Miss Daisy und die tote Sopranistin (eBook)

Kriminalroman

(Autor)

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2016 | 1. Auflage
239 Seiten
Aufbau digital (Verlag)
978-3-8412-1185-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Miss Daisy und die tote Sopranistin - Carola Dunn
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Tödliches Debüt in der Royal Albert Hall. Mord im Konzert! Bei ihrem Debüt in der Londoner Royal Albert Hall im Jahre 1923 bricht die Mezzosopranistin Betsy tot auf der Bühne zusammen. Miss Daisy Dalrymple, eine junge Adlige mit journalistischen Ambitionen, und ihr Freund Alec Fletcher von Scotland Yard ermitteln - und erweisen sich schnell als findige Experten für komplizierte Künstlerseelen und skandalöse Affären. Aber bis geklärt ist, wer Betsy vergiftete, erleben die beiden so manche bedrohliche Überraschung... 'Carola Dunn liefert in der Miss Daisy-Serie alles, was man sich als Krimi-Leser wünscht: Aristokraten, die den Skandal fürchten, dienstbare Butler, einen äußerst attraktiven und erfolgreichen Kommissar, dazu eine überaus charmante Hauptfigur.' The Oregonian.

Carola Dunn wurde in England geboren und lebt heute in Eugene, Oregon. Sie veröffentlichte mehrere historische Romane, bevor sie die »Miss Daisy«-Serie zu schreiben begann.

Im Aufbau Taschenbuch sind folgende Titel erhältlich:

Miss Daisy und der Tote auf dem Eis
Miss Daisy und der Tod im Wintergarten
Miss Daisy und die tote Sopranistin
Miss Daisy und der Mord im Flying Scotsman
Miss Daisy und die Entführung der Millionärin
Miss Daisy und der Tote auf dem Wasser
Miss Daisy und der tote Professor
Miss Daisy und der Mord im Museum
Miss Daisy und der Tote auf dem Luxusliner
Miss Daisy und der Tote im Chelsea Hotel
Miss Daisy und der Mord unter dem Mistelzweig.

1


Als Daisy die Hand zum zweiten Mal nach dem glänzenden Messingklopfer ausstreckte, öffnete sich die dunkelgrüne Haustür.

»Ach, Sie sind es, Daisy. Kommen Sie doch herein«, forderte Muriel Westlea sie gleich auf, und ihr Lächeln auf dem schmalen, immerzu besorgt wirkenden Gesicht schien um Verzeihung zu bitten. Sie war eine etwas verwelkte Frau in den frühen Dreißigern, und ihr braunes, fleckiges Musselinkleid, das schon bessere Zeiten gesehen hatte, wirkte unscheinbar. »Bitte entschuldigen Sie die Wartezeit, aber unser Dienstmädchen hat heute Ausgang. Sie haben ja noch nicht einmal einen Mantel an.«

»Das macht gar nichts, ich wohne ja schließlich nebenan. Außerdem ist heute doch ein prachtvoller Tag. Bald blühen die Narzissen. Der Frühling ist einfach wunderbar.« Daisy trat in das Haus. Die Sonne schimmerte durch die viktorianische Buntglas-Lünette und die Buntglas-Fenster links und rechts von der Tür und warf grüne und lilafarbene Flecken auf die weißen Wände und das gebohnerte Parkett. Auf dem Dielentisch stand eine Vase mit scharlachroten Rosen aus dem Gewächshaus.

»Von einem von Betsys – Bettinas Verehrern«, sagte Muriel, die Daisys Blick gefolgt war. »So schön wie Freilandrosen duften sie nicht.«

»Nein, aber sie sind trotzdem zauberhaft. Der richtige Name Ihrer Schwester ist doch Elizabeth, nicht wahr?«

»Ja. Als Kind hab ich sie immer Betsy genannt, und ich kann es mir einfach nicht abgewöhnen.«

»Ich weiß, ich hab auch ewig gebraucht, bis ich Lucy nicht mehr mit ihrem Spitznamen aus der Schule gerufen habe. Sie findet ihn so gräßlich, daß ich ihn lieber nicht verrate.«

Daisy streckte Muriel ein leeres Marmeladenglas entgegen. »Ich fürchte, ich komme heute als Bettlerin. Ich will gerade einen Geburtstagskuchen für Lucy backen und habe gemerkt, daß ich nicht mehr genug Mehl habe. Glauben Sie, Ihre Köchin könnte ein Viertelpfund erübrigen?«

»Aber selbstverständlich. Kommen Sie doch in die Küche.« Muriel führte sie zur Dienstbotentreppe am hinteren Ende des Flurs. Irgendwo aus den Tiefen des Hauses hörte man, wie eine Frau zu Klavierbegleitung sang. »Wann hat Lucy denn Geburtstag?«

»Morgen. Ich backe einen Biskuitkuchen, weil der so leicht ist, und sie achtet ja immer so auf ihre Figur. Ihre Disziplin möchte ich haben«, fügte Daisy ironisch hinzu. »Diese Figur ohne Busen und Hintern werde ich nie haben.«

