Eine bittersüße Liebe (eBook)
384 Seiten
Francke-Buch (Verlag)
978-3-86827-845-3 (ISBN)
Die erfahrene Krankenschwester Cathy Marie Hake hat sich - auch auf der Krebsstation - eine gesunde Portion Humor bewahrt. Der schimmert immer wieder in den zahlreichen Büchern durch, die sie geschrieben hat. Sie lebt mit ihrem Mann und 2 Kindern in Anaheim/Kalifornien.
Die erfahrene Krankenschwester Cathy Marie Hake hat sich - auch auf der Krebsstation – eine gesunde Portion Humor bewahrt. Der schimmert immer wieder in den zahlreichen Büchern durch, die sie geschrieben hat. Sie lebt mit ihrem Mann und 2 Kindern in Anaheim/Kalifornien.
1. Kapitel
Sacramento, Kalifornien
September 1860
Am liebsten hätte sich Laney McCain auch noch die Finger abgeleckt, so köstlich schmeckte der Schokoriegel. Schließlich hatte er den weiten Weg von England bis hierher nach Kalifornien hinter sich gebracht und es schien ihr reine Verschwendung, auch nur das kleinste bisschen von etwas so Köstlichem zu vergeuden. Hinter dem Schutz ihres Taschentuches gab sie schließlich der Versuchung nach. Ein … zwei … drei schnelle Bewegungen. Gleichzeitig süß und herb, einfach lecker. Sie sehnte sich nach mehr davon. Entschlossen wandte sie sich an den Nachbarsjungen, Dale O’Sullivan. „Wir müssen auf jeden Fall noch mal zum Süßigkeitenstand gehen!“
„Jetzt sofort?“ Voller Verlangen strahlten sie die Augen des Sechsjährigen an.
„Ja!“, rief sein Bruder Sean zustimmend.
„Nein.“ Laney benutzte ihr Taschentuch, um Sean seinen Schokoladenbart abzuwischen.
Dale leckte sich hastig die Lippen ab und grinste. „Ich habe alles erwischt, Laney.“
„Ja, das hast du.“ Sie streckte sich und sah sich im überfüllten Pavillon des riesigen kalifornischen Volksfestes um, während sie ihr Taschentuch zurück in den Ärmel ihrer Bluse steckte. „Ihr Jungs bleibt dicht bei mir. Komm, Sean. Ich trage jetzt den Eimer.“
„Weißt du denn, wohin wir als Nächstes gehen sollen?“ Dale zupfte sie am Rock.
„Nein, aber ich sehe da einen Mann mit einem Namensschild. Bestimmt kann er uns weiterhelfen.“ Laney ging auf den bärtigen Mann zu. „Entschuldigen Sie bitte. Ich habe hier Marmelade und Dosengemü–“
„Da sind Sie hier falsch.“ Ärgerlich zog der Mann die Augenbrauen zusammen und seine Stimme nahm einen scharfen Unterton an. „Landwirtschaftliche Erzeugnisse sind auf der Westseite des Pavillons. Talg, Schmalz und konserviertes Fleisch hier. Milch, Butter und Käse auf der Südseite. Getreide und stärkehaltige Nahrungsmittel im Norden.“
Sean O’Sullivan kratzte sich an seinem knochigen Ellbogen. „Sind Kartoffeln landwirtschaftliche Erzeugnisse oder stärkehaltige Lebensmittel?“, fragte er.
„Komm mir nicht dumm, Junge“, rügte ihn der Mann.
Laney legte ihren Arm um Seans Schulter und zog ihn an sich. Dabei berührten ihre Finger das schwarze Trauerband am Oberarm des Zehnjährigen, während sie auch seinen kleinen Bruder näher an sich zog, der auf der anderen Seite neben ihr stand. „Ich habe mich das Gleiche gefragt, aber da ich keine Kartoffeln habe, ist das wahrscheinlich nicht so wichtig.“
„Wahrscheinlich nicht.“ Sean zuckte mit den Schultern – eine kleine Geste, die aber deutlich zeigte, wie traurig er war.
