Jungfernmord (eBook)

Historischer Kriminalroman
eBook Download: EPUB
2018 | 1. Auflage
310 Seiten
Gmeiner-Verlag
978-3-8392-5802-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Jungfernmord -  Dagmar Hansen
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Als sich die Linnicher Herbergswirtin Edith im Frühjahr 1354 auf den Weg zur Burg Gripekoven macht, plant sie ihre geschäftstüchtige, aber säumige Magd zurück nach Hause zu holen. Doch sie kommt zu spät, das Mädchen ist tot. Obgleich sich die Belagerung der Burg anbahnt, bleibt Edith fest entschlossen, den Mörder ihrer Magd zu entlarven. Bald muss sie feststellen, dass der unerbittliche Feind nicht nur vor den Burgmauern lauert.

Dagmar Hansen wurde in Aachen geboren und ist Zeit ihres Lebens dem Rheinland verbunden geblieben. Bereits von Kind an begeisterte sie sich für alles, was Einfallsreichtum voraussetzte und im Idealfall mit Tierliebe zu verbinden war. Hinzu kam später ein tiefgehendes Interesse an der facettenreichen Heimatgeschichte und die Lust, zu recherchieren. Diese beschränkt sich längst nicht nur auf das Lesen historischer Berichte und Besichtigungen eben dieser Orte, sondern wurde auch ab und an in Mittelalterlagern gelebt. Hier mimte die Autorin, wie sollte es anders sein, eine Feldköchin. Einige ihrer gerührten Erfolge und Fehlschläge finden sich in ihren Geschichten wieder. Heute lebt die Autorin zusammen mit ihrem Mann und zwei Katzendamen im Jülicher Land.

Dagmar Hansen wurde in Aachen geboren und ist Zeit ihres Lebens dem Rheinland verbunden geblieben. Bereits von Kind an begeisterte sie sich für alles, was Einfallsreichtum voraussetzte und im Idealfall mit Tierliebe zu verbinden war. Hinzu kam später ein tiefgehendes Interesse an der facettenreichen Heimatgeschichte und die Lust, zu recherchieren. Diese beschränkt sich längst nicht nur auf das Lesen historischer Berichte und Besichtigungen eben dieser Orte, sondern wurde auch ab und an in Mittelalterlagern gelebt. Hier mimte die Autorin, wie sollte es anders sein, eine Feldköchin. Einige ihrer gerührten Erfolge und Fehlschläge finden sich in ihren Geschichten wieder. Heute lebt die Autorin zusammen mit ihrem Mann und zwei Katzendamen im Jülicher Land.

- 1 -


Vor dem Haus rollte ein Fuhrwerk vorüber, zwei Männer unterhielten sich über die Straße hinweg, jemand pfiff ein Trinklied. Dann herrschte Stille, die wenig später von dem monotonen Ruf einer Taube unterbrochen wurde. Gurru, Gurru.

Irgendetwas war anders als sonst.

Edith schlug die Augen auf.

Sie war in ihrer Kammer. Die Sonne malte helle Flecke auf den Dielenboden. Leise Stimmen drangen durch den Boden zu ihr hinauf, gemischt mit den Geräuschen, die die Zubereitung einer Mahlzeit begleiteten. Betörender Duft verriet, dass es heute Zwiebeln und Rührei geben würde. Was im Umkehrschluss bedeutete, dass es schon Mittag war. Mittag! Und dass Gäste in der Herberge waren.

Erschrocken fuhr Edith mit den Füßen in ihre Holzschuhe, die vor ihrem Bett standen. Sofort erfasste sie ein heftiger Schwindel und eine Welle der Übelkeit vertrieb augenblicklich das zarte Hungergefühl. Edith schloss die Augen, weiße Punkte tanzten wild vor dem Dunkel. Sie atmete tief und langsam, die Hände auf die Matratze gelegt, bis das flaue Gefühl verschwand. Als es ihr besser ging, unterzog sie sich und ihre Umgebung einer Bestandsaufnahme. Ihr Haar war nicht wie üblich zu einem Zopf geflochten, sondern hing ihr in feuchten Strähnen über die Schultern. Sie trug kein Kleid, nur ihr Untergewand, und dieses roch unangenehm klamm. Zwei Schaffelle, mit denen sie sich sonst nur in den Wintermonaten zudeckte, lagen über ihr Bett gebreitet.

Jemand, ihre Magd Grit vermutlich, hatte das Öltuch vom Fenster genommen, sodass kühle Luft in Ediths Kammer gelangte. Gut so. Edith versuchte, sich zu erinnern.

Sie hatte gearbeitet wie immer. Hatte Gäste bedient, dem Metzgerburschen den Korb Würste bezahlt, etwas gegessen. Ihre Gelenke schmerzten, bald darauf auch ihr Kopf.

Du bist bleich wie Milch, hatte Agnise besorgt gemeint.

