Mental Health matters (eBook)
384 Seiten
Haufe Verlag
978-3-68951-004-6 (ISBN)
Dr. Eva Elisa Schneider ist promovierte Psychotherapeutin und Expertin fu?r mentale Gesundheit am Arbeitsplatz. Als Speakerin und Trainerin arbeitet sie mit internationalen Unternehmen zusammen, um die mentale Gesundheit der Mitarbeitenden zu sta?rken und deren Wohlbefinden zu fo?rdern. Sie vereint u?ber 10 Jahre Erfahrung aus Wirtschaft, Wissenschaft und Gesundheit. Dr. Eva Elisa Schneider gilt als Vordenkerin und ist einer der fu?hrenden Ko?pfe zum Thema Mental Health in Deutschland. Sie ist LinkedIn Top Voice »Work-Life Balance« und Podcast-Host im »Gesund Arbeiten«-Podcast. Mit ihren Inhalten erreicht sie wöchentlich tausende von Mental Health-begeisterten Menschen.
Eva Elisa Schneider Dr. Eva Elisa Schneider ist promovierte Psychotherapeutin und Expertin für mentale Gesundheit am Arbeitsplatz. Als Speakerin und Trainerin arbeitet sie mit internationalen Unternehmen zusammen, um die mentale Gesundheit der Mitarbeitenden zu stärken und deren Wohlbefinden zu fördern. Sie vereint über 10 Jahre Erfahrung aus Wirtschaft, Wissenschaft und Gesundheit. Dr. Eva Elisa Schneider gilt als Vordenkerin und ist einer der führenden Köpfe zum Thema Mental Health in Deutschland. Sie ist LinkedIn Top Voice »Work-Life Balance« und Podcast-Host im »Gesund Arbeiten«-Podcast. Mit ihren Inhalten erreicht sie wöchentlich tausende von Mental Health-begeisterten Menschen.
1.3 Der Mensch als endliche Ressource
Unsere Arbeit ächzt unter aneinandergereihten Krisen, Fachkräftemangel und neuen Herausforderungen, die sich durch Digitalisierung und KI ergeben. Die Wirtschaft steht damit unter großem Zugzwang, viele Unternehmen müssen trotz weniger Ressourcen und mehr Anforderungen am Markt bestehen bleiben. Dennoch will unsere heutige Wirtschaftswelt Wachstum um jeden Preis: höher, schneller, weiter. Dabei geht es um das Maximieren: mehr Produkte, mehr Verkauf, mehr Kund:innen. So landen wir in einer Überwirtschaftung, in der wir mehr Ressourcen und Energie verbrauchen als wir eigentlich zur Verfügung haben. Unser Umgang mit Gesundheit (genau wie mit Nachhaltigkeit) zeigt hier eine große Gemeinsamkeit: Wir tun so, als gäbe es für sie keine natürlichen Grenzen. Und das geht zu Lasten der Menschen (und der Natur), die in diesem System arbeiten. Mit Blick auf kurzfristige Gewinne machen wir Überstunden, schlucken unsere Gesundheitssignale runter und geben uns keine Möglichkeit zu regenerieren. Selbst Erholung ist auf Maximierung ausgelegt. Wir führen das ganze ad absurdum und kaufen uns Ratgeber, die uns zeigen, wie wir in weniger Zeit mehr geschafft bekommen und uns verklickern, wie wir noch schneller regenerieren. So versuchen wir immer wieder, unsere natürlichen Grenzen künstlich zu verschieben. Aber wofür eigentlich? Am Ende dient es allein dazu, dass irgendjemand irgendwo auf der Welt mehr Gewinn macht – diese Person bist aber nicht du. Dadurch entsteht ein menschlicher Abrieb, der uns immer spürbarer um die Ohren fliegt. Unsere Antwort darauf ist, dass wir versuchen, Systeme zu optimieren. Wie kann ich meine Prozesse so weit verschlanken, dass ich in weniger Zeit mehr Output bekomme? Wie kann ich Mitarbeitenden ein bisschen mehr Resilienz beibringen, dass sie unter dem Stress nicht einknicken? Wie können wir den gleichen Workload auf weniger Personal verteilen?
