Die Diamantene Kutsche (eBook)

Roman

(Autor)

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2011 | 1. Auflage
745 Seiten
Aufbau digital (Verlag)
978-3-8412-0164-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Diamantene Kutsche - Boris Akunin
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Fandorin gegen die Ninja.

1905: Russland hat gerade eine entscheidende Niederlage im Krieg gegen Japan einstecken müssen, da fliegt auf der Stecke Moskau-Petersburg eine Brücke in die Luft. Fandorin, Hauptingenieur beim Verkehrministerium und als solcher verantwortlich für die Sicherheit auf den Bahnstrecken, vermutet sofort einen Sprengstoffanschlag. Die heiße Spur führt ihn jedoch in die Irre. Wer steckt wirklich hinter diesem Sabotageakt? Und wird es ihm gelingen, auch einen Anschlag auf die Transsib zu verüben und so den Nachschub für die russischen Truppen in der Mandschurei auf Wochen lahmzulegen? Fandorin und seine Leute sind in höchster Alarmbereitschaft und ersinnen die originellsten Methoden, um das zu verhindern. Doch der unsichtbare Gegner ist überaus raffiniert und konfrontiert Fandorin auf geheimnisvolle Weise mit seiner Zeit 1878 als Vizekonsul in Japan ...

'Boris Akunin ist der Meister der russischen Kriminalautoren. Ich habe jeden seiner Romane verschlungen.' Wladimir Kaminer.



Boris Akunin ist das Pseudonym des Moskauer Philologen, Kritikers, Essayisten und Übersetzers Grigori Tschchartischwili (geboren 1956). 1998 veröffentlichte er seine ersten Kriminalromane, die ihn in kürzester Zeit zu einem der meistgelesenen Autoren in Russland machten. Heute genießt er in seiner Heimat geradezu legendäre Popularität. 2001 wurde er dort zum Schriftsteller des Jahres gekürt, seine Bücher wurden in 30 Sprachen übersetzt.

'Ich spiele leidenschaftlich gern. Früher habe ich Karten gespielt, dann strategische Computerspiele. Schließlich stellte sich heraus, dass Krimis schreiben noch viel spannender ist als Computerspiele. Meine ersten drei Krimis habe ich zur Entspannung geschrieben ... ' Akunin in einem Interview mit der Zeitschrift Ogonjok

Mehr Informationen zum Autor unter www.akunin.ru.

ERSTES BUCH Der Libellenfänger 6
KAMI-NO-KU 8
NAKA-NO-KU 52
SIMO-NO-KU 125
ZWEITES BUCH Zwischen den Zeilen 190
Der Flug des Schmetterlings 192
Der alte Kuruma 199
Die Augen eines Helden 207
Der blaue Würfel verachtet den Dachs 215
Der blaue Würfel liebt den Gaijin 223
Die Flagge der Großmacht 237
Eine abschüssige Kopfsteinpflasterstraße 245
Ein kerngesunder Toter 253
Funken auf der Klinge des Katana 263
Die gläsernen Augen des Hermelins 274
Der silberne Schuh 281
Der erste Sonnenstrahl 292
Das Herz der Mamushi 302
Neujahrsschnee 320
Ein dampfender Schimmel 328
Das letzte Lächeln 346
Vorzeitiger Pflaumenregen 357
Der Stern Sirius 369
Pferdemist 378
Der Tiger ist frei 391
Irisduft 402
Der Ruf der Liebe 422
Die Gartenpforte 432
Die Kunst des Jojutsu 440
Klatschen mit einer Hand 450
Akazienblüten 459
Ein Häppchen Glück 474
2:18 493
Schuppen von den Augen 506
Ein Wort ist ein Wort 517
Herbstblatt 529
Irrsinniges Glück 541
Kitzel 555
Kopf ab 561
Das Foto der Ehefrau 567
Don-don 572
Kopfweh 578
Eine leise Stimme 591
Buntschillernde Libellenflügel 597
Der blaue Stern 604
Die Bruyérepfeife 614
Der Händedruck 624
Der tote Baum 632
Glühende Kohlen 643
Der Tod des Feindes 650
Die Liebe der Maulwürfe 659
Die nächtliche Verschmelzung der Welt 665
Verschütteter Sake 677
Das große Feuer 684
Er gab keine Antwort 711
Der Postbote 716
Ein echter Akunin 724
Also sprach Tamba 738