„Deine Mutter ist dort drüben bei Hilda. Siehst du sie? Sie tragen gerade die Bottiche mit Schmalz und Speck herein.“
„Mhm.“
„Ich muss mit meiner Marmelade auf die andere Seite des Pavillons. Warum läufst du nicht zu deiner Mutter, Sean, und sagst ihr, dass Dale und ich euch nachher draußen bei der Bank treffen, wo wir vorhin Schokolade gegessen haben?“
Sean sah sie an und dabei füllten sich seine Augen mit einer Mischung aus Trauer und Wut. „Ja, Laney.“
„Vielen Dank, du bist mir eine große Hilfe.“
Einen Augenblick, nachdem der Kleine weggerannt war, grummelte der Mann: „Ich hab die Trauerbinde an seinem Arm gar nicht gesehen. Wollte ihn nicht erschrecken.“
Laney warf Dale einen bedeutsamen Blick zu, dann versuchte sie, ihrer Stimme einen fröhlichen Unterton zu geben. „Ich habe die O’Sullivans dazu überredet, mit mir hierherzukommen. Zwei Brüder von dir und deine Mutter sind hier, nicht wahr, Dale?“
„Mhm. Aber Galen ist zum Arbeiten zu Hause geblieben.“
„Gute Idee.“ Der alte Mann nickte wissend. „Behandle deine Bediensteten gut und sie arbeiten besser.“
„Die O’Sullivans arbeiten härter als jeder andere, den ich kenne.“ Laney rückte seine falsche Annahme gerade, indem sie hinzufügte: „Es ist eine Freude, sie als Nachbarn zu haben.“ Und irgendwann will ich mehr sein als nur ihre Nachbarin. Ein Jahr Trauerzeit ist angemessen, dann wird Galen hoffentlich erkennen, dass ich nicht nur die kleine Schwester seines besten Freundes bin. Er wird sehen, wie sehr ich ihn und seine Familie liebe.
Laney zog das Stofftuch von ihrem Eimer und trat mit ihrem Gemüse und ihrer Marmelade in den Wettbewerb ein, als sie endlich den richtigen Stand erreicht hatten. Ein stolzes Gefühl des Erfolgs durchzuckte sie. Vor gerade einmal sechs Monaten hatte sie nicht die geringste Ahnung vom Kochen gehabt. Nur ein einziges Mal hatte sie versucht, Marmelade zu kochen – mit desaströsem Erfolg. Dank Kelly O’Sullivans liebevoller Unterstützung kannte sich Laney nun in der Küche und rundherum perfekt aus.
Als Dale und sie den Stand wieder verließen, zupfte er sie am Ärmel. „Laney?“
„Ja?“
Er winkte sie mit dem Finger zu sich herunter. „Hast du noch etwas von dem Traubengelee?“
„Zu Hause schon. Warum?“
Er sah niedergeschlagen aus. „Schon gut.“
„Hast du Hunger?“ Als er den Kopf schüttelte, zog sie Dale mit sich zur Seite und setzte sich auf eine Bank. Als sie ihre Röcke sortiert hatte, nahm sie Dale auf den Schoß.
„Meine Schuhe werden dein neues Kleid schmutzig machen.“
„Ein bisschen Schmutz hat noch niemandem geschadet.“ Liebevoll schlang sie ihre Arme um ihn. „Und jetzt sag mir, warum du wissen wolltest, ob ich noch Gelee zu Hause habe.“
„Ich dachte, wenn ich was davon auf Hortense schmiere, will sie niemand haben.“ Dabei blinzelte er und ließ den Kopf hängen.
„Ach so“, sagte sie leise und zog ihn näher an sich. „Ich verstehe.“ Laney lächelte und erinnerte sich an ihr erstes Marmeladenexperiment, das darin geendet hatte, dass sie die Marmelade im Schweinetrog entsorgt hatte. Ihr Bruder Josh hatte gedacht, die Tiere litten unter einer seltenen Krankheit, als sie über und über mit lila Flecken bedeckt gewesen waren.
Laney fuhr mit den Fingern durch Dales rote Locken. Um sie herum ging das Fest weiter. Aber Dales kleine Welt stürzt in sich zusammen.
Endlich hob Dale wieder den Kopf. „Galen sagt, dass ich tapfer sein muss.“
Allein schon bei der Erwähnung von Galens Name machte ihr Herz einen aufgeregten Satz. „Wenn jemand weiß, wie man stark ist, dann dein Bruder.“ Langsam strich Laney mit der Hand über Dales knochigen Rücken.
