Der Winter der schwarzen Rosen (eBook)

Ein packender All-Age-Fantasyroman über Magie, Verrat und Liebe

(Autor)

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2015 | 1. Auflage
544 Seiten
cbj Kinder- & Jugendbücher (Verlag)
978-3-641-15051-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der Winter der schwarzen Rosen -  Nina Blazon
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Ein Epos über Magie, Verrat und Liebe
In einer Festung, geschützt durch dunkle Magie, suchen die Zwillingsschwestern Tajann und Lili Zuflucht vor ihren Verfolgern. Die eine Schwester versteckt sich hier mit dem Junglord Janeik, um ihre verbotene, aber leidenschaftliche Liebe leben zu können. Die andere ist auf der Flucht vor der zerstörerischen Liebe eines Gestaltwandlers. Doch mit den dunklen Mächten spielt man nicht. Das beginnen auch Tajann und Lili bald zu ahnen. Denn etwas lauert in den Mauern, etwas Unberechenbares, etwas Böses ...

Nina Blazon, geboren in Koper bei Triest, las schon als Jugendliche mit Begeisterung Fantasy-Literatur. Selbst zu schreiben begann sie während ihres Germanistik-Studiums. Ihr erster Fantasy-Jugendroman wurde mit dem Wolfgang-Hohlbein-Preis und dem Deutschen Phantastik Preis ausgezeichnet. Seither haben Nina Blazons Bücher zahlreiche Preise erhalten, darunter 2016 den Seraph für »Der Winter der schwarzen Rosen«. Die erfolgreiche Kinder- und Jugendbuchautorin lebt in Stuttgart.

Im Totenhaus

Meine Schwester Liljann sieht Gespenster. Zumindest glaube ich das. Oder vielleicht ist sie doch nur verrückt, wie unser Vater glaubt? Jedenfalls scheint sie ständig auf Worte zu lauschen, die nur sie in der Stille hört. Manchmal schreckt sie plötzlich zusammen, und wenn sie mit mir spricht, wandern ihre Blicke von links nach rechts, irren herum, als würden sie einem fremden Tanz folgen. Wenn ich mich umschaue, ist da nie jemand. Natürlich nicht. Zwillinge sollten sich nahe sein, aber Liljann ist mir fremd, so sehr ich sie auch liebe. Natürlich liebe ich sie! Alles andere wäre seltsam, oder nicht? Schließlich sind wir ja Schwestern! Aber manchmal frage ich mich trotzdem insgeheim, ob sie vielleicht ein Wechselbalg aus dem Wald ist. Warum sonst sollte sie so an diesem grässlichen, primitiven Volk hängen? Sie sieht den Frauen unserer Familie nicht besonders ähnlich. Sie hat wassergrüne, fast durchsichtige Augen wie eine Flussnixe. Und dann ihre Schüchternheit fremden Menschen gegenüber und die seltsame Art, sich in alles zu versenken, schweigend, mit unendlichem Ernst! Mache ich einen Scherz, runzelt sie die Stirn und denkt darüber nach. Nun, darin ähnelt sie zumindest unserem mürrischen, maulfaulen Vater. Nur unsere Gehilfin Mila lacht über meine Witze (wobei ich nicht glaube, dass sie wirklich viel versteht). Mila hat mausbraune, zum Nest gesteckte Haare und schwarze lichtlose Augen, wie so viele Wildländer. Sie versucht sich in unserer Heimatsprache mit mir zu verständigen, aber ihr Gestammel zerrt an meinen Nerven. Sie ist plump und schnauft bei jeder Treppenstufe, und sie fürchtet sich wie alle Barbaren vor finsteren Mächten, die uns angeblich immer bedrohen. Mit Liljann redet sie in ihrer Eingeborenensprache. Es ist beschämend, dass eine Tochter des Hauses VanTorra die Sprache der Besiegten lernt. Aber Liljann liebt dieses Volk und findet ihre Spukgeschichten interessant. Sie mag sogar die grässlichen Zeichnungen von Totenschädeln und Monstern an den Türschwellen, die Mila für Bannzeichen hält. Ich bin sicher, Liljann glaubt an die Gruselgeschichten. Oft ertappe ich sie dabei, wie sie verstohlen magische Fingerzeichen über den erlegten Hirschen macht. Und ich habe gesehen, wie sie ihren Haarkamm gegen die hässliche Holzfigur irgendeiner Hirschkreatur mit Menschenkörper eingetauscht hat. Einen wertvollen Kamm aus Silber, der aus unserer Heimat stammt!

