Alhambra (eBook)

Spannender Historienroman für Jugendliche ab 12 Jahren

(Autor)

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2014 | 1. Auflage
432 Seiten
Verlag Friedrich Oetinger
978-3-86274-044-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Alhambra -  Kirsten Boie
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Granada, 1492. Ein Tor in der Zeit und plötzlich verändert sich die Welt. Gerade war Boston noch mit seinen Mitschülern auf dem arabischen Seidenmarkt in Granada. Plötzlich ist alles anders: Durch ein Tor in der Zeit ist Boston im Jahr 1492 gelandet. Dort wird es für ihn lebensgefährlich. Er erweckt Misstrauen am spanischen Königshof und auf der Alhambra gerät er in die grausamen Fänge der Inquisition. Doch zwei neue Freunde, Tariq und Salomon, als Muslim und Jude selbst bedroht, stehen ihm in dieser fast ausweglosen Situation bei. Aber die Rückkehr Bostons hängt nicht nur davon ab, ob er den Schlüssel zur Gegenwart findet, sondern auch von der Entdeckung Amerikas. Ein großer Roman von Kirsten Boie - fesselnd, spannend, faszinierend bis zur letzten Seite.

Kirsten Boie ist eine der renommiertesten, erfolgreichsten und vielseitigsten deutschen Kinder- und Jugendbuchautorinnen. Sie wurde 1950 in Hamburg geboren, studierte dort Germanistik und Anglistik. Zwei Semester besuchte sie, gefördert durch ein Auslandsstipendium der Hamburger Universität, die Universität Southampton/Großbritannien. Nach dem ersten Staatsexamen in den Fächern Deutsch und Englisch promovierte sie im Fach Literaturwissenschaft über die frühe Prosa Bertolt Brechts. Sie arbeitete als Lehrerin in einem Gymnasium, wechselte auf eigenen Wunsch später an eine Gesamtschule. 1983 adoptierte sie mit ihrem Mann ihr erstes Kind. Auf Verlangen des vermittelnden Jugendamtes musste sie ihre Berufstätigkeit aufgeben - so waren die Zeiten damals - , um sich ganz dem Kind widmen zu können. Inspiriert durch die eigene Situation schrieb sie so ihr erstes Kinderbuch 'Paule ist ein Glücksgriff'. Ihr Debüt wurde ein beispielloser Erfolg (Auswahlliste zum Deutschen Jugendliteraturpreis, Buch des Monats der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur in Volkach; Ehrenliste des Österreichischen Staatspreises für Kinder- und Jugendliteratur). Und Kirsten Boie selbst erwies sich als Glücksfall für die deutsche Kinder- und Jugendliteratur.

Kirsten Boie ist eine der renommiertesten, erfolgreichsten und vielseitigsten deutschen Kinder- und Jugendbuchautorinnen. Sie wurde 1950 in Hamburg geboren, studierte dort Germanistik und Anglistik. Zwei Semester besuchte sie, gefördert durch ein Auslandsstipendium der Hamburger Universität, die Universität Southampton/Großbritannien. Nach dem ersten Staatsexamen in den Fächern Deutsch und Englisch promovierte sie im Fach Literaturwissenschaft über die frühe Prosa Bertolt Brechts. Sie arbeitete als Lehrerin in einem Gymnasium, wechselte auf eigenen Wunsch später an eine Gesamtschule. 1983 adoptierte sie mit ihrem Mann ihr erstes Kind. Auf Verlangen des vermittelnden Jugendamtes musste sie ihre Berufstätigkeit aufgeben - so waren die Zeiten damals - , um sich ganz dem Kind widmen zu können. Inspiriert durch die eigene Situation schrieb sie so ihr erstes Kinderbuch "Paule ist ein Glücksgriff". Ihr Debüt wurde ein beispielloser Erfolg (Auswahlliste zum Deutschen Jugendliteraturpreis, Buch des Monats der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur in Volkach; Ehrenliste des Österreichischen Staatspreises für Kinder- und Jugendliteratur). Und Kirsten Boie selbst erwies sich als Glücksfall für die deutsche Kinder- und Jugendliteratur.

