Cat & Cole 1: Die letzte Generation (eBook)

Sci-Fi-Roman-Reihe ab 14 Jahren

(Autor)

eBook Download: EPUB
2018 | 1. Auflage
480 Seiten
Planet! in der Thienemann-Esslinger Verlag GmbH
978-3-522-65387-9 (ISBN)

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Cat & Cole 1: Die letzte Generation -  Emily Suvada
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1 Milliarde Leben am Abgrund. 2 Menschen, die sie retten können. 1 Geheimnis, versteckt in ihrer DNA. Krankheiten, Schönheitsmakel, körperliche Einschränkungen: von der Erde gelöscht! Mensch und Technik sind verschmolzen, jeder trägt ein Panel in sich, das den eigenen Körper perfektioniert. Fast! Eine mörderische Seuche ist ausgebrochen, und nur eine einzige Person auf der Welt ist fähig, den Impfstoff zu entschlüsseln - Catarina Agatta. Gemeinsam mit Cole, dessen Körper gentechnisch verändert wurde, kommt die geniale Hackerin Cat einer Wahrheit näher, die grausamer ist als jedes tödliche Virus!

Emily Suvada wurde in Australien geboren, wo sie einen Abschluss in Mathematik gemacht hat. Wenn sie nicht gerade Algorithmen entwickelt oder sich dem Schreiben widmet, findet man sie beim Wandern, Fahrradfahren oder bei chemischen Experimenten in ihrer Küche. Im Moment lebt sie zusammen mit ihrem Ehemann in Portland, Oregon.

1


Die Sonne geht unter, und der Himmel steht in Flammen, aber nicht wegen Wolken oder Staub, sondern durch die schillernden Federn einer Million gengehackter Wandertauben. Sie segeln in wirbelnden Bögen aus Orangerot und Gold über den Himmel wie ein lebendes impressionistisches Gemälde. Ihre seltsamen Rufe klingen wie der Aufprall von Kieselsteinen an einem Fenster, und sie bewegen sich in perfektem Einklang, bis sie die Sonne verdunkeln.

Amateurprogrammierer in Nevada haben die DNA der lange ausgestorbenen Taube geklont, die Gene dann gespleißt und so etwas Neues, Gewagtes geschaffen. Schnäbel mit rasiermesserscharfer Spitze. Erhöhter Stoffwechsel. Federn, die mit der Anspannung eines einzigen Muskels ihre Farbe ändern und den ganzen Schwarm vor Gefahr warnen können.

Durch jahrelange Arbeit haben sie die Tauben in etwas verwandelt, was stärker ist als ihre Vorfahren. Sie sind schlanker, klüger, wilder.

Und ihre Schöpfer haben dafür gesorgt, dass die Vögel aussehen wie lebende Flammen.

Ich lehne mich über das Geländer der Veranda, meine Hüften gegen das Holz gedrückt, und spähe durch das Zielfernrohr des Gewehrs meines Vaters. Ohne Vergrößerung besteht der Schwarm nur aus einem Chaos getüpfelter Farbflecken, doch durch das Zielfernrohr, mit dem Sichttek, das meinen Blick schärft, kann ich in dem Strudel aus Farben die Flügel und Brüste einzelner Vögel erkennen.

»Komm schon, kleines Vögelchen«, hauche ich, als ich den Abzug drücke. Der Schuss hallt durch die Berge, und der Geruch von Schießpulver erfüllt die Luft. Es ist selbst gemachtes Schießpulver. Schwefelarm, fein, nanogedruckt im Keller und so beschaffen, um einen Beruhigungspfeil abzuschießen und mir einen Vogel vom Himmel zu holen, ohne ihn zu töten.

Der Pfeil saust durch die Luft, sogar mit meinem Tek kaum mehr als ein verschwommener Fleck. Meine Audiofilter ordnen ihn bei Mach 2 ein, was viel zu schnell ist. Meine Berechnungen waren wieder einmal falsch. Ich wende den Blick zu spät ab und sehe, wie der Pfeil eine Taube trifft und in eine Wolke aus bunten Federn verwandelt.

»Verdammt«, blaffe ich und lasse das Gewehr fallen, ohne es zu sichern. Es ist nur noch ein Briefbeschwerer von fünfzehn Kilo Gewicht, jetzt da ich ganz offiziell keine Munition mehr dafür habe. Na ja, wenn man die Kugel nicht mitzählt, die an der Kette um meinen Hals hängt. Aber das ist meine Notfallkugel, und die werde ich nur verwenden, wenn es keinen Ausweg mehr gibt.

