Einführung in die Betriebswirtschaftslehre -  Ingo Balderjahn,  Günter Specht

Einführung in die Betriebswirtschaftslehre (eBook)

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2024 | 8. Auflage
320 Seiten
Schäffer-Poeschel Verlag
978-3-7910-6096-5 (ISBN)
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Das Lehrbuch erläutert Wirtschaftswissenschaftlern, angehenden Wirtschaftsingenieuren und -informatikern sowie Nebenfachstudierenden aus dem technischen Bereich die wichtigsten Grundlagen der BWL. Die 8. Auflage wurde umfassend überarbeitet und um die Themen Künstliche Intelligenz, Start-ups, Leadership, Produktion 4.0 und Digitalisierung sowie um Fragen der Ethik, Nachhaltigkeit und unternehmerische Verantwortung im Kontext betriebswirtschaftlichen Grundlagenwissens erweitert. Mit Lernzielen, Beispielen, Kontrollfragen und Aufgaben inkl. Lösungen.

Prof. Dr. Ingo Balderjahn, Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Marketing, Universität Potsdam.

2 Betriebswirtschaftslehre als Wissenschaft


Lernziele

  • Sie kennen die Aufgaben und Funktionen einer Wissenschaft.
  • Sie können die BWL in das allgemeine System der Wissenschaften einordnen.
  • Sie wissen, was eine Nominal-definition ist.
  • Sie kennen das Hempel- und Oppenheim-Schema wissenschaftlicher Erklärungen.
  • Sie können das Falsifikationsprinzip erläutern und anwenden.
  • Sie wissen, was ein Modell ist und wozu Modelle in der BWL benötigt werden.
  • Sie wissen, an welchen Stellen Werturteile in der BWL getroffen werden können.
  • Sie wissen, welche Fragen die Unternehmensethik aufwirft und was unter Verantwortung verstanden wird.

2.1 Wissenschaft und ihre Aufgaben


Wissenschaft

Wissenschaft ist jede Tätigkeit, die darauf zielt, systematisch und intersubjektiv nachvollziehbar unter Verwendung anerkannter wissenschaftlicher Methoden und Regeln Erkenntnisse aus bestimmten, gegenseitig abgegrenzten Objekten der Wissenschaft zu gewinnen (vgl. Peters et al. 2005, S. 1 ff.). Wissenschaftliche Erkenntnisse sind »wahre« bzw. in Ermangelung zweifelsfreier Prüfmethoden temporär als »bewährt« eingeschätzte, allgemeingültige Einsichten. Sie stellen das prüfbare Wissen einer Wissenschaft dar. Jede Wissenschaft ist durch drei Elemente vollständig beschrieben:

  • Erkenntnisobjekt (z. B. der Betrieb),
  • Erkenntnisziele (z. B. Erklärung von Zusammenhängen) und
  • Methoden und Regeln der Erkenntnisgewinnung (z. B. empirische Studien).
Wirtschaftswissenschaft

Grundlegende Ziele einer Wissenschaft sind das Entdecken, Beobachten, Beschreiben und Analysieren relevanter Sachverhalte innerhalb des Erkenntnisobjekts, das Erklären von Zusammenhängen und Wirkungsstrukturen mit Hilfe allgemeingültiger Theorien sowie die Gewinnung von Wissen zur Gestaltung und Veränderung innerhalb des Erkenntnisobjektes.

Die Wirtschaftswissenschaft zielt auf die Beschreibung, Erklärung, Prognose und Gestaltung gesamtwirtschaftlicher (Volkswirtschaftslehre) und einzelwirtschaftlicher (Betriebswirtschaftslehre) Phänomene.