»Das würde Ihnen auch gar nicht stehen«, tröstete sie Muriel. »Und außerdem wird sich die Mode bestimmt irgendwann wieder ändern.«

Sie öffnete die mit grünem Bois bespannte Tür, und plötzlich wurde die Musik lauter. Die Carmen warnte ihren Liebhaber: »Si je t’aime, prends garde à toi!«

»Ihre Schwester hat ja eine wunderschöne Stimme!«

»Das ist nicht Betsy, das ist Olivia Blaise, eine von Rogers Schülerinnen.«

»Blaise? Der Name kommt mir bekannt vor. Kann es sein, daß sie schon einmal bei Lucy war, um sich porträtieren zu lassen?« fragte Daisy, während sie die Treppe hinuntergingen. »Mr. Abernathy hat sie einer ganzen Reihe seiner Schüler empfohlen. Unglaublich nett von ihm. Es muß wunderbar sein, von Musik umgeben zu leben«, fügte sie hinzu, als das Klavier zu einer weiteren Arie der Carmen aufspielte.

Muriel seufzte. »Wenn man nur die Musik hätte, ohne die Launen der Künstler! Man sollte sich niemals in Künstler verlieben. Jedenfalls nicht in Solisten. Unbedeutende Chorsänger wie ich sind da natürlich unkomplizierter.«

Daisy platzte vor Neugier und hätte gern gefragt, ob Bettina wirklich so temperamentvoll war wie die meisten Künstler. Beinahe wäre sie der Versuchung, alles Taktgefühl in den Wind zu schreiben, erlegen, doch in dem Moment erreichten sie die Küche.

Die Köchin füllte Daisys Marmeladenglas mit Mehl, und als Daisy zugab, noch nie eine Biskuittorte gebacken zu haben, gab sie ihr sogar ein paar gute Ratschläge. »Das Wasser kocht gerade, Miss Westlea«, sagte sie dann. »Möchten Sie einen Tee?«

»Bleiben Sie noch auf eine Tasse da?« fragte Muriel voller Hoffnung.

»Das würde ich gern, aber ich hab doch schon den Ofen angestellt und die Eier in eine Schüssel geschlagen. Ich glaube, ich sollte lieber wieder zurück.«

»Ja, dann müssen Sie wohl gehen.« Enttäuscht führte Muriel sie wieder hinauf in den Korridor.

Diesmal war der Gesang von der anderen Seite der boisbezogenen Tür zu hören. Er kam aus einem Zimmer, das am Ende des Korridors in der Nähe der Haustür lag.

»Judex ergo cum sedebit,

quidquid latet apparebit:

Nil inultum remanebit!«

Daisy verstand zwar die Worte nicht, fand aber, daß sich die klangvolle Stimme regelrecht boshaft anhörte.

»Jetzt hören Sie Betsy. Verdis Requiem. Das ist der Teil über das Jüngste Gericht. Wenn ›nichts vor der Strafe flüchten‹ kann. Das singt sie demnächst in der Royal Albert Hall. Meistens tritt sie in Opernhäusern in der Provinz auf. Deswegen ist dieses Konzert eine einzigartige Gelegenheit für sie. Wirklich wichtige Menschen werden sie hören.«

»Ich hoffe, daß alles gutgeht«, sagte Daisy aus Höflichkeit. Sie hatte Bettina Westlea – auch bekannt als Mrs. Roger Abernathy – nur einige Male gesehen, aber begeistert war sie von ihr nicht. Eigentlich hielt sie die Sopranistin sogar für ziemlich überspannt.

»Sie hat eine herrliche Stimme«, sagte Muriel loyal, »und außerdem ist sie wunderschön. Perfekte Voraussetzungen für eine Opernsängerin also. Es ist nur die Frage, wann endlich einmal die richtigen Menschen auf sie aufmerksam werden. Ach, glauben Sie, Lucy würde sich über zwei Konzertkarten zum Geburtstag freuen? Betsy hat ein paar Gratiskarten übrig. Das Konzert ist am nächsten Sonntag, eine Matinee. Um genau zu sein: am 18. März 1923 um drei Uhr nachmittags wird Bettina ihren Triumph feiern.«

»Ich weiß nicht, ob Lucy Zeit hat, aber ich würde sehr gern ins Konzert gehen.«

»Dann sollen Sie die Karten haben.« Ihr Lächeln ließ Muriel um Jahre jünger und fast hübsch wirken. »Sie sind unten im Musikzimmer. Ich bringe sie Ihnen später vorbei.«

» Großartig! Werden Sie auch mitsingen?«

»Ja, im ProMusica Chor. Roger ist übrigens unser Chorleiter.«

Während Muriel noch die Hand zur Türklinke ausstreckte, um Daisy zu verabschieden, klopfte es. Der junge Herr auf der Schwelle war großgewachsen und schlank und sah ausgesprochen gut aus. Sein blaßgrauer Straßenanzug war hochmodisch und hervorragend geschnitten. Allerdings hingen ihm seine braunen Haare, die viel zu lang für die derzeitige Mode waren, bis auf den Kragen hinab. Dort war statt einer Krawatte ein Halstuch aus weißer Seide zu sehen, und sein Hemd sowie das Taschentuch in der Brusttasche waren fliederfarben. Eindeutig ein Mitglied der Bohème von Chelsea.