KAMI-NO-KU


Erste Silbe,
welche in gewisser Beziehung
zum Fernen Osten steht

An jenem Tag, als die schreckliche Zerschlagung der russischen Flotte vor der Insel Tsushima zu Ende ging und die ersten dumpfen, alarmierenden Nachrichten von diesem blutigen Triumph der Japaner nach Europa drangen, an diesem Tag erhielt Stabskapitän Rybnikow, der in einer namenlosen Gasse in Peski lebte, folgendes Telegramm aus Irkutsk: »Blätter unverzüglich abschicken, Patienten beobachten, Ausgaben begleichen.«

Stabskapitän Rybnikow verkündete seiner Quartierherrin umgehend, dienstliche Angelegenheiten beriefen ihn für ein, zwei Tage aus Petersburg ab, sie solle sich also wegen seiner Abwesenheit keine Sorgen machen. Dann zog er sich an, verließ das Haus und kehrte nie wieder dorthin zurück.

Der Tag verlief für Wassili Alexandrowitsch Rybnikow zunächst auf die gewohnte Weise, also furchtbar hektisch. Nachdem er mit einer Droschke bis zum Stadtzentrum gefahren war, ging er ausschließlich zu Fuß weiter und besuchte trotz seines Humpelns (der Stabskapitän zog das rechte Bein merklich nach) unglaublich viele Orte.

Er begann mit der Kommandantenverwaltung, wo er einen Schreiber aus der Transportbuchhaltung aufsuchte und ihm mit feierlicher Miene einen vor drei Tagen geliehenen Rubel zurückzahlte. Dann ging er zum Simeonowskaja-Platz, in die Hauptverwaltung der Kosakentruppen, um sich nach seinem Gesuch zu erkundigen, das er bereits vor zwei Monaten eingereicht hatte und das in den Instanzen versackt war. Von dort begab er sich in die Militäreisenbahnverwaltung – er bewarb sich seit langem um die Stelle eines Archivars in der dortigen Abteilung für technische Zeichnungen. Außerdem wurde seine kleine, hektische Gestalt an diesem Tag in der Verwaltung des Generalinspekteurs der Artillerie in der Sacharewskaja gesehen, in der Reparaturverwaltung in der Morskaja und sogar im Verwundeten-Komitee in der Kirotschnaja (Rybnikow bemühte sich schon lange vergeblich um die behördliche Bestätigung seiner bei Laoyang erlittenen Kopfverletzung).

Überall ließ sich der flinke Stabskapitän kurz sehen. Die Angestellten nickten dem alten Bekannten flüchtig zu und vertieften sich mit betontem Eifer wieder in ihre Papiere und dienstlichen Gespräche. Sie wußten aus Erfahrung, daß der Stabskapitän jedem, den er einmal am Wickel hatte, den letzten Nerv raubte.

Ausschau haltend nach einem Opfer, wendete Rybnikow den Kopf mit dem kurzgeschnittenen Haar hin und her und schniefte mit seiner pflaumenförmigen Nase. Hatte er eines ausgewählt, setzte er sich mitten auf dessen Tisch, wippte mit dem Fuß im abgetragenen Stiefel, schwenkte die Arme und schwatzte munter drauflos: über den baldigen Sieg über die japanischen Affen, über seine militärischen Heldentaten, über das teure Leben in der Hauptstadt. Zum Teufel schicken konnte man ihn nicht – er war immerhin Offizier, in der Schlacht bei Mukden verwundet. Man bewirtete Rybnikow mit Tee, bot ihm Papirossy an, antwortete auf seine unsinnigen Fragen und schickte ihn rasch weiter in die nächste Abteilung, wo sich das Ganze wiederholte.