„‚Farmer bauen Gemüse an und züchten Vieh, um es zu verkaufen. Das ist unser Job‘“, zitierte der Kleine mit zitternder Stimme.
„Es gibt keinen Zweifel daran, dass du dich hervorragend um Hortense gekümmert hast. Ich erinnere mich gut daran, als sie noch ein kleines Ferkel war.“
Dale nickte. Seine Locken hatten sich in den Perlen ihres Kleides verfangen.
Einige Minuten lang saßen sie schweigend da. Laney dachte darüber nach, was sie tun könnte, damit Dale nicht sein geliebtes Haustier verlor. „Ich muss sagen“, sagte sie, während sie ihn noch einmal drückte, „dass du wirklich ausgesprochen tapfer warst. Dein großer Bruder und meiner könnten sich eine Scheibe von dir abschneiden. Noch nie habe ich gesehen, dass zwei erwachsene Männer sich so verhalten, wie die beiden es wegen der Eisenbahn getan haben!“
Dale sah sie an und kicherte. „Hortense hat ihnen wirklich das Leben schwer gemacht, nicht wahr?“
„Ich kann nicht sagen, wer sich am schlimmsten benommen hat: mein Bruder oder deiner oder Hortense.“
„Hortense kannst du nicht die Schuld geben. Sie hatte vorher noch nie einen Zug gesehen.“
„Das ist ein guter Punkt zu ihrer Verteidigung. Josh und Galen haben diese Ausrede nicht. Und dann hast du“ – Laney tippte ihm auf die sommersprossige Nase – „einfach einen zerkrümelten Keks genommen und dafür gesorgt, dass sie ohne Widerstand die Rampe zum Viehwaggon hochging. Das war clever von dir.“
„Nicht wirklich. Danach hatte ich selbst nämlich keinen Keks mehr zu essen.“ Bedrückt fügte er hinzu: „Und wenn ich meinen Keks für mich behalten hätte, wäre Hortense vielleicht immer noch zu Hause.“
Noch weiter darüber zu reden, würde den Kleinen nicht aufmuntern, deshalb flüsterte Laney ihm ins Ohr: „Nichts hält uns davon ab, uns jetzt ein paar Kekse zu gönnen. Ich habe welche draußen zum Verkauf gesehen – direkt neben dem Süßigkeitenstand. Wir könnten uns ein paar Schokoladenriegel und Kekse teilen.“ Als Dale sie mit seinen Augen anfunkelte, sah sie sich im Pavillon um und beugte sich dann näher zu ihm. „Ich denke …“ Sie machte eine Pause, um die Spannung zu erhöhen.
Aufgeregt rutschte Dale hin und her. „Was denkst du, Laney?“
„Ich denke“, sagt sie grinsend, „dass auch Hortense an ein oder zwei Keksen Gefallen hätte.“
Mit offenem Mund sah er sie an. „Du würdest meinem Schwein einen Keks kaufen?“
„Hortense ist ja kein gewöhnliches Schwein.“
„Das stimmt“, platzte Dale heraus. „Sie ist unheimlich klug.“
„Es gibt da nur ein Problem.“
„Welches denn?“
„Tja …“ Laney nickte langsam und traurig. „Ich weiß leider nicht, was Hortense lieber mag: Zuckerplätzchen oder Ingwerwaffeln.“
* * *
„Was für ein hübsches Mädchen du bist.“ Galen O’Sullivan tätschelte den Hals des kleinen Mustangs. „Ja, das bist du wirklich. Und du willst...
Erscheint lt. Verlag | 16.2.2015 |
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Übersetzer | Rebekka Jilg |
Sprache | deutsch |
Original-Titel | Bittersweet |
Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
Schlagworte | 19. Jahrhundert • Humor • Kalifornien • Kalifornien, 19. Jahrhundert • Kalifornien, 19. Jahrhundert, ungewollte Schwangerschaft, Humor, Liebesgeschichte, Ponyexpress • Liebesgeschichte • Ponyexpress • Ungewollte Schwangerschaft |
ISBN-10 | 3-86827-845-1 / 3868278451 |
ISBN-13 | 978-3-86827-845-3 / 9783868278453 |
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