Der tote Vogel fällt wie ein Stein, trudelt nach unten, bis er am felsigen Ufer des winzigen Sees vor der Hütte aufprallt. Der Taubenschwarm wechselt sofort die Richtung und stößt einen ohrenbetäubenden Warnschrei aus, der von den steilen Berghängen widerhallt wie eine Maschinengewehrsalve.

»Ich weiß, ich weiß«, murmele ich. Der Schwarm zerstreut sich wütend. Die Federn der Vögel wechseln zu Scharlachrot, um den Angriff anzuzeigen. Ich wollte die Taube nicht verletzen. Sie sollte ein Geschenk sein. Ein kleines gengehacktes Haustier für meine Nachbarin Agnes, um ihr Gesellschaft zu leisten. Jetzt werde ich den Vogel beerdigen müssen, weil ich ihn auf keinen Fall essen werde. Seit dem Ausbruch isst so gut wie niemand mehr Fleisch.

Die letzten zwei Jahren haben uns etwas beigebracht, was wir einfach nicht vergessen können: dass Fleisch von Tieren und Menschen sehr ähnlich schmeckt.

Das Verandageländer knirscht, als ich darüberspringe und durch den Vorgarten zu dem Federhaufen in der Nähe des Sees jogge. Eine Brise bewegt das kniehohe Gras und fegt über das Wasser, erfüllt von den Rufen der Tauben, der Kühle des Abends und dem reichhaltigen, vielschichtigen Duft des Waldes.

Ich befinde mich hier draußen in der Wildnis. Dieses abgelegene Tal tief in den Black Hills ist seit drei Jahren mein Zuhause, seit zwei Jahren meine Zuflucht vor der Seuche. Steile, baumbewachsene Berge erheben sich rechts und links des Sees. Meine heruntergekommene Hütte steht unweit des Ufers. Sie ist gut genug versteckt, dass man sie, ohne zu wissen, wo sie ist, nicht findet, aber doch nah genug an der Stadt, dass ich auf meinem Fahrrad hinfahren kann. Alles in allem ist sie der perfekte Ort, um dort die Apokalypse zu verbringen. Es gibt nur einen Nachteil: Der Sprachempfang ist zum Kotzen.

»Hey, Wildkatze. Hier … Agnes …«

Ich lege den Kopf schräg, als Agnes’ mütterliche Stimme knisternd in meinen Ohren erklingt; laut durch mein subdermales Kommlink hallt. Agnes nimmt fast täglich Kontakt zu mir auf, um zu erfahren, wie es mir geht, aber sie weigert sich, mir zu texten. Ruft immer an, obwohl ich sie nicht hören kann. Ich schließe die Augen und öffne das mentale Interface, um ihr eine Nachricht zu schicken, doch dann durchbricht ihre Stimme das statische Rauschen.

»Dringend … Gefahr …«

Ihre Stimme bricht ab. Kein Rauschen mehr, gar nichts.

Ich wirble herum und renne einen der Berghänge hinauf.

»Agnes?«, rufe ich. Verdammte russische Satelliten. Sie sind ein Jahrhundert alt, aber leider die einzigen Satelliten, die wir nutzen können, jetzt wo Cartaxus jedes andere Netzwerk auf dem Planeten übernommen hat. Zwar kann mein Kommlink in der Hütte Texte empfangen, doch jedes Mal wenn ich telefonieren will, muss ich eine halbe Meile bergauf laufen.

Wieder erklingt ein Rauschen. »… du mich … Wildkatze?«

»Warte kurz!«, rufe ich und rase den felsigen Hang nach oben. Der Pfad zwischen den Bäumen ist noch feucht vom Regen letzte Nacht. In einer Kurve rutsche ich aus und muss darum kämpfen, mich auf den Beinen zu halten.

Agnes könnte verletzt sein. Sie ist ganz allein. Dieses alte Mädchen ist bewaffnet und zäh wie altes Schusterleder, aber es gibt Dinge in der Welt, gegen die man nicht kämpfen kann. Dinge, für die es keine Heilung gibt.