Zwischen Optimieren und Maximieren liegt ein schmaler Grat. Es ist wichtig, Bestehendes kontinuierlich zu hinterfragen und besser zu machen. Gleichzeitig sind unsere Ressourcen endlich. Es wird immer einen Sättigungspunkt geben, an dem weniger Personal selbst bei besten Prozessen den Workload nicht mehr stemmen kann. Über die Jahre sind wir extrem gut darin geworden, diesen Punkt in Perfektion zu ignorieren. Daraus ergeben sich zwei Konsequenzen. Zum einen glauben wir konstant, es gäbe doch noch etwas rauszuholen. Wir werfen ein Stressmanagement-Training auf die Mitarbeitenden in der Hoffnung, dass sie dann doch noch etwas mehr schaffen. So quetschen wir mit aller Kraft an der Zitrone, obwohl sie bereits saftlos ist. Zum anderen übernehmen wir als Individuen fälschlicherweise die Verantwortung dafür, dass wir nicht noch mehr gewuppt bekommen. Wir glauben, es läge einzig und allein an uns, dass wir überlastet sind und nicht noch mehr To-dos erledigen können. Wir nehmen am Stressmanagement-Training teil und setzen alle Tipps gewissenhaft um – und trotzdem fühlen wir uns erschöpft. Die Schuld dafür geben wir uns selbst und denken, dass wir etwas falsch gemacht hätten. Dabei müssten wir vielmehr das System anschauen, in dem wir agieren. In einem Umfeld, in dem Überstunden normal sind, Pausen ausgelassen werden und der Stresspegel dauerhaft am Anschlag ist, ist nicht der nächste Mental Health Tipp entscheidend, sondern dass es Möglichkeiten zur Regeneration gibt. Und das System drum herum muss so umgebaut werden, dass es nicht ständig zu Überlastung kommt. Aber das würde möglicherweise kurzfristig Einbußen im Gewinn mit sich bringen, sodass wir einfach weitermachen.
Die Sprache der Psyche
Jeder Mensch hat eine individuelle Belastungsgrenze. So wie man einen körperlichen Ermüdungsbruch haben kann, kann auch die Psyche unter hoher Belastung einknicken. Der Weg dahin ist oft ein schleichender Prozess. Als ich noch Klient:innen in der Psychotherapie hatte und sie in der ersten Sitzung fragte, warum sie ausgerechnet jetzt hier sitzen, konnten sie es oft nicht genau sagen. Fragte ich dann nach, was in letzter Zeit so los war, fand ich oft ein großes Sammelsurium an Belastungen vor. Erst kam die Trennung, dann war bei der Arbeit so viel los, die Mutter erkrankte an Krebs und die Kinder haben alles nicht gut weggesteckt. Selten ist allein eine Sache der Grund, warum sich jemand Hilfe sucht. Doch irgendwann braucht es nur noch einen Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt.
Wann wird aus viel zu viel?
Das sogenannte Vulnerabilitäts-Stress-Modell22 illustriert treffend, wie wir auf Belastungen reagieren. Denn ein und dasselbe Ereignis kann einer Person stärker zu schaffen machen als einer anderen. Doch warum ist das so? Das liegt nicht daran, dass eine Person mental besonders stark ist und die andere nicht, sondern kommt durch mehrere Faktoren zustande. Diese Faktoren werden durch das Modell sehr gut erklärt.
Die Vulnerabilität, sprich die Verletzlichkeit einer Person umfasst Faktoren, die bereits vorhanden sind und die sie in das Hier und Jetzt mitbringt, beispielsweise genetische Vorbelastungen, Lernerfahrungen, Hirnprozesse, Glaubenssätze oder eingeschliffene Bewältigungsstrategien. Einige dieser Faktoren sind gegeben (z. B. Genetik), andere sind veränderbar (z. B. Glaubenssätze). Diese grundsätzliche Verletzlichkeit tragen wir alle in uns – je nach Biografie kann sie höher oder geringer ausgeprägt sein. Sie bildet eine Art Grundbelastungsfundament. Auf diesem Fundament bauen sich im Alltag Belastungen unterschiedlicher Art auf. Das können Konflikte, plötzliche Ereignisse oder eine Kündigung sein. Je größer der Stapel wird, desto höher die aktuelle Belastung.