Als wir fünf Jahre alt waren, wollte Liljann mir einmal weismachen, dass mich ständig weiße Geisterfrauen belauern, aber unser Vater trieb ihr den Unsinn sofort aus. »Reicht es nicht, dass wir hier unter Barbaren leben müssen?«, hatte er sie damals angeschrien. »Muss meine Tochter auch noch von Hexen herumfaseln? Du weißt, wo das endet, wenn die Lady davon hört!« Er hat Liljann verprügelt und gesagt, dass die Feuer der Scheiterhaufen viel heißer brennen als die Striemen auf ihrer Haut. Liljann lernt schnell. Nie wieder hat sie seitdem versucht, mir Angst einzujagen. Aber das Schlimme ist: In letzter Zeit zucke ich selbst schon zusammen, wenn ich allein bin. Seit einigen Monaten bilde ich mir ein, Geräusche zu hören und beim Aufwachen Lippen zu spüren, die meine Lider streifen. Aber nie ist jemand im Raum. Vielleicht werde ich schon verrückt vor Einsamkeit. Oder vor Angst, dass unser Vater Liljann niemals gehen lässt. Seit drei Jahren schon lässt er mich nicht mehr in die Stadt reiten. Sogar die Hirschfelle liefert er dort nur noch allein ab. Er bringt uns Geschenke und Bücher mit und die neuesten Gerüchte, aber es ist ein Leben aus zweiter Hand. Manchmal denke ich mir, er füttert uns wie Hunde, die ohne ihn an der Kette verhungern würden. Unser Jagdhaus steht zwar in Sichtweite der Zitadelle, aber der Weg dorthin und in die weiße Stadt am Fuß des Berges ist einen Halbtagesritt entfernt. Wir sind hier im Ödland auf uns selbst gestellt wie Aussätzige, im Grenzgebiet zum Wilden Wald, wo unser Vater und ich die schwarzen Hirsche für die Lady jagen. Ihre Felle machen unverwundbar und sind so kostbar, dass Liljann und ich pures Gold gerben. Aber leider ist Blut auch hier nur Blut und eine Schmeißfliege kein Schmetterling. Ich liebe die Jagd, sie ist Abwechslung und die Kunst unseres Standes, aber ich hasse es, die schwarzen Felle zu gerben, weil unser Vater keinen Einheimischen diese Kostbarkeit berühren lässt. Ich schäme mich, weil ich von der niederen Arbeit schwielige Hände habe wie eine Dienerin. Liljann macht es nichts aus. Sie arbeitet gern in der Werkstatt. Sogar jetzt, während wir die letzte Ladung Felle für den Transport verschnüren, ist sie so gut gelaunt, dass sie vor sich hin summt. Ich erkenne das schaurige Lied, das die alten Holzsucher-Frauen an der Waldquelle gern singen:

Frau Tod hat dünne Knochenbein’

Wohin sie geht, weiß Styx allein

Tralali Tralala

Wohin sie geht, weiß Styx allein.

Wohin sie kommt, ist Klag und Pein

Und niemand kann mehr fröhlich sein

Tralali Tralala

Und niemand kann mehr fröhlich sein

Du liebe Güte. Ich sitze mit zwei morbiden Langweilern und einer stammelnden, plappernden Wilden in diesem Totenhaus fest!

Meine Mutter war ganz anders als Liljann und mein Vater. Sie war schön, lebhaft und sie lachte gern. Als ich ein Kind war, erzählte sie mir davon, wie sie in unserer Heimat die Gesellschafterin der damals noch jungen Lady war und mit ihr die Nächte durchtanzte. Es heißt, unsere Lady trauerte sehr um unsere Mutter. Dieser Freundschaft ist es zu verdanken, dass unser Vater auch nach Mutters Tod in den Diensten der Lady bleiben durfte. In der Stadt wohnen darf er seitdem keine einzige Nacht mehr, aber sie gab ihm den Posten des Hirschjägers und dieses Jagdhaus. Ich kann die Lady verstehen. Niemand eignet sich weniger für das Leben am Hof als mein Vater. Er war nie, wie unsere Mutter, ein Meister der Netzwerke. Sie dagegen war bekannt für ihren scharfen Witz und Verstand. Die Söhne von Lords und Ladys schlugen sich auf Turnieren die Schädel ein, um ihr zu imponieren. Es ist schwer zu verstehen, warum sie sich ausgerechnet in unseren Vater verliebt hat. Sein verstaubter Adelstitel, der nur noch auf dem Papier existiert, kann es nicht gewesen sein. Ihn zu heiraten, war ihr freier Entschluss, sie war in ihrer Familie die Zweitgeborene. Ob sie diese Wahl manchmal bereut hat? Manchmal denke ich, sie ist gar nicht von dem Bär in diesem Wald getötet worden, als wir neun Jahre alt waren, sondern davongelaufen, weil sie hier an der Langeweile erstickte und zugrunde ging. Wie gut ich das verstehen könnte!

