Königsblau - Mord nach jeder Fasson (eBook)

Preußen Krimi (anno 1740)

(Autor)

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2012 | 1. Auflage
272 Seiten
Bebra Verlag
978-3-8393-6102-3 (ISBN)

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Königsblau - Mord nach jeder Fasson -  Tom Wolf
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September 1740: das Jahr des Regierungsantritts Friedrichs II. Der König betraut einen seiner Leibköche, den aus dem Elsaß stammenden Honoré Langustier, mit der heiklen Aufgabe, den Tod eines Adjutanten aufzuklären. Der gewitzte Kochkünstler, der eine ebenso unstillbare Neigung zu verwegenen Gedankenspielen wie auch zu gutem Essen zeigt, beginnt zu ermitteln, wobei ein königliches Permissionsschreiben ihm selbst die geheimsten Kammern des Hofes öffnet. Hofleben, bürgerlicher und gaunerischer Alltag Mitte des 18. Jahrhunderts im preußischen Berlin, aber auch gehobene Küche, Musik, Kunst, Philosophie, Naturwissenschaften und Literatur geraten ins Blickfeld - kein Bereich, den Langustier bei seinen abenteuerlichen Forschungen nicht gründlich sondiert und in anschaulichen Küchengesprächen mit seiner Tochter Marie und dem Polizeipräfekten Jordan erörtert. Weitere Titel der PreußenKrimi-Reihe als ebook: Silbergrau (1743) Muskatbraun (1746) Purpurrot (1750) Rosé Pompadour (1755) Schwefelgelb (1757) Smaragdgrün (1759) Glutorange (1760) Rabenschwarz (1766) Kreideweiß (1772) Goldblond (1778) Kristallklar (1786)

Tom Wolf, geboren 1964 in Bad Homburg, studierte Literaturwissenschaft und promovierte 1996 in Tübingen. Er ist als freier Autor für verschiedene Tageszeitungen tätig. Seit 2001 lässt er in seinen Preußenkrimis Hofkoch Honoré Langustier im Auftrag des Alten Fritz ermitteln. Tom Wolf wurde im Jahr 2005 mit dem Berliner Literaturpreis 'Krimifuchs' ausgezeichnet. Von Februar bis Juni 2006 war er 'Stadtschreiber zu Rheinsberg'.

Tom Wolf, geboren 1964 in Bad Homburg, studierte Literaturwissenschaft und promovierte 1996 in Tübingen. Er ist als freier Autor für verschiedene Tageszeitungen tätig. Seit 2001 lässt er in seinen Preußenkrimis Hofkoch Honoré Langustier im Auftrag des Alten Fritz ermitteln. Tom Wolf wurde im Jahr 2005 mit dem Berliner Literaturpreis "Krimifuchs" ausgezeichnet. Von Februar bis Juni 2006 war er "Stadtschreiber zu Rheinsberg".

III


Trotz des einfachen Strohlagers hatte Honoré Langustier wie ein Toter geschlafen und fühlte sich erholt, fast frisch. Vor dem Fensterloch des winzigen Verschlages hoch droben unterm Dachfirst des ›Blauen Bären‹ – den der verruchteste französische Wirt niemandem zum Logieren angeboten hätte – zeigte sich unerwartet eine herrliche Aussicht. Das Haus lag fast am südöstlichen Rand und bot einen schönen Überblick über die niedrigeren Häuser drumherum zu Schloss und Tiergarten hin. Langustier streckte den Kopf durch die Öffnung hinaus und hatte sogleich das helle Gemäuer des königlichen Schlosses mit der goldenen Fortuna auf der Turmkuppel im Blick. Die gegen Abend sich anschließende Orangerie war noch im Ansatz zu erahnen, doch Langustiers Rücken schmerzte zu sehr, weshalb er den Hals etwas einzog und sich lieber an dem sichtbaren Zipfel des barocken Lustgartens erquickte, den der berühmte Pariser Gärtner Goudeau nach Rissen des noch berühmteren le Nôtre angelegt hatte. Durch die Hecken schimmerte ein Teich mit etlichen lustig darauf schaukelnden Gondeln.

Entspannt ließ Langustier die Augen über den Spreebogen wandern und blickte schließlich geradeaus auf Wiesen, Felder und den Horizont bildenden Wald. Irgendwo dahinter lag das gestern eilig durchmessene Berlin verborgen.