Daisy erkannte ihn nicht. Das Automobil allerdings, das sie hinter ihm im Mulberry Place erspähte, war ihr vertraut: ein kastanienbrauner Leyland Eight mit der bekannten langen, rechteckigen Motorhaube.

Er lupfte seinen grauen Homburg. » Guten Tag. Ich wollte Miss Blaise abholen.«

»Kommen Sie doch herein«, sagte Muriel ohne großen Enthusiasmus. Mit starrer Miene trat sie zur Seite. »Miss Blaise müßte jeden Moment fertig sein. Daisy, kennen Sie Mr. Cochran? Er wird den Verdi dirigieren. Unsere Nachbarin, Miss Dalrymple«, stellte sie Daisy vor, und der Dirigent verbeugte sich leicht. Dabei warf er einen fragenden Blick auf das Marmeladenglas.

»Sie wohnen nebenan? Dann müssen Sie die Photographin sein, die mir Abernathy für meine Presseaufnahmen empfohlen hat.«

»Das ist meine Freundin, Miss Fotheringay. Sie ist sehr gut.«

»Ich hätte auch selbst gern mit ihr zusammengearbeitet, aber meine Frau hat sich dann für einen Photographen entschieden, der früher schon einmal Aufnahmen von ihr gemacht hat.«

Daisy nickte. Plötzlich wurde die Tür zum Wohnzimmer aufgerissen. »Muriel, Himmel noch mal, wie soll ich bitteschön bei diesem Lärm proben?« fragte Bettina verärgert. »Wer …? Ach, Sie sind’s, Eric.« Sie lächelte wie eine Katze, die gerade eine Maus gefangen hat. »Sind Sie gekommen, um die liebe Olivia abzuholen? Hoffentlich freut sie sich auch, Sie zu sehen.«

Mr. Cochran lächelte, doch war es ein schwaches, geradezu verunglücktes Lächeln. Die goldenen Locken, die ein ovales Gesicht und große Augen von himmlischem Blau umgaben, beeindruckten ihn nicht im geringsten. Bettinas blaues Seidenkleid war an der Hüfte gegürtet und der bestickte Saum umspielte in der aktuellen Länge ihre Knöchel. Es paßte zu ihren Augen und schmeichelte ihrer schlanken Figur.

Neben ihr sah die arme Muriel schäbig, mager und ältlich aus.

»Hallo, Bettina«, sagte der Dirigent verlegen. »Ich nehme an, Sie arbeiten schon tüchtig am Requiem?«

Die Sängerin warf ihm einen spöttischen Blick zu.

Daisy zögerte, ob sie tatsächlich zum Ofen zurückkehren oder doch lieber hierbleiben sollte, um herauszufinden, was zwischen Eric Cochran, Bettina Westlea Abernathy und Olivia Blaise vor sich ging. Als Journalistin konnte sie im Grunde gar nicht anders, als ihrer unersättlichen Neugier über zwischenmenschliche Beziehungen nachzugeben. Aber das würde die Gasrechnung schrecklich in die Höhe treiben. Sie wandte sich gerade zu Muriel, um sich zu verabschieden, als Schritte am hinteren Ende des Korridors...

Erscheint lt. Verlag 1.7.2016
Reihe/Serie Miss Daisy ermittelt
Übersetzer Carmen von Samson-Himmelstjerna
Sprache deutsch
Original-Titel Requiem for a Mezzo
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Krimi / Thriller / Horror Historische Kriminalromane
Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte 1920er Jahre • 20er Jahre • Agatha Christie • Anja Marschall • Anne Perry • Ann Granger • Carola Dunn • Cosy Crime • Cosy-Krimi • Cozy Crime • Daisy Dalrymple • Der Mord im Flying Scotsman • Detektiv • Die Tote Sopranistin • Dorothy L. Sayers • Downton Abbey • England • Frauenfiguren • Goldene Zwanziger • Hercule Poirot • Inspector Barnaby • Jean G. Goodhind • Jean-Luc Bannalec • Konzert • Krimi • Kriminalroman • London • Mario Giordano • Mary L. Longworth • Miss Daisy • Miss Marple • Mord • Musik • Mystery • Royal Albert Hall • Scotland Yard • Tod • Victoria Thompson • Zwanziger Jahre
ISBN-10 3-8412-1185-2 / 3841211852
ISBN-13 978-3-8412-1185-9 / 9783841211859
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