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Die Henkerstochter und der König der Bettler (eBook)

Teil 3 der Saga
eBook Download: EPUB
2010 | 1. Auflage
592 Seiten
Ullstein (Verlag)
978-3-548-92021-4 (ISBN)
Systemvoraussetzungen
10,99 inkl. MwSt
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Der Schongauer Henker Jakob Kuisl ist in eine Falle getappt: Bei einem Besuch in Regensburg findet er seine Schwester und den Schwager tot in der Badestube. Die Stadtwache verhaftet ihn als Verdächtigen und wirft ihn in den Kerker. Nun drohen ihm, dem Henker, selbst Folter und Hinrichtung. Fieberhaft suchen seine Tochter Magdalena und der Medicus Simon Fronwieser nach dem wahren Täter und stoßen dabei auf ein Komplott, bei dem die Zukunft des Kaiserreichs auf dem Spiel steht.

Oliver Pötzsch, Jahrgang 1970, arbeitete nach dem Studium zunächst als Journalist und Filmautor beim Bayerischen Rundfunk. Heute lebt er als Autor mit seiner Familie in München. Seine historischen Romane haben ihn weit über die Grenzen Deutschlands bekannt gemacht: Die Bände der Henkerstochter-Serie sind internationale Bestseller und wurden in mehr als 20 Sprachen übersetzt.

Oliver Pötzsch, Jahrgang 1970, war jahrelang Filmautor beim Bayerischen Rundfunk und lebt heute als Autor in München. Seine historischen Romane um den Schongauer Henker Jakob Kuisl haben ihn weit über die Grenzen Deutschlands bekannt gemacht.

Prolog


November 1637,
irgendwo im Dreißigjährigen Krieg

Die Reiter der Apokalypse trugen blutrote Beinkleider, zerfetzte Waffenröcke und Mäntel, die wie Fahnen im Wind hinter ihnen herflatterten. Ihre Waffen waren rostig und schartig vom vielen Morden, die Pferde räudige alte Klepper mit dreckverkrustetem Fell. Die Männer warteten schweigend hinter den dichten Bäumen und starrten hinüber zu dem Dorf, dem sie in der nächsten Stunde den Tod bringen würden.


Sie waren zwölf. Ein vom Krieg ausgezehrtes, hungriges Dutzend. Sie hatten geraubt, getötet und vergewaltigt, immer und immer wieder. Vor Jahren waren sie vielleicht Menschen gewesen, doch jetzt waren sie nur noch leere Hüllen; der Wahnsinn hatte sich von innen durch sie hindurchgefressen, bis er schließlich hinter ihren Augen hervorleuchtete. Ihr Anführer, ein sehniger junger Franke in bunter Söldnertracht, kaute auf einem zerfaserten Strohhalm und saugte Speichel durch eine Lücke zwischen den Schneidezähnen. Als er den Rauch sah, der aus Kaminen der an den Waldrand geschmiegten Häuser aufstieg, nickte er befriedigt.

»Sieht so aus, als wär noch was zu holen.«

Er warf den Strohhalm weg und griff nach dem mit Blut- und Rostflecken übersäten Säbel an seiner Seite. Das Lachen von Frauen und Kindern drang zu ihm herauf. Der Mann grinste. »Und Weiber hat’s auch.«

Der picklige Jüngling an seiner rechten Seite kicherte. Er sah aus wie ein menschgewordenes Frettchen, leicht gebückt hielt er sich mit langen Fingern am Zügel seines dürren Kleppers fest. Seine Augen huschten hin und her, als könnten sie niemals stillstehen. Er war nicht älter als sechzehn, doch der Krieg hatte aus ihm einen alten Mann gemacht.