»Fast da!«, rufe ich und eile die letzte Steigung hinauf. Ich stürme auf die Lichtung am Gipfel und klappe zusammen. »Agnes? Geht es dir gut? Kannst du mich hören?«

Die Stille einer Übertragungsverzögerung füllt meine Ohren, dann höre ich wieder Agnes’ Stimme. »Mir geht es gut, Wildkatze. Wollte dir keine Angst einjagen.«

Ich sinke im Gras auf die Knie und versuche, wieder zu Atem zu kommen. »Du hast mir fast einen Herzinfarkt verpasst.«

»Tut mir leid. Aber zumindest weiß ich jetzt, wie ich dich dazu bringe, deine Anrufe anzunehmen.«

Ich verdrehe die Augen und streiche mir ein paar verschwitzte Strähnen aus dem Gesicht. »Was ist so dringend?«

»Bist du auf dem Hügel?«

»Na ja, jetzt schon.«

Sie lacht leise, fast unhörbar unter dem statischen Knistern. »Ich habe gerade einen Anruf von einem der Einheimischen bekommen. Sie haben einen Jeep in der Nähe deiner Hütte gesichtet. Groß, schwarz. Siehst du von da oben irgendwas?«

Ich springe auf die Beine und lasse meinen Blick über den Wald gleiten. Von diesem Aussichtspunkt kann ich an einem klaren Tag meilenweit schauen. Die Black Hills erstrecken sich vor mir, grauer Granit unter Kiefern, mit Seen, die wie kleine Farbtupfer wirken, und einem Netz aus blätterbedeckten Straßen. Um diese Zeit vor zwei Jahren hätte ich auf dem Highway nach Osten noch einen ständigen Strom von Scheinwerfern gesehen – Pendler auf dem Weg nach Hause. Flugzeuge wären Richtung Rapid geflogen, und zwischen den Bäumen hätten die Lichter von Häusern geleuchtet. Doch jetzt sind die Hügel dunkel, und der Highway ist ein leeres, schwarzes Band.

Alle Häuser sind vernagelt und das Land mit Kratern übersät. Bei dem Anblick wird mir übel, doch nur hier habe ich Empfang.

»Keine Scheinwerfer«, murmele ich. »Könnte sein, dass sie Infrarot verwenden. Du bist dir sicher, dass es ein Jeep war?«

»Nagelneu, haben sie gesagt. Muss Cartaxus gehören.«

Mir stellen sich die Nackenhaare auf. Ich habe hier draußen noch nie zuvor einen Jeep gesehen. Cartaxus schickt seine Truppen immer in getarnten Lastwagen, mit summenden Drohnen als Luftunterstützung. Erneut lasse ich meinen Blick über den Wald gleiten; reize mein Sichttek bis zum Anschlag aus.

»Ich habe versucht, dich anzurufen«, sagt Agnes. »Ein paar Mal in den letzten Tagen.«

»War im Labor«, murmele ich, als ich über die Straßen blicke. »Wollte Schießpulver machen.«

»Das klingt gefährlich.«

Ein leises Lächeln verzieht meine Lippen, und meine Finger krümmen sich instinktiv, um über die frisch nachgewachsene Haut an meinen Handflächen zu streichen. »Es gab ein paar kleinere Explosionen. Aber nichts, womit mein Heiltek nicht fertiggeworden ist.«

Agnes schnalzt mit der Zunge. »Wildkatze. Wann hast du das letzte Mal etwas gegessen?«

»Ähm … gestern?«

»Hast du saubere Kleidung?«

Ich sehe an meinem schmutzigen Pullover und den dreckverschmierten Jeans herab. »Äh …«

»Schaff deinen Hintern sofort zu mir, junge Dame. Mir gefällt die Nachricht von diesem Jeep überhaupt nicht, und du musst mal eine Nacht aus diesem verdammten Labor raus. Jetzt sofort, hast du verstanden?«

Ich unterdrücke ein Lachen. »Okay, Yaya. Ich werde bald da sein.«

»Und wie du das wirst. Und bring deine Dreckwäsche mit.«

Mit einem Zischen verklingt die Verbindung in meinem Ohr. Ich bleibe grinsend zurück. Agnes ist nicht wirklich meine Yaya, auch wenn sie sich so benimmt. Wir teilen keine DNA. Aber wir haben Essen und Tränen geteilt – und seit dem Ausbruch ist das alles, was zählt. Manchmal glaube ich,...

Erscheint lt. Verlag 19.6.2018
Reihe/Serie Cat & Cole
Mitarbeit Designer: punchdesign Johannes Wiebel
Übersetzer Vanessa Lamatsch
Verlagsort Stuttgart
Sprache deutsch
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch Jugendbücher ab 12 Jahre
Schlagworte Andreas Eschbach • Apokalypse • Die 100 • die 5. Welle • Dystopie • Jugendbücher • Virus
ISBN-10 3-522-65387-4 / 3522653874
ISBN-13 978-3-522-65387-9 / 9783522653879
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