1.


Granada im April, Gegenwart

Beim Landeanflug waren sie durch die Wolken getaucht, und Boston hatte noch einmal am Verschluss seines Sicherheitsgurtes gezogen, um zu prüfen, ob er auch fest saß, als das Rütteln einsetzte. Er war erleichtert gewesen, als er gesehen hatte, dass Kadir neben ihm verstohlen das Gleiche tat, auch Tukan auf der anderen Seite des Ganges. Beim Einchecken waren die beiden wütend gewesen, dass sie keine Plätze direkt nebeneinander bekommen hatten.

»Wieso muss ich neben dem?«, hatte Kadir geschrien. »Nee! Wieso kann ich nicht neben Tukan?«

»Da ist nur der Gang dazwischen«, hatte Frau Hilbert gesagt. »Also sitzt du ja neben Tukan, maul hier mal nicht rum, Kadir.«

»Hinsetzen, bitte alle hinsetzen!«, hatte der schüchterne Spanischreferendar gerufen und war aufgeregt durch den Gang gelaufen. Als ob jemand etwas anderes vorgehabt hätte.

»Mann, Scheiße, Mann!«, hatte Kadir gesagt und Frau Hilberts Rücken eine Fratze geschnitten. Danach hatte Boston sich so klein und unauffällig gemacht wie möglich. Er hatte während des Fluges nicht einmal das Buch aus dem Rucksack zu seinen Füßen geholt, obwohl Frodo gerade in einer ziemlich aussichtslosen Situation war; vielleicht hätte Kadir sonst wieder etwas gesagt. Stattdessen hatte er aus dem Fenster auf die Wolken gestarrt, die von oben aussahen wie überdimensionale Wattebäusche. Darüber Sonne, Sonne, Sonne.

Natürlich waren sie sicher gelandet. Der Flughafen von Málaga lag in tiefem Grau, und der Regen prasselte auf den glänzenden Asphalt der Landebahn.

»Na geil!«, sagte Sergej, während sich die Fluggäste im schmalen Gang zwischen den Sitzen rechts und links drängelten und warteten, dass endlich die Ausstiegstür geöffnet wurde. »Hätten wir ja gleich zu Hause bleiben können bei dem Scheißwetter.«

»Andere Ausdrücke kennt ihr wohl nicht, was?«, sagte ein älterer Mann. Sein Gesicht war viel zu rot. Während des Fluges hatten die meisten Fluggäste getan, als störe die Gruppe sie nicht, als nähmen sie die zweiunddreißig Jungen und Mädchen gar nicht wahr. Boston fand aber auch, dass sie sich eigentlich ziemlich gut verhalten hatten die ganze Zeit, nicht mal zu laut oder was. Und getrunken hatten schließlich nur die Erwachsenen und waren immer vergnügter geworden, Alkohol gegen die Flugangst, das war bekannt. Aber hätten sie ja auch gar nicht gekonnt, trinken, erstens hätten die Stewardessen ihnen schon mal nichts gegeben, und zweitens hatten alle Eltern vor der Reise unterschreiben müssen, dass sie einverstanden waren, wenn ihre Kinder wegen Alkoholkonsums auf eigene Kosten und unbegleitet nach Deutschland zurückgeschickt wurden. Mal gucken, dachte Boston. Wird man ja noch sehen, ob die Lehrer sich das wirklich trauen.

»Na endlich!«, sagte Kadir. Die Schlange im Gang begann langsam, sich nach vorne zu schieben. Boston blieb sitzen. Aufstehen reichte immer noch, wenn das Gedrängel weniger geworden war.

 

Manuel Corazón setzte sich ächzend auf den kleinen Hocker in seinem dämmerigen Laden, direkt neben der Ladentür. Mit einem Besenstiel hatte er nun schon zum zweiten Mal die Plane über den Waren in der Gasse angehoben, damit der Regen, der sich in tiefen Mulden auf dem durchsichtigen Plastik gesammelt hatte, nicht zu schwer wurde. Wenn es weiter so schüttete, würde er schon in wenigen Minuten wieder mit dem Besenstiel nach draußen gehen müssen.

