Ich muss gar nichts! (eBook)
256 Seiten
Haufe Verlag
978-3-68951-013-8 (ISBN)
Dr. Tina Ruseva ist Expertin für Teamkultur und eines der bekanntesten Gesichter der deutschen Start-up-Szene. Für ihren Erfolg schwört sie auf wertschätzende Arbeitsbeziehungen, Technologie und Sanftheit und baut dabei auf ihre persönliche Geschichte als Migrantin, junge Mutter und Frau in der Tech. Sie studierte Medieninformatik an der LMU, machte ihren MBA an der TUM und promovierte in Innovationsmanagement. Als CEO von Mentessa, der skill-basierten Plattform für Wissensaustausch und Mitarbeiterentwicklung, wurde sie unter anderem von der NASDAQ in New York für ihr Engagement für Chancengleichheit geehrt. Darüber hinaus ist sie Expertin für die Europäische Kommission, Initiatorin des Big & Growing New Work Festivals und Präsidentin des Bundesverbandes New Work.
Tina Ruseva Dr. Tina Ruseva ist Expertin für Teamkultur und eines der bekanntesten Gesichter der deutschen Start-up-Szene. Für ihren Erfolg schwört sie auf wertschätzende Arbeitsbeziehungen, Technologie und Sanftheit und baut dabei auf ihre persönliche Geschichte als Migrantin, junge Mutter und Frau in der Tech. Sie studierte Medieninformatik an der LMU, machte ihren MBA an der TUM und promovierte in Innovationsmanagement. Als CEO von Mentessa, der skill-basierten Plattform für Wissensaustausch und Mitarbeiterentwicklung, wurde sie unter anderem von der NASDAQ in New York für ihr Engagement für Chancengleichheit geehrt. Darüber hinaus ist sie Expertin für die Europäische Kommission, Initiatorin des Big & Growing New Work Festivals und Präsidentin des Bundesverbandes New Work.
Bestandsaufnahme:
Zwischen New-Work-Trends und Alltagsfrust
Der Sinn der Arbeit oder: was ich wirklich, wirklich will
Was ich wirklich, wirklich will, weiß ich schon eine Weile.
Als ich sieben Jahre alt war, brachte meine Mutter einen Computer mit nach Hause. Genauer gesagt brachte sie zwei große Pappkartons mit: einen für den Monitor34 und einen für den Computer. Mittlerweile hatten meine Eltern ihre Studien abgeschlossen. Meine Mutter arbeitete damals als Managerin in einer großen Bank und war durch internationale Kunden und Projekte, aber auch durch ihre persönliche Offenheit für Neues immer am Puls der Zeit. Zeitgleich entstanden am anderen Ende der Welt die ersten privaten Internetanbieter, aber noch besaßen die meisten Menschen keinen Computer.
Meine Mutter holte mich zu sich in die Küche, wo mein »Geschenk« den gesamten Küchentisch und damit fast das ganze Zimmer einnahm. Sie wartete ab, bis sich meine Aufregung etwas gelegt hatte, beugte sich zu mir herunter, sodass wir auf Augenhöhe waren und sagte: »Tina, es gibt zwei Gruppen von Menschen: Menschen, die Dinge bauen, und Menschen, die sie nur verbrauchen.« Sie machte eine Pause, sah mir weiterhin direkt in die Augen und fragte mich: »Zu welcher Gruppe möchtest du gehören?«
Über den Sinn der Arbeit hatte ich mir in diesem Alter natürlich noch keine Gedanken gemacht, doch die richtige Frage zum richtigen Zeitpunkt führt unvermeidlich zu Antworten, an die wir uns erinnern. Von diesem Moment an kannte ich sie und wusste, was ich wollte:
Motivation im Arbeitsalltag: wo Builder an ihre Grenzen stoßen
Ich wollte also »Builder« sein und kein »Consumer«. Ich wollte gestalten und nicht einfach nur so dabei sein. Ich wollte eine sein, die Dinge baut, und auf gar keinen Fall jemand, der sie nur verbraucht. Und ich wollte so viel bauen wie nur möglich. Bewusst oder unbewusst pflanzte mir meine Mutter damals die Idee ein, dass Arbeit ein sinnstiftender, schöpferischer Akt ist. Arbeit ist etwas, das man mitgestalten kann, und nichts, dem man unterliegt. Seit diesem Moment und bis heute ist Arbeit für mich mehr als »Karriere und Kohle«. Arbeit ist für mich die Art und Weise, wie wir die Welt gestalten.
