Die Masken von San Marco (eBook)

Commissario Trons vierter Fall
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2009 | 1. Auflage
352 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-30251-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Masken von San Marco -  Nicolas Remin
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Im Fadenkreuz des Mörders: der Kaiser Es herrscht strahlendes Wetter in Venedig - nicht gerade ein Tag, um sich mit einem Verbrechen zu befassen. Doch die Leiche, die aus der Lagune gezogen wird, lässt Commissario Tron keine Wahl. Hat der Mord etwas mit dem Sprengstoff zu tun, den jemand in einem Sarg nach Venedig geschmuggelt hat? Ist die kaiserliche Familie in Gefahr? Denn Franz Joseph und Elisabeth werden in Venedig erwartet, und es geht das Gerücht um, dass ein Attentat auf den Kaiser vorbereitet wird. Als sich die Hinweise mehren, dass der Tote in der Lagune mit dem geplanten Anschlag in Verbindung steht, wird der Commissario nervös ... «Wie in den Vorgängern gelingt es Remin mit historiographischer Phantasie und krimineller Energie, die Fährnisse der Stadt Venedig zu schildern.» (Welt online) «Voller Atmosphäre und bevölkert von ausgesprochen schrägen Gestalten ist dieser Band lesenswert und spannend obendrein.» (Lübecker Nachrichten) «Lesegenuss pur!» (Gießener Allgemeine) «Die Spezialität von Nicolas Remin besteht darin, wunderbar sympathische Charaktere mit leichter Hand durch historische Kulissen zu führen. Spannend und mit milder Ironie erzählt, kann man es sich mit diesem Buch an der Hofburg und in Venedig gemütlich machen.» (Kieler Nachrichten)

Nicolas Remin wurde 1948 in Berlin geboren. Er studierte Literatur, Philosophie und Kunstgeschichte in Berlin und Kalifornien und arbeitete im Anschluss als Synchronautor und Sychronregisseur. Nicolas Remin lebt heute als freier Schriftsteller in der Lüneburger Heide. Nach den sechs Bänden der 'Commissario Tron'-Reihe ist 'Sophies Tagebuch' sein siebter Roman.

Nicolas Remin wurde 1948 in Berlin geboren. Er studierte Literatur, Philosophie und Kunstgeschichte in Berlin und Kalifornien und arbeitete im Anschluss als Synchronautor und Sychronregisseur. Nicolas Remin lebt heute als freier Schriftsteller in der Lüneburger Heide. Nach den sechs Bänden der "Commissario Tron"-Reihe ist "Sophies Tagebuch" sein siebter Roman.

1


Die Bombe, aus der gaffenden Menge herausgeschleudert, detonierte mit einem gewaltigen Feuerball, als die Kutsche Napoleons III. vor dem Pariser Opernhaus zum Stehen kam. Die Explosion ließ das Glasdach über dem Eingang einstürzen, zerfetzte ein halbes Dutzend zivile Opernbesucher und brachte die Gasbeleuchtung auf der Straße zum Erlöschen. Nachdem man die verkeilte Kutschentür aufgebrochen hatte, stellte sich heraus, dass der Kaiser und die Kaiserin unverletzt waren. Als Kaiserin Eugénie die Loge mit blutbeflecktem Kleid betrat, ging ein besorgtes Raunen durch das Parkett, doch es handelte sich lediglich um das Blut eines Adjutanten. In der Pause nahm das Kaiserpaar die Glückwünsche des herbeigeeilten Kabinetts entgegen. Die Rückkehr des kaiserlichen Paars in die Tuilerien glich einem Triumphzug. Ganz Paris war auf den Beinen, um den wunderbar Verschonten zuzujubeln.

Ein Triumphzug. Eine ganze Stadt, die den Verschonten zujubelt.

Franz Joseph legte die Mappe mit den Zeitungsausschnitten wieder auf den Schreibtisch zurück, erhob sich und trat ans Fenster. Die herbstliche Sonne hatte die Wolken im Westen zu einem verwaschenen, grauen Federstrich verfärbt, und ein plötzlicher Windstoß tauchte den Innenhof der Hofburg in gelbliches Blättergeflatter. Auf der anderen Seite des Platzes fegte ein alter Mann mit einem Reisigbesen Blätter über den Kopfsteinen zusammen; ein zweiter kam angeschlurft und blieb stehen, um mit ihm zu plaudern. Franz Joseph schloss die Augen, und einen Moment lang verwandelte seine Phantasie die beiden alten Männer in eine jubelnde Menschenmenge, die ein wilder Sturm monarchistischer Begeisterung vor seine Fenster getrieben hatte.

Eine ganze Stadt, die den Verschonten zujubelt.

