kinder drängten sich zusammen und klammerten sich an die hilflosen Alten. Ein paar Greise machten sich daran, das Dorftor zu schließen. Alasar ging festen Schrittes auf die Mitte des Platzes.
»Hört zu«, rief er. »Hört mich an und heult nicht rum!« Langsam verebbte das Schluchzen, und Alasar wandte sich an die Alten, die das Tor verriegelten.
»Lasst den Unsinn! Glaubt ihr denn, das Tor hält die Haradonen auf? Wir müssen das Dorf verlassen. Ich weiß, wo wir sicher sind.«
»Was redest du, Junge – sollen wir den Haradonen vielleicht in die Arme laufen? Wo sollten wir sicher sein, wenn nicht hier?«, riefen die anderen zurück, und Alasar wartete einen Augenblick wütend ab, während man ihn weiter beschimpfte. Dann entgegnete er so bestimmt, als hätte nie jemand sein Wort angezweifelt: »Wir verstecken uns in den Felshöhlen. Ich kenne alle Höhlen im Umkreis.
Packt Essensvorräte zusammen. Dann verlassen wir das Dorf und schließen die Tore. Wenn die Haradonen kommen, warten wir, bis sie ins Dorf einbrechen. Dann schleichen wir uns von außen an und setzen es in Brand.«
Aber noch während Alasar das sagte, wusste er, dass es nie so kommen würde. Die riesige Flut am Horizont würde das Dorf unter sich begraben und verschlingen, nicht einmal ein Bruchteil davon hätte ins Dorf gepasst.
»Wir sollen unser eigenes Dorf in Brand setzen?«, rief ein Greis, doch es klang schon viel zögerlicher.
»Der Junge hat recht«, stimmte ihm eine gebrechliche Alte zu und machte sich daran, das Tor wieder zu öffnen. »Lasst uns gehen und die Haradonen überraschen, hier drinnen sitzen wir in der Falle.«
Nun begannen einige, der Alten zu helfen und das Tor zu öffnen, während andere immer heftiger protestierten.
»Wir können unser Dorf doch nicht verlassen! Was passiert mit unseren Sachen, wenn die Haradonen alles plündern?«, schrie ein Junge in Alasars Alter.
»Kommt mit uns oder bleibt hier«, sagte Alasar. »Aber wer bleibt, wird die Nacht nicht überleben.« Die Kinder schluchzten erschrocken auf. Viele schlossen sich Alasar an, weil er von der allgemeinen Angst völlig unberührt wirkte.
Man packte so viele Vorräte, Kerzen und Fackeln zusammen, wie man tragen konnte, und sammelte sich vor den geöffneten Toren. Alasar ging mit Magaura zu den Alten vor. Auch drei schwangere Frauen wollten ihm aus dem Dorf folgen.
»Und du bist ganz sicher, dass wir uns in diesen Höhlen verstecken können?«, fragte eine Frau. Bevor Alasar antworten konnte, trat Magaura vor ihn.
»Mein Bruder kennt die Felshöhlen besser als jeder andere. Immer geht er da hin mit einer Fackel und findet Salz und Quellen und Fledermäuse.«
Die Frauen nickten langsam. Magaura lächelte, froh, Alasar bewiesen zu haben, dass sie sich an die Geschichten von Salz, Quellen und Fledermäusen erinnerte, die er ihr so oft erzählt hatte.
Schließlich verließen sie das Dorf. Ein Teil der Kinder, Alten und Schwangeren...

Erscheint lt. Verlag 11.3.2019
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch Jugendbücher ab 12 Jahre
Schlagworte ab 12 • ab 13 • Bestsellerautorin • Drachenfantasy • eBooks • Elfen • Epic Fantasy • Fantasy • High Fantasy • Holly Black • Jugendbuch • Liebe • Magie • Nijura • Prophezeiung • spiegel bestseller Jugendbücher • Young Adult
ISBN-10 3-641-24289-4 / 3641242894
ISBN-13 978-3-641-24289-3 / 9783641242893
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
Wie bewerten Sie den Artikel?
Bitte geben Sie Ihre Bewertung ein:
Bitte geben Sie Daten ein:
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 4,3 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich