Gewinnen in der Plattform-Ökonomie (eBook)

Der Leitfaden für Handelsentscheider

(Autor)

eBook Download: EPUB
2024
253 Seiten
Wiley-VCH (Verlag)
978-3-527-84972-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Gewinnen in der Plattform-Ökonomie - Alexander Graf
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Das Buch von Alexander Graf verarbeitet die aktuellen Entwicklungen der E-Commerce-Branche.
Plattformen wie Amazon, TEMU, Trendyol usw. haben die Regeln komplett neu- und umgeschrieben. Was 2020 noch 'gut' war, lockt 2024 keinen Kunden mehr in den Onlineshop. Das Buch schaut sich die neuen Regeln genau an und bewertet diverse Spieler in diesem Markt nach diesen neuen Regeln.
Es beantwortet Fragen wie: Was kommt nach Zalando? Wo geht die Reise mit Amazon hin? Warum ist TEMU so erfolgreich?
Das Buch ist sehr gut lesbar für E-Commerce-Entscheider. Der Autor selbst arbeitet seit 20 Jahren in der Branche auf Entscheiderebene und weiß, wie man mit und für die Zielgruppe kommuniziert. Es ist kein theoretisches Werk, sondern spricht ganz klar die Herausforderungen der Industrie an.
Case Studies bezogen auf den deutschsprachigen Markt runden den Praxisbezug des Buches ab.


Alexander Graf (Jahrgang 1980) ist leidenschaftlicher E-Commerce-Unternehmer, Seriengründer sowie Handels- und Digital-Experte. Als CEO von Spryker, einem Softwareunternehmen für Digital Commerce, gestaltet er die Disruption von transaktionalem Business jeder Art. Spryker verhilft multinationalen Playern wie Toyota, Aldi oder Siemens Healthineers mit einem der fortschrittlichsten Commerce-Betriebssystem weltweit zu mehr Umsatz. Wann immer es um die Digitalisierung des Handels geht, ist Alexander Graf ein gefragter Experte für Medien wie Spiegel, ARD, ZDF, Handelsblatt, Frankfurter Allgemeine und Süddeutsche Zeitung. Er hostet den Branchen-Podcasts 'Kassenzone'. Neben Spryker hat Graf unter anderem die Digitalberatung Etribes und die Amazon-Marketing-Agentur Factor A mitgegründet. An der Entstehung von About You war er ebenfalls maßgeblich beteiligt. Insgesamt hat er gemeinsam mit Geschäftspartnern zwei Dutzend Unternehmen initiiert, gegründet und/oder finanziert.

1
WIE AUS DEM ONLINE-HANDEL DIE PLATTFORM-ÖKONOMIE WURDE


In einer belebten Fußgängerzone in einer deutschen Großstadt steht ein Team von den Fernsehnachrichten, das einen Beitrag über die Digitalwirtschaft dreht, und fragt Passanten, ob sie wissen, womit Amazon sein Geld verdient. Fünf von zehn, die anhalten, sagen in die Kamera so etwas wie: »Äh … sie verkaufen den Leuten so Zeugs!« Zwei weitere schmücken ihre Antwort ein wenig aus, indem sie die gemeinhin anerkannten Stärken von Amazon ansprechen – »Sie verkaufen günstiger und liefern schneller als andere Anbieter« – und zwei mehr beklagen seine Schwächen: »Sie unterbieten andere Händler und zahlen keine Steuern!« Höchstens einer von zehn wird etwas tiefer Luft holen, bevor er zu einer Erklärung ansetzt, womit alles Amazon eigentlich Geld verdient: »Am margenstärksten unter den diversifizierten Einnahmequellen sind wohl Erlöse aus dem Anzeigenverkauf sowie aus dem Cloud-Computing-Geschäft – wobei es wegen der notorisch undurchsichtigen Buchhaltung des Riesen allerdings schwierig sein kann, solche Aussagen zu treffen …«