Edith hatte dies aus einem Reflex heraus bestritten. Als einer ihrer Gäste vor ihr zurückwich, hatte sie sich zu gleichen Teilen geärgert und geschämt. Nachmittags war ihr flau geworden. Ihr Magen rebellierte, sie fror und schwitzte gleichzeitig. Obwohl sie es nicht wahrhaben wollte, ahnte sie, dass es auch diesmal keine normale Erkältung war. Das Wechselfieber war zurückgekehrt.

Am folgenden Morgen hatte sie sich nach unten geschleppt und das Brot aufgeschnitten. Dann war sie einfach am Tisch sitzen geblieben, zu elend, um sich noch aufzuraffen. Ihre Wangen hatten geglüht und durstig war sie gewesen, den stechenden Halsschmerz hatte sie noch in Erinnerung.

Mehr aber nicht.

Edith stemmte sich von der Bettkante hoch, überrascht davon, wie viel Kraft dies erforderte.

Mit zweiunddreißig war sie nicht mehr die Jüngste, jedoch noch vor Kurzem packte sie das Leben bei den Hörnern. Jetzt war ihr nicht danach zumute. Nur allzu gerne hätte sie sich wieder hingelegt, die Decke über sich gebreitet und die Welt Welt sein lassen. Es war nicht leicht, die Verlockung beiseitezuschieben, doch die Vorstellung von dem feuchten, nun kalten Laken half.

Edith tauschte ihr Leibchen gegen ein frisches, kramte mühevoll ein sauberes Kleid aus ihrer Truhe hervor und zurrte die Schürze um die Taille. Der Zopf geriet ihr zerzaust, aber weil ohnehin die Haube darübergestülpt wurde, war es egal.

An der Stiege, nach unten hin, wurden die Stimmen kraftvoller. Zwei gehörten Männern, die sich in dem Dialekt der Brabanter unterhielten. Kaufleute waren sie, Edith lieb und teuer. Eine Hand am Mauerwerk ging Edith vorsichtig Schritt um Schritt die Treppe hinunter. Hier unten war einfach alles von dem Zwiebelduft eingehüllt. Grit stand bei der Kochstelle und rührte mit einem Holzlöffel in dem Kessel. Ihre Aufmerksamkeit aber war auf die Männer gerichtet, die an dem Tisch neben ihr saßen. Beide hatten leere Schalen und volle Bierbecher vor sich, waren gleichsam praktisch als auch teuer gekleidet und bestens gelaunt. Es waren Guy van Leuven und sein Sohn Luik. Beide gut genährt und mit roten Wangen, erfolgreiche Tuchhändler und führende Bürger ihrer Stadt. Edith lächelte ihnen entgegen. »Die Herren van Leuven. Wie schön, dass Ihr uns beehrt.«

Grit wirbelte mitten aus dem Rühren herum, Zwiebeln rutschten vom Löffel, platschten auf den Boden. Mit zweiundvierzig Jahren war Grit nur zehn Jahre älter als Edith, aber sie gehörte zu den Menschen, die man leicht älter schätzte. Die weit aufgerissenen Augen und der dürre, lange Hals erinnerten geradezu an ein aufgescheuchtes Huhn. Ein pflichtbewusstes, das sich sofort nach den Zwiebeln bückte, aber zwischendurch immer wieder aufsah. »Edith! Meine Güte, du hättest doch rufen können. Magst du etwas essen? Oder trinken? Beides natürlich! Setz dich hin. Ich bringe dir etwas Bier. Oder Wein zur Stärkung. Ja, Wein, mit Kräutern aufgekocht. Und Brot. Oder besser etwas anderes?«

Edith hob die Hand. »Mach nur weiter, damit unsere Gäste nicht hungrig bleiben. Ein Becher Dünnbier reicht mir für den Anfang. Und wenn du so gut wärest, mir nachher einen Bottich mit Wasser nach oben zu tragen.«

»Freilich!« Die Magd presste ihre Hand auf den mageren Brustkorb. »Jessas Maria und Juppes sei Dank! Ich dachte schon, dich holt diesmal der Meister Schnitter.«

Edith bemerkte den Blick, den ihre Gäste beklommen austauschten. Das hatten die van Leuvens selbstredend verstanden. Die Händler sprachen die niederrheinische Mundart recht gut. Niemand wollte außerhalb eines Spitals mit einer Siechen unter einem Dach sein. Oder gar an deren Tisch sitzen. Zu oft gingen solche Krankheiten tödlich aus. »Ach Grit, übertreibe nicht.«

Die Magd öffnete den Mund, doch bevor ihr ein Protest über die Lippen kam, verstand sie den Wink und zog die Schultern hoch. »So bin ich. Kann nichts dafür.«

»Nicht, dass ich einen Baum ausreißen könnte. Aber mit einem Grasbüschel würde ich es jederzeit aufnehmen«, erklärte Edith betont munter. Grit leerte ihre Hand über dem Resteeimer, ging zu der kleinen Theke hinüber, nahm einen Humpen von dem Haken und machte sich daran, das Bier einzufüllen. Edith wandte sich nun mit ganzer Aufmerksamkeit und einem Lächeln ihren Gästen zu. »Ich hoffe, es liegt nicht an der Herberge, dass Ihr so lange nicht hier wart?«

