30KAPITEL 2
31IHR SPIELFELD

32331. ERFOLGSREGEL:
DIE RICHTIGE UMGEBUNG

»Menschen sind räumliche Wesen«

– Frank Dopheide

Betreten wir kraftvoll und voller Neugierde Ihr kreatives Spielfeld. Kommen wir zu der ersten Erfolgsregel: Reden wir über die Bedeutung einer inspirierenden Umgebung für Ihre kreativen Vorhaben.

Vorab: Sie müssen sich eines bewusst sein, wir sind ein Produkt unserer Umwelt. Räumliche Stimmungen nehmen wir wahr. Sie prägen uns und unser Handeln. Wir agieren selten autonom, oft reagieren wir auf äußere Einflüsse.

Wenn wir vor diesem Hintergrund gefragt haben, welchen Einfluss die räumliche Umgebung auf die Kreativität hat, teilt sich das Feld der Befragten in zwei Lager: Einige finden, dass die Umgebung keine große Rolle spielt, andere investieren viel Zeit, Ressourcen und Energie, ein Umfeld zu schaffen, das Kreativität fördert.

So mag also nicht für jeden eine inspirierende Umgebung eine unverzichtbare Bedingung für die Kreativität sein. Generell gilt: Das Umfeld hat Einfluss auf unsere Kreativität. Farben und Licht bestimmen unsere Gedanken. Geräusche und Klänge prägen unsere Gefühle.

Wir schauen also tiefer: Welche Umgebung beeinflusst uns wie in unserer kreativen Arbeit? Was stimuliert uns und warum? Welche Bedeutung haben Räume, Farben, Materialien und Gegenstände für unsere Kreativität? Was stellt das Äußere genau mit unserer inneren Kreativität an?

34Wir denken einmal gemeinsam nach. Und wir nehmen jemanden dazu, der wie kein Zweiter für dieses haptische, fühlbare, emotional aufgeladene Thema prädestiniert ist: Frank Dopheide. Sein jüngstes Werk: »Gott ist ein Kreativer, kein Controller.« – mittlerweile ein Standardwerk für Kreative oder solche, die es werden wollen.

Dopheide ist nicht in erster Linie Buchautor, sondern vor allem die lebendig gewordene, gerade auch unternehmerische Kreativität – und das gleich in ganz unterschiedlichen Branchen: Er war Chairman einer der weltweit führenden Werbeagenturen und Sprecher der Geschäftsführung der Handelsblatt Media Group. Er ist heute Gründer und Chef-Kreativer der Purpose-Agentur mit dem bezeichnendem Namen »human unlimited« und so etwas wie ein Apostel für die Sinnhaftigkeit in unserer Wirtschaft.

Und nicht nur deshalb preisen viele Hochkaräter seinen Namen: Der Boxweltmeister Wladimir Klitschko lobt ihn: »Ein wahrer Champion der Markenführung und der perfekte Sparringspartner in diesem Ring.« Die Werbe-Ikone Jean-Remy von Matt ruft ihm zu: »Es gibt viele Leute, von denen ich viel halte, die viel von dir halten.« Die Publizistin, Gründerin und Professorin Miriam Meckel schwelgt über ihn: »Er nimmt uns alle mit auf eine hinreißende Fahrt entlang des Sternenstaubs in neue Galaxien des Denkens und Fühlens.« Und schließlich verneigt sich die Journalisten-Legende Gabor Steingart mit folgenden Worten vor ihm: »Das Zusammensein mit dir fördert die Wahrheit zu Tage.«

Sein Ziel: Den Menschen – gerade auch im unternehmerischen Kontext – wieder in den Mittelpunkt stellen. Der fast zwanghafte Fokus auf Shareholder Value reicht nicht. Unternehmen sind für Menschen da. Sie müssen ihre Daseinsberechtigung neu finden, müssen verstehen, warum die Welt sie braucht. Das Menschliche muss wieder in die Vorstandsetagen einziehen.

Dopheide ist entlang unserer Kreativitäts-Typologie ein strukturierter Kreativer. Das Setting ist wichtig – inspirierende Umgebung, Teamarbeit, Diversität. Ebenso kommt es auf die richtige Einstellung an – positive Energie, offenes Mindset, hartnäckige Leidenschaft und vor allem der Mut zum Regelbruch. Herausstechend gegenüber dem »Kreativitäts-Mainstream« ist vor allem aber, dass kreative Prozessthemen für ihn von herausgehobener Bedeutung sind: Die richtige Frage zu Beginn ist wichtig, ein guter iterativer Prozess und Fokus sind entscheidend und vor allem kommt es auf eine sehr gute Exekution und Leadership an. Kreativität ist eben für Dopheide kein Selbstzweck, sie muss sich auszahlen, maximale Wirkung entfalten. Aber legen wir nun los.

35Seien Sie sich bewusst: Räume können nicht nicht wirken

Beginnen wir mit einer Selbstverständlichkeit, die jedoch häufig vergessen wird: Räume wirken. Sie sagen etwas aus und setzen den Ton. Sie legen Schalter um und versetzen uns in eine bestimmte Stimmung. Die Umgebung beeinflusst unsere Kreativität.

