Der Clan der Otori. Die Weite des Himmels (eBook)

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2018 | 1. Auflage
704 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-7336-4970-8 (ISBN)

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Der Clan der Otori. Die Weite des Himmels -  Lian Hearn
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»Die Weite des Himmels« erzählt die Geschichte von Lord Otori Shigeru - Takeos späteren Mentors. Damit ist der Roman zugleich Anfang und Ende der großen Otori-Saga. Der junge Shigeru, von Geburt an auf seine Rolle als Clanführer vorbereitet, erkennt schnell, dass seinem Land durch machtgierige Männer große Gefahr droht. Er muss sich ganz auf seine Klugheit, seine Tapferkeit und sein gutes Herz verlassen. Die ganze Otori-Reihe auf einen Blick: »Das Schwert in der Stille« »Der Pfad im Schnee« »Der Glanz des Mondes« »Der Ruf des Reihers« Und die Vorgeschichte: »Die Weite des Himmels«

Lian Hearn wurde 1942 geboren und wuchs in Nigeria und Großbritannien auf. Sie studierte moderne Sprachen und arbeitete anschließend als Filmkritikerin und Redakteurin. Sie ist die Autorin zahlreicher Kinder- und Jugendbücher, für die sie mehrfach ausgezeichnet wurde. Ein lebenslanges Interesse an Japan und seiner Kultur führte dazu, dass sie Japanisch lernte und das Land unzählige Male bereiste. Lian Hearn lebt heute in Goolwa, Australien.

Lian Hearn wurde 1942 geboren und wuchs in Nigeria und Großbritannien auf. Sie studierte moderne Sprachen und arbeitete anschließend als Filmkritikerin und Redakteurin. Sie ist die Autorin zahlreicher Kinder- und Jugendbücher, für die sie mehrfach ausgezeichnet wurde. Ein lebenslanges Interesse an Japan und seiner Kultur führte dazu, dass sie Japanisch lernte und das Land unzählige Male bereiste. Lian Hearn lebt heute in Goolwa, Australien. Irmela Brender, Journalistin und Verlagslektorin, ist seit 1970 freie Schriftstellerin. Zahlreiche Kinder- und Jugendbuchpublikationen, Funkfeatures und Übersetzungen.

Kapitel 2


Das waren die Jahre, in denen der Kriegsherr Iida Sadayoshi, der so viele Stammesangehörige einschließlich Kikuta Kotaro beschäftigte, den Osten der Drei Länder zu einen suchte und weniger bedeutende Familien und Clans zwang, sich dem dreifachen Eichenblatt der Tohan zu unterwerfen. Das Mittlere Land hatte seit Jahrhunderten den Otori gehört und der gegenwärtige Führer des Clans, Lord Shigemori, hatte zwei junge Söhne, Shigeru und Takeshi, sowie zwei unzufriedene und ehrgeizige Halbbrüder, Shoichi und Masahiro.

Im Jahr von Takeshis Geburt war Lady Otori zweiunddreißig geworden; viele Frauen hielten in diesem Alter bereits ihre Enkel im Arm. Sie war mit Shigemori verheiratet worden, als sie siebzehn war und er fünfundzwanzig. Fast sofort hatte sie ein Kind empfangen und große Hoffnung auf eine rasche Sicherung der Erbfolge ausgelöst, doch das Kind, ein Junge, wurde tot geboren, und das nächste, ein Mädchen, lebte nur wenige Stunden nach der Geburt. Mehrere Fehlgeburten folgten, alle diese sogenannten Wasserkinder wurden der Obhut von Jizo anvertraut. Anscheinend war ihr Leib zu schwach, um ein Kind bis zuletzt auszutragen. Ärzte, dann Priester wurden konsultiert, schließlich zog man einen Schamanen aus den Bergen hinzu. Die Ärzte verschrieben Nahrung, die den Leib stärken sollte: klebrigen Reis, Eier und vergorene Sojabohnen; sie rieten davon ab, Aal oder irgendeinen anderen Fisch zu essen, und brauten Tees, die beruhigend wirkten. Die Priester sangen Gebete und füllten das Haus mit Weihrauch und Talismanen von fernen Schreinen. Der Schamane band eine Strohschnur um Lady Otoris Bauch und verbot ihr, die Farbe Rot anzuschauen, damit sie in ihrem Leib nicht wieder den Wunsch zu bluten weckte. Lord Shigemoris älteste Gefolgsleute empfahlen ihm insgeheim, sich eine Konkubine – oder mehrere – zu nehmen, doch seine Halbbrüder Shoichi und Masahiro waren gegen diese Idee und machten geltend, dass bei den Otori die Erbfolge immer an legitime Nachfolger gegangen sei. Andere Clans mochten ihre Angelegenheiten anders regeln, doch die Otori stammten schließlich von der kaiserlichen Familie ab und ein illegitimer Erbe würde sicher den Kaiser beleidigen. Das Kind könnte natürlich adoptiert und damit legitimiert werden, doch Shoichi und Masahiro fühlten sich ihrem älteren Bruder so wenig verbunden, dass sie ihre eigenen Vorstellungen über das Erbe hatten.

