Basistexte Pädagogik (eBook)

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2018 | 1. Auflage
180 Seiten
wbg Academic in der Verlag Herder GmbH
978-3-534-74360-5 (ISBN)
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In dem vorliegenden Band wird eine Auswahl von Werken bereitgestellt, die sich mit den pädagogischen Grundbegriffen Bildung, Erziehung und Sozialisation auseinandersetzen. Das breite Spektrum der ausgewählten Quellentexte - von Platon, Kant und Humboldt bis zu Adorno, Foucault und Butler - ermöglicht es, komplexe Leitmotive der Pädagogik zu verstehen, historische Denkfiguren nachzuvollziehen und aktuelle Diskursfelder kritisch in den Blick zu nehmen. Zugleich dienen die Basistexte Pädagogik als grundlegender Einstieg in das Studium pädagogischer Themenbereiche und Problemstellungen. Am Ende eines jeden Abschnitts sind Fragen integriert, die der Vertiefung dienen und zu weiterführenden Reflexionen anregen sollen.

Dr. Ina Katharina Uphoff ist Akademische Rätin am Lehrstuhl für Allgemeine Erziehungswissenschaft der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. Bis 2009 war sie Vorstandsmitglied der Sektion Historische Bildungsforschung in der DGfE. Die Forschungsschwerpunkte der promovierten Pädagogin liegen u.a. in den Bereichen der Erziehungs- und Bildungsphilosophie, der Bildmedienforschung sowie der historischen Bildungsforschung.

Dr. phil. Maren Schüll ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Systematische Bildungswissenschaft der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. Sie studierte Pädagogik auf Diplom sowie Kunstpädagogik auf Magister. Ihre erziehungs- und bildungstheoretischen Forschungsschwerpunkte liegen insbesondere im Bereich der Ästhetik und Rhetorik. Dr. Ina Katharina Uphoff ist Akademische Rätin am Lehrstuhl für Allgemeine Erziehungswissenschaft der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. Bis 2009 war sie Vorstandsmitglied der Sektion Historische Bildungsforschung in der DGfE. Die Forschungsschwerpunkte der promovierten Pädagogin liegen u.a. in den Bereichen der Erziehungs- und Bildungsphilosophie, der Bildmedienforschung sowie der historischen Bildungsforschung. Dr. phil. Florian Krückel ist akademischer Rat am Lehrstuhl für Systematische Bildungswissenschaft der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. Er studierte im Rahmen eines Doppelstudiums Lehramt an Hauptschulen und Pädagogik auf Diplom. Seine Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der Erziehungs- und Bildungsphilosophie. Gerahmt werden diese Forschungszugänge durch anthropologische Überlegungen unter einer digitalen Perspektive.

B. Bildung


Bildung ist ein komplexer und vielschichtiger Begriff, der nicht kontextlos oder für alle Zeiten bestimmt werden kann. Kennzeichnend für den Begriff Bildung sind Bestimmungen oder Problemgestalten, die ihn von anderen Begriffen der Pädagogik unterscheidbar machen. Der Begriff Bildung ist relational, das heißt, er markiert ein ineinandergreifendes dreifaches reflexives Verhältnis des Menschen zu sich, zu anderen Menschen im Rahmen einer Sozialität und seiner Umwelt. Zugleich impliziert Bildung eine kritische Perspektive auf diese Verhältnisse, verbunden mit der Frage, ob sie nicht Zwecken unterworfen werden, die nicht selbst dem Zweck von Bildung entstammen. Auch gehört seit jeher zur Idee der Bildung die Möglichkeit der Gestaltung dieser Relationen. So ist die große Nähe der Bildung zu Fragen der Lebensführung, Humanität, Politik, der Freiheit des Menschen oder des guten Handelns verständlich. Der Bildungsprozess selbst nimmt Erfahrungen in den Blick, die zu einer Veränderung unserer Sichtweisen und Deutungsmuster führen. So kann der Begriff Bildung alles in allem sowohl den Prozess als auch sein Ergebnis thematisieren und aufeinander beziehen. Daher ist es seit der Antike bedeutsam, über geeignete, für die Aneignung als verbindlich erachtete Bildungsinhalte nachzudenken, auch um am Ende eine Vorstellung von Bildung und dem mit ihr verbundenen Wissen zu ermöglichen.