Die Idee war genial. Vor allem war sie seine eigene Idee, obwohl er sie, zugegebenermaßen, zunächst als nicht ganz ernst gemeinte Andeutung geäußert hatte, fast ein wenig erschrocken über seine eigene Kühnheit. Dass sein Generaladjutant, Graf Crenneville, die Andeutung aufgegriffen und die konkrete Planung veranlasst hatte, gab ihm jedoch nicht das Recht auf geistige Urheberschaft. Franz Joseph nahm sich vor, gegebenenfalls darauf hinzuweisen – wenn alles befriedigend verlaufen war.

Er trat vom Fenster zurück, als Crennevilles schwarze, von zwei Pinzgauer Pferden gezogene Kutsche den Innenhof überquerte, sich den Wachsoldaten näherte und rumpelnd zum Stehen kam. Die Soldaten salutierten, dann zogen die Pferde wieder schnaufend an, und er hörte, wie das Klappern der eisenbeschlagenen Hufe leiser wurde und der Wagen in der Durchfahrt verschwand.

Sie waren also gekommen – Graf Crenneville zusammen mit diesem Oberst Hölzl –, und sie würden in ein paar Minuten sein Arbeitszimmer betreten, um die Einzelheiten zu besprechen. Franz Joseph spürte, wie sich sein Magen verkrampfte. Er schloss den angelehnten Fensterflügel mit einem militärischen Ruck und zog seine Uniformjacke am Hals zusammen – es fröstelte ihn. Die Öfen seines Arbeitszimmers, riesige weiße Kachelöfen, die von separaten Fluren aus beheizt wurden, stammten aus den Tagen Maria Theresias und spendeten nur wenig Wärme. Wenn in sechs Wochen der Winter einsetzte, würde er sich wieder mit scaldini, tragbaren kleinen Öfen voll glühender Holzkohle, behelfen müssen.

Nein, dachte er seufzend, während er wieder an seinem Schreibtisch Platz nahm und mechanisch nach dem Federhalter griff, niemand konnte der Kaiserin verdenken, dass jeder längere Aufenthalt in der Hofburg sie an den Rand eines Nervenzusammenbruchs trieb. Wie sehr sie unter der stickigen Luft der Hofburg und dem düsteren Prunk des spanischen Hofzeremoniells litt, wusste er, aber er hatte ihr nie zu helfen vermocht. Alles, was er tun konnte, war, Verständnis für ihre Zustände aufzubringen und ihr zu versichern, dass er sie liebte – falls es ihr denn, dachte er mit einem Seufzer, noch etwas bedeutete.

Jedenfalls schien ihr die kleine Venedigreise, die sie in der nächsten Woche antreten würden, nicht unwillkommen zu sein. Ganz gegen ihre Gewohnheit hatte sie seine Aufforderung, ihn auf diesem Besuch zu begleiten, nicht zurückgewiesen, schien sich fast ein wenig auf ein Wiedersehen mit der Lagunenstadt zu freuen.

Was genau er in Venedig plante, hatte er ihr vorsichtshalber verschwiegen. Aus naheliegenden Gründen war es erforderlich, den Kreis der Eingeweihten so klein wie möglich zu halten. Wenn die Sache ans Licht kam, war der politische Schaden unabsehbar. Zudem war zu befürchten, dass die Kaiserin sein Vorhaben missbilligen würde. Und das Letzte, was er sich wünschte, war ein Streitgespräch, das mit der Abreise einer grollenden kaiserlichen Gattin an den Starnberger See endete.

Fünf Minuten später waren Schritte im Vorzimmer zu hören, und ein livrierter Lakai erschien an der Tür. «Graf Crenneville und Oberst Hölzl, Majestät.»

Franz Joseph straffte den Oberkörper. Er tauchte den Federhalter in das Tintenfass und beugte sich über die Akten auf seinem Schreibtisch.

«Lass die Herren eintreten», sagte er knapp.

Er würde, den Federhalter in der Hand und die Augen fest auf die Akte gerichtet, langsam bis zwanzig zählen, danach den Kopf nachdenklich wiegen und schließlich günstig erledigen an den Rand des Aktenstücks schreiben. Günstig erledigen passte fast immer. Dann erst würde er geruhen, seinen kaiserlichen Blick zu heben und die Anwesenheit der beiden Herren mit zerstreuter Miene zur Kenntnis zu nehmen. Auf keinen Fall durfte der Eindruck entstehen, er hätte bereits auf den Besuch gewartet.

Oberst Hölzl, dessen Herz so heftig schlug, als könne es jeden Moment zerspringen, blieb unwillkürlich einen Schritt hinter Crenneville zurück, der sich seinerseits mit behäbiger Gelassenheit dem Schreibtisch des Kaisers näherte. Das auf Hochglanz polierte und nach Bienenwachs duftende Parkett wirkte auf Oberst Hölzl so glatt wie eine Eisfläche, und er fragte sich, wie viele Besucher bereits auf dem Weg zum kaiserlichen Schreibtisch gestürzt waren.