Guy, deutlich sprachgewandter als sein Sohn, hob beide Hände zur Entschuldigung. »Nicht doch, Mevrouw Edith. Ihr führt ein ausgezeichnetes Haus. Keine Bettwanzen, keine Diebe, frei von losem Weibsvolk, keine Saufgelage und das Essen, ach, was soll ich sagen: Es ist vorzüglich wie daheim. Ich habe vorhin zu Luik gesagt: »Luik, wenn wir das nächste Mal kommen, bringen wir Mevrouw Edith Rheinwein mit. Eine Blase für sie und eine, damit sie uns die Flusskrebse darin kocht wie de laatste keer. Diese delicaate Saus! Ein Gedicht!« Ein Schatten huschte über Guys volle Wangen. »Oder war das bei unserem vorletzten Besuch?«

Edith legte die Zeigefinger vor ihren Lippen zusammen und dachte nach. »So oder so muss es mehr als ein Jahr her sein.«

Guy schlug die Beine übereinander, lehnte sich wieder bequemer in den Stuhl. Seine Augen strahlten fröhliche Ruhe aus. »Bald, Mevrouw Edith, werden wir jeden warmen Monat hier essen. Mit vierzehn, achtzehn Mensen, so viele eben, die es braucht, um einen Tross mit feinsten Stoffen in den Norden zu fahren. Und schafft Heu herbei, für unsere Ezel. Wir zahlen es Euch. Und sein wir tevreden, unsere freunde zijn es ook.«

Edith nickte. Sie mochte die kleinen Sprachschnitzer ebenso gerne wie den Mann, dem sie über die Lippen kamen. »Dann sei es so. Was hat sich geändert, dass Ihr wieder die Straße nehmt?«

Guy strich den Finger unter der Nase vorbei. »Mevrouw Edith, wollt Ihr mich foppen?«

»Nein. Die Wege sind unsicher, das weiß ich. Wohlhabenden Kaufleuten aus Limburg, Brabant und Gelderland wird gelegentlich von den Gripekovenern aufgelauert und sie werden gefangen genommen und erst gegen Lösegeld freigelassen.«

»Gegen heel veel Lösegeld. Aber damit ist nun Slot. Jetzt zieht Wilhelm von Jülich mit seinen Verbündeten gegen die Saubande.«

»Vater«, warf Luik sofort ein. Doch Guy winkte ab. »Es ist, wie ich es sage. Die Gripekovener sind Ritter nur dem Namen nach. Eine große Burg haben sie und Land, und viele Menschen haben bei den Brüdern Zywel Schulden. Maar sie schulden anderen noch mehr, und um das zu bezahlen, nehmen sie es von uns. Diepgeworteleld im Herzen sind diese Mannen Räuber.«

Edith sah zwischen den Brabantern hin und her. »Ein Feldzug ist schon seit Jahren im Gespräch, aber bisher liefen immer noch Verhandlungen und im Grunde glaubt niemand, dass es zu einer Einigung kommt.«

»Es ist, wie ich sage, Mevrouw. Schluss mit Reden. Der Jülicher zieht unter der Vlag des Königs. An seiner Seite sind Johann von Brabant und seine Vasallen, die Truppen des Erzbischofs von Köln, Graf Dietrich von Loen und sein Heer. Es sind viele Hundert Mannen, die sich aufmachen, die Gripekovenern das Fürchten zu lehren.« Guy legte seine fleischige Hand auf seinen Brustkorb. »Ik heb ook en donatie gegeven. Ihr versteht?«

»Eine Spende, ja. Unterstützung.« Edith wusste nicht, was davon zu halten war. Es war nicht übertrieben, als sie gesagt hatte, dass es schon jahrelang ein reges Hin und Her zwischen den verschiedenen Parteien gab. Manchmal, wenn auch nicht oft, hatten sich die berittenen Boten sogar in der Herberge getroffen und Nachrichten ausgetauscht. Oft genug ging es nur um den Zustand der Straßen und Passierzeiten oder von wo man ausgeruhte Pferde herbekam. Wenn man sich darüber hinaus ein bisschen für das Leben um sich herum interessierte, konnte man auch...

Erscheint lt. Verlag 5.9.2018
Reihe/Serie Historische Romane im GMEINER-Verlag
Verlagsort Meßkirch
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Krimi / Thriller / Horror Historische Kriminalromane
Schlagworte Burg Gripekoven • Deutschland • Edith • Edith und Hanno • Gripekoven • Hanno • Herbergswirtin • Herbergswirtin Edith • Historischer • Historischer Kriminalroman • Historischer Roman • Jülich • Nordrhein-Westfalen • Teichwirt Hanno • Wirtin • Wirtin Edith
ISBN-10 3-8392-5802-2 / 3839258022
ISBN-13 978-3-8392-5802-6 / 9783839258026
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