In der dritten Nachmittagsstunde blickte der Stabskapitän, der wegen einer Versorgungsangelegenheit im Kontor des Sankt Petersburger Arsenals vorbeigeschaut hatte, plötzlich auf seine Armbanduhr mit dem glänzenden, beinahe spiegelnden Glas (die Geschichte dieses Chronometers, das er von einem gefangenen japanischen Marquis geschenkt bekommen haben wollte, hatte er jedem schon hundertmal erzählt) und war auf einmal furchtbar in Eile. Er zwinkerte mit seinem gelbbraunen Auge und sagte zu den beiden Expedienten, die von seinem Geschwätz vollkommen zermürbt waren: »Na, da haben wir uns ja schön verplaudert. Aber nun muß ich leider gehen. Entre nous, ein Rendezvous mit einer schönen Dame. Tobende Leidenschaft und so weiter. Wie die Japaner sagen, man muß das Eisen ssmieden, solange es heiß ist.«

Er lachte dröhnend und verabschiedete sich.

»Komischer Kauz«, sagte seufzend der erste Expedient, ein blutjunger Hilfsfähnrich. »Aber selbst der hat eine gefunden.«

»Er lügt, er will sich nur interessant machen«, beruhigte ihn der zweite, der denselben Dienstgrad besaß, jedoch wesentlich älter war. »Wer läßt sich schon mit so einem Marlbrouk1 ein.«

 

Der lebenserfahrene Expedient hatte recht. In der Wohnung in der Nadeshdinskaja, wohin Rybnikow sich vom Litejny-Prospekt auf langen Umwegen über Durchgangshöfe begab, erwartete ihn keine schöne Dame, sondern ein junger Mann in einem gesprenkelten Jackett.

»Wieso haben Sie so lange gebraucht?« rief der junge Mann nervös, nachdem er auf das verabredete Klopfzeichen hin (zweimal, dann dreimal, dann wieder zweimal) geöffnet hatte. »Sie sind Rybnikow, ja? Ich warte seit vierzig Minuten auf Sie!«

»Ich mußte ein paar Haken schlagen. Mir schien irgendwie …«, antwortete Wassili Alexandrowitsch, wobei er durch die winzige Wohnung lief und sogar in die Toilette und hinter die Tür des Hintereingangs schaute. »Haben Sie es mitgebracht? Geben Sie her.«

»Hier, aus Paris. Ich hatte Anordnung, nicht gleich nach Petersburg zu fahren, sondern erst nach Moskau, um …«

»Ich weiß«, schnitt ihm der Stabskapitän das Wort ab und nahm zwei Kuverts entgegen – ein dickeres und ein ganz dünnes.

»An der Grenze hatte ich keinerlei Probleme, geradezu erstaunlich. Meinen Koffer haben sie sich nicht einmal angesehen, geschweige denn abgeklopft. In Moskau allerdings wurde ich merkwürdig empfangen. Dieser Drossel war ziemlich unfreundlich«, berichtete der Gesprenkelte, der sich offenbar gern mitteilen wollte. »Ich riskiere schließlich meinen Kopf und habe also Anspruch darauf …«

»Leben Sie wohl«, unterbrach ihn Wassili Alexandrowitsch erneut, nachdem er sich die beiden Kuverts nicht nur genau angesehen, sondern obendrein ihre Kanten gründlich abgetastet hatte. »Verlassen Sie die Wohnung nicht gleich nach mir. Warte Sie noch mindestens eine Stunde, bevor Sie gehen.«

Der Stabskapitän trat aus dem Haus, drehte den Kopf nach links und rechts, zündete sich eine Papirossa an und lief in seinem gewohnten Gang – humpelnd, aber erstaunlich flink – die Straße entlang. Eine elektrische Straßenbahn ratterte vorbei. Rybnikow wechselte unvermittelt vom Trottoir auf die Fahrbahn, fiel in Trab und sprang gewandt auf die Plattform.

»Aber Euer Wohlgeboren« – der Schaffner schüttelte tadelnd den Kopf –, »Sie benehmen sich ja wie ein Lausebengel. Sie hätten stürzen können … Mit Ihrem kranken Bein.«

»Halb so schlimm«, erwiderte Rybnikow munter. »Wie sagt der russische Soldat? Kreuz an die Brust oder Kopf in den Busch. Und wenn ich sterben würde, das wäre kein Unglück. Ich bin Vollwaise, mir weint keiner nach … Nein, nein, Bruder«, lehnte er eine Fahrkarte ab, »ich fahr nur kurz mit.« Tatsächlich sprang er schon im nächsten Augenblick wieder ab.

