Teams erfolgreich führen (eBook)
225 Seiten
Metropolitan (Verlag)
978-3-96186-242-9 (ISBN)
So führen die besten Fußballcoaches
Mit welcher Strategie führte Ottmar Hitzfeld den FC Bayern zum Champions-League-Titel 2001? Wie gestaltet Jürgen Klopp die Beziehung zu seinen Spielern? Wie funktioniert die fordernde Herangehensweise eines Felix Magath? Welche Rolle spielt Konsequenz bei der Arbeit von Ralf Rangnick? Wie motivierte Silvia Neid ihr Team, um die Europameisterschaft zu gewinnen?
Mounir Zitouni zeichnet in diesem Buch ein umfassendes Bild der Führungsprinzipien der besten Fußballtrainerinnen und -trainer Deutschlands und veranschaulicht, wie sich diese Kompetenzen auf den Alltag von Führungskräften übertragen lassen.
Für Mounir Zitouni sind es zwölf Führungseigenschaften, die ein erfolgreiches Leadership ausmachen, unterteilt in die drei Kernkompetenzen Autorität, Liebe und Persönlichkeit. Die Balance dieser Merkmale ist entscheidend, um eine gesunde, nachhaltige Führungskultur zu etablieren und Teams zum Erfolg zu führen - im Fußball wie in Unternehmen und Organisationen.
Basis des Buches sind die mehr als 50 Gespräche, die Mounir Zitouni im Rahmen seines Podcasts LEADERTALK mit bekannten Trainerinnen und Trainern geführt hat. Zitate und Anekdoten unterlegen seine Thesen und machen somit Führungsmethoden aus dem Fußball für Führungskräfte, Teamleitende oder Interessierte greif- und erlebbar.
'Dieses Buch ist ein wertvoller Beitrag für alle, die Teams und Menschen führen, egal in welcher Branche. Es gibt wohl keinen anderen Menschen in Deutschland, der sich des Themas 'Leadership im Fußball' so intensiv angenommen hat wie Mounir. Umso schöner, dass es nun dieses Buch gibt, mit vielen verschiedenen Aspekten und spannenden Aussagen von über 50 Trainerinnen und Trainern zum Thema Führungskompetenzen.' - Ralf Rangnick
Mounir Zitouni, Baujahr 1970, arbeitet seit vielen Jahren in Frankfurt als systemischer Business-Coach und unterstützt Menschen, aber auch Unternehmen in Sachen Leadership und Entwicklung. Der Deutsch-Tunesier ist dazu ein ausgesprochener Kenner aller Facetten des Profifußballs. Er spielte zunächst selbst in der Jugend von Eintracht Frankfurt, wechselte dann nach Tunesien, wo er bei Esperance Tunis Meister, Pokalsieger und Nationalspieler wurde. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland war er Profi unter anderem bei Kickers Offenbach, dem SV Wehen und dem FSV Frankfurt.
Parallel dazu absolvierte er eine Ausbildung zum Redakteur bei der Frankfurter Rundschau und wechselte nach seiner Fußballkarriere zum kicker-Sportmagazin, wo er 14 Jahre lang über Weltmeisterschaften, die Bundesliga und vor allem den FC Bayern München berichtete. Heute leitet er für große Versicherungen, Fußballklubs und mittelständische Unternehmen Workshops und coacht Führungskräfte aus der freien Wirtschaft, Fußballtrainer, aber auch Privatpersonen.
Mit seinem Podcast LEADERTALK hat Zitouni zudem ein einzigartiges Format ins Leben gerufen, in dem Fußballpersönlichkeiten über ihr Leadership-Verständnis sprechen. Zitouni schrieb 2020 die Autobiografie von Ex-Nationalspieler Dieter Müller und ist regelmäßig Gast beim wichtigsten Fußballtalk Deutschlands, dem Sport1-Doppelpass.
AUTORITÄT
Ich war ein wenig aufgeregt an jenem 27. August 2020, als ich das allererste Interview für meinen Podcast LEADERTALK aufnehmen wollte. Ich hatte erst wenige Wochen zuvor die Idee geboren, dass es doch ganz interessant sein müsste, mit den besten Fußballtrainern Deutschlands über ihre Art des Führens und ihre Leadership-Prinzipien zu reden. Einen Gesprächsraum zu öffnen, in dem es nicht um den letzten Bundesligaskandal ging, nicht um Bayern München, die Kommerzialisierung des Fußballs oder taktische Entwicklungen. Nein, es sollte monothematisch um das gehen, was Trainer tagein, tagaus machen: kommunizieren, anleiten, fördern und fordern.
Mich interessierten die Gedanken zu der Frage: Was braucht es, damit Teams erfolgreich sind? Ein Gespräch ohne laute Töne, ohne Schlagzeilen, sondern mit Reflexion und Tiefgang über ein so wichtiges Thema wie Menschenführung. Ich dachte mir, das müsste auch die professionellen Übungsleiter interessieren, mal ein „anderes“ Gespräch zu führen. Ich bastelte mir ein Cover, meldete mich bei einem Podcast-Anbieter an, bei dem man dank einer praktischen App das Gespräch vom Telefon direkt hochladen konnte, und überlegte mir potenzielle Gesprächspartner.