»Mierda!«, murmelte er. Die Alcaicería lebte vom Sonnenschein. Nur bei Sonne kamen die Touristen von der Küste, machten mit ihren Bussen nach der Besichtigung der Alhambra einen kleinen Abstecher hinunter in die verwinkelten Gassen der Stadt, zur Kathedrale, wurden von hilfsbereiten Reiseführern zum Basar geleitet, um zu staunen über den Hauch von Orient, der hier auch fünfhundert Jahre nach dem Abzug der Mauren noch durch die Gassen wehte; seit die Touristen aus dem Norden immer zahlreicher wurden, dachte Manuel spöttisch, wehte der Hauch sogar von Jahr zu Jahr stärker. Dann stießen die Gäste kleine Begeisterungsschreie aus, drehten Glasbläserarbeiten in den Händen, ließen ihre Finger prüfend über Messingleuchter gleiten, begutachteten fachmännisch Aschenbecher mit einem Dekor aus arabischen Schriftzeichen, das tat, als wäre es Email. Sie untersuchten Silberschmuck, aus Speckstein geschnitzte Figuren und Kamelhocker, hergestellt in Taiwan. Die Händler lächelten und nickten und warteten geduldig. Irgendetwas kauften die Touristen schließlich immer, die Alcaicería verließ kaum einer ohne Beute; und die Reiseführer, die auf der Plaza bei einem Kaffee gelassen auf ihre Schützlinge gewartet hatten, bekamen von den Händlern Dank in Euros und Cents.

Bei Regen dagegen blieben die Gäste in den Hotels an der Küste und spielten Bingo oder sahen im Satellitenfernsehen, was in ihren Ländern zu Hause geschah. Bei Regen verdienten nur die Bars in den Hotels zwischen Gibraltar und Almería, in denen die Gäste heißen Kaffee oder Kakao mit Rum orderten, den sie Lumumba nannten. Selbst die Lokale an der Bib-Rambla blieben dann leer, obwohl sie über ihren Tischen zum Schutz vor den himmlischen Wasserfluten einladend riesige Schirme aufgespannt hatten und Markisen.

Manuel dachte erleichtert, dass jetzt die Zeit vorüber war, in der er sich an jedem Morgen von Neuem fragte, ob es überhaupt lohnenswert war, das Geschäft aufzuschließen. Aber was wohl sonst? Solange seine Nachbarn die ihren öffneten und Schnabelschuhe, Spitzendeckchen und Schlüsselanhänger in der Gasse vor den La-denfenstern stapelten, hatte er es ihnen gleichgetan. Die Einnahmen waren lächerlich, dafür standen sie immer öfter zu einem Schwätzchen zusammen, die Händler aus der Gasse, bei einem cortado oder einer Zigarette; wenn es ganz ruhig war, auch einmal bei einem Zug aus der Wasserpfeife.

Wieder hatte er die Winterzeit nicht genutzt, um endlich zu entscheiden, was geschehen sollte.

Manuel schreckte zusammen und sah sich um. Niemand beobachtete ihn.

Obwohl er sie schon vor Wochen wiedergefunden hatte, als er im dunklen hinteren Teil des Ladens, den er das Lager nannte, die Regale durchgesehen hatte. Nur im Winter war dazu die Zeit, keine Kunden, die ihn immer wieder nach vorne auf die Gasse zwangen und mit verschlagenem Grinsen versuchten, den Preis für Seidenschals und Mokkatassen lächerlich weit herunterzuhandeln, nur um dann schließlich doch zu einem lächerlich hohen Preis zu kaufen.

Manuel seufzte. In jedem Herbst wieder nahm er sich vor, die Regale hinten im Lager einmal gründlich durchzusehen, auszusortieren, was ihm nur Platz stahl, nach vorne zu tragen, was zu verkaufen vielleicht doch noch lohnte. In jedem Herbst wieder begann er beim ersten Regen die Regale zu ordnen, bis ihn dann schließlich doch die Gleichgültigkeit überkam und er lieber mit den anderen Händlern auf der Gasse stand und plauderte. Die Gleichgültigkeit und die Verstörung.