Ab einem gewissen Punkt ist für jeden Menschen die individuelle Belastungsgrenze erreicht. Das ist der Moment, an dem sich Anzeichen psychischer Strapazierung zeigen. Wenn wir abends nicht einschlafen können, wenn wir gereizt auf unsere:n Partner:in reagieren oder wenn wir uns von Freund:innen zurückziehen. Das alles ist die Sprache der Psyche. Oftmals signalisiert uns auch unser Körper schon früh typische Überlastungsanzeichen wie Nackenschmerzen, Verdauungsprobleme oder ständige Müdigkeit. Nur haben wir uns einfach sehr gut beigebracht wegzuschauen. So stapeln sich weitere Alltagsbelastungen, ohne dass wir einlenken. Schlussendlich mündet das in psychischen Erkrankungen – unsere Psyche meldet sich, sodass wir nicht weiter weghören können.
Wenn dann noch globale Krisen hinzukommen, ist das wie eine extra Schicht, die auf dem Grundfundament obenauf liegt. Das führt unumgänglich dazu, dass es noch weniger Puffer für Alltagsbelastungen gibt. Nur wenige Stressoren reichen bereits aus, um die individuelle Belastungsgrenze zu erreichen.
Vermutlich ist es genau das, was wir in den letzten Jahren gespürt haben. Wir scheinen von der Weltlage erschöpft zu sein und fühlen uns schneller überlastet. Die Aneinanderreihung der Krisen führt schlichtweg dazu, dass wir weniger Raum für Alltagsstress haben und schneller am Limit sind. So werfen uns plötzlich Stressoren aus der Bahn, die uns früher nichts anhaben konnten.
Von Sick Care zu Health Care
Wie in Kapitel 1.1 erwähnt, ist unser Verständnis von Gesundheit auf die Wiederherstellung von Gesundheit nach Krankheit, aber nicht auf den Erhalt von Gesundheit ausgerichtet. Somit ist das Gesundheitsmanagement vieler Unternehmen eher ein Krankheitsmanagement. Die meisten Maßnahmen zielen entweder darauf ab, jemanden in oder nach Krankheit wieder arbeitsfähig zu machen oder das Ausmaß der Arbeitsunfähigkeit gering zu halten. Es geht also im weitesten Sinne um Schadensbegrenzung, indem Krankheit durch beispielsweise Wiedereingliederungsprogramme gemanagt wird. Das Ziel der sogenannten Sick Care ist, möglichst schnell eine Verbesserung oder zumindest keine Verschlechterung zu erreichen.
Sick Care
Vorteile:
- Wir können rasche Symptome bekämpfen.
- Wir erkennen schnell, ob unsere Bemühungen fruchten.
Nachteile:
- Wir lassen Ungesundheit geschehen.
- Wir überlassen anderen die Verantwortung für die Symptombekämpfung bei anderen, beispielsweise Ärztinnen und Ärzte
- Das mangelnde Versorgungsangebot führt leichter zu einer Chronifizierung von Problemen.
- Wir sind aufgeschmissen, wenn es Engpässe gibt, wie zum Beispiel wenn das halbe Team krank ist.
- Wir gehen nicht an die zugrunde liegende Wurzel der Probleme, beispielsweise allgemeiner Personalmangel.
Health Care hingegen möchte Gesundheit erhalten und weiter ausbauen. Es bedeutet, die Gesundheit proaktiv zu beeinflussen und sich im wahrsten Sinne des Wortes um seine Gesundheit zu kümmern. Diesen Gedanken gibt es auch in der Traditionellen Chinesischen Medizin, in der einer gesundheitsförderlichen Lebensführung mehr...
Erscheint lt. Verlag | 8.10.2024 |
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Verlagsort | Freiburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Beruf / Finanzen / Recht / Wirtschaft ► Wirtschaft |
Wirtschaft ► Betriebswirtschaft / Management | |
Schlagworte | Arbeit • Arbeitswelt • Burnout • Eva Elisa Schneider • Eva Schneider • Führungskraft • Gesund • Gesundheit • Leadership • Management • Matters • Mental • mentale Gesundheit • Mind • new work • Organisation • Psychische Belastung • Psychologie • Psychotherapie • Resilienz • Stress • Stress am Arbeitsplatz • Stress Prävention • Team • Transformation • Überarbeitung • Unternehmen • Wirtschaft • work life balance |
ISBN-10 | 3-68951-004-X / 368951004X |
ISBN-13 | 978-3-68951-004-6 / 9783689510046 |
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