Ich hatte in den Jahren als Journalist die eine oder andere Nummer von Trainern gesammelt. Da musste doch was zu machen sein. Und das war es auch. Mein erster Gast war Ralf Rangnick. Es gibt schlechtere Namen.
Ralf hatte ich erst ein Jahr zuvor intensiver kennengelernt. Er kannte mich als kicker-Journalist, doch bis auf Fragen, die ich ihm bei Pressekonferenzen stellte, hatten wir nie länger gesprochen. Bei einer Veranstaltung in Frankfurt ging ich auf ihn zu und erzählte ihm, dass ich kein Journalist mehr sei, sondern Businesscoach, und fragte, ob wir uns mal treffen könnten, um uns auszutauschen. Er war sofort einverstanden und ich dachte mir: Ja, man muss manchmal einfach fragen und die Dinge proaktiv angehen, sonst passiert nie etwas.
Ich fuhr zu ihm nach Leipzig und wir führten ein dreistün diges Gespräch, bei dem Ralf, der mir bei dieser Gelegenheit das Du anbot, eine beeindruckende Offenheit an den Tag legte. Er sprach nicht nur über Verhandlungen mit Vereinsführun- gen über eventuelle Engagements, sondern auch über schwere persönliche Krisen und wie er damit umgegangen war. Seit - dem verband uns etwas, auch wenn wir uns nicht oft sahen. Er sagte sofort zu, als ich ihn fragte, ob er mein Premierengast sein wolle.
Wir nahmen das Gespräch digital auf. Die Tonqualität war miserabel, doch unser Austausch war großartig und sehr besonders. Die ganze Zeit über feierte ich Rangnick innerlich, den das Thema der Führung brennend interessierte. Er hatte schon oft seine Gedanken an verschiedenen Stellen über Leadership-Themen weitergegeben, und dennoch vermittelte er mir in diesem Moment das Gefühl, er habe nur darauf gewartet, sein Wissen und seine Erfahrungen so gebündelt loszuwerden. Er war total „on fire“ – eine Begeisterungsfähigkeit, die viele Menschen, die mit ihm zusammenarbeiteten, ebenfalls so erlebt haben.
Ein Satz von ihm wurde zu einem Schlüsselsatz für mich in Sachen Führung, den ich seitdem schon zigmal zitiert habe, weil er zwei wichtige Pfeiler von Führung gut auf den Punkt bringt. Er sagte damals: Bevor der erste unserer beiden Söhne auf die Welt kam, sind meine Frau und ich zu einem Elternseminar gegangen, weil für mich klar war, dass es für alles im Leben – egal, was du machst, beruflich oder privat – eine Ausbildung braucht. Wir sind also zu einem Elternseminar gegangen und ich erinnere mich noch genau an die Kernbotschaft. Die Überschrift lautete: Mit Liebe und Konsequenz. Und nichts anderes steckt in einer guten Führung. 1
Liebe und Konsequenz. Wie wahr. In einer abgewandelten Form hatte das schon Johann Heinrich Pestalozzi, der meiner Meinung nach viel zu vernachlässigte deutsche Pädagoge, gesagt. Ihm hatte ich während meines Pädagogikstudiums in Frankfurt viel Zeit gewidmet. Er kam mir an dieser Stelle wieder in den Sinn, denn er hatte schon im 19. Jahrhundert in seinen Thesen zur besten Erziehung von Kindern von zwei derartigen Bojen gesprochen, zwischen denen sich die Erziehung und Führung bewegen sollte.
Auf der einen Seite war der Pädagoge der Meinung, dass das Erzieherische durch eine „warmherzige, offene zwischenmenschliche Beziehung“ 2 getragen sein müsse. Das sei die absolute Grundvoraussetzung, damit junge Menschen Dinge verinnerlichen. Es ging ihm um den „liebenden Blick“ 3 , also um nichts anderes als eine empathische Haltung – ein Punkt, auf den wir in diesem Buch in einem anderen Kapitel noch näher eingehen werden.
Doch der andere Pfeiler war für Pestalozzi genauso unerlässlich. Er nannte das, was Rangnick als Konsequenz bezeichnet, Festigkeit. Was sollte dadurch erreicht werden? Gehorsam. Und das, was Pestalozzi auf die Erziehung bezog, ist ein absolut richtiger Hinweis auf das Führen von Gruppen und Mannschaften. Es braucht Empathie, aber genauso auch die Konsequenz, damit Mitarbeitende, Fußballspieler, Angestellte folgen.
Der Clou bei Pestalozzis Ausführungen war, dass er sagte, Konsequenz und Entschlossenheit seien ohne erzieherische Liebe völlig wirkungslos. Es brauche beide Seiten. Ich denke, er hatte recht.
Der Führungsalltag in Fußballmannschaften wie Unternehmen beweist das. Damit wir die Unterstützung einer Gruppe erhalten, müssen ihre Mitglieder das Gefühl haben, dass die führende Person weiß, was sie tut. Dass sie vorangeht, dass sie die Richtung vorgibt. Verbundenheit, Empathie und Liebe alleine reichen nicht, auch wenn das „loving leadership“ aktuell in aller Munde ist. Es braucht auch die Strenge.
