JACKABY - Der leichenbleiche Mann (eBook)

Ein Mystery- und Fantasy-Pageturner für Fans von Lockwood & Co
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2018 | 1. Auflage
352 Seiten
cbt Jugendbücher (Verlag)
978-3-641-20915-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

JACKABY - Der leichenbleiche Mann -  William Ritter
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Kein Fall zu selten, keine Spur zu heiß!
New Fiddleham, 1892: Es ist zehn Jahre her, dass Jenny Cavanaugh ermordet wurde, doch sie hat noch lange keine Ruhe gefunden und lebt als Geist in Jackabys Haus weiter. Als sich in New Fiddleham auf einmal Mordfälle ereignen, die Jennys Fall verblüffend ähneln, nehmen Jackaby und seine Assistentin Abigail den Fall von damals wieder auf - mit der Absicht, den aktuellen Fall dabei ebenfalls zu lösen. Ihre Suche treibt sie in die Arme eines leichenbleichen Feindes ...

William Ritter hat an der University of Oregon studiert und unter anderem Kurse in Trampolinspringen, Jonglieren und über das Italienische Langschwert aus dem 17. Jahrhundert belegt. Er ist verheiratet, stolzer Vater und unterrichtet englische Literatur. »Jackaby - Der gnadenlose König« ist der vierte Band seiner preisgekrönten Reihe um den Detektiv für ungeklärte Phänomene.

1

Jackabys unordentliches Arbeitszimmer drehte sich um mich. Schwer auf den Schreibtisch gestützt, rang ich nach Luft. Mein Kopf pochte, als hätte sich ein Eiszapfen von einer Schläfe bis zur anderen gebohrt, aber der Schmerz ließ allmählich nach. Ich öffnete die Augen. Der Stapel Akten, den zu sortieren ich den Morgen verbracht hatte, war über den Teppich verstreut, und die Ente des Hauses hockte hinter der staubigen Kreidetafel und schob sich ängstlich von einem Schwimmfuß auf den anderen.

Bloß eine einzige Akte lag zu meinen Fingerspitzen auf dem Tisch – ein Wust aus verblassten Zeitungsausschnitten und grobkörnigen Fotografien. Mein Blut hämmerte gegen die Schädeldecke, und ich versuchte, meinen Herzschlag durch langsames Ein- und Ausatmen zu beruhigen. Ich hatte den Polizeibericht über den grausamen Mord an einer unbescholtenen jungen Frau und das rätselhafte Verschwinden ihres Verlobten vor mir. Darunter steckte das gedruckte Abbild eines Hauses: ein dreistöckiges Gebäude in einer Hafenstadt in New England – eben jenes Haus, in dem ich jetzt stand –, allerdings vor zehn Jahren. Es hatte schlichter und trauriger ausgesehen, damals im Jahr 1882. Außerdem waren da noch die gesammelten Notizen meines Arbeitgebers und daneben eine Fotografie von einem leichenblassen Mann, der die Lippen zu einem niederträchtigen Grinsen verzogen hatte. Hinter ihm standen seltsame Gestalten in langen Lederschürzen und mit dunklen Schutzbrillen. Meine Augen verweilten – wie sie es schon so oft getan hatten – auf der letzten Fotografie. Eine Frau.

Mir wurde schlecht. Erneut verschwamm mein Blick für einige Sekunden. Ich atmete tief durch und zwang mich hinzusehen. Die Frau auf dem Bild trug ein elegantes Abendkleid und lag, einen Arm ausgestreckt, den anderen angewinkelt, auf dem nackten Fußboden. Um ihren Hals hing eine Kette mit einem kleinen Medaillon aus Zinn. Ein dunkler Fleck umschattete ihre Brust und sammelte sich zu einer tintenschwarzen Lache um ihren Körper. Jenny Cavanaugh. Meine Freundin. Seit zehn Jahren tot und ein Geist, schon seit ich sie kannte.

Ein sanftes Schimmern im Raum lenkte mich ab und ich riss den Blick von dem grausigen Bild los. Eine Hand Halt suchend auf den Schreibtisch gestützt, hob ich das Kinn und richtete meine Bluse, während vor mir eine geisterhafte Erscheinung Gestalt annahm. Mein Herzschlag dröhnte mir nach wie vor in den Ohren, und ich fragte mich, ob Jenny ihn ebenfalls hören konnte.

»Alles in Ordnung. Es geht mir gut«, log ich. Es geht mir überhaupt nicht gut!, schrie jede Faser in mir. »Diesmal bin ich gewappnet.« Ich bin alles andere als gewappnet!