Arbeit ist die Art und Weise, wie wir
die Welt gestalten.
Dieses Weltbild hat oft zu Konflikten geführt. Tatsächlich ist es sowohl zu meiner größten Stärke als auch zu meiner größten Schwäche geworden. Einerseits hat mir diese Builder-Mentalität geholfen, den Hindernissen auf meinem Weg nicht als Opfer zu begegnen, wodurch sie sich oft von selbst gelöst haben. Andererseits entstanden durch meine Einstellung für mich neue Barrieren, denn »Builder« sind gefühlt erst seit Kurzem von der Führung erwünscht. Und wenn man mit einer Builder-Mentalität in ein Meeting, eine Freundschaft oder einen Job geht, kann man für den Rest des Teams anstrengend wirken, »zu viel machen« oder »naiv« erscheinen.
Meine Builder-Mentalität bringe ich aber natürlich immer mit – ob im Job oder in meinen eigenen Gründungsvorhaben. Viele Jahre später arbeitete ich zwischen der Gründung von zwei Start-ups in einem der führenden Telekommunikationsunternehmen in Deutschland. Als Senior Produktmanagerin hatte man mir im Vorstellungsgespräch die Rolle des »Mini-CEO« verkauft – nicht vom Unternehmen versteht sich, aber von einem seiner vielen Produkte. An diesem Produkt arbeiteten fast vierzig Menschen aus verschiedenen Abteilungen und es gab keinen, der das große Ganze im Blick behielt und die Richtung bestimmte. Als »Builder« krempelte ich die Ärmel hoch und legte los. Zuerst führte ich mit allen Beteiligten intern Einzelgespräche, um die Herausforderungen zu verstehen. Dann lud ich zu einem Kick-off ein, bei dem Entwickler:innen, Marketing und Sales zum ersten Mal (!) zusammenkamen, um Lösungen gemeinsam zu besprechen. Als Vorbereitung darauf führte ich eine Marktanalyse durch und stellte fest, dass das Produkt großes Potenzial hätte, wenn wir es am Trend »Nachhaltigkeit« ausrichten würden. Es handelte sich um ein Tool für digitale Prospekte, das der Papierverschwendung im Postversand entgegenwirken könnte.
Purpose allein reicht nicht aus.
Beflügelt von der neuen Vision legten wir los. Aber Purpose allein reicht nicht aus! Um große, diverse Teams zu befähigen, braucht es »Enablement« – ganz konkrete Unterlagen, Trainings und Co. Aus den Stakeholder-Interviews im Vorfeld wusste ich, dass sich die Kolleg:innen ohnehin bis dato schwertaten, das Produkt differenziert zu betrachten, und Hilfe bei der Kommunikation brauchten. Da beim Vertrieb sowieso bald wichtige Kundenmeetings bevorstanden, entschied ich mich, damit zu starten, und erstellte unterschiedliche Unterlagen, Vertriebspräsentationen, auch sog. Cheat Sheets, die zu wichtigen Fragen die Antworten parat hatten, und organisierte Training-Sessions mit den relevanten Mitarbeitenden.
Als Ergebnis hatten wir innerhalb von sechs Wochen eine Strategie, Alignment im Team sowie alles, was wir brauchten, um diese Strategie im Markt zu erproben. Ich kam mir vor wie der größte Builder aller Zeiten. Doch mein Vorgesetzter reagierte überraschend: »Pass auf, dass du nicht als Präsentationserstellerin endest.«
Wie bitte?! Von allem, was ich geschafft hatte, sah er also nur, dass ich – anders als andere Produktmanager:innen – nicht einfach alle Aufgaben verteilt hatte und geduldig auf Ergebnisse wartend herumsaß, sondern dass ich aktiv geworden war, um dem Team zu helfen und Unterlagen zu erstellen. Und das bewertete er negativ! Dabei ist das Erstellen von Präsentationen einfach eine Aktivität. Nicht die Aktivität ist ausschlaggebend dafür, wie man »endet«. Es ist die Haltung.