Alle Charlottenburger Gasthöfe, sogar die Schenken, waren mit Fremden jeden Standes überfüllt, so dass Langustier nur mit dem pointiert eingesetzten Hinweis auf seine künftige Stellung bei Hofe dieses jämmerliche Nachtquartier hatte erkämpfen können. Das früher so verschlafene und neben Berlin unbedeutende Städtchen glich einem aus den Fugen geratenen Jahrmarkt voller durchziehender Kavaliere und Offiziere. Fahrende Gewerbetreibende, vor allem Hugenotten, ersetzten derweil mit gutem Gewinn das am Ort fehlende Handwerk.

Unaufhaltsam strömten und schwärmten die Menschen herbei. Ein Siebtel der Bevölkerung war im Sommer von den Pocken dahingerafft worden, doch in Charlottenburg hatte das keine spürbaren Folgen gezeitigt. Mittags über den Schlossplatz zu gehen, war unmöglich, ohne ernsthaft in Bedrängnis zu geraten. Zeigte sich dann und wann der König, nahmen Jubel und Vivatgeschrei kein Ende. Der Baron von Keyserling, königlicher Adjutant und Kabinettssekretär, tat nichts anderes, als Billette und Briefe in Empfang zu nehmen und zu beantworten, wozu ihm kaum fünfzig rastlose Schreibkräfte notdürftig genügten.

Friedrichs Regierungsantritt verhieß den unter seinem Vater drangsalierten und gebeutelten Menschen ein neues, goldenes Zeitalter. Daher wollten ihn alle sehen, alle ihm nahe sein in diesen ersten Monaten. Längere Zeit war er auf Fahrt gewesen, hatte Huldigungen über sich ergehen lassen und gar inkognito eine abenteuerliche Reise ins Elsass unternommen, von der man sich lachend als von einem tollen Streich erzählte. Am vergangenen Mittwoch, dem 28. September, hatte die Residenz ihn nun endlich wieder gesund zurück erhalten, und schon das allein galt es zu feiern. Die Worte, die er am Tage seiner Rückkunft zu den Offizieren der beiden neu eingerichteten Regimenter gesprochen hatte, machten verheißungsvoll die Runde unter den Edelleuten und fremden Soldaten, die in seine Dienste zu treten suchten:

»Messieurs, führen Sie sich rechtschaffen auf, ich werde für einen jeden sorgen.«

Der König hatte es dabei vehement abgelehnt, sich von seinen neuen Untergebenen nach alter Adelssitte den Rock küssen zu lassen.

Die Charlottenburger Gastwirte kämpften einen schier aussichtslosen Kampf gegen die Leere in Küche und Keller. Nach zwei Missernten herrschte bitterste Not bei den einfachen Leuten. Eine nie dagewesene Teuerung machte Brot, Butter, Eier, Hirse oder Graupen so gut wie unerschwinglich. Und die Preise stiegen unaufhörlich weiter. Schlechte und unsichere Transportwege kamen erschwerend hinzu. Die in der Nacht unbeleuchtete Straße nach Berlin lieferte den idealen Ort für Raubüberfälle.

Die Schlossküche hingegen erhielt nicht nur Fleisch, Brot, Milch, Mehl, Flussfisch und frisches Gemüse auf dem Spreeweg in gesicherten Booten, sondern wurde auch durch eine eigens beauftragte Hamburger Firma mit feinsten Delikatessen wie Trüffeln, englischem Käse, Räucherfleisch, Austern, eisgekühltem Seefisch oder Hummer beliefert, die alle paar Tage in streng bewachten Transportwagen ankamen. Der königliche Geheime Kämmerer und Oberschatullenverwalter Michael Gabriel Fredersdorff bewältigte die Organisation der hochherrschaftlichen Genussmittelversorgung spielend neben seinen sonstigen Aufgaben. Freilich standen ihm ganz andere Druckmittel und Hilfskräfte zur Verfügung als jedem normalen Wirt.

Vorsichtig, um die noch auf dem Stroh schlafende Tochter nicht zu wecken, stahl sich Langustier aus der Kammer und stieg hinunter in die Wirtsstube. Vorsorglich hatte er einen kleinen Proviantbeutel mitgenommen, um seine gewohnte Frühstückszeremonie nicht entbehren zu müssen. Die Wirtsleute, die schon längst mit ihren schmalen Küchenvorbereitungen zugange waren, schauten erst verwundert, ließen sich dann jedoch rasch überreden, etwas Kaffee mit ihm einzunehmen. Als er überdies noch eine geräucherte Mettwurst, einen Laib Brot und eine Kugel holländische Butter aus dem Leinensäckchen zutage förderte, hellten sich ihre Mienen vollends auf.