Mit Bildung wird vorausgesetzt, dass der Mensch als ein Wesen betrachtet wird, dessen Spezifikum nicht darin besteht, sich Vorgegebenem fraglos zu unterwerfen, sich den bestehenden Verhältnissen kritiklos anzupassen oder auf seine Umwelt lediglich zu reagieren. Vielmehr unterstellen wir dem Menschen die Möglichkeit, dass er auf eine Welt mit Sinn und Bedeutung antwortet, widerständig sein kann und so überhaupt erst – für ihn relevante – Erfahrungen macht. Solche Prozesse werden, anders als in der Erziehung oder bei der Sozialisation, nicht von außen bewirkt gedacht. Wir können einen Menschen nicht bilden, aber er kann es selbst, sich bilden. Ein Moment der Freiheit, das allein der Bildung anhaftet. Diese Bedeutung erlangt der Bildungsbegriff, mit Rückgriff auf die Antike, vor allem durch die Gedanken der europäischen Aufklärung, mit der die Freiheit und Mündigkeit des Menschen es geradezu verbieten, den Mensch als Mittel zum Zweck zu betrachten. Der Mensch ist „Zweck an sich selbst“ (Kant). Mit anderen Worten: Bildung steht der Indienstnahme des Menschen für Ideologien oder Normierungsprozesse entgegen.

Wissenschaftstheoretisch sind der Begriff sowie die Praktiken von Bildung in historischer und systematischer Hinsicht Gegenstand der Bildungstheorie und Bildungsgeschichte bzw. der historischen Bildungsforschung, die u.a. geschichtliche Auslegungen von Bildungsauffassungen sowie Erfahrungen und Konzeptionen von Bildung in den Blick nehmen und zudem Begriffs-, Problem- und Theoriefelder und mit ihnen Bestimmungen, Deutungsmuster und handlungstheoretische sowie sozio-kulturelle Implikationen thematisieren. Empirisch in einem methodisch-positivistisch engeren Sinne ist Bildung nur bedingt und nicht ohne Reduktionen erfassbar (vgl. hierzu den Text von Heid). Qualitativ und quantitativ methodische Zugriffe der empirischen Bildungsforschung suchen nach Indikatoren ihrer Erhebung. Die Ziele dieser Forschungen reichen von der effizienten Ausgestaltung des Bildungssystems bis hin zum Verständnis biografischer Prozesse.

Ein Blick in die Geschichte der Bildung zeigt die reiche Tradition des Begriffes, die u.a. antikes Gedankengut, christliche Vorstellungen vom Wiedergebildetwerden in Gott und neuzeitliche Ausdeutungen von der Selbst-zweckhaftigkeit des Menschen umfasst. Eine pädagogische Relevanz im systematischen Sinne erlangt der Bildungsbegriff Ende des 18. Jahrhunderts im Ausgang des Zeitalters der Aufklärung und im Kontext des beginnenden Neuhumanismus. Dabei wird der Begriff zu einer fundamentalen Dimension der Selbstbeschreibung des Menschen, seiner Möglichkeiten und seiner Freiheit. Zugleich wird er zu einem Identifikationsmoment des aufstrebenden Bildungsbürgertums. Im 19. Jahrhundert erhält Bildung eine zentrale Funktion im Kontext eines wachsenden und professionalisierten Bildungswesens, das mit Bildung zugleich Bildungsabschlüsse meint, die zu bestimmten Karrieren und Laufbahnen berechtigen beziehungsweise einen Zugang bieten. Infolge dieser Entwicklung verbinden wir bis heute mit Bildung die Möglichkeit, individuelle Karrierechancen zu verbessern, beruflich aufzusteigen und gesellschaftlich anerkannt zu werden. Damit wird Bildung zu einer marktfähigen Ware, zum Humankapital und zum Wirtschaftsfaktor moderner Gesellschaften. Kritisch gewendet verliert der Bildungsbegriff so seine widerständige politische Funktion im Anspruch auf Freiheit und Gleichheit zugunsten einer zunehmenden Ökonomisierung und Kontrolle von Bildungssystemen.

Platon

Die vorliegende Anthologie zum Grundbegriff Bildung beginnt mit Platons (427–347 v. Chr.) Höhlengleichnis als einem zentralen Ausgangstext für die Frage nach der Bildung des Menschen. Platon ist einer der bedeutendsten Philosophen der Antike. Er ist Schüler des Sokrates, dem großen Skeptiker, und wiederum selbst Lehrer des einflussreichen Aristoteles. Die Texte Platons gehören bis heute zum Kanon der Bildungsgeschichte, sie beeinflussten viele Denker und inspirierten pädagogische Konzeptionen.

