Sterbebegleitung bei Demenzkranken (eBook)

eBook Download: PDF | EPUB
2013 | 1. Auflage
135 Seiten
Tectum-Wissenschaftsverlag
978-3-8288-5312-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Sterbebegleitung bei Demenzkranken -  Christiane Pröllochs
Systemvoraussetzungen
Systemvoraussetzungen
19,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Wohlstand, Hygiene und Medizin haben die durchschnittliche Lebenserwartung in wenigen Jahrzehnten fast verdoppelt. Kehrseite der Medaille: Mit dem Alter wächst das Risiko für eine Demenzerkrankung und damit für soziale Isolation in der letzten Lebensphase. Das Sterben wird für viele Demenzkranke zu einer einsamen Angelegenheit - professionell gehandhabt und sozial tabuisiert. Christiane Pröllochs sucht nach Konzepten zur Begleitung sterbender Demenz-Patienten. Was brauchen diese Menschen, damit sie in Vertrauen und Geborgenheit ihr Sterben leben können? Welche Themen- und Problembereiche verbinden sich mit einer solchen speziellen Sterbebegleitung? Unter welchen Rahmenbedingungen findet sie statt? Welche gesellschaftlichen, institutionellen und individuell-persönlichen Voraussetzungen braucht es für gelingende Sterbebegleitung bei demenzkranken Menschen? Und wie lässt sich schließlich verhindern, dass Demenzkranke am Lebensende isoliert sind? Leserstimmen: 'Eine gelungene Einführung und ein lesenswerter, informativer Überblick zur Hospizarbeit heute.' Prof. Dr. Rainer Treptow, Professor für Erziehungswissenschaft an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen 'Sprachlich sehr schön zu lesen, wissenschaftlich fundiert und zugleich berührend geschrieben.' Dr. Gottfried Kusch, Arzt für Innere Medizin, Geriatrie und Palliativmedizin am Tübinger Paul-Lechler-Krankenhaus 'Eine solche Zusammenschau der Konzepte hat mir noch gefehlt. Beim Lesen fühlte ich mich bestätigt, dass ich mit meiner Arbeit auf dem richtigen Weg bin.' Angelika Wenning, Altenpflegerin, Einrichtungsleitung des Otto-Mörike-Stifts in Weissach-Flacht

3 Demenz

„Demenz“ leitet sich aus dem Lateinischen ab und heißt so viel wie „ohne Geist“ oder „der Geist ist weg“. Weltweit sind ca. 30 Millionen Menschen von dieser Krankheit betroffen, in Deutschland sind es ca. eine Million Menschen, bis zum Jahr 2050 wird sich ihre Zahl mehr als verdoppeln78. Alter ist der größte Risikofaktor für Demenzerkrankungen. Von den 60-jährigen leidet jeder Hundertste daran, von den 80-jährigen etwa jeder Dritte79. Der größte Teil (75%) der Demenzerkrankten wird zu Hause von Angehörigen gepflegt. In Altenpflegeeinrichtungen leiden ca. 70 % der Bewohner an einer Demenz.80

3.1 Krankheitsbild

„Die“ Demenz als Krankheit gibt es eigentlich nicht. Demenz ist ein Oberbegriff, der mehr als 50 Krankheitsbilder zusammenfasst. Diese entwickeln sich von Person zu Person recht unterschiedlich, was die Diagnose und die Verlaufsprognose schwierig macht. Man unterscheidet primäre von sekundären Demenzen. Primäre Demenzen, wie die Alzheimer-Demenz oder die vaskulären Demenzen entstehen durch einen fortschreitenden irreversiblen Krankheitsprozess im Gehirn. Bei den sekundären Demenzen liegt eine andere Krankheit ursächlich zu Grunde. Wird diese erfolgreich behandelt, so verschwinden auch die demenziellen Symptome. Die Alzheimer-Demenz ist eine der häufigsten Demenzerkrankungen. Sie tritt meist ab dem 70. Lebensjahr auf, kann aber auch schon früher beginnen. Mit dem Alter steigt die Häufigkeit der Erkrankung, sodass hohes Alter den Hauptrisikofaktor darstellt.

3.1.1 Krankheitsverlauf

Bei Demenzen kommt es durch hirnorganische Faktoren zur allmählichen Verschlechterung der kognitiven, affektiven, motivationalen und motorischen Fähigkeiten. Bei Demenzen vom Alzheimer-Typ finden sich im gesamten Kortex Ablagerungen von so genannten „senilen Plaques“ und eine allgemeine Atrophie des Gehirns. Vaskuläre Demenzen entstehen durch arteriosklerotische Prozesse oder durch Schlaganfälle.