»Bist ein echter Sauhund, Philipp«, krächzte er und fuhr sich mit der Zunge über die spröden Lippen. »Denkst nur an das eine.«

»Halt’s Maul, Karl!«, ertönte eine Stimme von links. Sie gehörte einem grobschlächtigen, bärtigen Fettwanst. Er hatte die gleichen fransigen tiefschwarzen Haare wie der Franke und der Jüngling neben ihm. Alle drei waren sie Brüder, mit dem gleichen leeren Blick, verbittert und kalt wie ein Hagelsturm im Sommer. »Hat dir unser Vater nicht beigebracht, nur zu sprechen, wenn du gefragt wirst?«, knurrte der Dicke. »Kusch!«

»Scheiß auf den Vater«, murrte der Junge. »Und scheiß auf dich, Friedrich.«

Der fette Friedrich wollte zu einer Antwort ansetzen, doch der Anführer der Söldnertruppe kam ihm zuvor. Seine Hand schnellte vor und krallte sich um Karls Kehle, so dass dessen schwarze Knopfaugen wie riesige Stecknadelköpfe hervortraten.

»Beleidige nie wieder unsere Familie!«, flüsterte Philipp Lettner, der älteste Bruder. »Nie wieder, hörst du? Oder ich zieh dir die Haut in Streifen ab, bis du nach unserer toten Mutter schreist. Verstanden?«

Karl Lettner nickte, während sein pickliges Gesicht puterrot anschwoll. Der Ältere ließ ihn los, hustend fiel Karl in sich zusammen.

Philipps Miene änderte sich plötzlich, fast mitleidig blickte er nun auf das keuchende Bündel Mensch. »Karlchen, Karlchen«, murmelte er und saugte weiter an seinem Strohhalm. »Was soll ich nur mit dir anfangen? Disziplin, verstehst du? Disziplin ist alles im Krieg. Disziplin und Respekt!« Er beugte sich zu seinem kleinen Bruder hinunter und tätschelte ihm die picklige Wange. »Ich liebe dich, als wärst du ein Teil von mir. Aber wenn du noch mal die Ehre unseres Vaters besudelst, muss ich dir leider ein Ohr abschneiden, klar?«

Karl schwieg, er kaute an seinen schmutzigen Fingernägeln und sah zu Boden.

»Ob das klar ist?«, fragte Philipp Lettner noch einmal.

»Ist … klar.« Sein kleiner Bruder neigte demütig das Haupt, die Fäuste geballt zu harten Kugeln.

Philipp grinste. »Dann können wir ja endlich los und ein wenig Spaß haben.«

Die anderen Reiter hatten dem Schauspiel interessiert zugesehen. Philipp Lettner war ihr unangefochtener Anführer. Mit seinen nicht mal dreißig Jahren war er der skrupelloseste der drei Lettner-Brüder, und er besaß die nötige Bauernschläue, um in diesem Haufen an der Spitze zu bleiben. Schon letztes Jahr hatten die Männer begonnen, während der Feldzüge ihre eigenen kleinen Ausflüge zu unternehmen. Philipp Lettner hatte es bislang immer geschafft, dass der junge Feldweibel nichts davon mitbekam. Auch jetzt während des Winterlagers überfielen sie die umliegenden Weiler und Dörfer, obwohl der Feldweibel das ausdrücklich verboten hatte. Sie verkauften die Beute an die Marketenderinnen, die mit ihren Wagen dem Heertross folgten, und hatten so immer etwas zum Beißen, Huren und Saufen.

Heute sah es nach einem besonders guten Fang aus. Das Dorf auf der Lichtung, verborgen hinter dichten Tannen und Buchen, schien von den Wirren des langen Krieges noch fast unberührt. Im Licht der Abendsonne erblickten die Söldner frisch gezimmerte Scheunen und Ställe, Kühe grasten auf den feuchten Wiesen unweit des Waldrands, von irgendwoher ertönte das Lied einer Kinderpfeife. Philipp Lettner schlug seinem Pferd die Stiefel in die Seiten. Wiehernd stellte es sich auf die Hinterbeine, dann galoppierte es zwischen den blutrot gefärbten Buchen hervor. Die anderen folgten ihrem Anführer, und das Morden begann.

Ein krummgebeugter weißhaariger Greis sah sie als Erster. Er hatte zwischen den Sträuchern gekauert, um seine Notdurft zu verrichten. Anstatt ins Unterholz zu fliehen, stolperte er nun mit heruntergelassenen Hosen den Weg entlang aufs Dorf zu. Philipp Lettner überholte ihn, im Vorbeigaloppieren holte er mit dem Säbel aus und trennte dem Mann mit einem einzigen Hieb den rechten Arm ab. Johlend ritten die Übrigen über den zuckenden Leib hinweg.