Im Anschluss an Sokrates sind für Platon die Kunst des Fragens und die Sorge um die Lebensführung im Lichte der Tatsache zentral, dass sich die Wahrheit dem Menschen nicht von selbst offenbart, das heißt nicht ohne Nachdenken und Anstrengung zur Verfügung steht. Gerade von dem – mühevollen – Weg zur Erkenntnis handelt das Höhlengleichnis. Es ist eingebettet in Platons Werk Politeia, das als politische Theorie von der Frage nach einer guten und gerechten Einrichtung des Gemeinwesens handelt. Gegen die Gefahr des inneren Verfalls und einer politischen Bedrohung der Polis stellt Platon in der Politeia seinen Entwurf vom idealen Staat vor. Seine Überlegung münden in eine durch gebildete Philosophen geführte Regierung des Staates auf der Grundlage der „Schau der Ideen“ und der Erkenntnis der Wahrheit. Die durchaus nur für Wenige privilegierte Bildung, die vor allem Dichtung, Philosophie und Rhetorik umfasst, steht somit im Dienste der Polis.

Im Höhlengleichnis findet sich eine der ersten und wirkmächtigsten Beschreibungen für den Prozess der Bildung: Platon zeichnet ein Bild des ungebildeten Menschen als eines Gefesselten in einer Höhle, der sein Leben in Unwissenheit, Unfreiheit sowie Unmündigkeit fristet. Nacheinander wird der Zuwachs an Wissen, Einsicht und Erkenntnis über den metaphorischen Höhlenaufstieg beschrieben. Dabei verdeutlicht Platon die Anstrengungen und Gefahren, die mit Bildung verbunden sein können. Ein gutes und gerechtes Handeln als Lebens- und Staatskunst, so der Hintergrund der Politeia, ist ohne diesen Aufstieg nicht denkbar.

Wilhelm von Humboldt

Im Anschluss an Platon erscheint mit dem Textfragment Über die Bildung des Menschen von Wilhelm von Humboldt (1767–1835) das Zeitalter der Aufklärung und des Neuhumanismus auf. Die Selbst- und Weltdeutungen der Moderne sind gänzlich andere als in der Antike, dennoch bleiben zentrale Denkfiguren von Bildung vergleichbar, gleichwohl sich die konkreten Problemgestalten historisch wandeln und verschieben.

Humboldt ist einer der Hauptvertreter des sogenannten Neuhumanismus. Für ihn steht die Bildung des Menschen und seine Welt als Bildungsgegenstand, der sprachlich vermittelt werden kann, im Zentrum seines Denkens und Arbeitens. Wilhelm Humboldt ist nicht nur ein preußischer Gelehrter, sondern zugleich Staatsmann und Bildungsreformer. Er ist u.a. 1809/10 Sektionsleiter für Kultus und Unterricht im preußischen Innenministerium und legt mit dem Königsberger und Litauischen Schulplan ein Modell für ein allgemeinbildendes gestuftes Bildungssystem vor. Ferner ist er an der Gründung der Berliner Universität, die das moderne Hochschulwesen begründet, richtungsweisend beteiligt. Der historische Hintergrund des Textfragmentes ist komplex: Zum einen ruht der Text auf den Fundamenten eines aufgeklärten Bildungsverständnisses, zum anderen steht er nach der Niederlage gegen Napoleon 1806 im Kontext und Umfeld der Aufgabe eines preußischen Neubeginns. Mit der Bildung des Menschen verbindet sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts die aufgeklärte Hoffnung auf liberale politische Reformen, auf die Höherbildung des Individuums und der Kultur und den Fortschritt der Menschheit. Für Humboldt ist der Mensch – ganz im Sinne der Aufklärung – Zweck an sich selbst, kein Mittel zur Beförderung staatlicher oder ökonomischer Zwecke. Dem Individuum ist es aufgetragen, seine Kräfte „proportionierlich“ zu einem Ganzen zu bilden. Humboldt war dabei stets fasziniert von dem Gedanken der Vielfalt und opponierte Zeit seines Lebens gegen jede Einfalt und Uniformität. Für ihn bedarf Bildung der menschlichen Freiheit und der Mannigfaltigkeit der Situationen, in denen Menschen sich allererst bilden können.

Friedrich Nietzsche

Friedrich Nietzsche (1844–1900) widmet sich in seinen berühmten Vorträgen über die Zukunft unserer...

Erscheint lt. Verlag 7.3.2018
Verlagsort Darmstadt
Sprache deutsch
Themenwelt Sozialwissenschaften Pädagogik
Schlagworte Bildungstheorie • Erziehungswissenschaft • Pädagogik
ISBN-10 3-534-74360-1 / 3534743601
ISBN-13 978-3-534-74360-5 / 9783534743605
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