Es ist das erklärte Ziel der Wirtschaftswissenschaften, wirtschaftlich relevante Gesetzmäßigkeiten und Phänomene (z. B. Konjunkturzyklen, Zahlungsbereitschaften von Konsumenten) zu erkennen, mit Hilfe von Theorien und Modellen zu beschreiben und zu erklären. Während sich die Volkswirtschaftslehre auf gesamtwirtschaftliche Fragestellungen und Zusammenhänge konzentriert und die Wirtschaft als komplexes System aus zahlreichen unabhängig voneinander agierenden Wirtschaftseinheiten (u. a. Betriebe, Nachfrager, Staat) auffasst (makroskopische Betrachtungsweise), betrachtet die Betriebswirtschaftslehre den einzelnen Betrieb (Unternehmung) in seinen Strukturen und geschäftlichen Verflechtungen (mikroskopische Betrachtungsweise). Aufgabe der Betriebswirtschaftslehre ist das Beschreiben und Erklären wirtschaftlicher Prozesse und Entscheidungen in Betrieben sowie das Formulieren von Empfehlungen zur bestmöglichen Erfüllung betrieblicher Zielsetzungen (Betriebswirtschaftslehre als praktisch-normative Wissenschaft; vgl. Peters et al. 2005, S. 5 f.). Die Betriebswirtschaftslehre ist eine anwendungsorientierte Wissenschaft, deren Ziel es ist, Erkenntnisse zu gewinnen, die geeignet sind, für Probleme der betrieblichen Praxis Lösungen bzw. Lösungsvorschläge bereitzustellen (Thommen et al. 2017, S. 16 f.).

Wissenschaft kann aufgefasst werden als

  • Tätigkeit der Erkenntnisgewinnung (wissenschaftliche Analyse wie z. B. Durchführung einer empirischen Studie),
  • Institution der Erkenntnisgewinnung (Einrichtungen, die wissenschaftlich tätig sind wie z. B. Universitäten und Forschungsinstitute) und
  • Ergebnis der Erkenntnisgewinnung (Entwicklung von Theorien und Modellen zu einem Erkenntnisobjekt wie z. B. betriebswirtschaftliche Kostentheorien; vgl. Weber et al. 2014, S. 22 f.).
Wissenschaftsfunktionen

Das wissenschaftliche Ergebnis kann, subjektiv betrachtet, das systematisch geordnete und reflektierte Wissen einer einzelnen Person oder einer Forschergruppe ausdrücken (z. B. in einem Fachaufsatz) oder, objektiv gesehen, ein systematisch geordnetes Gefüge von intersubjektiv nachprüfbaren Sätzen oder Aussagen darstellen (z. B. allgemein anerkannte wissenschaftliche Theorien). Es können drei Funktionen von Wissenschaft unterschieden werden (vgl. Raffée 1974, S. 16):

  • Wissenschaft hat eine fundierende Funktion, die sich ausdrückt in der
    • Wissenschaftstheorie, die theoretische Aussagen über Wissenschaft selbst formuliert,
    • Wissenschaftsethik, die sich mit den normativen Fragestellungen einer Wissenschaft und den Beurteilungsmaßstäben wirtschaftlichen Handelns auseinandersetzt (vgl. Kap. 2.4),
    • Theoriebildung mit Ursache-Wirkungs-Aussagen über Zusammenhänge in der Realität (kausale Theorien) und
    • Bereitstellung von Modellen und Regeln zur Veränderung, Gestaltung, Kontrolle und Beherrschung der jeweiligen Realität (praktisch-normative Funktion).
  • Wissenschaft hat eine kritische Funktion, die sich einerseits ausdrückt in der Kritik an der Wissenschaft selbst (z. B. Fehler in Theorien identifiziert) und andererseits in der Kritik an der realen Wissenschaftspraxis (z. B. Finanzierung wissenschaftlicher Studien).
  • Wissenschaft hat eine utopische Funktion, die sich durch die Formulierung von neuen Leitbildern und Zukunftsmodellen (Denkmodellen) ausdrückt.

2.2 Die Betriebswirtschaftslehre im System der Wissenschaften


Übergeordnet werden Wissenschaften in metaphysische (nicht auf Erfahrung und/ oder intersubjektive Prüfbarkeit der Aussagensysteme gestützte Wissenschaften) und nicht-metaphysische Wissenschaften unterschieden. Die nicht-metaphysischen Wissenschaften werden in Formal- und Realwissenschaften eingeteilt.