Ich holte tief Luft. Die geisterhafte Erscheinung sah nicht überzeugt aus. »Bitte«, sagte ich. »Versuch es noch einmal.« Das ist keine gute Idee! Es ist eine schrecklich dumme Idee. Es ist

Und dann verschwand das Arbeitszimmer in einem gleißenden Nebel aus Eis und Schmerz.

Jenny Cavanaugh war tot und sie war nicht glücklich darüber. In einer Woche würde sich zum zehnten Mal der Tag jähren, an dem der Tod in ihr Haus gekommen war. Zum zehnten Mal würde sich der Tag jähren, an dem er sie in ihrem Zimmer hinterrücks überfallen und ihr Blut über die glänzend sauberen Holzdielen vergossen hatte. Howard Carson, ihr Verlobter, war in derselben Nacht verschwunden und mit ihm jeder Hinweis auf das Motiv oder den Verursacher des grausamen Verbrechens.

Vielleicht lag es am Näherrücken dieses makabren Jahrestages, aber in all den Monaten, die ich sie nun kannte, war Jenny noch nie so heftig von ihren Erinnerungen geplagt worden wie in der vergangenen Woche. Ihre unbeschwerte Art und ihr perlendes Lachen waren angespanntem Schweigen gewichen. Sie bemühte sich, den Anschein von Zuversicht zu wahren, und versicherte mir stets lächelnd, es ginge ihr gut. Doch ihre Augen verrieten den Aufruhr, der in ihr tobte – und es gab Zeiten, in denen die Maske vollends fiel. Was dahinterlag, war kein schöner Anblick.

R. F. Jackaby, mein Arbeitgeber und Spezialist für ungeklärte außergewöhnliche und übernatürliche Phänomene, nannte solche Momente Echos. Ich vermochte nicht annähernd zu erahnen, wie groß Jennys Seelenqual war, aber ich erhaschte jedes Mal einen flüchtigen Blick auf die eisige Schwärze in ihr, wenn ich Zeugin eines dieser Echos wurde. All das, was Jenny ausmachte, fiel dann von ihr ab, bis sie schließlich bloß noch ein schattenhaftes Abbild der letzten Augenblicke ihres Lebens war. Zorn und Angst überwältigten sie, weil sie das Geschehene erneut durchlebte, und rings um sie tobte ein Wirbelsturm aus Eis.

Die unergründlichen Kräfte, die für die Unversehrtheit der Seele sorgten, ließen Jenny in solchen Momenten im Stich, und was dann von ihr blieb, war nicht recht lebendig und kaum noch menschlich. Das erste Mal, als ich sie in diesen Zustand der Kälte versinken sah, war schon schlimm gewesen, aber längst nicht so schrecklich wie das letzte Mal. Je tiefer wir in ihren Fall vordrangen, desto häufiger und heftiger überfielen sie die Echos.

Wenn sie ihre Contenance schließlich wiedererlangt hatte, blickte Jenny stets mutlos und geknickt auf diese Momente zurück, verwirrt wie eine Schlafwandlerin, die aufwacht und sich auf einem Dach wiederfindet. Doch sie war zunehmend entschlossen, ihre Selbstbeherrschung zu vervollkommnen, um Antworten auf die Fragen zu finden, die sie seit ihrem Tod verfolgten, und ich war zunehmend entschlossen, ihr dabei zu helfen.

»Gehen Sie behutsam vor, Miss Rook«, mahnte Jackaby eines Abends, obwohl gewöhnlich er der Letzte war, der Vorsicht walten ließ. »Es hilft niemandem, Miss Cavanaugh dazu zu drängen, sich zu schnell oder zu weit vorzuwagen.«

»Ich bin sicher, sie vermag mehr, als wir ahnen, Sir«, sagte ich. »Wenn ich darf …«

»Sie dürfen nicht, Miss Rook«, sagte er. »Ich habe mich kundig gemacht, habe Mendels Abhandlung über halb Verstorbene gelesen sowie Havershams Gaelic Ghasts. Und Lord Alexander Reisfar hat ganze Bände über die verletzliche Seele der Untoten geschrieben. Seine Forschungsergebnisse sind wahrhaft nichts für Zartbesaitete. Wir dringen in ein Gewässer vor, das wir nicht zu stark aufwühlen sollten, Miss Rook. Um Jennys und um unseretwillen.«

»Mit Verlaub, Sir, aber Jenny ist keines der Versuchsobjekte des pedantischen Lord Reisfar. Sie ist Ihre Freundin.«