Er wandte sich um und starrte in die Dunkelheit in der Tiefe des Ladens. Er war nicht verwirrt gewesen, als er sie im vergangenen Herbst plötzlich wiederentdeckt hatte, nach so vielen Jahren zum ersten Mal. Sie war fast das Erste gewesen, das ihm entgegengekommen war, als er vorsichtig die Deckel von den verstaubten Kartons gehoben hatte, um zu sehen, was sich in ihnen verbarg. Die arabischen Schriftzeichen auf ihrer Oberfläche, am Rand abgesplittert, wo die Fliese aus der Wand geschlagen war, wa-la ghaliba illa’llah, kein Mensch sprach mehr Arabisch in Granada, schon seit Jahrhunderten nicht.

Er hatte sich gefragt, warum sie plötzlich wieder aufgetaucht war, gerade jetzt, in diesem Winter, nachdem er sie in all den Jahren zuvor nicht gesehen, nachdem er sie fast vergessen hatte. Nachdem er fast angefangen hatte zu glauben, es hätte sie nie gegeben. Manche Erinnerungen, das wusste Manuel, sind wie die Erzählungen, die sie begleiten, nichts als Lügen.

Er hätte sie gerne vergessen. Er hätte gerne weiterhin so getan, als ob es sie nicht gab. Obwohl er neugierig war, das auch.

Manuel stand auf. Es war noch nicht wieder nötig, das Wasser von der Plane zu schütteln. Mit zögernden Schritten näherte er sich dem Lager. Jetzt war es April, und er hatte immer noch keine Entscheidung getroffen.

 

»Natürlich fährst du da mit, Boston!«, hatte seine Mutter gesagt, als sie damals nach dem Elternabend noch in Bostons Zimmer gekommen war, um das Licht auszuschalten, und ihn wach und mit Buch in der Hand im Bett vorgefunden hatte. »So eine Chance lässt du dir doch nicht entgehen!«

»Es ist ziemlich teuer!«, hatte Boston gemurmelt und sofort ein schlechtes Gewissen bekommen. Man spricht nicht über Geld, sagte seine Mutter immer. Übrigens ist Geld nicht das Wichtigste im Leben, glaub das nie.

Aber Boston war ziemlich sicher, dass sie das nur sagte, weil sie sowieso keins hatte. Gleich am Anfang ihres Studiums war sie für ein Jahr in die USA gegangen, und da hatte sie einen wunderbaren jungen Amerikaner kennengelernt; und dann war sie zurück nach Deutschland gefahren, da war sie schon schwanger gewesen und hatte Boston bekommen und ihn Boston genannt nach der Stadt, in der sein Dad lebte, und ihr Studium hatte sie darum niemals zu Ende gemacht.

»Aber wenn mein Dad doch so reich war?«, hatte Boston immer wieder gefragt. »Warum hast du dem denn nie erzählt, dass du mich kriegst?«

Da hatte sie sich ein wenig gewunden und gesagt, sie hätte damals einfach nicht gewusst, ob sie die Komplikationen überhaupt wollte, die es dann bestimmt gegeben hätte.

Aber Boston war sich ziemlich sicher, dass er die Komplikationen gewollt hätte und diesen Dad auch. Über...

Erscheint lt. Verlag 26.2.2014
Mitarbeit Karten von: Constanze Spengler
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur
Kinder- / Jugendbuch Jugendbücher ab 12 Jahre
Schlagworte Abenteuer • Alhambra • Entdeckung von Amerika • Geschichte • Granada • Inquisition • Königshof • Mauren • Seidenmarkt • Spanien • Spannung • Vergangenheit • Zeitreisen
ISBN-10 3-86274-044-7 / 3862740447
ISBN-13 978-3-86274-044-4 / 9783862740444
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