Das gleiche Phänomen erlebe ich heute auch in anderen Bereichen, z. B. beim Umgang mit anderen Gründer:innen. Die Startup-Szene trifft sich oft genug auf Tech-Konferenzen und Public Events. Doch das macht sie längst nicht zu einer »Community«. Oft sitzen wir da gemeinsam im Panel und sprechen über die Bedeutung von Zusammenarbeit und Zusammenhalt. Doch nach der Podiumszeit versprechen wir uns gegenseitig, »was gemeinsam zu machen«, wohl wissend, dass wir das nicht mal versuchen. Was man auf einem Podium sagt, erscheint vielen einfach wichtiger als das, was man dann im Alltag tatsächlich tut.
Das ärgert mich immer, denn Start-ups sind – statistisch gesehen – zum Scheitern verurteilt. 80 Prozent der Gründungen überleben keine drei Jahre35 und von den verbleibenden ist nur jedes zehnte Unternehmen erfolgreich. Das heißt, dass die Chance 2 : 100 steht, dass jemand von uns seine Vision in die Tat umsetzt. Das sind keine guten Aussichten! Dass wir uns dann nicht mit aller Kraft darum bemühen, unsere Chancen durch Kooperationen zu steigern, ist für mich vollkommen unerklärlich.
Doch wenn ich auch hier als »Builder« an die Sache herangehe und solche Gespräche initiiere, stoße ich erstaunlicherweise auf Misstrauen. Kooperationen? Hat Tina es nötig? Kapiert sie es nicht, dass wir Wettbewerber sind? Als wäre es ein Zeichen von Schwäche, ein Meeting zu organisieren, um Kräfte zu bündeln! Als wäre es nicht der Job eines jeden CEO von Mission Impossible, die zwei Prozent Erfolgschancen jeden Tag zu steigern. Als könnte man allein gegen die wirklichen Wettbewerber gewinnen.
Ist das der Grund, warum sogar Software-Giganten wie SAP oder Microsoft Milliarden in Partnerschaften investieren? Wenn solche von mir initiierten Kooperationsgespräche doch stattfanden, endeten sie stets mit einem Social-Media-Post, womit man die Beziehung möglichst unspektakulär konsumiert hatte und die Sache vorerst gegessen war. Man priorisiert eben sein Image auf Social Media höher als tatsächliche unternehmerische Initiativen für Zusammenarbeit.
Das reicht mir als Builder natürlich nicht. Ich sehe dabei nur das verschwendete Potenzial echter Kooperationen und langfristiger Zusammenarbeit, durch die mehrere Start-ups zusammen echten, bedeutungsvollen Wettbewerb mit etablierten Unternehmen aufnehmen könnten und Projekte erfolgreicher enden würden. Tatsächlich geben 86 Prozent der Beschäftigten mangelnde Zusammenarbeit und fehlenden Austausch als Grund für ihr Scheitern an.36 Als Builder fühle ich mich aber oft allein und werde letztendlich auch oft alleingelassen. Aber das ist der Preis von Haltung, und diese ist, was ich wirklich, wirklich will.
Autonomie im Job:
Zukunftskompetenz »Selbstbestimmung«
»Was ich wirklich, wirklich...
Erscheint lt. Verlag | 23.9.2024 |
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Verlagsort | Freiburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Beruf / Finanzen / Recht / Wirtschaft ► Wirtschaft |
Wirtschaft ► Betriebswirtschaft / Management | |
Schlagworte | Agil • Arbeit • Arbeiten • Beruf • Community • eigenverantwortlich • Empowerment • Engagement • Engagieren • flache Hierarchien • Führunbg • Gestaltungsspielraum • Hierarchie • Homeoffice • HR • Ich muss gar nichts • Innovation • Leistung • Macht • Motivation • new work • Organisationspsychologie • Personalwesen • RegelnFlexibilität • Selbstbestimmung • Sinn • Sinnerfüllt • sinnstiftend • Tina Ruseva • Verantwortung • Verständnis |
ISBN-10 | 3-68951-013-9 / 3689510139 |
ISBN-13 | 978-3-68951-013-8 / 9783689510138 |
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