Formalwissenschaften (z. B. Mathematik) zeichnen sich dadurch aus, dass

  • sie keinen Bezug zu realen Objekten haben bzw. ihn nicht benötigen,
  • sie ein System von Zeichen mit Regeln zur Verwendung dieser Zeichen besitzen und
  • ihre Aussagen nur logisch überprüfbar sind, also keinen faktischen Wahrheitsgehalt haben.

Realwissenschaften (z. B. Wirtschaftswissenschaften) zeichnen sich dadurch aus, dass

  • sie einen Realitätsbezug haben und
  • der Wahrheitsgehalt ihrer Aussagen sowohl logisch als auch faktisch überprüfbar ist.

Die Betriebswirtschaftslehre (BWL) lässt sich in dieses Schema einordnen als eine Realwissenschaft, die sich formalwissenschaftlicher Methoden bedient (vgl. Abb. 2-1).

Abb. 2-1
Die Betriebswirtschaftslehre im System der Wissenschaften

Die Betriebswirtschaftslehre als Teil der Wirtschaftswissenschaften (Ökonomie) untergliedert sich weiter in unterschiedliche betriebswirtschaftliche Teildisziplinen bzw. »Spezielle Betriebswirtschaftslehren«. Damit kommt die zunehmende Spezialisierung und erforderliche Professionalisierung innerhalb der Betriebswirtschaftslehre ebenso zum Ausdruck (Differenzierung nach betriebswirtschaftlichen Funktionen bzw. Aufgaben) wie spezifische institutionelle Besonderheiten, welche die betriebswirtschaftliche Lehre und Forschung berücksichtigen muss (Differenzierung nach Wirtschaftszweigen bzw. Branchen; vgl. Abb. 2-2). Die einzelnen speziellen Betriebswirtschaftslehren sind wiederum in weitere Themenfelder untergliedert. So kann das Marketing beispielsweise in Teilbereiche wie Strategisches Marketing, Marketing-Mix, Konsumentenverhalten und Marktforschung weiter untergliedert werden. Zudem gibt es zahlreiche Themenfelder, die sich aus der Schnittmenge mehrerer Teildisziplinen ergeben wie z. B. das Dienstleistungsmanagement (Marketing, Personalwesen, Organisation u. a.). Neben den speziellen Betriebswirtschaftslehren existiert noch die sogenannte »Allgemeine Betriebswirtschaftslehre«, die solche Bereiche zusammenfasst, die für alle Betriebe charakteristisch sind (vgl. Weber et al. 2014, S. 21). Hierzu gehören zum einen allgemeine Fragestellungen wie z. B. nach der Rechtsform und dem betrieblichen Standort (sogenannte konstitutive Bereiche) und zum anderen grundlegende Teilbereiche aus den jeweiligen speziellen Betriebswirtschaftslehren (z. B. grundlegende Aspekte der Organisationsgestaltung). Die Betriebswirtschaftslehre ist zudem eine Sozialwissenschaft, da sie sich auch mit sozialen Phänomenen im Betrieb (z. B. Gruppeninteraktionen) sowie mit den »institutionellen und organisatorischen Voraussetzungen menschlichen Handelns (Wöhe et al. 2016, S. 40)« beschäftigen muss.

Abb. 2-2
Einteilung spezieller Betriebswirtschaftslehren

2.3 Wissenschaftstheoretische Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre


2.3.1 Definitionen und Begriffe


Die Wissenschaftstheorie kann als Metawissenschaft, also als eine Wissenschaft von Wissenschaften, aufgefasst werden. Sie beschäftigt sich systematisch mit dem Prozess der Erkenntnisgewinnung und den damit zusammenhängenden Aspekten Begriffsbildung, Aussagensysteme, Hypothesen und Theorien sowie deren...

Erscheint lt. Verlag 5.4.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Wirtschaft Betriebswirtschaft / Management
ISBN-10 3-7910-6096-1 / 3791060961
ISBN-13 978-3-7910-6096-5 / 9783791060965
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