»Sie haben recht. Weil nämlich Lord Reisfars Erkenntnisse damit einhergingen, geisterhafte Versuchsobjekte dazu zu zwingen, über ihre Grenzen hinauszugehen, nur um herauszufinden, was mit ihnen geschieht – und das ist nichts, was ich zu tun beabsichtige.«

Ich stutzte. »Was geschah denn mit seinen Versuchsobjekten?«

»Was geschah«, antwortete Jackaby, »ist der Grund dafür, warum Lord Reisfar nicht mehr zugegen ist, um es Ihnen persönlich zu erzählen.«

»Sie haben ihn umgebracht?«

»Gewissermaßen. Ein wenig. Nicht im wirklich eigentlichen Sinne. Es ist kompliziert. Seine Nerven haben versagt, daher gab er die Nekropsychologie zugunsten einer weniger enervierenden wissenschaftlichen Fachrichtung auf und wurde kurz darauf vom Mantikor eines Kollegen gefressen. Möglicherweise spukt er nach wie vor in einem kleinen Rhabarberbeet in Brüssel herum. Die Kryptozoologie ist eine höchst unberechenbare Disziplin. Aber ich bleibe bei meinem Standpunkt.«

»Sir …«

»Die Angelegenheit ist entschieden. Jennys Zustand ist bestenfalls labil. Auf schmerzliche Antworten zu stoßen, ehe sie dazu bereit ist, könnte sie über eine innere Schwelle befördern, von der es kein Zurück gibt.«

Ich glaube nicht, dass meinem Arbeitgeber bewusst war, dass Jenny bereits eine innere Schwelle überschritten hatte. Bis vor Kurzem hatte sie noch gezaudert, im Fall ihres eigenen Todes zu ermitteln, und war vor stichhaltigen Antworten zurückgescheut wie ein gebranntes Kind vor dem Feuer. Als Jackaby damals mit seiner Detektei in ihr Haus eingezogen war, in das Haus, in dem sie gelebt und den Tod gefunden hatte, war Jenny alles andere als bereit gewesen. Die Suche nach der Wahrheit war zu viel für ihre Seele. Schließlich hatte sie jedoch einen Entschluss gefasst: Sie wollte unsere Dienste in Anspruch nehmen, um ihren eigenen Mord aufzuklären – und einmal getroffen, war dieser Entschluss zu ihrer treibenden Kraft geworden. Sie hatte lange genug gewartet.

Nun war es Jackaby, der die Entscheidung, ihr zu helfen, ständig hinausschob, doch sein Zögern bestärkte Jenny nur darin, sich selbst zu helfen. Zu ihrem großen Verdruss konnte Entschlossenheit allein ihr nicht zu einem Körper verhelfen, und ohne Körper konnte sie entmutigend wenig tun, um die Aufklärung ihres Falles voranzutreiben. Weshalb sie an mich herangetreten war.

Unsere ersten spirituellen Übungen waren recht harmlos gewesen, aber Jenny fühlte sich dennoch wohler, wenn wir sie durchführten, während Jackaby außer Haus war. Jenny und ich kannten uns zwar erst sechs kurze Monate, aber sie war schnell wie eine Schwester für mich geworden. Es war ihr peinlich, die Kontrolle über sich zu verlieren, und Jackaby mit seiner zunehmenden Überfürsorglichkeit machte es nur schlimmer.

Wir begannen mit dem Bewegen leichter Gegenstände, als er eines Nachmittags unterwegs war. Jenny konnte lediglich solche Dinge berühren, die zu Lebzeiten zu ihren Besitztümern gehört hatten, und nur in wenigen Ausnahmefällen hatte sie es geschafft, diese Regel zu durchbrechen. Wie wir feststellten, waren weder Konzentration noch reine Willenskraft das Entscheidende, sondern vielmehr der Blickwinkel, aus dem sie die Dinge betrachtete.

»Ich schaffe es nicht«, sagte sie, nachdem wir es eine Stunde lang versucht...

Erscheint lt. Verlag 10.12.2018
Reihe/Serie Die JACKABY-Reihe
Übersetzer Dagmar Schmitz
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel JACKABY #3 - Ghostly Echoes
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch Jugendbücher ab 12 Jahre
Schlagworte ab 12 • ab 13 • Amerika 19. Jahrhundert • Best Book of the Year Kirkus Review • Detektivgeschichte • Doctor Who • eBooks • Fantasy • Jugendbuch • Kinderkrimi • Neuengland • Pacific Northwest Book Award • Sherlock Holmes • YALSA's Book Award • Young Adult
ISBN-10 3-641-20915-3 / 3641209153
ISBN-13 978-3-641-20915-5 / 9783641209155
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