Wir kennen das aus dem Privaten und bemühen hier zugegebenermaßen Klischees, die nichtsdestoweniger wahr sind: Ein Dinner bei Kerzenschein in einem schönen Restaurant – Kerzen auf dem elegant gedeckten Tisch: Wir entschleunigen automatisch, beruhigen uns, fühlen uns wohl, lassen uns fallen. Ein Picknick im Freien, den Geräuschpegel bestimmt die Natur – wir hören Vögel, die zwitschern, und den rauschenden Fluss. Beides hat vielfach die gleiche Wirkung auf uns. Vielen Menschen hilft gerade diese ganz besondere Atmosphäre, in einen fast meditativen Fluss der Kreativität zu kommen. Ganz anders ergeht es Ihnen sicherlich in der kühlen Umgebung eines polizeilichen Verhörraums oder der sterilen Umgebung eines ärztlichen Behandlungszimmers.

Oder werfen wir einen Blick in die Arbeitswelt: Eine »Deutsche Amtsstube« ist ähnlich kreativitätsfördernd, wie die Formulierung vermuten lässt. Anders dürfte auf die meisten von uns ein helles, geräumiges Atelier mit großen Fenstern und natürlichem Licht wirken. Solche Räume strahlen Wärme, Offenheit und Weite aus. Wir können experimentieren, uns frei bewegen und unserer Kreativität freien Lauf lassen.

Umso weniger ist uns und gerade auch Frank Dopheide verständlich, warum sich die meisten Büros sehr ähneln. Für ihn ist ein Raum mehr als ein Ort. Der Raum ist die Fortführung der unternehmerischen DNA: Räume sind sichtbar, greifbar, erlebbar. Sie grenzen ab und sagen etwas aus. Räume sind kulturbildende Maßnahmen. Sie verbinden, setzen aber auch Reibungspunkte.

Warum nur müssen die Räume in Deutschlands’ Versicherungshäusern alle gleich aussehen? Unternehmen wie Google, Microsoft und andere oftmals US-amerikanische Tech-Unternehmen haben schon vor Jahren erkannt, wie wichtig die Umgebung für unseren kreativen Wirkungsgrad sind. Die Unternehmensräume sind deutlich farbiger und mit unterschiedlichen Formen verspielter.

Die Stimmung der meisten Menschen ändert sich generell mit der 36räumlichen Umgebung, die bestimmte Assoziationen, Gemüts- und Gefühlszustände auslöst. Oder wie es Dopheide formuliert: »Menschen sind räumliche Wesen.« Aber was genau passiert, ist oftmals eine höchst individuelle Sache. Was den einen inspiriert, ist für den anderen zu laut und lenkt ab. Manche Menschen benötigen im wahrsten Sinne des Wortes: nichts, kein Bild, kein Fenster, keine Farben, keine Ablenkung. Sie finden Kraft im Minimalistischen. Sie füllen den Raum selbst. So vertraut uns beispielsweise der Schweizer Bestsellerautor Rolf Dobelli an, dass er sich zum Schreiben in einen Raum – am liebsten ohne Fenster und Sonnenlicht – einschließt. Er starrt an die Wand und vermeidet jegliche Form der Aussicht, die ablenken könnte. Andere brauchen genau das Gegenteil.

Menschen reagieren also auf Räume und die Umgebung unterschiedlich. Sie sollten also idealiter begreifen, welcher Kreativitätstyp Sie und Ihre Mitstreiter sind. Auf dieser Basis können Sie die richtige Umgebung schaffen. Es gibt keine »one size fits all« Lösung. Aber: Vergessen Sie nie, genauso wenig wie man nicht nicht kommunizieren kann, können Räume nicht nicht eine Wirkung entfalten.

Denken Sie daran: Der Raum sollte zu Ihrer konkreten Aufgabe und Ihren kreativen Mitstreitern passen

Sie sollten verstehen, welcher Raum für die Aufgabe, für Sie, für die Menschen, die mit Ihnen arbeiten, das größtmögliche Kreativergebnis erzeugt: Sind Sie in der Endphase Ihrer kreativen Leistung und wollen Sie die letzten Meter schaffen, um Ihre Idee zum Leben zu erwecken? Oder sind Sie gefangen, kommen nicht weiter und wollen wachgerüttelt werden, um zu sehen, ob der kreative Impuls überhaupt eine Daseinsberechtigung hat? Wollen Sie die kreative Energie Ihres Umfelds nutzen oder brauchen Sie die Isolation, um wirklich leer zu werden?

Unterschiedliche Aufgaben entlang der kreativen Evolution erfordern mitunter unterschiedliche Umgebungen. Es kommt dabei nicht nur auf Ihre Stimmung und Ihre eigenen Vorlieben an. Genauso wichtig ist, welche kreative Aufgabe Sie zu erfüllen haben und welche Räume Ihre möglichen Mitstreiter brauchen.

37Versuchen Sie also die richtige Umgebung für die richtige Aufgabe zu finden. Dies betrifft den Raum selbst, aber auch seine funktionale Ausstattung. Wir sind sensibel für Symbole und Aufbau. Ein runder Tisch hat eine andere Wirkung als eine lange Tafel. Beides kann funktionieren – abhängig vom zu bearbeitendem Kreativthema.

Zur Weite des Raumes: Vermeiden Sie (räumliche) Trennungen bei kreativen Vorgängen

Allgemeingültige Regeln gibt es also nicht. Aber das eine oder andere gilt es schon zu beachten. Wir kommen damit wieder zu Dopheide. Die Bedeutung von Räumen war und ist ihm stets bewusst. Gleiches gilt für die damit verbundene Symbolik.

Räume sollten – so Dopheide – nicht nur Energie spenden und einen Wiedererkennungswert haben. Sie sollten auch verbinden. Schon...