Der Allerhöchste hatte den Kopf nicht gehoben, als sie über die Schwelle des Arbeitszimmers getreten waren. Er las, ganz so wie es seinem öffentlichen Bild entsprach, konzentriert in einer Akte. Oberst Hölzl sah, wie sich beim Lesen seine Lippen bewegten. Schließlich schrieb der Kaiser nachdenklich zwei Wörter an den Rand des Aktenstücks. Dann erst erhob er sich aus seinem Stuhl, trat neben den Tisch und blickte ihnen entgegen: ein mittelgroßer, fast schmaler Mann mit haselnussbraunen Augen und einem Bart, der ein wenig zu groß für sein Gesicht zu sein schien. Oberst Hölzl fand, dass Franz Joseph nicht ganz so majestätisch aussah wie auf den Bildern in den Amtsstuben.

Crenneville hatte ihn pünktlich um vier Uhr nachmittags in seinem Hotel abgeholt, und die zehn Minuten, die der Wagen zur Hofburg unterwegs war, hatten sie dazu genutzt, noch einmal alles durchzusprechen. Die Idee war kühn und originell. Denn was könnte die liberalen Abgeordneten des Hohen Hauses mehr davon überzeugen, dass die Abrüstung der Italienarmee ein verhängnisvoller Fehler war, als ein spektakuläres Ereignis auf der Piazza San Marco?

Oberst Nepomuk Hölzl, jung, ehrgeizig und Chef der militärischen Abwehr in Verona, war vor sechs Wochen telegraphisch nach Wien gerufen worden, um vom Generaladjutanten des Kaisers mit einem äußerst delikaten Kommando betraut zu werden. Daraufhin hatte er einen Plan entwickelt, der ebenso kühn war wie die Idee selbst.

Crenneville war beeindruckt – speziell von der originellen Lösung eines zusätzlichen Problems, das sich noch während der Planung ergeben hatte. Vielleicht, dachte Oberst Hölzl, war das der Grund, aus dem ihn Crenneville mit in die Hofburg gebeten hatte. In jedem Fall war es eine Ehre, in Gegenwart des Allerhöchsten das Wort zu ergreifen. Das alles würde seiner Karriere einen gewaltigen Schub verpassen.

Sie hatten, nachdem der Kaiser sie mit ausgesuchter Höflichkeit begrüßt hatte, auf zwei schlichten Bugholzstühlen Platz genommen, die vor dem Schreibtisch des Kaisers standen. Crenneville hatte bereits seit einer halben Stunde gesprochen und kam jetzt zum Ende seines Vortrags. «Allerdings», schloss er lächelnd, «hat sich noch eine kleine Variation ergeben.» Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und klappte seinen Notizblock zusammen. «Herr Oberst?»

Oberst Hölzl hob den Kopf und registrierte befriedigt, dass seine anfängliche Nervosität vollständig verflogen war. «Es gibt tatsächlich eine Gruppierung in Venedig», sagte er langsam, «die anlässlich des hohen Besuches einen Anschlag auf das Leben Ihrer Majestät plant.»

Der Federhalter des Kaisers geriet bei dem Wort Anschlag in ein nervöses Wippen. «Wie bitte?»

«Unsere Agenten haben erfahren», fuhr Oberst Hölzl fort, «dass in drei Tagen jemand mit einer größeren Menge Sprengstoff nach Venedig unterwegs sein wird. Er arbeitet für Leute aus dem Umkreis des Comitato Veneto, einer Turiner Gruppierung, in der wir einen Maulwurf platzieren konnten.»

Der Kaiser runzelte die Stirn. «Steckt die piemontesische Regierung dahinter?»

Oberst Hölzl schüttelte den Kopf. «Dafür gibt es keine Indizien.»

«Was haben diese Leute vor?»

«Unser Agent weiß nur, dass ein Sprengstoffspezialist nach Venedig reisen wird, um die Operation zu leiten. Er kennt jedoch die genaue Zugverbindung und die Codes

«Welche … Codes

«Die Kleidung, die der Mann tragen wird, damit er erkannt wird. Und die Parolen.»

«Ich kann Ihnen nicht ganz folgen.»

«Aus...

Erscheint lt. Verlag 21.12.2009
Reihe/Serie Alvise Tron ermittelt
Venedig-Krimi
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Krimi / Thriller / Horror Historische Kriminalromane
Schlagworte Attentat • Commissario Tron • Kaiser Franz-Josef • Kaiserin Elisabeth • k.u.k. • Mord • Österreichische Monarchie • politische Intrigen • Sarg • Sprengstoff • Venedig
ISBN-10 3-644-30251-0 / 3644302510
ISBN-13 978-3-644-30251-8 / 9783644302518
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