Chiyo, die älteste Dienerin in Lady Otoris Haushalt, ihre einstige Amme, die sie aufgezogen hatte, ging heimlich in die Berge zu einem Schrein, der Kannon gewidmet war. Sie brachte einen Talisman zurück, der, aus Pferdehaar und Papierstreifen gewoben, nicht mehr als eine Spinnwebe wog und einen Zauberspruch barg, den sie in den Saum des Nachtgewands ihrer Herrin stickte, ohne jemandem etwas davon zu erzählen. Als das Kind empfangen war, sorgte Chiyo dafür, dass ihre eigenen Regeln für eine sichere Schwangerschaft befolgt wurden: Ruhe, gute Ernährung und keinerlei Aufregung, keine Ärzte, Priester oder Schamanen. Lady Otori war niedergeschlagen wegen ihrer vielen Fehlgeburten und hatte wenig Hoffnung für das Leben dieses Kindes – eigentlich wagte kaum jemand, auf einen lebendigen Säugling zu hoffen. Als dann ein Junge geboren wurde, noch dazu mit allen Anzeichen von Überlebenskraft, zeigte sich Lord Shigemori überglücklich und erleichtert. Lady Otori war überzeugt, dass das Kind nur zur Welt gekommen war, um ihr wieder genommen zu werden, und konnte es nicht stillen. Chiyos Tochter hatte gerade ihren zweiten Sohn geboren und wurde die Amme des Jungen, der mit zwei Jahren den Namen Shigeru bekam.

Zwei weitere Fehlgeburten wurden der Obhut von Jizo anvertraut, bevor Chiyo erneut eine Pilgerreise in die Berge machte. Diesmal nahm sie die Nabelschnur von Shigeru als Opfergabe für die Göttin mit und trug bei der Rückkehr einen weiteren gewebten Talisman bei sich.

Shigeru war vier, als sein Bruder geboren wurde. Der zweite Sohn wurde Takeshi genannt – die Otori bevorzugten Namen mit Shige und Take, die ihre Söhne an die Bedeutung von Land und Schwert erinnerten, an die Segnungen des Friedens und an die Freuden des Kampfes.

Die legitime Erbfolge war somit zur großen Erleichterung aller gesichert, außer möglicherweise Shoichi und Masahiro, die ihre Enttäuschung hinter der gefassten Haltung verbargen, die von der Kriegerklasse erwartet wurde. Shigerus Erziehung folgte der strengen, disziplinierten Tradition der Otori, die bei Männern Mut und physische Gewandtheit, scharfe Intelligenz, geistige Wachheit, Selbstkontrolle und Höflichkeit schätzten, bei Kindern Gehorsam. Er erhielt Unterricht im Reiten, im Gebrauch von Schwert, Bogen und Speer, in Kriegskunst und Strategie, Regierungskunst und Geschichte des Clans sowie in der Verwaltung und Besteuerung seiner Ländereien.

Dieser Besitz umfasste das ganze Mittlere Land vom nördlichen bis zum südlichen Meer. Im Norden war die Hafenstadt Hagi die Residenz der Otori. Handel mit dem Festland und Fischerei im Nordmeer sorgten für den Wohlstand der Bewohner. Handwerker aus Silla auf dem Festland siedelten sich hier an und führten viele kleine Industrien ein, vor allem die Töpferei mit ihren schönen Erzeugnissen. Der Ton, der hier gefunden wurde, hatte eine besondere Farbe, die den hellen Glasierungen den Glanz eines schönen Teints verlieh. Yamagata in der Landesmitte war die zweitwichtigste Stadt, reger Handel wurde auch im Süden vom Hafen in Hofu aus getrieben. Von den Drei Ländern war das Mittlere Land das reichste, und das bedeutete, dass es von seinen Nachbarn immer begehrlich betrachtet wurde.