Die Antwort mag auch noch so wohl überlegt sein: Im Schnitt wird sie mit ziemlicher Sicherheit nicht mitberücksichtigt und verwendet – nicht nur deswegen, weil ihr Urheber einen etwas zu langatmigen und daher nicht allzu kameratauglichen Erklärstil pflegt. Die redaktionelle Entscheidung rührt daher, dass die meisten Journalisten Amazon ebenfalls durch die E-Commerce-Brille betrachten: Sie sehen im Seattler Konzern einen Online-Handelsriesen mit ein paar weiteren angegliederten Einzelteilen. Es ist auch schwer, ihnen daraus einen Vorwurf zu machen: Sind sie – wie der Autor dieses Buchs – in den 1980er Jahren oder gar davor geboren, so war doch das Erste, was sie damals in den 1990ern über Amazon gehört haben, dass es sich um einen revolutionär günstigen und einfachen Bestellweg für Bücher handelt. Das nächste Mal, dass ihnen der Name begegnete, wird dann wohl in den 2000ern gewesen sein, als sie selbst anfingen, dort zu bestellen – und neben Büchern auch einige andere Produktkategorien wie CDs, DVDs und (seltsamerweise) ein paar Artikel, die überhaupt nichts mit Medien zu tun hatten, endeckten. Spulen wir in die 2010er vor, hatten diese Journalisten dann schon ein eigenes Prime-Konto und bestellten beinahe täglich allerhand bei Amazon.

Vor ein paar Jahren machte ein witziges Meme die Runde, das in zwei Bildern vom Amazon-Gründer Jeff Bezos verdeutlicht, wie stark die Expansion des Unternehmens bis dahin gewesen war – und wie atemberaubend der Aufstieg von Bezos selbst, der als kumpelhafter Buchhändler aus dem Internet angefangen hat und letztlich vier Jahre lang als reichster Mann der Welt firmierte. Links sieht man ein PR-Foto des Bezos von damals, ein schlaksiger Mittdreißiger mit locker sitzendem Opa-Pulli und unbeholfenem Grinsen, dem folgende Zeile angedichtet wird: 1998: »I sell books.« (»Ich verkauf‚ Bücher.«) Rechts schreitet ein äußerst solide gewordener Bezos, dessen Bizepsmuskeln beinahe die Kurzärmel seines schwarzen Polo-Hemdes sprengen, strotzend auf die Kamera zu; seinem grimmig gewordenen Gesichtsausdruck verleiht eine gespiegelte Pilotbrille weitere Bestimmtheit. 2017: »I sell whatever the **** I want.« Ganz so amerikanisch-ordinär kriegt es das Deutsche an dieser Stelle nicht hin, aber den angedachten Tonfall kann man sich lebhaft vorstellen: »Ich verkauf  ʼ, wonach mir ist.«

Wonach ihm ist. An der Großspurigkeit der erfundenen Aussage ist etwas daran – auch an der körperlichen Metamorphose des Jeff Bezos, dessen Verwandlung sich als beinahe überperfektes Sinnbild des unaufhörlichen Wachstums von Amazon herhalten lässt – von dieser Buchhandlung, aus der mittlerweile der mächtigste US-Weltkonzern geworden ist seit Standard Oil (beziehungsweise: den es je gegeben hat). Unter »wonach mir ist« stellt sich allerdings eine große Mehrheit nach wie vor handfeste Dinge und Artikel wie Gartenmöbel, Werkzeug, Zahnpasta, Keksdosen, Wischmopp-Eimer-Sets, Kinderspielzeug … vor. Was sie sich nicht darunter vorstellt: Serverkapazität und Hosting oder Filme und Serien – und erst recht nicht: sie selbst.

Ja, richtig: Wer ein Amazon-Konto besitzt, ist auch – ein Stück weit – ein Amazon-Produkt. Wieso denn? Weil seit Jahren ein Großteil der Transaktionen auf Amazon zwischen dem Kunden und einem Dritthändler abgeschlossen wird: Amazon betreibt ja den Marktplatz, auf dem der Verkauf stattfindet, und verdient daran eine Provision. Und diese Provision ist der Preis, den Händler zahlen, um an den Kunden – an Sie – zu verkaufen. Mehr noch: Seit geraumer Zeit zahlen die Händler Geld an Amazon allein für die Chance, an Sie zu verkaufen. Sie bezahlen dafür, dass ihre Produktlistungen als »Gesponsort« hoch in den Suchergebnissen dargestellt werden – oder dafür, dass sie mit ihren Produkten auf Ihrem Gerät mit einer Anzeige erscheinen. Was damit anfing, dass den Leuten so Zeugs verkauft wird, ist mittlerweile dazu mutiert, dass der Zugang zu den Leuten verkauft wird. Auch der Zugang zu Ihnen.