Pestalozzi war auch dieser Meinung, ging sogar noch weiter und sagte: „Eine Liebe, die auf Gehorsam verzichten zu können glaubt, ist Schwächlichkeit.“ Erst die „sehende Liebe“, wie er es nennt, gebe dem Kind „Halt, Maßstäbe und notwendige Grenzen“. 4
Peter Hyballa beschreibt sein Verhältnis zu jungen Talenten ähnlich: Ich habe sie immer auch geliebt. Das waren ein bisschen meine Söhne. Ich habe aber deutlich gesagt, was ich haben möchte. Wenn ich das nicht bekommen habe, dann sind auch mal Hütchen durch die Luft geflogen. Da habe ich auch mal den Lauten gemacht. Da bin ich auch mal in eine Sprache gegangen, die nicht immer so ganz fein ist, die für Sport gut ist. 5 Der Ton des Trainers kam nicht immer gut an. Heute, in dieser Soft-Generation, denken sie ja, dass du einen niedermachst, wenn man schreit, aber das ist auch Liebe. Hyballa zieht die Parallele zum Elternhaus: Dein Vater hat dich ja auch mal angeschrien, hat dich aber auch in den Arm genommen. Es sind zwei Seiten einer Medaille.
Auch für Thomas Reis ist klar: Du bist für die Jungs eine Art Vaterfigur. Sie werden von dir gelobt, sie werden von dir getadelt. 6 Wenn wir an Trainer wie Jupp Heynckes oder Ottmar Hitzfeld denken, dann kommt dieser Vergleich der Realität schon sehr nahe. Die Beziehung, die Heynckes beispielsweise zu einem Filou wie Franck Ribéry unterhielt, war einer Vater-Sohn-Beziehung sehr ähnlich. Heynckes ließ ihm seine Freiheiten, akzeptierte dessen Eigenheiten, interessierte sich vor allem für den Menschen und baute dadurch ein sehr enges Verhältnis auf, sodass Ribéry dessen Autorität letztlich anerkannte, aber nur, weil er wusste, dass er von ihm gemocht und geschätzt wurde. Am Ende suchen Kinder immer die Aufmerksamkeit ihrer Eltern. Im Kontext von Unternehmen ist die Beziehung zu den Mitarbeitenden grundsätzlich weniger emotional und eng als in Fußballkabinen. Und dennoch kann es Führungskräften helfen, sich daran zu erinnern, wieso Kinder ein konsequentes Verhalten ihrer Eltern durchaus anerkennen: Weil sie sich eben auch gemocht und geliebt fühlen. In der führenden Rolle muss man beide Ebenen bedienen.
Doch der Wechsel zwischen empathischer und autoritärer Haltung ist für viele Mitarbeitende der heutigen jungen Generation schwer vermittelbar, was das Führen noch komplizierter macht. Es braucht in der heutigen Zeit mehr Beziehungsarbeit als früher, damit Führungskräfte mit Konsequenz agieren können. Falls die Beziehung sowieso schon auf wackligen Füßen steht und Vorgesetzte intuitiv Angst haben, ihre Mitarbeitenden zu sehr vor den Kopf zu stoßen, keine klaren Vorgaben mehr machen und Dinge nicht mehr rigoros einfordern, ist das der Anfang vom Ende.
Eine rein auf Empathie, Wohlwollen und Liebe basierende Führung wird über kurz oder lang scheitern. Das zeigt gerade auch der Fußball. Stefan Leitl, der mit Fürth 2021 sensationell in die Bundesliga aufstieg, hatte zuvor in Ingolstadt weniger Erfolg, wurde dort in der 2. Liga entlassen. Seine Lehre aus dieser Zeit: In Ingolstadt wollte ich es jedem recht machen. 7 Das funktioniert nicht. Junge Spieler, Menschen an sich, Gruppen, Teams, Abteilungen, sie alle brauchen Grenzen. Sie sehnen sich danach – oft unbewusst. Denn was passiert, wenn keine „Festigkeit“,...
Erscheint lt. Verlag | 16.5.2024 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Wirtschaft ► Betriebswirtschaft / Management ► Unternehmensführung / Management |
Schlagworte | Ambition • Authentizität • Autorität • Coaches • Coaching • Empathie • Engagement • Entscheidungsfähigkeit • Entschlossenheit • Führung • Führungskompetenz • Führungskultur • Führungsprinzipien • Fußball • Fußballtrainer • Gelassenheit • Klarheit • Konsequenz • Leitfigur • Management • Mannschaft • Mitarbeiterführung • Motivation • Personalführung • Persönlichkeit • Positivität • Selbstführung • Team • Teambuilding • Teamführung • Teams führen • Vertrauen • Wertemanagement • Zusammenhalt |
ISBN-10 | 3-96186-242-7 / 3961862427 |
ISBN-13 | 978-3-96186-242-9 / 9783961862429 |
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