Im Laufe der demenziellen Erkrankung gehen nach und nach Fähigkeiten verloren, wie die Fähigkeit zu sprechen (Aphasie), Gegenstände zu erkennen (Agnosie) oder motorische Aktivitäten auszuführen (Apraxie). Psychische Symptome wie Wahn oder depressive Verstimmungen können zusätzlich auftreten. Mit zunehmender Krankheit werden immer mehr Lebensbereiche betroffen. Die Menschen ziehen sich zurück, werden apathisch und schließlich bettlägerig.81

Demenzen werden von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) nach Schweregraden eingeteilt. Bei leichter Demenz im Frühstadium der Erkrankung sind die Veränderungen so subtil, dass sie von der Umwelt häufig nicht bemerkt werden. Verminderte Merkfähigkeit oder Wortfindungsstörungen lassen sich durch Alltagsroutinen und Merkhilfen – wie Kalender oder Zettel – sowie durch Gesprächsfloskeln überspielen. Nach außen hin können die Erkrankten mit Hilfe ihre eigenen Strategien ihre Schwächen eine Zeit lang kompensieren. In diesem Stadium beginnt der Gedächtnisverlust, ein Hauptkennzeichen der Demenzerkrankungen. Hinzu kommt die nachlassende Fähigkeit, komplexere Aufgaben, insbesondere solche, die Abstraktionsvermögen und Urteilsfähigkeit voraussetzen, zu lösen. Alle Beeinträchtigungen zeigen sich in fremder Umgebung stärker als in vertrauter.

Im mittleren Stadium der Demenz führt der zunehmende Gedächtnisverlust dazu, dass die Person an alltägliche Verrichtungen wie waschen, anziehen und essen erinnert werden muss. Motorische Koordinationsprobleme erschweren das eigenständige Durchführen dieser Tätigkeiten. Oft ist die örtliche und zeitliche Orientierung gestört, die verbale Kommunikation wird schwieriger, es entwickeln sich Sprechstörungen. In diesem Stadium treten oft Ruhelosigkeit und anhaltendes Wandern auf. Kognitive Fähigkeiten wie Konzentrations- und Denkvermögen, Aufmerksamkeitsspanne und Urteilskraft lassen deutlich nach. Das Erlernen neuer Dinge ist kaum noch möglich. Nahestehende Menschen werden zwar noch erkannt, ihre Namen oft aber nicht mehr erinnert.

Im fortgeschrittenen Stadium, der schweren Demenz, brauchen die Erkrankten kontinuierliche Betreuung. Einfach Handlungen, wie Kämmen können unter Anleitung noch ausgeführt werden. Verbale Ansprache genügt in diesem Stadium nicht mehr, da das Sprachverständnis immer weiter abnimmt. Die Erkrankten sind zunehmend aufemotionale und körperliche Unterstützung angewiesen und brauchen Hilfestellung bei allen persönlichen Aktivitäten. In diesem Stadium ist die Desorientierung konstant.

Im finalen Stadium ist die demenzerkrankte Person schließlich bettlägerig und vollständig auf Hilfe angewiesen. Bewegen, sprechen und schlucken ist ihr nicht mehr möglich.

Die Symptome variieren von Person zu Person sehr. Die Einteilung in Krankheitsstadien bzw. -schweregrade wird kritisch diskutiert, birgt sie doch die Gefahr, Defizite vorschnell als „stadiengemäß“ zu akzeptieren und den Erhalt der Fähigkeiten nicht weiter zu fördern.82

3.1.2 Diagnostik und Behandlung

Die primären Demenzen sind bis heute nicht heilbar. Dennoch wird eine gründliche Diagnostik aus verschiedenen Gründen empfohlen:

1. gibt die Diagnose medizinische Erklärungen für das veränderte Verhalten des Erkrankten und verschafft Klarheit.

2. können den Symptomen unterschiedliche Ursachen zugrunde liegen, von denen manche behandelbar sind.

3. richtet sich die Behandlung nach der Art der Demenzerkrankung und

4. können die Betroffenen und ihre Angehörigen sich mit der erwartbaren Zukunft auseinandersetzen und frühzeitig notwendige Entscheidungen treffen.83

Für die Diagnose von Demenzerkrankungen stehen heute die so genannten Memory-Kliniken zur Verfügung. Neben ausführlicher Anamnese und körperlicher Untersuchung werden neurologische Untersuchungen, Laborwerte, kognitive und psychomotorische Tests eingesetzt, um den Verdacht einer Demenz zu erhärten und andere Erkrankungen auszuschließen. Zur Behandlung von Demenzerkrankungen stehen medikamentöse und nicht-medikamentöse Therapien zur Verfügung. Heilbar sind Demenzen dadurch nicht, es lässt sich aber eine Linderung der Symptome und eine Verzögerung des Verlaufs erzielen.84

3.1.3 Malignität

Die Malignität von Demenzerkrankungen wird unterschiedlich eingeschätzt. Einige Autoren halten Demenz für eine bösartige Krankheit, die zum Tode führt85. Das Todesrisiko steigt in Folge einer demenziellen Erkrankung erheblich an, die durchschnittliche Lebenserwartung nach Diagnosestellung beträgt etwa 3,3 Jahre. Die altersspezifische Sterberate ist bei Demenzkranken um das Zwei- bis Fünffache erhöht.