Mittlerweile hatten die Menschen, die vor den Häusern ihren Geschäften nachgingen, die Landsknechte entdeckt. Laut schreiend ließen die Frauen Krüge und Bündel fallen und liefen in alle Richtungen davon, hinaus auf die Felder und weiter auf den Wald zu. Der junge Karl zielte mit seiner Armbrust kichernd auf einen etwa zwölfjährigen Jungen, der versuchte, sich zwischen den niedrigen Stoppeln eines abgemähten Getreidefelds zu verstecken. Der Bolzen traf den Knaben in die Schulter, und er fiel lautlos in den Dreck.

Friedrich Lettner war inzwischen mit einigen anderen Söldnern ausgeschwärmt, um die Frauen, die auf den Waldrand zurannten, wie eine Herde wildgewordener Kühe wieder einzufangen. Die Männer lachten und hoben ihre Beute zu sich aufs Pferd oder schleiften sie an den Haaren hinter sich her. Philipp widmete sich unterdessen den verängstigten Bauern, die aus den Häusern gelaufen kamen, um ihr armseliges Leben und das Leben ihrer Weiber und Kinder zu verteidigen. Sie trugen Dreschflegel und Sensen, der eine oder andere führte sogar einen Säbel bei sich, aber allesamt waren sie im Kampf unerfahrene, von Krankheit und dünnem Hirsebrei geschwächte Hungerleider, die vielleicht einem Huhn den Kopf abschlagen, aber einem berittenen Landser nichts anhaben konnten.

Schon nach wenigen Minuten war das Gemetzel vorüber. Die Dorfbewohner lagen in ihrem Blut, hingestreckt in ihren Häusern zwischen zerschlagenen Tischen, Betten und Schemeln oder draußen auf der Straße, wo Philipp Lettner den wenigen, die noch stöhnten, einem nach dem anderen die Kehle durchschnitt. Einen der toten Bauern warfen zwei Söldner in den Brunnen am Dorfplatz. Das verwesende Fleisch würde das Wasser vergiften und den Ort so für viele Jahre unbewohnbar machen. Die anderen Männer durchsuchten währenddessen die Häuser nach Essbarem und möglichen Schätzen. Viel war nicht zu holen, ein paar fleckige Münzen, zwei Silberlöffel, einige billige Ketten und Rosenkränze. Der junge Karl Lettner zog sich ein weißes Brautkleid über, das er in einer Truhe gefunden hatte, und tanzte einige Bocksprünge, während er mit fistelnder Stimme einen Hochzeitslandler sang. Unter dem gellenden Gelächter der Übrigen fiel er kopfüber in den Morast; das Kleid riss und hing in Fetzen an ihm, verschmiert von Blutflecken und Schlammspritzern.

Das Wertvollste im Dorf war das Vieh. Acht Kühe, drei Schweine, einige Ziegen und ein Dutzend Hühner. Bei den Marketenderinnen würden sie dafür einen guten Preis erzielen.

Und dann waren da natürlich noch die Frauen.

Es ging bereits auf den Abend zu, eine feuchte Kühle breitete sich auf der Lichtung aus. Um für die nötige Wärme zu sorgen, warfen die Söldner brennende Fackeln in die zerstörten Häuser. Die trockenen Binsen und die mit Ried gedeckten Dächer fingen innerhalb von Sekunden Feuer, schon bald leckten die Flammen an den Fenstern und Türen. Ein gewaltiges Knistern und Prasseln war zu hören, das nur vom Weinen und Schreien der Frauen übertönt wurde.

Sie hatten die Weiber auf dem Dorfplatz zusammengetrieben. Etwa zwanzig waren es. Der fette Hüne Friedrich Lettner ging von einer zur anderen. Die alten und hässlichen Frauen...

Erscheint lt. Verlag 11.8.2010
Reihe/Serie Die Henkerstochter-Saga
Die Henkerstochter-Saga
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Krimi / Thriller / Horror Historische Kriminalromane
Schlagworte Bayern • Folter • Henker • Historischer Roman • Krimi • Roman
ISBN-10 3-548-92021-7 / 3548920217
ISBN-13 978-3-548-92021-4 / 9783548920214
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