Ich schaue verstohlen zu Liljann. In der Zimmerecke fällt das Nachmittagslicht auf sie, während sie ein schwarzes Fell zusammenrollt. Ihre unglaublich langen Wimpern werfen Schatten auf ihre Wangen. Sie ist auf eine stille Art hübsch, viele Männer wären sicher froh, sie heiraten zu dürfen. Aber ich habe sie noch nie verliebt gesehen. Im Gegenteil. In ihrer Schüchternheit wird sie einfach unsichtbar und fürchtet sich lieber allein in unserer Kammer vor den Hirngespinsten, die Mila ihr in den Kopf setzt. Aber selbst wenn Liljann sich verlieben würde – ich traue Vater zu, dass er sie nicht einmal mit einem Mann davonziehen lassen würde. Denn ihm ist völlig klar, dass auch ich ihn dann noch am selben Tag verlassen würde. Der Blick, mit dem er mich verstohlen betrachtet, verrät ihn schon lange. Und seit meine Mädchenkleider mir nicht mehr passen, ruht dieser Blick oft viel zu lange auf mir. Umso mehr muss ich hier weg, koste es, was es wolle! Heute Abend, denke ich. Die Lady hat mich gehört und wird mir helfen. Sie muss es! Beim Gedanken, wie es wäre, endlich frei zu sein, beginnt mein Herz zu rasen.

»Woran denkst du?«

Liljanns Frage schreckt mich auf. »Warum fragst du?«

»Du hast gelächelt.«

»Ich denke an das Fest. Freust du dich schon?«

Natürlich verzieht sie den Mund nur zu einem halben, scheuen Lächeln. »Ich bin neugierig auf den alten Teil der Zitadelle. Vater sagt, dass die Rote Nacht immer in König Jars altem Festsaal gefeiert wird.«

Typisch. Fast hätte ich aufgestöhnt. »Wen interessieren die Ruinen – Hauptsache, es gibt Musik!«, rufe ich. »Und die Lady hat bestimmt auch wieder Gäste von außerhalb eingeladen. Vielleicht verliebt sich ja heute Abend ein schöner Fremder in dich?«

Ihre Nixenaugen werden schmal. »Dann musst du dir aber eine Maske aufsetzen«, erwidert sie kühl. »Sonst habe ich keine Chance.«

»Ich locke die Kerle an und werfe sie in deine Arme. Einen nach dem anderen. Und am Ende des Abends entscheidest du dich für den, der am besten tanzt und küsst und dein Herz zum Flattern und Schmelzen bringt. Und hoffentlich nicht nur dein Herz.«

Das wäre der Moment, um miteinander zu lachen, aber meine Schwester senkt nur den Blick wieder auf das Hirschfell, das sie gerade mit den roten Bändern verschnürt.

»Komm schon, Mirahar«, sage ich unwillig. »Das war ein Witz. Und du musst den Tänzer ja nicht sofort küssen, aber versprich mir wenigstens, dass du nicht nur in der Ecke sitzt und unsichtbar wirst.«

»Du hoffst wohl, dass mich ein Abenteurer findet, der ins Grauland will?«, sagt sie trocken. »Ich kann verstehen, dass du mich loswerden willst. Aber ich gehe nicht mit dem Erstbesten weg, nur damit du frei sein kannst.«

Das ist das Schlimme an Liljann. Man kann ihr nichts vormachen. Da ist sie ein härterer Brocken als unser Vater.

»Ich will doch nur, dass du glücklich bist«, erwidere ich. Aber was würde dich glücklich machen?, denke ich dabei. Wirklich glücklich? Ich weiß es nicht.

»Was würdest du tun, wenn du...

Erscheint lt. Verlag 5.10.2015
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur
Kinder- / Jugendbuch Jugendbücher ab 12 Jahre
Schlagworte ab 14 • canda • eBooks • Feen • Gestaltwandler • Hofball • Jugendbuch • Kinderkrimi • Mondscheinnächte • obsessive Liebe • Romantische Liebe • schwarze Hirsche • Young Adult • Zitadelle • Zwillingsschwestern
ISBN-10 3-641-15051-5 / 3641150515
ISBN-13 978-3-641-15051-8 / 9783641150518
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