Demenz kann demnach als eine dem Krebs vergleichbare terminale Krankheit gesehen werden. Marina Kojer bemängelt, dass Demenz noch immer viel zu selten als terminale Krankheit erkannt wird, weil dies verhindert, dass die Betroffenen eine entsprechende palliative Versorgung erhalten86. Dass Demenz nicht als maligne Krankheit betrachtet wird, mag damit zusammen hängen, dass die häufigste Todesursache bei Demenzkranken, die Pneumonie, nicht in einen Zusammenhang mit der Demenz gebracht wird. Die Demenz findet oft keine Erwähnung auf dem Totenschein, was zeigt, dass sie nicht als direkte Todesursache gesehen wird. Die häufigsten Todesursachen bei dementen Menschen sind - neben Herz-Kreislauferkrankungen - Infektionen der Atem- und Harnwege. Diese treten als Folge der verminderten Mobilität, einer geschwächten Immunabwehr und durch Aspiration von Nahrung (bedingt durch die nachlassende Fähigkeit zu schlucken) auf.87

Obwohl das Krankheitsbild der Demenz eigentlich alle Voraussetzungen für eine Begleitung der letzten Lebensphase in einem stationären Hospiz erfüllt, da es sich um eine unheilbare Krankheit mit progredientem Verlauf handelt, zählt sie gemäß der Rahmenvereinbarung nach § 39a Satz 4 SGB V nicht zu den Indikationen, die zur Aufnahme in ein stationäres Hospiz berechtigen.88 Allerdings sterben nicht alle Dementen an ihrer Demenz oder einer Folgeerkrankung. Häufig liegt eine multimorbide Krankheitssituation vor und nicht selten entwickelt sich eine Demenz erst, wenn schon andere Krankheiten vorhanden sind. So fällt die Sterbephase auch nicht zwangsläufig in das Endstadium der Demenzerkrankung.89

3.2 Theoretische Erklärungsansätze demenziellen Verhaltens

Trotz aller Schwierigkeiten, denen die Forschung im Bereich Demenzerkrankungen gegenüber steht90, wurden in den letzten Jahren einige theoretische Erklärungsansätze zu demenziellem Verhalten entwickelt, aus denen sich Konzepte zur Begleitung ableiten lassen.91

3.2.1 Theorie pathophysiologischer Veränderungen

Nach dieser...

Erscheint lt. Verlag 19.9.2013
Verlagsort Baden-Baden
Sprache deutsch
Themenwelt Schulbuch / Wörterbuch
Geisteswissenschaften
Medizin / Pharmazie Allgemeines / Lexika
Medizin / Pharmazie Pflege Palliativpflege / Sterbebegleitung
Sozialwissenschaften Pädagogik Erwachsenenbildung
Schlagworte Altenpflege • Alter • Demenz • Demenzkranke • Einsamkeit • Hospiz • Palliativmedizin • Sterbebegleitung • Sterben • Würde
ISBN-10 3-8288-5312-9 / 3828853129
ISBN-13 978-3-8288-5312-6 / 9783828853126
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
Wie bewerten Sie den Artikel?
Bitte geben Sie Ihre Bewertung ein:
Bitte geben Sie Daten ein:
PDFPDF (Wasserzeichen)
Größe: 396 KB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: PDF (Portable Document Format)
Mit einem festen Seiten­layout eignet sich die PDF besonders für Fach­bücher mit Spalten, Tabellen und Abbild­ungen. Eine PDF kann auf fast allen Geräten ange­zeigt werden, ist aber für kleine Displays (Smart­phone, eReader) nur einge­schränkt geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür einen PDF-Viewer - z.B. den Adobe Reader oder Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür einen PDF-Viewer - z.B. die kostenlose Adobe Digital Editions-App.

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 431 KB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Palliativmedizin und Hospizbetreuung

von Claudia Bausewein; Susanne Roller; Raymond Voltz

eBook Download (2021)
Urban & Fischer Verlag - Fachbücher
54,99