Er wich einer Droschke aus, tauchte unter der Schnauze eines Autos hindurch, das daraufhin hysterisch hupte, und humpelte flink in eine Gasse.

Hier war es vollkommen menschenleer – keine Kutschen, keine Passanten. Der Stabskapitän öffnete beide Kuverts. Er warf einen raschen Blick in das dickere, registrierte eine höfliche Anrede und schnurgerade Reihen akkurat gezeichneter Hieroglyphen, las sie jedoch nicht gleich, sondern steckte das Kuvert in die Tasche. Dafür fand der zweite Brief, der in energischer Schnellschrift geschrieben war, die ganze Aufmerksamkeit des Fußgängers.

Der Brief lautete wie folgt:

 

Mein lieber Sohn!

Ich bin zufrieden mit dir, aber die Zeit ist reif für den entscheidenden Schlag – diesmal nicht gegen das russische Hinterland, auch nicht gegen die russische Armee, sondern gegen Rußland selbst. Unsere Truppen haben alles getan, was sie konnten, doch sie sind ausgeblutet, und unsere Industrie ist am Ende. Die ZEIT ist leider nicht auf unserer Seite. Du mußt dafür sorgen, daß die ZEIT nicht weiter ein Verbündeter der Russen bleibt. Der Thron des Zaren muß wanken, damit ihm der Sinn nicht mehr nach Krieg steht. Unser Freund Oberst A. hat die gesamte Vorarbeit geleistet. Deine Aufgabe ist es, die von ihm abgesandte Fracht nach Moskau weiterzuleiten, an den dir bekannten Adressaten. Treib ihn ein wenig an. Länger als drei, vier Monate können wir uns nicht halten.

Und noch eins. Dringend erforderlich sind ernsthafte Unterbrechungen des Eisenbahnverkehrs, um die Versorgung der Armee von Linewitsch zu behindern. Auf diese Weise können wir die unvermeidliche Katastrophe hinauszögern. Du schreibst, du hättest schon darüber nachgedacht und einige Ideen entwickelt. Wende sie an, die Zeit ist reif.

Ich weiß, daß ich von dir fast Unmögliches verlange. Aber man hat dich ja gelehrt: Das fast Unmögliche ist möglich.

Mutter läßt ausrichten, daß sie für dich betet.

 

Nachdem Rybnikow den Brief gelesen hatte, zeigte sein breitknochiges Gesicht keinerlei Emotionen. Er riß ein Streichholz an, hielt es an Brief und Kuvert, warf beides zu Boden und verrieb die Asche mit dem Absatz. Dann ging er weiter.

Das zweite Schreiben kam von Oberst Akashi, dem Militärattaché in Europa, und bestand nahezu vollständig aus Zahlen und Daten. Der Stabskapitän überflog es nur kurz – er hatte ein ausgezeichnetes Gedächtnis.

Er verbrannte auch dieses Blatt und schaute auf die Uhr, die er sich dazu dicht vor die Nase hielt.

Dabei erlebte Rybnikow eine unangenehme Überraschung. Im Spiegelglas seines japanischen Chronometers erblickte er einen Mann mit Melone und Spazierstock. Dieser Herr hockte auf dem Trottoir und suchte es ab –...

Erscheint lt. Verlag 8.9.2011
Reihe/Serie Fandorin ermittelt
Übersetzer Ganna-Maria Braungardt
Sprache deutsch
Original-Titel Алмазная Колесница
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Krimi / Thriller / Horror Historische Kriminalromane
Schlagworte 1905 • 20. Jahrhundert • Anschlag • Ermittler • Ermittlungen • Fandorin • Geschichte • Historischer Kriminalroman • Krieg • Krimi • Roman • Russland • Sabotage • Verbrechen
ISBN-10 3-8412-0164-4 / 3841201644
ISBN-13 978-3-8412-0164-5 / 9783841201645
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