»So ein Festmahl an einem so traurigen Tag«, seufzte die Bärenwirtin zu ihrem Manne hin.

»Weshalb traurig?«, fragte Langustier, der als Elsässer dem deutschen Idiom relativ gut folgen konnte, wenngleich ihm die örtlichen Verballhornungen desselben nicht immer auf Anhieb erklärlich waren.

»Na, gestern Abend haben die Jäger im Tiergarten, da wo es zur Fasanerie hingeht, einen von den hohen Adjutanten hingestreckt gefunden. Zwei von ihnen, die spät hier einkehrten, haben es erzählt.«

»Denken se sich man bloß«, ergänzte der Wirt vielsagend, während seine Gattin vervollständigte:

»Mitten mang ins lebendige Herz ist der arme Mensch getroffen worden!«

»Ein Unglück – eine verirrte Flintenkugel«, konstatierte der Wirt. Langustier indes war sehr ernst geworden und schüttelte bedächtig den Kopf. Zwei Schüsse tönten in seiner Erinnerung. Das Geschaukel der Berline war wieder da und der fluchende Kutscher, der sich bemühte, die scheuenden Rappen im Zaum zu halten. Das Fräulein von Sonsfeld mit dem hohen, vom Bier entfesselten Stimmchen hatte gerade noch vernehmlich etwas von Fasanerie und von Kasuaren gepiepst – was immer das für Viecher sein mochten: A propos: Singvögel, Zeisige, waren zu hören gewesen! Langustier ließ die Szene vor seinem inneren Ohr wieder aufleben.

»Das glaube ich nicht«, erlaubte er sich nach sorgfältiger Überlegung zu bemerken.

»Ich habe, da bin ich sicher, in der Kutsche beim zufälligen Vorbeifahren in jenem Wald zwei Schuss gehört: Das war kein Schießgewehr, sondern eine Pistole. Ich denke, es ist absichtlich geschossen worden. Mit einer Pistole im Duell.«

Der Wirt hob beide Hände wie zur Abwehr und berlinerte vor Schreck:

»Det muss ick unjelogen sein lassen!«

Mit diesem für Langustier sibyllinisch bleibenden Urteil verfiel man in Schweigen, was aber dem Genuss von Kaffee und Wurstbroten keinerlei Abbruch tat. Wirt und Wirtin bedachten bei sich die Konsequenzen der Langustierschen Vermutung. Dieser jedoch fieberte vorerst nur dem Wiedersehen mit seinem böhmischen Grafen entgegen, wovor alles Übrige in die Bedeutungslosigkeit zurücktrat. Er versuchte, sich das bevorstehende Treffen auszumalen, was ihm aber nicht gelang.

Gegen sechs Uhr verließ er den ›Blauen Bären‹ und ging geradewegs auf das Schloss zu. Mehr noch als am Vorabend empfand er jetzt die für hiesige Verhältnisse beeindruckenden Dimensionen des Gebäudes, bemängelte freilich bei sich, dass die Symmetrie nur im mittleren Teil vollständig war und dem länglichen Baukörper zur Linken eine Entsprechung auf der rechten Seite völlig fehlte.

Der zweite König Friedrich in Preußen hatte sich an diesem dritten Oktober 1740, einem Montag, wie gewöhnlich um 4 Uhr von seinem Kammerdiener Wilsnack reichlich unsanft wecken lassen. Dies geschah mit Hilfe eines nassen Taschentuches, das ihm der Serviteur aufs Gesicht legte, woraufhin der Monarch unter Ausstoßen eines gurgelnden Lautes in die raue Wirklichkeit des Schlosslebens zurückfand.

Die herbstliche Morgenkälte war in den riesigen Innenräumen kaum zu ertragen. Kammerlakaien hatten schon eine halbe Stunde zuvor auf Zehenspitzen und mit allerhöchster Behutsamkeit das Feuer im Kamin entzündet, aber die Wärme stieg sofort in unerreichbare Deckenhöhen auf. Auch war bei dieser Gelegenheit der Nachtstuhl geleert und für den Tag versteckt worden.

Hinter...

Erscheint lt. Verlag 29.10.2012
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Krimi / Thriller / Horror Historische Kriminalromane
Schlagworte Friedrich der Große • historischer Krimi • Mord • Mord; Friedrich der Große; Historischer Krimi; Preußen • Preußen
ISBN-10 3-8393-6102-8 / 3839361028
ISBN-13 978-3-8393-6102-3 / 9783839361023
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