Darin besteht kurzum der Grund, warum neun von zehn in jeder Fußgängerzone der Bundesrepublik zufällig Befragten ganz grundlegend falsch verstehen, worum es sich bei Amazon eigentlich handelt. Ja, Amazon ist nach wie vor ein Online-Händler; ja, Amazon betreibt auch weiterhin einen Marktplatz; und ja, man kann dort immer noch alles Mögliche bestellen. Damit ist aber lange nicht abschließend erklärt, womit Amazon sein Geld verdient. Damit allein ist kein Konzern herangewachsen, dessen Umsatz nun größer als gesamte Volkswirtschaften ausfällt. (Je nachdem, ob und wie man Bruttoinlands- oder -sozialprodukt zugrunde legt, lag Amazon Ende 2022 irgendwo zwischen Thailand, Österreich und Israel unter den größten 30.) Und damit allein ist nicht aus Buchhändler-Bezos, Typ Kumpel von nebenan, ein schneidiger Superreicher geworden, der seinen gestählten Astralkörper in eigenem Raumfahrzeug ins Weltall schießen lässt.

Das gilt genauso für andere Milliardäre, die derzeit ihre enormen Reichtümer in Raumfahrt-Initiativen investieren. So verdiente etwa Mark Zuckerberg seine Milliarden keineswegs damit, dass er Nutzern den Zugang zu Facebook verkaufte, sondern dadurch, dass er den Zugang zu diesen Nutzern zu Geld machte. Mit Google wurde Larry Page unvorstellbar reich, ohne dass ein einzelner Konsument jemals auch nur einen Pfennig für die Nutzung der Suchdienste hinlegen musste. Bill Gates ist wahrscheinlich das einzige Beispiel dafür, dass sich einer der größten Tech-Magnaten sein Vermögen »traditionell« durch den Verkauf von Produkten an Privatpersonen und Firmenkunden verdiente – Vergangenheitsform, wohlgemerkt, denn heutzutage macht Microsoft eher auf anderem Wege Umsatz. Unter anderem dadurch, dass es im Windows-Office-Teams-Umfeld – ja, genau – den Zugang zu Ihnen gewinnbringend feilbietet.

Einerseits sind Geschäftsmodelle dieser Art überhaupt nichts Neues. Von den Ständen auf den Marktplätzen des Mittelalters schöpften die damaligen Eliten Händlergebühren ab. Die Finanzdynastien der italienischen Renaissance verdienten an den Vorgängern der heutigen Börsen prächtig. Und seit der Erfindung von Nachrichtenmedien vor mindestens drei Jahrhunderten hat es immer Geschäftsleute gegeben, die mit Anzeigen Verbraucher erreichen wollen und dafür zu zahlen bereit sind. Andererseits ist allerdings der Aufstieg der Tech-Plattformen in seiner Steile und seinem Umfang absolut ohne Beispiel, bar jeder historischen Vergleichsgröße, ganz und gar sui generis. Über Jahrtausende Menschheitsgeschichte gab es erst 1600 mit der East India Company überhaupt die erste Kapitalgesellschaft. Ende des 19. Jahrhunderts gab es zwar einige Konzerne mit globaler Reichweite, sie waren allerdings industrieller Natur. Und im 20. Jahrhundert waren weltumspannende Konzerne Hersteller von Lebensmitteln und Verbrauchergütern – oder betrieben Handel damit.

Nun haben in lediglich drei Jahrzehnten die »GAFAM«-Unternehmen der Welt (Akronym: Google (Alphabet), Apple, Facebook (Meta) und Microsoft)) alles Vorhergehende in den Schatten gestellt und eine neue Stufe der Evolution erklommen: Sie haben Plattform-Status erreicht. Dieser besteht dann, wenn Software-Schnittstellen eingesetzt werden, um Konsumenten zu erreichen und den Zugang zu diesen zu regeln sowie das Geschäftsmodell so zu diversifizieren, dass anstelle von einer hauptsächlichen Einnahmequelle viele schnell changierende treten. Durch Erreichen dieses Status werden einzelne Konzerne derart zum Mittelpunkt wirtschaftlicher Aktivität, dass andere Unternehmen an vielen Stellen beinahe unmöglich an ihnen vorbeikommen, was ihnen wiederkehrende – und nicht selten: haushohe – Erträge sichert.

Darüber hinaus verändert das Bestehen von Firmen mit Plattform-Status die Funktionsweise der gesamten Volkswirtschaft. Bislang baute der Konsumkapitalismus westlicher Prägung ja auf dem Handel – also: auf dem Verkauf von...

Erscheint lt. Verlag 11.9.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Wirtschaft Betriebswirtschaft / Management Marketing / Vertrieb
Schlagworte amazon • E-Commerce • Marketing • Marketing / Management • Online • Online-Handel • Organisationsentwicklung • Plattform • Sales • Strategisches Marketing • TEMU • Wirtschaft u. Management • Zalando
ISBN-10 3-527-84972-6 / 3527849726
ISBN-13 978-3-527-84972-7 / 9783527849727
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