 

Im vierten Monat des Jahres nach Kikuta Isamus Tod besuchte der zwölfjährige Otori Shigeru seine Mutter, wie er es einmal in der Woche zu tun pflegte, seit er das Haus seiner Kindheit verlassen hatte und als Erbe seines Vaters im Schloss lebte. Das Haus lag auf einer kleinen Landspitze kurz vor der Vereinigung der Zwillingsflüsse, die Hagi umkreisten. Die Bauernhöfe und Wälder am gegenüberliegenden Ufer gehörten der Familie seiner Mutter. Das Haus war aus Holz erbaut, die Veranden rundum waren von niedrigen Dachvorsprüngen überdeckt. Der älteste Teil trug ein Strohdach, doch Shigerus Großvater hatte einen Anbau hinzufügen lassen mit einem zweiten Stockwerk und einem Dach aus Rindenschindeln, einem Raum im Obergeschoss und einer Treppe aus polierter Eiche. Obwohl Shigeru noch nicht volljährig war, trug er ein kurzes Schwert im Gürtel seines Gewands. Da der Besuch bei seiner Mutter einen gewissen offiziellen Charakter hatte, war er an diesem Tag entsprechend gekleidet mit dem Otorireiher auf dem Rücken seiner weitärmeligen Jacke und geteilten weiten Hosen unter dem langen Gewand. Er wurde in einer schwarz lackierten Sänfte mit Seitenwänden aus gewebtem Schilfgras und geölten Seidenvorhängen getragen, die er immer hochrollte. Er wäre lieber geritten – er liebte Pferde –, doch als Erbe des Clans wurden gewisse Förmlichkeiten von ihm erwartet, und er gehorchte, ohne sie in Frage zu stellen.

In einer zweiten Sänfte begleitete ihn sein Lehrer Ichiro, ein entfernter Cousin seines Vaters, der für Shigerus Erziehung verantwortlich war, seit der vierjährige Junge seinen herkömmlichen Unterricht in Lesen, Schreiben mit dem Pinsel, Geschichte, den klassischen Künsten und Poesie begonnen hatte. Die Sänftenträger liefen durch das Tor. Alle Wachtposten traten vor und fielen auf die Knie, als die Sänfte abgesetzt wurde und Shigeru ausstieg. Er dankte für ihre Verbeugungen, indem er leicht den Kopf neigte, und wartete respektvoll, bis Ichiro seine Sänfte verlassen hatte. Der Lehrer war an eine sitzende Lebensweise gewohnt und litt bereits unter Gelenkschmerzen, die ihm manche Bewegungen erschwerten. Der alte Mann und der Junge blieben einen Augenblick stehen und betrachteten den Garten, beide empfanden die gleiche jähe Freude. Gerade blühten die Azaleen, und ein roter Schimmer überglänzte die Büsche. Um die Teiche standen weiße und violette Iris, die Blätter der Obstbäume prangten in frischem Grün. Ein Bach floss durch den Garten und rotgoldene Karpfen flitzten unter der Oberfläche. Von draußen kam das Geräusch des Flusses, ein sanftes Wellenschlagen – und unter dem Blumenduft lag der vertraute Geruch nach Schlamm und Fisch.

In der Mauer war ein Bogen, durch den der Bach in den Fluss dahinter floss. Ein Gitter aus zusammengebundenen Bambusstäben stand gewöhnlich vor der Öffnung und versperrte streunenden Hunden den Zugang zum Garten – Shigeru bemerkte, dass es zur Seite gezogen war, und lächelte insgeheim, weil er sich erinnerte, wie er selbst auf diesem Weg zum Flussufer gegangen war. Takeshi spielte wahrscheinlich draußen, vermutlich bekämpften sich zwei Gruppen mit Steinwürfen, und seine Mutter machte sich Sorgen um ihn. Auf Takeshi wartete eine Strafpredigt, weil er nicht in seinen besten Sachen bereitstand, um den älteren Bruder zu begrüßen, aber Mutter und Bruder würden ihm rasch verzeihen. Beim Gedanken an das Wiedersehen mit seinem Bruder wurde Shigeru noch heiterer.

Chiyo rief einen Willkommensgruß von der Veranda, Shigeru drehte sich um und sah neben ihr eine Dienerin, die mit einer Wasserschüssel auf den Brettern kniete und darauf wartete, den Ankömmlingen die Füße zu waschen. Ichiro stieß einen tiefen, befriedigten Seufzer aus, lächelte so breit wie nie im Schloss und ging auf das Haus zu – doch bevor Shigeru ihm folgen konnte, ertönte ein Schrei jenseits der Gartenmauer und Endo Akira kam platschend durchs Wasser gerannt. Er war von Schmutz bedeckt und blutete an Stirn und Hals.

»Shigeru!...

Erscheint lt. Verlag 25.4.2018
Reihe/Serie Clan der Otori
Übersetzer Irmela Brender
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch Jugendbücher ab 12 Jahre
Schlagworte Asien • Clanführer • Drei Länder • Herrscher • Intrigen • Kampfkunst • Kindheit • Kriegskunst • Lord Otori Shigeru • Mentor • Prequel • Takeo • Vorgeschichte
ISBN-10 3-7336-4970-2 / 3733649702
ISBN-13 978-3-7336-4970-8 / 9783733649708
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